24 Stunden auf Sat.1 - eine weitere Unterschichten-Sendung?

vom 24.02.2011, 01:21 Uhr

Ich habe mich gerade sehr über die Entwicklung einer Fernsehsendung gewundert. Früher habe ich alle paar Monate mal "24 Stunden" auf Sat.1 geschaut. Eigentlich handelte es sich dabei um eine Reportagereihe. Bei Sat.1 konnte man natürlich noch nie ein normales oder gar hohes Niveau erwarten, aber zumindest wirkte die Sendung vor einigen Jahren noch einigermaßen anständig.

Heute habe ich in einer Programmübersicht gesehen, dass dort angeblich eine Reportage über Mietnomaden laufen sollte. Ich habe die Sendung eingeschaltet und war negativ überrascht. Die Sendung war völlig anders als sonst. Aus diesem Format hat man anscheinend eine der sogenannten Reality-Doku-Shows gemacht. Das Ganze wirkte nicht echt, sondern schlecht gestellt, die Kommentare des Sprechers waren dumm, platt und überflüssig. So schlimm hatte ich die Sendung wirklich nicht in Erinnerung. Letztendlich ging es primär auch nicht um eine seriöse Berichterstattung zum Thema Mietnomaden, sondern um eine primitive und alberne Darstellung von primitivsten Mietnomaden und den Vermietern, die unter diesen Asozialen leiden.

Ich schaue nicht viel fern und meide die Privatsender so gut wie immer (aus gutem Grund, wie man hier wieder einmal sieht). Die einzigen Sendungen, die ich hin und wieder mal schaue, sind die Spiegel-TV-Reportagen oder das zugehörige Magazin. Ansonsten gibt es in diesem Sumpf ja nur noch "Unterhaltung" für den geistigen Bodensatz. Kennt ihr weitere Beispiele von TV-Sendungen, die im Laufe der Zeit immer primitiver wurden und sich so dem allgemeinen Niveau des Senders angepasst haben?

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ein gutes Beispiel für eine Serie die ihr Niveau auf schlimmste Art eingebüßt hat ist mit Sicherheit Galileo. Früher, noch mit Aiman Abdallah, kamen häufig interessante Themen zur Sprache und es hat sich deutlich weniger parteiisch angehört als heutzutage. Jetzt gibt es jedesmal ein "Galileo in 100 Sekunden", wo man die Meinung der Redaktion stark raushört und man - wenn man Ahnung von der angesprochenen Materie hat - auch die schlechte Reschersche bemerkt. Danach kommt meist irgendeine Produktion, zum Beispiel: Wie stellt Deutschlands größter Salzbrezelproduzent seine Salzbrezel her? Auf jeden Fall immer irgendwelche Hintergründe darüber, wie irgendetwas gemacht wird. Dazu noch Jumbo Schreiners "wie esse ich 5 Kilo Fleisch in 30 Minuten", auch sehr lächerlich gehalten. Also die Serie ist für mich nichtmal mehr ein Bisschen interessant, die Sendezeit zwischen 19 und 20:15 ist ohnehin ziemlich tote Sendezeit geworden.

Die Anderen Sendungen des "Unterschichts-TVs", die zwar hin und wieder erheiternd, aber im Endeffekt nur noch lächerlich sind, gibt es ja erst seit wenigen Jahren und wurden an die Stelle von anderen Programminhalten gesetzt. Sam, Taff, den ganzen Gerichtsserien und dem Nachmittagsprogramm generell ist ohnehin schwer etwas abzugewinnen. Da ich aber viel Zeit habe da ich momentan nicht viel arbeite und am Montag gekündigt habe, schaue ich inzwischen N24 Dokus. Die sind aber auch von der Themengestaltung her relativ langweilig. Liegt wohl daran, dass die Produktion historischer Dokumentationen nicht wirklich viele Mittel erfordert. Ein paar Experteninterviews und Szenen aus historischen Archiven, dazu Jemand der den Subtext vorliest und fertig ist es.

Die Qualität des deutschen Fernsehen ist relativ niedrig. Gute Produktionen sind Serien und begrenzt auch Spielfilme, die stammen aber zumeist aus den USA.

Was "24 Stunden" angeht, kann ich nicht viel sagen, aber Sat.1 halte ich für noch schlimmer als Pro7 oder Kabel1 (was aufgrund von vielen Serien zumindest noch halbwegs interessant ist).

Meine Empfehlung wäre es, statt des Fernsehers eher das Internet als Quelle zu benutzen. Ich suche mir lieber eine interessante Dokumentation oder Serie im Internet raus als TV zu gucken. Hat auch den Vorteil, dass ich in den letzten Jahren tausende Dokumentationen gesehen habe (hatte alleine über 400 auf meiner Festplatte) und mir so ein relativ großes Allgemeinwissen angeeignet habe, was auch immer wieder anderen Leuten auffällt. Vielleicht wäre das für dich eine Alternative? Ich interessiere mich zum Beispiel sehr für Gesundheitsthemen.

» TuDios » Beiträge: 1475 » Talkpoints: 4,83 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


TuDios hat geschrieben:Da ich aber viel Zeit habe da ich momentan nicht viel arbeite und am Montag gekündigt habe, schaue ich inzwischen N24 Dokus. Die sind aber auch von der Themengestaltung her relativ langweilig. Liegt wohl daran, dass die Produktion historischer Dokumentationen nicht wirklich viele Mittel erfordert. Ein paar Experteninterviews und Szenen aus historischen Archiven, dazu Jemand der den Subtext vorliest und fertig ist es.


Bei N24 bin ich auch schon das eine oder andere Mal gelandet. Die Dokus dort sind immerhin in Ordnung. Ja, die meisten Themen waren irgendwie schon mal da, aber ich schaue sie eigentlich ganz gerne mal. Zumindest ist N24 häufiger mal zweite Wahl, bisher selten erste.

[quote=TuDios"]Was "24 Stunden" angeht, kann ich nicht viel sagen, aber Sat.1 halte ich für noch schlimmer als Pro7 oder Kabel1 (was aufgrund von vielen Serien zumindest noch halbwegs interessant ist).[/quote]

Wie nett - endlich mal jemand, der mich versteht. Ich bin eigentlich schon seit Jahren der Meinung, dass Sat.1 der primitivste Sender von allen ist (vor allem wegen der zahlreichen Gerichts- und anderen Besoffski-Sendungen, die man sich vermutlich erst ab drei Promille anschauen kann), allerdings holt RTL mit seinen Casting- und Dschungelsendungen kräftig auf.

TuDios hat geschrieben:Meine Empfehlung wäre es, statt des Fernsehers eher das Internet als Quelle zu benutzen. Ich suche mir lieber eine interessante Dokumentation oder Serie im Internet raus als TV zu gucken. Hat auch den Vorteil, dass ich in den letzten Jahren tausende Dokumentationen gesehen habe (hatte alleine über 400 auf meiner Festplatte) und mir so ein relativ großes Allgemeinwissen angeeignet habe, was auch immer wieder anderen Leuten auffällt. Vielleicht wäre das für dich eine Alternative? Ich interessiere mich zum Beispiel sehr für Gesundheitsthemen.


Im Internet schaue ich auch gerne. Angefangen hat das mit "37 Grad". Ich habe festgestellt, dass es diese Sendung auch in der ZDF-Mediathek gibt und mir dann im Laufe der Zeit erst einmal alle Folgen dieser Reihe angeschaut. Auch andere Dokumentationen und Reportagen schaue ich mittlerweile gerne, vor allem in der Mediathek vom ZDF, von 3Sat und Arte. Wo findest du die meisten Dokus, die dich interessieren? Vielleicht hast du ja noch einen guten Tipp. Dokus kann ich (fast) immer schauen - die seltene Ausnahme bei jemandem, der ansonsten nicht so gerne fernsieht. :D Bei Youtube habe ich natürlich auch schon das eine oder andere aufgetan.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Cologneboy2009 hat geschrieben:Ich habe mich gerade sehr über die Entwicklung einer Fernsehsendung gewundert.

Wie aber genau hätte sich das Privatfernsehen anders entwickeln können, wenn man bedenkt, was die Ausrichtung von privatwirtschaftlichen Unternehmen ist, die am wirtschaftlichen Ergebnis gemessen werden. Es ist doch klar, dass da kein Bildungsauftrag oder ähnliches dahinter stehen kann, sondern dem "Volk" einfach eine Plattform für die "Spiele" (das Brot kommt wo anders her) gegeben wird. Und je reißerischer desto besser.

Cologneboy2009 hat geschrieben:Früher habe ich alle paar Monate mal "24 Stunden" auf Sat.1 geschaut. Eigentlich handelte es sich dabei um eine Reportagereihe.

Leider habe ich den Vergleich zu "früher" nicht. Es ist aber gut denkbar, dass natürlich auch hier immer eine Stufe der "Weiterentwicklung" erklommen wurde. Was einst undenkbar gewesen ist, ist heute Standard usw.

Cologneboy2009 hat geschrieben:Bei Sat.1 konnte man natürlich noch nie ein normales oder gar hohes Niveau erwarten, aber zumindest wirkte die Sendung vor einigen Jahren noch einigermaßen anständig.

Gut, das bedarf ja schon einer Grundsatzdiskussion, was unter Anstand bei solchen "Reportagen" zu verstehen ist. Und das geht ja schon bei der Themenwahl los. Daher glaube ich nicht, dass es hier zu Veränderungen gekommen ist. Wenn, dann in der Darbietung, weil die Schamgrenzen wohl sinken bzw. die Programmmacher im Wettbewerb lieber eine Grenzüberschreitung mehr in Kauf nehmen, als weniger Quote bzw. abwandernde Zuschauer. Lieber immer eine Spur "härter" als die Konkurrenz, so dass man wenigstens als Sender zum Thema wird.

Cologneboy2009 hat geschrieben:Heute habe ich in einer Programmübersicht gesehen, dass dort angeblich eine Reportage über Mietnomaden laufen sollte. Ich habe die Sendung eingeschaltet und war negativ überrascht. Die Sendung war völlig anders als sonst. Aus diesem Format hat man anscheinend eine der sogenannten Reality-Doku-Shows gemacht.

Hier ist ja das Beispiel, was die fragwürdige Themenwahl angeht. Sog. "Mietnomaden" sind ja wohl auch erst durch Privatsender ins öffentliche Bewusstsein gerückt und mittlerweile hat man das Gefühl, dass jeder Mieter und jede Mieterin die heute erst einen Mietvertrag eingehen wollen, potentielle Mietnomaden sind. Wenn man aber mal die Statistik bemüht, dann stellt man fest, dass es sich um ein "Phänomen" handelt, dass schlicht kaum vorkommt. Wieso das eine eigene Sendung Wert sein soll, lässt sich nur damit erklären, dass da eben Ängste geschürt und das Gut/Böse Muster einfach zu erkennen ist.

Cologneboy2009 hat geschrieben:Das Ganze wirkte nicht echt, sondern schlecht gestellt, die Kommentare des Sprechers waren dumm, platt und überflüssig. So schlimm hatte ich die Sendung wirklich nicht in Erinnerung.

Ich kann mir kaum Vorstellen, dass es viele "Sendungen" bzw. Reportagen gibt, die länger als 10 Minuten laufen und die Szenen "echt" sind. Hier aber sollen sich doch angeblich ganze Dramen abspielen, welche dann von Kamerateams eingefangen werden. Das es stockend aussieht, hat dann auch noch Methode, um es realistisch wirken zu lassen. Aber ich bin mir sicher, dass hier schlicht auch viel vorgegeben wird. Und nachdem das "Mietnomadentum" schlichter Betrug ist (welcher auch von der Staatsanwaltschaft verfolgt wird), dürften die Protagonisten hier nicht "echt" sein. Wer spricht schon vor laufender Kamera von seinen bösen Absichten und Taten, welches das Strafmaß mit Sicherheit beeinflussen würde?

Die Kommentare müssen sich dann dem Geschehen anpassen. Mir selbst wäre es vermutlich peinlich, solche Texte zu dem gezeigten vorlesen zu müssen. Aber was könnte man sonst bei diesem Schauspiel erwaren? Und was sollte wohl das Ziel der Sendung sein, außer eine Art "Mini-Soap" billig zu produzieren? Lösungen für die "Probleme" werden jedenfalls nicht angeboten.

Cologneboy2009 hat geschrieben:Ansonsten gibt es in diesem Sumpf ja nur noch "Unterhaltung" für den geistigen Bodensatz.

Ich wäre da eher vorsichtig mit der Kategorisierung des Zielpublikums. Richtig ist natürlich, dass es Quatsch ist, wenn man so was anschaut mit dem Gedanken, dass man sowieso wissen würde, dass es nicht echt ist. Dann sollt man lieber gleich einen Film oder eine Serie schauen. Aber nachdem es sich nicht um einen Spartenkanal handelt, sondern offensichtlich in breiten Schichten Anklang findet, sollte man davon absehen, hier die rote Laterne fest zu machen.

Cologneboy2009 hat geschrieben:Kennt ihr weitere Beispiele von TV-Sendungen, die im Laufe der Zeit immer primitiver wurden und sich so dem allgemeinen Niveau des Senders angepasst haben?

Leider fallen mir keine Sendungen ein. Aber ich würde z.B. auch dem Stern-TV und Spiegel-TV eher Unterhaltungswerte zusprechen. Die Sendungen sollen Quote machen und nicht unabhängig und objektiv informieren.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Das Privatfernsehen hat sich genau dahin entwickelt, wie es abzusehen war. Ich weiß auch nicht, ob sich einzelne Sendungen im Laufe der Zeit wirklich verschlechtert haben, eher hat sich das alles komplett gewandelt und vielleicht haben wir auch inzwischen eine veränderten Wahrnehmung. Heute schaut man vielleicht einfach kritischer auf ein Format, als man es zunächst getan hat und ewige Wiederholung von Themen macht es ja auch nicht interessanter.

Insgesamt ist es aber wohl so, dass man früher noch mehr Reality gezeigt hat und weil die nicht immer so funktioniert, wie man es gerne hätte und auch journalistische Recherche viel zu teuer ist, ist man dazu übergegangen, immer mehr gefakte Reality zu fabrizieren. Das funktioniert nur, weil es der Zielgruppe offensichtlich egal ist. Von daher würde ich gar nicht mal sagen, dass einzelne Sendungen sich verschlechtert hätten, sondern das ganze Programm hat sich komplett gewandelt. Realitäten werden immer mehr konstruiert, Hauptsache es kracht und man erzeugt Aufmerksamkeit. Was Newsportale angeht, zeichnen die sich zunehmen dadurch aus, dass hier versteckt Werbung betrieben wird, Journalismus wird zur Nebensache.

Im Grunde ist genau das passiert, was überall passiert, wo es Privatfernsehen gibt, mit allen nur denkbaren Nachteilen. Darüber muss man sich an sich keine Sorgen machen, allerdings schon um die Leute, die das Zeug konsumieren und auch nur für im Ansatz wahr oder objektiv halten. Richtig übel wird es dann, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk noch verschwindet. Auf lange Sicht habe ich da so meine Sorgen.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Was die angesprochene Entwicklung allgemein angeht, fällt mir gerade noch ein, dass natürlich alles einfach einer bestimmten Modeerscheinung bzw. einem aktuell gefragten Modell von Unterhaltung entsprich, was sich ganz klar immer wieder wandelt.

Gerade beim Privatfernsehen war es doch mal eine Zeit lang hip, Gewinnspielshows zu haben. Anschließend der Boom von "Daily Soap" Geburten. Dann kamen die unsäglichen Talkshows. Später dann die Gerichtsshows. Anschließend andere Aufklärungsformate bis hin zu den Reality-Shows. Dann die Casting Shows usw. usf.

Ich weiß übrigens, dass ich hinsichtlich der Reihenfolge u.U. nicht richtig liege. Aber so in der Art würde ich die Entwicklung beschreiben, wobei sich aus jeder Stufe immer einzelne Elemente in die nächste retten - aber natürlich nicht alle, weil sonst kein Platz für "neue" Formate da wäre.

Wenn Du nun ein Gespür dafür hast, was als nächstes folgt, könntest Du vermutlich an die Sender herantreten und Dein Konzept verkaufen und damit auch zum Trendsetter im Fernsehen werden. Das dürfte dann was sein, was nicht mehr zum Reality TV passt (oder einer härteren Gangart entspricht) bzw. dieses größtenteils verdrängt.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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