Kirche als Drehort geeignet?
Ich habe mir vorhin eher zufällig und nebenbei Germanys next Topmodel im Fernsehen angesehen. Heute wurde in einer Kirche Brautmode vorgeführt, die im Großen und Ganzen eher nicht ganz klassisch war. Zum Teil also auch in sehr intensiven Farben und auch sehr kurz geschnitten. Ein Model hat das Kleid sogar aus angeblich religiösen Gründen abgelehnt und gemeint, dass so ein Schnitt in einer Kirche unpassend sei.
Nun würde es mich aber generell interessieren, wie religiöse Menschen es empfinden, wenn eine Fernsehsendung wie eben diese in einer Kirche gedreht wird. Wie findet ihr das? Ist es allgemein unangebracht in einer Kirche solche Sendungen zu drehen? Widerspricht es den religiösen Gedanken, eine Kirche als Drehort zu wählen? Wo wären da bei euch die Grenzen oder gibt es da bei euch keine Grenzen? Die anderen haben die Brautmode schon vorgeführt. Wie wird das allgemein bei religiösen Menschen aufgefasst? Ist das für euch in Ordnung oder seht ihr es sogar der Religion über als respektlos an?
Hallo, ich kann zwar von mir selbst nicht behaupten, dass ich besonders religiös oder gläubig bin, doch zu dem Thema möchte ich mich trotzdem einmal äußern. Ich finde, dass der Gang in die Kirche in der heutigen Gesellschaft eigentlich mehr soetwas wie ein "Ritual" geworden ist und viele Menschen einfach des Anstands halber in die Kirche gehen. Meiner Meinung nach ist aber die Kirche noch immer der wohl "religiöseste" und ein heiliger Ort. Ob man dann so eine pädagogisch schwachsinnige Fernsehshow wie Germanys next Topmodel in einer Kirche drehen muss, ist für mich recht fragwürdig.
Selbstverständlich haben Kirchen etwas majestetisches, geradezu beeindruckendes. Sie sehen prächtig aus und sind riesige, mächtige Bauten, die mehrere hundert Jahre alt sind und wohl schon eine lange Geschichte tragen. Viele Menschen kommen noch immer in die Kirche um zu beten, etc. Ich denke natürlich einmal nicht, dass sich während der Dreharbeiten Menschen in der Kirche befunden haben, oder geschweige denn, dass gerade ein Gottesdienst stattgefunden hat. Sogesehen wird dadurch die ganze Situation natürlich ein bisschen entschärft.
Wenn ich mich an meinen letzten "großen" Gottesdienst erinnere, dann erinnere ich mich vorallem daran, dass auch ich recht überrascht war, als der Pastor seinen Gottesdienst mit neusten technischen Hilfsmitteln hielt. Vor dem Altar war eine Leinwand aufgebaut, überall in der Kirche waren Lautsprecher und der Pastor selbst sprach über ein Mikrophon zur Gemeinde. In diesem Sinne hat sich wohl in der Kirche eine ganze Menge verändert. Auch sie ist mit der Zeit in die "mordene" Gegangen. Ein solcher Schritt in eine Fernsehsendung ist also wohl auch soetwas wie ein weiterer Schritt in die "Morderne".
Obwohl ich einen solchen Wandel nachvollziehen kann, und auch wenn ich den Sinn eines solchen Ortes nachvollziehen kann - Nämlich, dass er einfach als idyllisches Bild dient, muss ich mich gegen ein solches Verhalten der Fernsehshow-Macher aussprechen. Kirche hat für mich immer etwas "persönliches" und vertrauliches. Es ist einfach unangebracht, eine für mich "schwachsinnige" Fernsehsendung an einem solchen Ort zu drehen. Hätte man vor 200 Jahren einen Gaukler in der Kirche spielen lassen, dann wäre dies wohl auch nicht einfach so hingenommen worden.
Ich bin absolut nicht religiös und sehe Kirchen nur als normale Bauwerke an, so wie ein Rathaus oder ein anderes öffentliches Gebäude. Es gibt sehr schöne Kirchen und da ich gerne fotografiere, war ich mit meiner Kamera auch schon in verschiedenen Kirchen. Bisher habe ich nur einmal erlebt, dass in der Kirche noch andere Menschen waren, nämlich in Berlin in dem Turm neben der Gedächtniskirche. Allerdings hat niemand etwas dagegen gesagt, dass wir dort zu zweit unsere Stative aufgebaut und fotografiert haben.
Ich finde es auch nicht schlimm, wenn ein Fernsehteam eine Kirche als Drehort wählt. Im Fernsehen habe ich vor einiger Zeit auch mal ein Loft gesehen, das vorher eine Kirche war. Es lohnte sich wohl nicht mehr, diese Kirche zu betreiben, so wurde sie zu stylischem Wohnraum umfunktioniert - warum auch nicht? Dass ein Model den Schnitt eines Kleides ablehnt, weil er nicht zu einer Kirche passt, finde ich auch ziemlich übertrieben. Ich fände auch Fotos, die in die BDSM-Richtung gehen, vor einer Kirchenkulisse nicht schlecht und auch nicht verwerflich.
Eine Kirche ist nur ein Gebäude. Wenn jemand, der religiös ist, sich nur an das Gebäude klammert, kann es mit dem echten und wahren Glauben ja nicht besonders weit her sein. Ein Gebäude anzuhimmeln oder ihm besondere Eigenschaften zuzusprechen, finde ich grundsätzlich verkehrt. Wenn jemand gläubig ist, sollte er doch eigentlich jeden Ort zu einem besonderen Ort machen können oder sich vergegenwärtigen, dass sein Gott überall sein kann - und sicher nicht nur in den alten Gemäuern einer Kirche. Eine Kirche ist ein Versammlungsraum, eine Art Clubraum für Menschen, die einer Gruppe Gleichgesinnter angehören. Sie ist kein heiliger oder besonderer Ort.
Ich selber bin bei diesem Thema irgendwie gespalten. Ich sehe in einer Kirche ja prinzipiell auch ein Gebäude und trotzdem ist es kein Gebäude wie jedes andere. Ich möchte als weitere Gedankendiskussionspunkte zu bedenken geben, dass es in anderen Religionen ja durchaus auch strenge Kleidungsvorschriften gibt. Da wäre denke ich so eine Dreharbeit in einer Moschee zum Beispiel glaube ich nicht wirklich denkbar und das würde man da wesentlich ärger sehen. Ist nun aber nur eine Vermutung von mir, so genau kenne ich mich da auch nicht aus, deswegen möchte ich es eben auch zur Diskussion bringen.
Ein weiterer Gedankenpunkt den ich mir überlegt habe ist, dass in einigen Kirchen es ja auch nicht gerne gesehen wird, dass fotografiert wird. Mir würde allerdings kein Rathaus einfallen, wo es unerwünscht ist zu fotografieren. Nun werden bei solchen Dreharbeiten aber sicher genügend Fotos gemacht und die Scheinwerfer sind ja sicher auch erheblich. Deswegen habe ich mich eben auch gefragt, ob das einige Gläubige stören kann, auch wenn ich selber es nicht so dramatisch empfinde.
Ich glaube auch, dass die moderne Kirche schon viel mehr zulässt. Wie bereits beschrieben wurde, werden Gottesdienste immer moderner mit Leinwand, Mikrofon, Verstärkern und was weiß ich. Das wird denke ich eben auch oft positiv aufgenommen. Ich glaube eben, dass vor allem die jüngere Bevölkerung das eher locker sieht.
Ich selber bin kein streng gläubiger Mensch. Ich glaube zwar an Gott, aber bin eben nicht nach sehr starren religiösen Regeln erzogen worden. Ich kenne aber durchaus Freunde, die in einer Klosterschule waren und da ging es zumindest noch vor einigen Jahren doch noch nach vielen Regeln und eher starren Denkweisen zu. Ich könnte mir vorstellen, dass es einige strenggläubige Menschen doch eher unpassend finden, eine Kirche als einen Drehort zu wählen und da würde mich interessieren, welche Punkte sie da am ehesten stört oder ob das vielleicht ja auch gar nicht so ist und sie es sogar positiv sehen, dass man eine Kirche gewählt hat.
tournesol hat geschrieben:Ich selber bin bei diesem Thema irgendwie gespalten. Ich sehe in einer Kirche ja prinzipiell auch ein Gebäude und trotzdem ist es kein Gebäude wie jedes andere.
Warum denn eigentlich nicht? Was macht eine Kirche denn so besonders im Vergleich zu einem Rathaus oder einem Krankenhaus? Warum sollte dieses Gebäude einen Sonderstatus haben?
tournesol hat geschrieben:Ich möchte als weitere Gedankendiskussionspunkte zu bedenken geben, dass es in anderen Religionen ja durchaus auch strenge Kleidungsvorschriften gibt. Da wäre denke ich so eine Dreharbeit in einer Moschee zum Beispiel glaube ich nicht wirklich denkbar und das würde man da wesentlich ärger sehen.
Das mag sein, zumindest wenn das Fernsehteam mit schmutzigen Straßenschuhen durch die Moschee trampelt. Da ich nur in das Christentum einen Einblick erhalten habe, kann ich aber nicht sagen, ob man zum Beispiel im Islam grundsätzlich skeptischer gegenüber solchen Dingen ist. Mein Klischeedenken suggeriert mir allerdings, dass die muslimischen Gläubigen eher ein Problem mit Dreharbeiten in ihrer Moschee haben dürften, gerade wenn es in dem Bericht, der dann gedreht werden soll, nicht um die angemessene Präsentation des Gotteshauses an sich geht, sondern dieses nur als nette Kulisse dient.
tournesol hat geschrieben:Ich kenne aber durchaus Freunde, die in einer Klosterschule waren und da ging es zumindest noch vor einigen Jahren doch noch nach vielen Regeln und eher starren Denkweisen zu.
Ich habe auch (leider) eine Klosterschule besucht und empfand das auch als sehr bedrückenden und konservativen Verein. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Nonnen und Priester, die wir damals an der Schule hatten, ebenfalls ein Problem mit solchen Dreharbeiten hätten, einige Schüler sicher auch. Aber letztendlich hindert einen ein Besuch einer solchen Schule ja nicht am logischen Denken, auch wenn er es einschränken kann. Man muss diese alten Denkweisen also nicht aufrecht erhalten, nur weil man sie kennengelernt hat.
tournesol hat geschrieben:Wie wird das allgemein bei religiösen Menschen aufgefasst?
Da es keinen "allgemein religoösen" Menschen gibt, ist das so allgemein gar nicht zu beantworten. Da kann es sein, dass sehr religiöse Menschen dieser Akt eher nicht interessiert und andere können sich dadurch in ihrer Religionsausübung gestört bzw. verhöhnt fühlen. Immer davon ausgehend, dass es die Menschen betrifft, deren Kirche hier Ort der Aufnahmen wurde. Obgleich man natürlich nicht ausschließen kann, dass sich auch Protestanten angegriffen fühlen könnten, wenn hier ein katholisches Gotteshaus als Schauplatz gewählt wurde.
tournesol hat geschrieben:Ist das für euch in Ordnung oder seht ihr es sogar der Religion über als respektlos an?
Ich selbst bin nicht religiös, würde hier aber ganz klar einen Angriff auf den Glauben sehen und diesen Akt natürlich als mindestens respektlos ansehen. Es ist doch so, dass in dem Fall Menschen mit einer Absicht in die Kirche kommen, die nicht dem eigentlichen Grundgedanken der Kirche als Gebäude (Gottesdiensten lauschen, In-Sich-Kehren, Zu-Gott-Sprechen usw.) folgen wollen, sondern diese als schnöde Kulisse für weltliche Zwecke "missbrauchen" wollen.
Ich selber glaube an Gott, aber verbinde den Glauben auch nicht unbedingt mit einem Gebäude wie eben der Kirche. Und trotzdem haben Kirchen für mich eine besondere Ausstrahlung. Wie derpunkt meiner Meinung nach gut beschrieben hat, ist die Kirche als Gebäude für viele doch ein Rückzugsort, ein Ort zum Nachdenken, zum Sinnieren und so weiter.
Natürlich könnte man das rein theoretisch auch überall machen und doch spielt die räumliche Umgebung oft eine große bedeutende Rolle. Ich kann mir zumindest sehr gut vorstellen, dass das viele Leute so sehen. Und da finde ich schon, dass man die Meinung dieser Leute einfach respektieren sollte. Wem das Gebäude einer Kirche nichts gibt, braucht ja auch nicht hinein zu gehen, aber so sehen es eben nicht alle Leute. Genauso wenig würde ich es passend finden, dass man ein Live-Konzert direkt vor einem Krankenhaus oder dergleichen macht. Da respektiert man eben auch den Wunsch vieler Patienten, dass sie da eher Ruhe haben wollen. Auch wenn sicher einige Patienten ihren Spaß an so einem Konzert hätten.
Die Kirche ist eben schon ein kulturelles Gebäude. Wie du auch schon geschrieben hast, kannst du dir bei Moschees oder dergleichen auch eher vorstellen, dass das nicht alle erfreuen würde. Warum dann also nicht auch bei der Kirche.
Natürlich ist eine Kirche ein Gebäude. Wie aber ein Gebäude genutzt werden darf, das darf immer noch der jeweilige Hauseigentümer oder Wohnungsmieter alleine innerhalb der gesetzlichen Grenzen festlegen. Ich müsste es als Privatperson auch nicht dulden, dass in meinem Zuhause Modeaufnahmen gemacht werden, wenn ich das nicht will. Genauso kann die Kirche das als Eigentümer bestimmen. In unserem Rathaus darf man bei einer Hochzeit in dem Gebäude beispielsweise auch keine Blumen streuen, nur auf dem Vorplatz. Auch bei einer echten Hochzeit muss man bekleidet erscheinen, da gibt es sogar Gesetze dafür. Da regt sich aber komischerweise keiner auf. Wenn die Kirche aber etwas altmodisches macht oder religiöse Gefühle verletzt werden, ist das gleich wieder Angriffspunkt.
Auf jeden Fall gibt es für mich Grenzen, was man in einer Kirche filmen und tun darf und was nicht. Einen Mord in einer Kirche darzustellen und zu filmen, das finde ich schon grenzwertig. Was aber eindeutig die Grenzen überschreitet wäre zum Beispiel ein Paarungsakt in einer echten Kirche für einen erotischen Film. Wenn man unbedingt so eine Szene haben will, kann man sich auch eine gute Kulisse bauen, warum muss man dazu eine echte Kirche nehmen. Ebenso finde ich es auch durchaus legitim, dass die Models sich da wohl teilweise geweigert haben, halb nackt in der Kirche zu posen. Letztlich ist so ein Auftritt eine Provokation gegen die Auffassungen des Hausherren und widerspricht der Gastfreundschaft, Religion hin, Religion her.
Ich persönlich bin auch nicht sonderlich religiös und betrete eine Kirche nur dann, wenn ich es wirklich muss. Deshalb macht mir der Gedanke, dass eine Kirche zum Drehort gemacht wird, auch nicht sonderlich viel aus. Ich finde ebenfalls, dass eine Kirche ein Gebäude ist wie jedes andere, es wird nur anders behandelt, weil jemand es "Kirche" nennt.
Für mich ist da kein Unterschied zu anderen Gebäuden, denn auch eine Kirche übt nur durch ihre Größe, ihr majestätisches Erscheinungsbild und die ganzen Heiligenfiguren eine gewisse Anziehung aus. Wenn das alles nicht wäre, wenn eine Kirche zwar Kirche hieße, aber nichts mit einem religiösen Zusammehang zutun hätte, dann würde es auch niemandem etwas ausmachen, wenn man sie als Drehort nutzt.
Ich finde, man sollte eine Kirche nicht immer so verstaubt und konservativ betrachten. Auch eine religiöse Einrichtung kann modern sein und dient nicht nur zum Gottesdienst. Es kommen auch viele Menschen dahin, um einfach einmal allein zu sein, ohne dass sie zwingend an Gott glauben müssen. Also kann eine Kirche auch für andere Zwecke genutzt werden, als wir es gewohnt sind. Es ist vielleicht nur unsere Gewohnheit und die Tradition, die bei manchen ein komisches Gefühl entfacht, wenn sie daran denken, dass eine Kirche nicht mehr als Kirche genutzt wird.
Ich bin zwar schon christlich, aber bin da in einer Gemeinschaft zu Hause, die zwar auch ein Kirchengebäude nutzt, aber eben auch andere Gebäude. Kirchen sind dort zwar auch die "Häuser des Herrn", wie es auch im Wortursprung der Fall ist. Aber den Glauben kann man auch in anderen Gebäuden leben und die Kirche der Gemeinde wird auch für andere Dinge als Gottesdienste oder Veranstaltungen genutzt, die dem Leben des Glaubens dienen. Daher finde ich auch nichts dabei, wenn eben eher unkonventionelle Kleider in einer Kirche präsentiert werden. Daher finde ich es eben auch für andere Kirchen völlig in Ordnung, wenn das Gebäude eben nicht nur für die Veranstaltungen der Gemeinde genutzt werden.
Davon abgesehen werden doch auch andere Dinge in Kirchen gefilmt. Neben beispielsweise Übertragungen und Aufzeichnungen der Gottesdienste der Gemeinde sind es auch Spielfilme, und dabei eben auch nicht nur Gottesdienste. Wäre das denn auch ein Problem für Dich, tournesol? Oder ist Dein Problem ausdrücklich auf die unkonventionellen Kleider beschränkt.
Dreharbeiten würde ich nur dann als problematisch empfinden, wenn das vom Hausherrn nicht erlaubt oder gar gegen Absprachen verstoßen wurde. Das hat dann aber auch nichts mit dem Gebäude Kirche zu tun, sondern ist ebenfalls wieder auf alle Gebäude ausgerichtet. Denn sicher hätte auch nicht jede Gemeinde solche Fotos und Dreharbeiten erlaubt, weil Fotografieren und Filmen dort grundsätzlich nicht geduldet wird. Das ist bei einigen Moscheen sicher ebenso der Fall.
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