Lebensmittel verlieren ihre Bedeutung für einen persönlich
Hallo!
Wie ich in anderen Threads schon erzählt habe reise ich gerne nach Holland und verbringe dort meinen Urlaub. Schon als Kind bin ich immer mit meinen Eltern an einen bestimmten Ort in Holland gefahren. Früher kam mir dort alles viel größer vor, wobei das ja ganz normal ist. Meine Eltern haben mir damals immer Vla gekauft weil ich ein absoluter Puddingliebhaber bin. Vla ist ein holländisches Produkt, was ich auch nur aus Holland kannte. Bei uns gab es dieses Lebensmittel nicht zu kaufen.
Vla ist ein dünnflüssiger Pudding, den es in verschiedenen Geschmacksrichtungen gibt und welcher gekühlt genossen wird. Man kann wählen zwischen Schokolade, Karamell und Vanille. In meiner Kindheit war ich total besessen auf diesen Pudding. Entweder konnte man ihn aus Schüsseln löffeln oder aber direkt aus dem Glas trinken. Ich habe damals jeden Morgen nach dem Frühstück davon gegessen.
Heute ist dieser Vla für mich nichts Besonderes mehr. Heute wird er von mehreren Marken hergestellt unter anderem auch von Campina, die ihre Produkte auch in Deutschland vertreibt. Ich habe den flüssigen Pudding anfangs auch in Deutschland gekauft, aber bin nun gar nicht mehr so scharf darauf. Früher war es immer etwas Besonderes was ich mit dem Urlaub in Holland verbunden habe. Aber seitdem es das Lebensmittel auch in Deutschland gibt, hat sich das verändert.
Ähnlich geht es mir mit einem anderen Lebensmittel, welches man früher auch nur in Holland kaufen konnte. Stroopwaffeln sind zwei Waffeln, die durch eine Karamell-Honigmasse zusammenkleben. Dieser sehr süße Keks war früher auch nur in Holland erhältlich. In Holland kann man sie auf Märkten auch frisch zubereitet und somit noch schön warm serviert bekommen. Heute werden Stroopwaffeln auch in sehr vielen deutschen Supermärkten vertrieben.
Kennt ihr das, dass ihr die Lust an bestimmten Lebensmitteln verliert, die ihr früher für etwas ganz Besonderes gehalten habt und sie nur zu bestimmten Zeitpunkten gegessen habt? Seid ihr auch so enttäuscht darüber wie ich? Ich finde es sehr bedauerlich, dass diese Produkte in Deutschland eingeführt wurden, denn somit fehlt mir heute der spezielle Bezug zu den Produkten, die ich früher mit dem Aufenthalt in Holland verbunden habe. Habt ihr auch Lebensmittel, die ihr mit ganz bestimmten Ereignissen oder Situationen verbindet?
Das kenne ich auch nur aus dem Urlaub. Seitdem es hier auch diverse Leckereien gibt, zieht es mich in einem fremden Land gar nicht mehr so sehr in den Supermarkt oder in diverse Restaurants.
Ein Beispiel hierfür aus dem Spanienurlaub sind Churros. Das sind Fettgebäckteilchen aus Brandteig. Diese werden dann frittiert, mit Zucker und auf Nachfrage auch mit Zimt bestreut. Ich habe mich immer so sehr auf die Teilchen gefreut, irgendwann habe ich sie auch hier im Supermarkt entdeckt. Das war nicht weiter schlimm, da sie warm und frisch zubereitet am besten schmecken. Später gab es auf einen kleinen Flohmarkt hier in der Stadt auch einen Stand der ausschließlich Churros ausgebacken und verkauft hat. Es hat wunderbar geschmeckt, der Zauber ist mir dann allerdings auch verloren gegangen.
Von vielen Lebensmitteln aus meiner Kindheit, die es vielleicht nur bei Oma und Opa gab und das nur am Wochenende, war ich hell auf begeistert. Jetzt, da ich mir alles selber kaufen kann, ist es einfach nichts Besonderes mehr. Manche Dinge sind schwer zu bekommen, aber alleine, dass ich es kaufen könnte, wenn ich wollte, macht es für mich schon unattraktiv.
Das Problem, dass du beschreibst, beschränkt sich nicht nur auf Lebensmittel. Heute herrscht doch weitestgehend eine sog. Ubiquität von Waren. Wenn ich mal bei den Lebensmitteln bleibe, dann ist es z. B. so, dass ich Erdbeeren fast jederzeit bekommen kann, einen früher speziellen Whisky aus Schottland bekomme ich heute innerhalb eines Tages von meinem Bauernladen.
Eigentlich ist nichts mehr "besonders" oder "speziell", weil man heute für Geld alles und das noch mehr oder weniger jederzeit, haben kann. Damit sinkt dann aber auch die Wertschätzung. Bei mir ist der positive Effekt, dass mich all das Kaufen eigentlich nicht mehr reizt, es ist völlig unwichtig. Wozu brauche ich Halloween? Das gibt es inzwischen überall - langweilig. Aus dem Weihnachtsmarkt wird der Frühjahrsmarkt, der Weinmarkt, das Krischblütenfest, der Erntedankmarkt usw. Das brauche ich alles nicht, eines ist so langweilig, wie das andere. Bis auf die Namen unterscheidet sich das auch nicht wesentlich. Heute rennen Tausende los und wollen das neue iPad haben, weil es so besonders ist und sie wollen die ersten sein. Sinnlos, denn Tausende sind auch die ersten und dann hat das Ding jeder. Die Differenzierung vom anderen ist nicht mehr so einfach möglich und irgendwie macht uns das auch alles gleicher. Mitleid mit denen, die da immer noch auf der Suche sind, die die Erdbeerer im Februar für das Glück auf Erden halten.
Ich kenne so etwas auch. Bei mir gab es in der Kindheit viele solcher Süßigkeiten. Wir sind beispielsweise jedes Jahr in den Urlaub nach Italien gefahren und da gab es am Strand immer einen Stand, an dem man Stücke von einer Kokosnuss kaufen konnte. Diese habe ich dann dort jeden Tag gegessen, Zuhause in Deutschland habe ich diese aber nie bekommen und ich wusste auch nicht, dass es sie hier überhaupt gibt.
Auch war es so, dass wir früher eigentlich nie bei McDonalds gegessen haben, da es eben nicht gerade gesund ist. Mein Vater ist Fernfahrer und in den Ferien durfte ich immer einmal mit ihm mitfahren und da gab es dann immer mitten in der Nacht etwas von McDonalds, was wir dann mit nach Hause brachten.
Es gibt viele solcher Dinge und es ist natürlich irgendwo schade, dass man diese Dinge nicht mehr zu schätzen weiß. Aber andererseits ist es auch gut, denn so hat man eine viel größere Auswahl an Lebensmitteln. Wenn man es dann natürlich übertreibt und zu viel isst, weiß man diese auch irgendwann nicht mehr zu schätzen.
Ooooh Churros Köstlich Natürlich ist es so, dass man Dinge, die man nicht immer haben kann, einem aber gut gefallen, in der Erinnerung idealisiert werden. Man kann es gar nicht erwarten, es nochmal zu haben! Wenn man sich aber nicht mehr dafür begeistert kann, dann folgt auf die Idealisierung die Ernüchterung. Man nimmt es so wahr wie es ist und bindet keine Emotionen mehr daran.
Sachen die man im Ausland mag, weil sie lecker sind, mag man auch, weil sie den Reiz des Neuen haben. Man hat vielleicht schonmal davon gehört (Vorfreude), aber noch nicht probiert (Neugierde) und dann schmeckt es auch noch wirklich (Bestätigung) - dadurch nimmt man das im Nachhinein natürlich idealisiert wahr. Aber wenn man sich einfach immer für die Dinge begeistert die man liebt, dann ist es nicht so, dass man so schnell die Liebe dazu verliert. Es ist nur leider sehr schwer, sich andauernd selbst zu begeistern, wenn es soviele Dinge gibt um die man sich sorgt.
Sicherlich gibt es aus meiner Kindheit Gerichte, die ich heute nicht mehr nachkochen kann, weil ich leider meine Mutter nicht mehr nachfragen kann, wie sie dieses und jenes zubereitet hat. Ich habe es zwar ein paar Mal versucht, so wie sie so zubereiten, aber es hat nicht funktioniert. Eventuell auch deshalb, weil dieser Zauber einfach weg ist, weniger, weil ich es nicht so hinbekomme, wie ich es gern hätte.
Von Süssigkeiten oder ähnlichem weiss ich nun nichts. Aber ich denke, es ist in der Tat so, dass sich der Geschmack ja auch verändert. Das, was man als Kind mochte, mag man heute nicht mehr, weil es vielleicht zu süss/ fettig/ salzig ist und dann geht es mir heute schon so, dass ich Dinge, die ich als Kind nicht mochte, inzwischen sehr gern mag.
Dann ist es so, wie Ihr bereits geschrieben habt, dadurch, dass vieles heute einfach vor Ort oder über das Internet erhältlich ist, ist der Zauber auch nicht mehr so, wie er einmal war. Für manche Menschen ist die Erreichbarkeit der Produkte einfach ein Segen, und sie fühlen sich wie in einen Urlaub zurückversetzt. Andere Menschen können damit nicht so umgehen und ihnen gefällt es zum Beispiel nicht, dass inzwischen alles so leicht erhältlich ist.
Ich kenne das Problem eigentlich nicht und ich warte auch immer noch darauf, dass bestimmte amerikanische und kanadische Lebensmittel ihren Weg in die Regale der regulären deutschen Supermärkte finden. Aber da sind die Geschmäcker wohl einfach zu verschieden und ich bin ja schon froh, dass man inzwischen überall zumindest eine Sorte Erdnussbutter bekommt.
Außerdem liegt es doch an mir, ob ich ein Lebensmittel zu etwas besonderem mache oder, ob ich es zu etwas alltäglichem "verkommen" lasse. Die Erdbeeren sind da ein sehr gutes Beispiel. Sicher könnte ich jetzt Erdbeeren bekommen, die um den halben Globus geflogen worden sind, aber für mich beginnt die Saison erst dann, wenn es Erdbeeren im Hofladen gibt und ich freue mich immer noch jedes Jahr aufs neue darauf.
Ich habe Vla auch das erste mal in den Niederlanden gegessen, damals habe ich für mehrere Wochen Urlaub bei meinem Onkel in Amsterdam gemacht, wo ich dann auch häufig Vla gegessen habe und auch andere holländische Spezialitäten. Ich habe den Pudding damals auch sehr geliebt und zu Hause haben wir ihn nicht gekauft, weil wir in einer eher kleinen Ortschaft leben und hier haben wir zwar Kaufpark, Aldi, Netto, Lidl und Penny, aber Vla gibt es da nur aktionsweise, dauerhaft im Sortiment haben diesen Pudding eher die größeren Supermärkte wie Real und Hit. Daher hab ich Vla auch nur im Urlaub gehabt.
An sich ist das aber das gleiche, wie mit allem anderen auch. Früher (zu Kriegszeiten, wie meine Großmutter mir immer erzählt) gab es auch Obst und Süßigkeiten nur zu sehr raren Mengen und da war das eben auch etwas sehr besonderes. Isst man heute regelmäßig Ananas, Papaya, Mango und andere exotische Obstsorten, gab es damals nicht mal ausreichend Äpfel, geschweige denn eine Milka oder Lindt Schokolade. Das war zu der Zeit etwas sehr besonderes. Besonders für uns ist nun mal das, was wir nicht regelmäßig kriegen können, das ist nun mal eben so. Für Menschen die wenig Geld haben, sind teure Süßigkeiten vermeintlich auch noch etwas besonderes, aber die meisten Menschen heutzutage können sich alles mögliche regelmäßig kaufen, so dass es für sie normal ist und zum Alltag gehört, weil man es haben kann, wann immer man will und wie viel man davon will.
Die Menschen genießen so die Details im Leben deutlich weniger, wir sind verwöhnt, wir haben von allem genug und im Überfluss und müssen kaum etwas dafür tun, um zu bekommen, was wir wollen. Und daher schätzen wir es nun mal auch nicht mehr so, wie wir es tun würden, wenn diese Sachen eine Seltenheit für uns wären. Ich schätze wir sind nun mal einfach so gestrickt und daran wird sich in den nächsten paar Jahren auch nichts groß ändern.
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