Private Krankenversicherung bei behindertem Kind ab Geburt?
Ich habe kurz nach der Geburt meines Sohnes eine private Krankenversicherung für meinen Sohn abgeschlossen. Mein Sohn war zu diesem Zeitpunkt komplett gesund und es gab keine Anzeichen für eine Erkrankung oder dergleichen. Obwohl ich selber nicht privat versichert bin, war es mir für meinen Sohn sehr wichtig. Ich hatte da einfach einen Instinkt, auf den ich mich immer wieder verlassen kann.
Wie wichtig diese Entscheidung war, habe ich erst ein paar Monate später bemerkt, als sich bei meinem Sohn eine schwere Form der Neurodermitis herausgestellt hat. Ich war dann natürlich unendlich froh, dass ich eine private Krankenversicherung abgeschlossen habe, weil so konnte ich mit meinem Sohn natürlich wesentlich mehr Therapien machen und auch private Ärzte aufsuchen, die sich oft mehr Zeit nehmen.
Die Versicherung hat dann auch noch eine Bestätigung benötigt, dass die Krankheit zu dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht aufgetreten ist, aber das war kein Problem, weil das der Kinderarzt problemlos bestätigen konnte. Hätte ich das nicht beweisen können, oder wäre die Krankheit eben bei Vertragsabschluss schon gewesen, hätte die Versicherung keine Kosten übernommen, zumindest keine Kosten, die auf diese Krankheit zurückzuführen sind, was dann wohl so ziemlich alle Kosten betreffen würde.
Nun habe ich mir überlegt, wie es aussieht, wenn man schon in der Schwangerschaft weiß, dass man ein behindertes Kind bekommen wird. Hat man da eigentlich die Möglichkeit sein Kind zu einem halbwegs vernünftigen Preis privat versichern zu lassen? Wenn ich mich nicht täusche, dann gibt es schon Versicherungen, die auch Personen mit bekannter Krankheit übernehmen, aber dann sind die Prämien in der Regel extrem hoch, eben weil man ja schon im Vorhinein weiß, dass die Folgekosten wohl erheblich sein werden. Viele Versicherungen würden solche Personen aber auch gleich von Beginn an ablehnen.
Gibt es dann demnach für behinderte Kinder, die eben von Geburt an behindert sind, nicht wirklich so eine Möglichkeit? Müssen diese Eltern dann von Anfang an damit rechnen, dass sie sich nur auf die gesetzliche Krankenkassen verlassen können? Wo doch jedem bekannt ist, dass da bald einmal die Grenzen erreicht werden? Hat diesbezüglich schon jemand Erfahrungen gemacht?
Ich würde mal sagen, dass du wirkliches Glück gehabt hast, weil die Krankheit deines Sohnes erst nach dem Zeitpunkt aufgetreten ist, zu dem du ihn versichert hast. Dieses Glück hatte ich leider nicht und wurde entsprechend von den meisten privaten Krankenkassen sofort abgelehnt, weil man Blindheit nun einmal sehr schnell erkennt und meinen Eltern meine Behinderung auch relativ schnell nach meiner Geburt diagnostizieren konnte; in meinem Fall dauerte es zwar noch einige Monate, weil man mich anfangs gar nicht darauf untersuchte, aber es dauerte trotzdem nicht lange genug, dass man mich noch hätte privat versichern können.
Meine Eltern waren ja lange Jahre selbstständig und somit beide natürlich privat versichert. Als sie bei ihrer Krankenkasse anfragten, ob man mich, wie es ja üblich ist, als Kind bei ihnen mitversichern könnte, wurde das sofort abgelehnt, als man von meiner Blindheit erfuhr, weil man befürchtete, dass ich zu viele Kosten verursachen könnte. Eine andere private Krankenversicherung, bei der wir anfragten, sagte uns, dass meine Versicherung dort durchaus möglich sei, aber nur, wenn wir bereit seien, einen Versicherungsbeitrag zu zahlen, der denjenigen eines gesunden Kindes deutlich übersteigt. Die genaue Summe weiß ich nicht, aber sie war so hoch, dass man mich gesetzlich für ungefähr ein Drittel versichern konnte, wofür meine Eltern sich somit auch entschieden, weswegen ich als Einzige in meiner Familie gesetzlich versichert bin. Bei meiner gesunden Schwester war es nämlich absolut kein Problem mehr, sie privat zu versichern.
Man meint jetzt vielleicht erst einmal, dass eine Blinde keine besonders großen zusatzkosten verursacht, aber da muss ich leider deutlich widersprechen. Erst einmal sind da die regelmäßigen Augenarzt-Termine und Untersuchungen, die Kosten verursachen. Weiterhin muss die Krankenkasse Hilfsmittel bezuschussen oder auch komplett zahlen, Blindenstöcke oder Blindenhunde, Farberkennungsgeräte, Vorlesesysteme für den Computer, Blindenschriftmaschinen, Braille-Zeilen, all das muss bezahlt werden und wird in der Regel von der Krankenkasse übernommen. Alleine die Ausbildung eines Blindenhundes kostet so viel, dass es bei weitem das übersteigt, was ein Normalverdiener in zwei Jahren in die Krankenkasse einzahlt. Dazu kommt, dass vor allem blinde Kinder oftmals weitere Unterstützung brauchen, zum Beispiel Ergotherapie, um Bewegungsabläufe zu erlernen, oder zu erfahren, wie man sich am besten in eine Gruppe eingliedern kann. Auch wenn es erst einmal ungerecht erscheint, kann ich sehr gut verstehen, warum die privaten Krankenkassen sich sträuben.
Letztlich habe ich mit meiner gesetzlichen Krankenkasse bei weitem nicht nur schlechte Erfahrungen gemacht. Natürlich, es gibt Nachteile, die nicht unbedingt behinderungsspezifisch sind, so haben meine Eltern zum Beispiel sehr über die hohe Eigenbeteiligung für die Zahnspange geschimpft. Auch in anderen Bereichen gibt es höhere Eigenbeteiligung, vor allem bei vielen Voruntersuchungen. Darüber, dass man von Ärzten schlechter behandelt oder abgelehnt wird, weil man gesetzlich versichert ist, kann ich hingegen nicht berichten, denn diese Erfahrung habe ich bisher noch nicht gemacht. Was die Erstattung der Hilfsmittel betrifft, habe ich hier schon gute und schlechte Erfahrungen gemacht. Blindenstöcke und Schreibmaschinen wurden mir bisher zum Beispiel immer klaglos gezahlt, mehr Ärger gab es bei dem Computer, bei dem man erst nicht einsah, dass ich ihn brauche, um am Schulunterricht an einer Regelschule teilzunehmen. Alles in allem habe ich von der gesetzlichen Krankenkasse aber nicht nur Negatives zu berichten, sodass es wohl kein Drama ist, sein Kind dort versichern zu müssen.
Man kann einen chronisch kranken Menschen, also auch ein schon mit einer Behinderung geborenes Kind, durchaus privat versichern. Vielleicht nimmt nicht jeder Versicherung die Person an, aber insgesamt dürfte es einfach eine Frage des Geldes sein, ob denn die Krankenkasse die Person versichert oder nicht.Hier hilft nur das Einholen verschiedener Angebote, die dann natürlich auch die Leistungen einschließen sollte - anders ist ja kein sinnvoller Vergleich möglich.
Ich selbst habe ich wegen meiner chronischen Krankheit dann letzten Endes gegen eine private Krankenvollversicherung entschieden, weil ich dann doch erheblich mehr zahlen müsste als in der gesetzlichen Versicherung, aber auch bei meiner Krankheit, die mich ein Leben lang begleiten wird und die meine Lebenserwartung nicht sehr mindert, hätte ich eine Versicherung gefunden, die mich aufgenommen hätte.
tournesol hat geschrieben:Ich habe kurz nach der Geburt meines Sohnes eine private Krankenversicherung für meinen Sohn abgeschlossen.
Meinst Du eine private Zusatzversicherung oder aber eine "echte" private Vollversicherung jenseits der Familienversicherung, welche Dein Sohn bei Dir genießen würde? Was hat Dich dazu bewogen, nachdem Du selbst keiner privaten Versicherung angehörst und so einfach nur Kosten hast?
tournesol hat geschrieben:Mein Sohn war zu diesem Zeitpunkt komplett gesund und es gab keine Anzeichen für eine Erkrankung oder dergleichen. Obwohl ich selber nicht privat versichert bin, war es mir für meinen Sohn sehr wichtig.
Das eben verwundert eben, wie ich schon geschrieben hatte. Wieso hast Du Dich gegen die kostengünstigere Variante entschieden? Oder war es eben doch "nur" die private Zusatzversicherung - neben der gesetzlichen Versicherung?
tournesol hat geschrieben:Ich hatte da einfach einen Instinkt, auf den ich mich immer wieder verlassen kann.
Es wird doch hoffentlich kein Instinkt in dem Sinne gewesen sein, dass Du eine schwere Krankheit Deines Kindes hast voraussehen können?
tournesol hat geschrieben:Wie wichtig diese Entscheidung war, habe ich erst ein paar Monate später bemerkt, als sich bei meinem Sohn eine schwere Form der Neurodermitis herausgestellt hat. Ich war dann natürlich unendlich froh, dass ich eine private Krankenversicherung abgeschlossen habe, weil so konnte ich mit meinem Sohn natürlich wesentlich mehr Therapien machen und auch private Ärzte aufsuchen, die sich oft mehr Zeit nehmen.
Gerade in dem Bereich würde ich aber vermuten, dass Du noch nicht begründet "unendlich froh" hast sein können. Denn ich unterstelle mal, dass auch die gesetzliche Kasse gerade für Kinder eben genügend Mittel zur Verfügung stellt und Du eben noch nicht die (vermeintlichen) "Vorteile" hast genießen können, die die privaten Versicherungen für sich beanspruchen. Oder könntest Du eine Therapie nennen, die Du nur auf Grund der Versicherung hast nehmen können, welche Dir die gesetzliche Kasse aber verweigert hätte? Mal ganz von der Möglichkeit der Mutter-Kind-Kur, welche von kaum einer privaten Krankenkasse im Programm ist. Schließlich wirst Du Dein Kind ja kaum allein zur Teilnahme an den Maßnahmen schicken.
Auch die Zeit, welche sich die Ärzte nehmen, hängt nicht am Kassenstatus, sondern am Arzt. Für einen Privatpatienten kann ein Arzt schlicht mehr Ansetzen (gegenüber der Kasse). Was soll den Arzt nun dazu bewegen, sich mehr Zeit für so einen Patienten zu nehmen, wenn er auf der anderen Seite lediglich sein Einkommen erhöhen kann, indem er - bei gleichem Zeitaufwand - nur mehr Privatversicherte behandelt. Das mit der Zeit ist leider ein Märchen, welches sich wohl durch die ständige Wiederholung stark ins Bewusstsein der Menschen verankert hat. Einer Prüfung wird das kaum standhalten. (Außer vielleicht bei Ärzten, die ausschließlich Privatpatienten aufnehmen.)
tournesol hat geschrieben:Die Versicherung hat dann auch noch eine Bestätigung benötigt, dass die Krankheit zu dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht aufgetreten ist, aber das war kein Problem, weil das der Kinderarzt problemlos bestätigen konnte. Hätte ich das nicht beweisen können, oder wäre die Krankheit eben bei Vertragsabschluss schon gewesen, hätte die Versicherung keine Kosten übernommen, zumindest keine Kosten, die auf diese Krankheit zurückzuführen sind, was dann wohl so ziemlich alle Kosten betreffen würde.
Eine private Versicherung ist eben anders als die Solidargemeinschaft ein gewinnorientiertes Unternehmen, welches mit Sicherheit die gesetzlich gegebenen Möglichkeiten ausschöpfen wird, "teure Kunden" los zu werden um eben die eigenen Ausgaben so gering wie möglich zu halten. Das hier eine Gesundheitsprüfung gemacht wird, ist daher legitim und verständlich. Und in dem Fall hätte die Versicherung nicht nur die Kosten nicht übernommen, sondern vermutlich auch den Vertrag gekündigt, weil Du dann offenbar bei Vertragsabschluss nicht alle Angaben gemacht hättest. Schließlich hast Du die Gesundheit bzw. Vorerkrankungen bei Vertragsabschluss nennen müssen.
tournesol hat geschrieben:Nun habe ich mir überlegt, wie es aussieht, wenn man schon in der Schwangerschaft weiß, dass man ein behindertes Kind bekommen wird. Hat man da eigentlich die Möglichkeit sein Kind zu einem halbwegs vernünftigen Preis privat versichern zu lassen?
Das hängt eben davon ab, was Du unter "halbwegs vernünftig" verstehst. Einen kranken Kunden muss die Kasse nicht aufnehmen und daher ist man schon recht schnell in der Rolle eines Bittstellers. Aber das bedeutet nicht, dass es nicht funktionieren würde. Dafür werden dann schlicht Risikozuschläge erhoben. Das ist ein übliches Prozedere, welches auch wechselwillige Erwachsene über sich ergehen lassen müssen. Und ob nun eine Aufnahme erfolgt oder nicht, hängt wohl auch stark von der Art der Behinderung ab.
tournesol hat geschrieben:Viele Versicherungen würden solche Personen aber auch gleich von Beginn an ablehnen.
Das ist das Geheimnis des "Erfolgs" der privaten Krankenversicherer. Die liebsten Kunden sind gesund und buchen die maximale Versicherungsleistung - und sterben aber, bevor sie diese dann nachhaltig in Anspruch nehmen müssen.
tournesol hat geschrieben:Gibt es dann demnach für behinderte Kinder, die eben von Geburt an behindert sind, nicht wirklich so eine Möglichkeit? Müssen diese Eltern dann von Anfang an damit rechnen, dass sie sich nur auf die gesetzliche Krankenkassen verlassen können? Wo doch jedem bekannt ist, dass da bald einmal die Grenzen erreicht werden?
Offenbar ist hier das Marketing der Versicherungsbranche sehr erfolgreich gewesen. Die "Grenzen" (was auch immer damit gemeint sein mag) sind doch genauso bei den privaten Kassen erreicht, wenn die ganzen fiesen Tricks (geschlossene Tarife, Angebote nur für Neumitglieder, Erschwernis des internen Wechselns usw.) gesetzlich ausgehebelt werden. Schon jetzt gibt es den Basistarif, welcher den Versicherungen viele Melkkühe weg brechen lassen. Auch die Methode, Leute nicht zu günstigen Bedingungen aus den Tarifen zu lassen, läuft heute ins Leere - wobei zu wenig Versicherte davon wissen.
So kann ich heute aus meinem Tarif auch problemlos in die Ködertarife wechseln, wenn ich dadurch günstiger komme und die Leistungen aber gleich bleiben. Wenn jetzt noch die Geschichte durch kommt, dass das Geschlecht eben keine Kategorie für eine Risikobewertung sein darf (also gleiche Tarife für Mann und Frau), dürften die privaten Kassen eher unattraktiv für Normalverdiener werden. Zusätzlich werden die Privaten Methoden suchen, eben die eigenen Kosten deutlich zu senken - und das bedeutet ein Ansetzen an den gewährten Leistungen. Und das wird wohl zu Beginn auf bürokratischem Weg geschehen - in dem man nur noch die Kunden wirklich bedient, die sich auf die Hinterbeine stellen und z.B. einem Bescheid auch mal widersprechen und die Entscheidungen der Kasse eben nicht einfach hinnehmen.
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