Das nimmt kein gutes Ende - Wahnsinn am Arbeitsmarkt

vom 10.02.2011, 09:56 Uhr

Vermutlich hat es noch nicht jeder so ganz realisiert, aber im Mai 2011 öffnen sich die Grenzbalken für Arbeitnehmer aus osteuropäischen EU-Staaten. Für Bürger solcher Länder wie Lettland, Estland, Litauen, Polen, Slowakei, Tschechien u. a. gilt ab Anfang Mai die Freizügigkeit bei der Jobsuche. Grundlage sind die Art. 15 und 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, bzw. Art. II-75/76 des Europäischen Verfassungsvertrages.

Das bedeutet konkret, dass Bürger dieser Länder nach Deutschland einreisen und problemlos arbeiten können. Das wiederum heißt, dass Arbeitgeber dann auch für die Ausbildung und Beschäftigung dieser Menschen die entsprechenden Förderinstrumente zur Arbeitsmarktintegration nach SBG III beanspruchen können. Ganz genauso, wie für jeden deutschen Arbeitnehmer. Es bedeutet aber auch, dass für ausländische Langzeitarbeitslose - und das gilt für solche aus 17 europäischen Staaten - der gleiche Anspruch auf Hartz IV Leistungen besteht, wie für deutsche Arbeitslose. Dafür muss derjenige nie in Deutschland gearbeitet haben. Hintergrund ist das Europäische Fürsorgeabkommen von 1953, so eine Entscheidung des Bundessozialgerichts Kassel aus dem Herbst 2010. Hiervon betroffen sind, bzw wären Bürger der Staaten Belgien, Dänemark, Estland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Portugal, Schweden, Spanien und die der Beitrittskandidaten Norwegen, Island und Türkei.

Zusätzlich bereitet die EU-Kommission eine Richtlinie vor (ICT-Richtlinie), nach der Arbeitnehmer aus Drittstaaten außerhalb der EU (also z. B. Chinesen) in die EU weiter entsandt werden können, die zuvor in einem anderen EU-Mitgliedsstaat tätig waren. D. h. ein Drittstaatler (z. B. Chinese) kann von einem EU-Staat wie Rumänien an Firmentöchter oder Kunden nach Deutschland entsandt werden. Das Detail, in dem der Teufel steckt: Die Entsendung wäre dann zum rumänischen Mindestlohn von 175 € im Monat möglich.

Diese demnächst geltenden und in Vorbereitung befindlichen Regelungen tragen meiner Meinung nach eine Menge Sprengstoff in sich:

  • Es wird zu einer zunehmenden Belastung unserer Sozialsysteme kommen.
  • Es wird zu einem zunehmenden Druck auf die Löhne, v. a. in den unteren Lohngruppen kommen.
  • Unsere Politik wird die absehbar zunehmenden Belastungen des Systems als weiteren Beleg für dessen Scheitern nehmen und unsere Sicherungssysteme deshalb noch weiter zusammenzukürzen.
  • Unsere Politik wird sich herausreden, dass man da nichts machen könne, weil es EU-Recht sei.
  • Es wird Ressentiments gegenüber ausländischen Arbeitskräften und gegenüber Ausländern überhaupt geben.
  • Es wird neuen Zündstoff für rechtspopulistische Ansichten und Parteien geben.

Wie seht ihr das? Habt ihr ähnliche Befürchtungen? Seht ihr das eher entspannt? Findet ihr das katastrophal? Haben wir überhaupt noch irgendeinen Einfluss oder hat man eher das Gefühl, da rollt ein Zug auf uns zu und wir stehen hilflos auf dem Gleis?

» ToniGard » Beiträge: 201 » Talkpoints: -2,27 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Inzwischen kann man sehen wohin das geführt hat. Deine Befürchtungen mit dem Lohn haben sich soweit nicht befürchtet, denn zeitgleich wurde am Mindestlohn gearbeitet dieser ist inzwischen bindend eingeführt worden. Das es jemanden gibt der alles billiger macht, kommt immer wieder vor und dazu muss es noch nicht einmal ein Ausländer sein der sich billiger anbietet.

Es waren auch direkt weniger als ich selbst erwartet hatte. Natürlich standen mit dem Stichtag einige Leute auf der Matte und wollten hier Leistungen haben, aber ich hätte persönlich mit mehr gerechnet. Nicht jeder kommt auch her nur um die Sozialleistungen zu beziehen, manche wollen auch ernsthaft arbeiten und dank unserer Politik steht Deutschland als offenes Land dar, welches natürlich jeden gerne aufnimmt.

Die Arbeitslosenzahlen sind ebenfalls gesunken seither, was natürlich daran liegen kann, dass die Zahlen beschönigt werden oder das eben wirklich neue Arbeitsplätze geschaffen worden sind. Auch das ist eine Mischung aus beidem und man muss auch ehrlicherweise sehen, dass es auch Jobs gibt die Deutsche nicht gerne machen aber von anderen Volksvertretern anderer Nation gerne gemacht werden z.B. im sozialen Bereich der Pflege. Dort besteht seit Jahren ein Mangel und wird damit ebenfalls kompensiert und aufgefangen.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


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