UNO führt Geräusch-Zwang für Elektro-Autos ein

vom 08.03.2011, 10:10 Uhr

Vielen dürfte ja inzwischen bekannt sein, dass die neu produzierten elektrischen Autos, vor allem, wenn sie sich im langsamen Stadt-Tempo bewegen, kaum zu hören sind. Diesem Problem hat sich jetzt die UNO angenommen und genaue Vorschriften festgesetzt, wie laut die Motorengeräusche sein müssen, die bei einem elektrischen Auto automatisch generiert werden sollen. Nach Meinung der Uno sind weitgehend geräuschlose Autos eine Gefährdung für Fußgänger im Allgemeinen, im Besonderen aber auch für benachteiligte Verkehrsteilnehmer wie Kinder, Senioren oder Blinde. Die Tatsache, dass man Autos in Zukunft in der Stadt nicht mehr ordentlich hören könnte, könnte zu einer erhöhten Anzahl von Unfällen führen und die Teilnahme benachteiligter Menschen am Verkehr einschränken.

Für die automatisch generierten Motorengeräusche gibt es genaue Vorschriften. Der Sound darf nicht maßgeblich lauter sein als bei einem mit Benzin betriebenen Auto ähnlicher Bauweise, um die anderen Autos im Verkehr nicht zu übertönen. Desweiteren muss durch den Sound des Motors abgeschätzt werden können, wie weit das Auto weg ist, wie schnell es fährt und ob es beschleunigt oder abbremst. Auch irreführende Geräusche sollen nicht verwendet werden: man darf den typischen Motor-Sound beispielsweise nicht durch Musik oder Geräusche von Insekten ersetzen, damit das Auto am Ton als solches identifiziert und die Gefahr richtig eingeschätzt werden kann. Selbiges gilt natürlich auch für elektrisch betriebene Motorräder und Busse und soll spätestens im Sommer 2011 in allen neu entworfenen Autos zur Anwendung kommen.

Es ist davon auszugehen, dass dieser Beschluss nicht nur auf begeisterte Ohren stoßen wird, denn es gibt einige Menschen, die unter anderem auf die elektrischen Autos bauen, weil sie den ewigen Lärm nicht mehr ertragen; gerade in den Städten ist es teilweise wirklich laut. Auch mit Kritik seitens der Umweltschützer ist zu rechnen, denn auch hier erhoffte man sich eine geringere Belastung der Tiere in Wäldern durch die leiseren Autos. Auf der anderen Seite stehen Fußgänger, die ihre Augen nicht überall haben können und einige Behindertenverbände, die sich mit großem Engagement für diese Regelung einsetzen. Positive Stimmen habe ich persönlich auch schon von Eltern gehört, die sich erhoffen, dass ihre spielenden Kinder durch Motorenlärm eher aufgeschreckt werden; gerade auf Spielstraßen ist das sinnvoll.

Als ich diese Nachricht gelesen habe, war ich wirklich erleichtert, weil die stillen Elektro-Autos für mich als blinde Fußgängerin eine enorme Gefahr darstellen, vor allem an kleinen Straßen ohne Ampeln. Wenn die Autos keine besonderen Geräusche von sich geben, hört man sie wirklich erst, wenn sie nur noch einige Meter entfernt sind und das Ausweichen in letzter Minute gestaltet sich oft schwierig. Aber wie seht ihr das? Haltet ihr die künstlich generierten Geräusche eher für eine Erleichterung oder eine Belastung? Findet ihr, dass die Hersteller durch diese Regelung in ihrer Kreativität eingeschränkt werden? Würdet ihr die neue Regelung gerne außer Kraft gesetzt sehen oder meint ihr, dass man sie aus Rücksicht auf benachteiligte Verkehrsteilnehmer dulden sollte?

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich finde, es ist eine sehr gute Entscheidung, diesen "Geräuschzwang" einzuführen. Man hat sich in den Jahren einfach an einen gewissen Lärmpegel im Straßenverkehr gewöhnt, den man sich zu Nutze macht, etwa um Entfernung abzuschätzen. Damit ist die Geräuschkulisse ein "Sicherheitsfeature", das man nicht unterschätzen sollte. Zwar beschwert man sich immer über zu viel Verkehrslärm, aber dass dann kein Lärm auch wieder gefährlich ist, daran denken nur die Wenigsten.

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» Malcolm » Beiträge: 3256 » Talkpoints: -1,99 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich finde das auch in Ordnung. Sounddesigner sollten sich darum kümmern, die Geräusche möglichst angenehm zu gestalten, denn es gibt ja auch große Unterschiede zwischen den Fahrzeugen und Motoren. Besonders im Stand dürfen die Geräusche meinetwegen deutlich gedämpfter sein. Ich frage mich auch, wie hoch überhaupt der Anteil des Motorengeräusches bei zunehmender Geschwindigkeit überhaupt noch ist und wieviel z. B. die Reifen und die Luftverdrängung noch ausmachen - erzeugt die überhaupt ein größeres Geräusch?

Gestern beim Spazierengehen wurden wir auch von so einem tiefliegenden Fahrrad in Vollverkleidung überrascht. Die Teile hört man erst, wenn sie neben einem sind und das Windgeräusch auftritt. Für Blinde natürlich eine Katastrophe. So wünschenswert wie geräuschlose Fahrzeuge wären, das wäre allerdings in der Tat viel zu gefährlich, solange man Fahrzeug- und Fußverkehr nicht voneinander trennt und das ist wohl unrealistisch.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Dass die Autos gefährlich sind haben wir ja hier schon diskutiert Unfallgefahr durch Elektroautos . Ich finde es wirklich gut, dass da eine Entscheidung getroffen wurde. In England ist dieses künstliche Geräusch an Elektroautos schon lange Pflicht und dass nun eine Entscheidung für Europa getroffen wird ist leider schon lange überfällig. Denn die Elektroautos, die schon im Verkehr sind waren meines Erachtens Zeitbomben.

Nicht nur blinde Menschen sind davon betroffen. Leider gehen viele sehende Menschen nach Geräusch über die Straße und Kinder hält es auch ab nicht über die Straße zu rennen, wenn sie ein Motorengeräusch wahrnehmen können. Die Unfallgefahr ist auf jeden Fall sehr hoch, wenn man die Autos so gut wie nicht hört.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich weiß auch nicht so recht was ich von der Pflicht halten soll. Grundsätzlich ist ja eine gute Idee, da man wohl wirklich, zumindest im Unterbewusstsein, sich oft an den Geräuschen orientiert und schon einmal darauf verzichtet einen genauen Blick auf das sich nähernde Auto zu werfen. Gerade für Blinde ist dies natürlich die einzige Möglichkeit ein Auto zu bemerken. Jedoch sehe ich genauso wie mein Vorredner, dass ich auch einen großen Vorteil darin sah, dass es eben nicht mehr so laut auf unseren Straßen ist, wie es mit einem normalen Auto der Fall ist.

Merkwürdig finde ich diese Regelung auch im Bezug darauf, dass man doch auch im Straßenverkehr unnötigen Lärm vermeiden soll. Man soll doch nicht den Motor aufheulen lassen oder auf sonstige Arten unnötigen Lärm erzeugen. Ob diese Regelung dann nicht kontraproduktiv ist, ist hier dann natürlich wieder die Frage. Aber solange die erzeugten Geräusche sich in Grenzen halten und die gesamte Geräuschkulisse etwas reduziert werden könnte, dann wäre dies zumindest schon einmal ein kleiner Fortschritt.

» BrilleWilli » Beiträge: 1810 » Talkpoints: 14,07 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich weiß nicht was ich davon halten soll. Sicherlich ist es gut auch an die Blinden und schlecht Sehenden zu denken, aber die mussten doch bisher auch gefahrlos über die Straße kommen. Nicht überall gibt es Ampeln und der Verkehrslärm ist immer vorhanden, da kann man schon als normaler Fußgänger schon schlecht einschätzen von wo sich nun gerade ein Auto nähert. Für mich bestand der große Vorteil dieser Elektroautos nun einmal zum größten Teil aus dem verminderten Geräuschaufkommen. Ich wohne an einer viel befahrenen Hauptstraße und würde jede Senkung des Lärmpegels wirklich begrüßen. Es ist ja nun nicht so dass Elektroautos überhaupt keine Geräusche mehr produzieren, aber noch zusätzliche Lärmquellen zu schaffen halte ich für kontraproduktiv.

Was ich nun überhaupt nicht verstehe, es gilt doch immer noch § 1 der Straßenverkehrsordnung. Ich meine die gegenseitige Rücksichtnahme. Jeder Autofahrer fährt mit Sicherheit mit größter Vorsicht an einem Blinden vorbei, natürlich nur wenn man ihn auch erkennen kann. Warum sollte das in der Zukunft nicht immer noch so gehandhabt werden? Gerade die Besitzer eines Elektroautos wissen doch um die Geräuschlosigkeit ihres Autos und müssen das ganz einfach beim täglichen Straßenverkehr berücksichtigen. Mit spielenden Kindern oder träumenden Fußgängern muss ja auch ständig gerechnet werden. Gerade wenn man auch als normaler Fußgänger weiß dass es geräuschlose Autos gibt dann müsste doch die Aufmerksamkeit auch von ganz alleine gesteigert sein wenn man über die Straße will. In manchen Gebieten hat man ja alle Verkehrsschilder abgeschafft und es passieren dort komischerweise weniger Unfälle als vorher. Ein Grund ist dass alle Verkehrsteilnehmer mehr auf den Verkehr achten müssen und lieber einmal mehr schauen wenn sie die Straße betreten.

Für mich wären geräuschlose Elektroautos also wirklich ein Beitrag für mehr Verkehrssicherheit, allerdings kann ich mir jetzt auch keine andere praktikable Lösung für die Blinden vorstellen.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Richtlinie2 hat geschrieben: Ich frage mich auch, wie hoch überhaupt der Anteil des Motorengeräusches bei zunehmender Geschwindigkeit überhaupt noch ist und wieviel z. B. die Reifen und die Luftverdrängung noch ausmachen - erzeugt die überhaupt ein größeres Geräusch?

Es ist in der Tat so, dass man ein Auto bei zunehmender Geschwindigkeit auch immer besser am Geräusch der Reifen und am Luftwiderstand hören kann; bei dieser Regelung geht es deswegen vor allem um die Gefahr, die langsam fahrende Elektro-Autos verursachen. Ein Auto mit 30 km/h kann anhand des Luftwiderstandes noch nicht besonders gut gehört werden, ist aber eben definitiv schon gefährlich, wenn man unter die Reifen gerät. Toyota entwarf vor einiger Zeit ein Elektro-Auto, dass die UNO als dem Vorhaben genügend anerkannte: Es verursacht künstliche Motorengeräusche, wenn das Auto unter 30 km/h fährt, bei einer höheren Geschwindigkeit schaltet sich dieser Sound-Generator ab.

BrilleWilli hat geschrieben: Aber solange die erzeugten Geräusche
sich in Grenzen halten und die gesamte Geräuschkulisse etwas reduziert werden könnte,
dann wäre dies zumindest schon einmal ein kleiner Fortschritt.

Die Reduktion der gesamten Geräuschkulisse und die künstlich erzeugten Motorengeräusche schließen sich ja nicht zwangsläufig aus. Es ist, wie ich oben schon schrieb, ja so, dass der erzeugte Sound nicht lauter sein darf als er bei einem vergleichbaren mit Benzin betriebenen Auto wäre, damit er keine anderen Autos übertönt, lauter wird es also schon einmal nicht. Und wenn man insofern einen Mittelweg findet, dass sich viele dieser Motoren bei einer bestimmten Geschwindigkeit abschalten, weil man die Autos auch unabhängig vom Motorengeräusch hören kann, dann würde es zumindest auf vielen großen Straßen dennoch leiser werden.

Hooker hat geschrieben: Was ich nun überhaupt nicht verstehe, es gilt doch immer noch § 1 der Straßenverkehrsordnung. Ich meine die gegenseitige Rücksichtnahme.

Du sagst es ja selbst schon, diese Rücksichtnahme muss auf Gegenseitigkeit beruhen, sprich, von Autofahrern und Fußgängern eingehalten werden, was aber wiederum handlungsfähige Fußgänger voraussetzt. Genau diese Handlungsfähigkeit funktioniert aber bei einem Teil der Fußgänger nicht mehr, wenn sie die Gefahrenquelle „Auto“ nicht mehr durch Geräusche wahrnehmen können. Wenn du sagst, Autofahrer müssen eben darauf aufpassen, dass sie vorsichtig an alten Menschen, Kindern, Blinden und allgemein Fußgängern vorbeifahren, dann hast du damit sicherlich nicht Unrecht; das sollte eine Grundvoraussetzung sein. Indem aber viele Fußgänger durch die leisen Autos nicht mehr angemessen reagieren können, wird die Last der Rücksichtnahme zu ungleichen teilen an Fußgänger und Autofahrer vergeben und davon ausgegangen, dass letztere ihre Augen überall haben können.

Es gibt Spielstraßen, auf denen teilweise kleine Kinder sitzen, die man oftmals nur schwer sehen kann. Es gibt Straßen ohne Ampeln. Woher soll ein Autofahrer ahnen können, dass ein Blinder oder ein kurzsichtiger, älterer Mensch beschließt zehn Meter vor ihm die Straße zu überqueren, weil er kein Auto hören konnte? Es gibt Einfahrten zwischen zwei Häusern, aus denen regelmäßig Autos fahren und körperlich uneingeschränkte Fußgänger, die ihren Blick nach vorne gerichtet haben, aus der Einfahrt kein Motorengeräusch hören und schnurstracks daran vorbeilaufen. Und es gibt die Dunkelheit: Spätestens in einer unbeleuchteten Straße hat man es als Fußgänger schwer, wenn man die Vehikel nicht mehr hört. Natürlich, viele dieser Fälle können sich vermeiden lassen, aber ich denke, dass man sie trotz erhöhter Vorsicht nicht immer ausschließen kann; deswegen würde ich es für fahrlässig halten, auf ein akustisches Warnsignal zu verzichten.

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Anemone hat geschrieben:Es ist davon auszugehen, dass dieser Beschluss nicht nur auf begeisterte Ohren stoßen wird, denn es gibt einige Menschen, die unter anderem auf die elektrischen Autos bauen, weil sie den ewigen Lärm nicht mehr ertragen; gerade in den Städten ist es teilweise wirklich laut. Auch mit Kritik seitens der Umweltschützer ist zu rechnen, denn auch hier erhoffte man sich eine geringere Belastung der Tiere in Wäldern durch die leiseren Autos.

Ich denke aber, dass sich der Lärm sich trotz allem in Grenzen halten wird, denn immerhin sollen die Elektroautos nicht lauter sein als die vergleichbaren Fahrzeuge wenn sie Tempo 20 fahren. Das ist in der Regel nicht sehr laut und wird sicher auch bei den angesprochenen Kritikern auf Wohlwollen stoßen.

Ich selbst finde diese Pflicht völlig in Ordnung. Sicher ist eine Geräuschpflicht bei Elektroautos schon merkwürdig. Aber nur auf den ersten Blick und wenn wenn man in einer ruhigen Minute darüber nachdenkt und nicht an Situationen im Straßenverkehr denkt. Ich selbst war erst in den letzten Tagen häufig mit Kindern vom Krippenalter bis zum Ende des Grundschulalters unterwegs. Wenn ich daran zurück denke, dann fällt mir auf, dass eben gerade auch Kinder oder deren Eltern im Straßenverkehr auch auf Geräusche achten und so beispielsweise nur durch die Geräusche gerade auch innerhalb von Ortschaften erkennen, dass sich ein Fahrzeug nähert. Ohne entsprechende Geräusche steigt natürlich auch die Unfallgefahr erheblich an. Daher ist eine solche Pflicht absolut wünschenswert.

Eine Geräuschpflicht könnte aber auch dafür sorgen, dass Menschen die wegen fehlender Geräusche Elektroautos ablehnen diese dann eher akzeptieren. Denn es ist ja durchaus nachvollziehbar, dass so manch einer eben auch das Geräusch eines "richtigen" Autos braucht.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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