Wie den Tod verarbeiten? Wie meinem Mann helfen?
Wie einige schon wissen ist vorigen Sonntag der Cousin meines Mannes mit 35 Jahren durch einen tragischen Arbeitsunfall ums Leben gekommen. Er hinterlässt eine Frau, die er vor 3 Wochen geheiratet hat und ein 3 1/2 Monate alten Sohn. Heute ist mein Mann nach Serbien aufgebrochen, weil sein Leichnam morgen auch überstellt wird. Das alles ist eine sehr tragische Sache (für mich auch, da wir einen sehr engen Kontakt hatten) doch ich sehe, dass mein Mann sehr unter dieser Situation leidet.
Mein Mann und sein Cousin( und ich ) haben zusammen in der gleichen Firma gearbeitet, doch der Cousin ist 2 Tage vor dem Unfall in eine andere Firma gegangen, weil er dachte, dass er dort mehr verdienen könnte. Er hat meinem Mann angeboten, dass er auch in dieser Firma arbeiten solle, da diese Firma noch Leute benötigt. 4 Tage vor dem schrecklichen Unfall waren wir eben bei dem Cousin und haben alles besprochen. Er wollte einmal die Firma sozusagen ausprobieren, ob die gut zahlen, dann wäre auch mein Mann in diese Firma gegangen.
Da dann dieser schreckliche Unfall war, er 4 Tage im Koma lag, und letztendlich an Hirnblutungen starb bzw. Hirntod war und die Apparate abgeschaltet wurden, macht sich mein Mann schreckliche Vorwürfe, dass er es hätte verhindern können. Außerdem weiß mein Mann, dass er immer für den Cousin da war, und mein Mann ihm nichts gefährliches hätte arbeiten lassen, sondern dass mein Mann die Arbeit gemacht hätte, die dem Cousin zum Verhängnis wurde. Lange Rede kurzer Sinn, es hätte durchaus so sein können, dass statt dem Cousin meinem Mann so etwas schreckliches passieren hätte können.
Mein Mann schaut sich die Fotos von ihm auf Facebook an, weint dabei, sitzt in der Küche und weint, und weint. Ich möchte ihm aber helfen, weiß aber nicht wie? Für mich ist es auch nicht leicht, doch für meinen Mann ist es sicher noch schwerer. Wir reden zwar, doch irgendwie komme ich nicht zu ihm durch. Er ist dann auch nervös, wandert in der Wohnung herum etc.
Die Beerdigung liegt noch vor ihm, da ich ihn leider nicht begleiten kann (bekomme von der Firma nicht frei, nicht so viel Geld, und keine Kinderbetreuung für meine 3 Kinder vorhanden) habe ich ihn schweren Herzens alleine ziehen lassen. Doch wenn er wieder da ist (in einigen Tagen) möchte ich ihm irgendwie helfen, dass alles zu verarbeiten. Es wird sicher sehr schwer für ihn sein, den toten Cousin nochmals zu sehen, ihn im Sarg zu sehen, zu sehen, dass alles Endgültig ist.
Mein Mann war der erste, im Spital, war der erste, der zu ihm ins Zimmer kam, er wartete im Spital über 5 Stunden, weil er gerade operiert wurde, in der Hoffnung, dass er überlebt. Mir tut mein Mann schrecklich leid. So ist nun einmal der Lauf der Dinge, doch es tut verdammt weh, zu wissen, dass innerhalb einer Sekunde alles vorbei ist. Mir fällt es auch nicht leicht, doch ich habe mehr Ablenkung als er. Wie kann man ihm helfen? Erfahrungen?
Das ist sicher alles andere als eine leichte Situation und ich kann natürlich verstehen, dass es nicht leicht ist, so ein Erlebnis zu verarbeiten. Ich glaube aber, dass dein Mann bereits auf dem richtigen Weg ist. Ich glaube, dass es besser ist, dass er jetzt viel weint. Dadurch wird er auch sehr viel verarbeiten.
Leute reagieren auf solche Erlebnisse ganz unterschiedlich. Die einen weinen gleich ganz viel, andere ziehen sich zurück und gehen in sich um über den Verstorbenen nachzudenken oder andere versuchen das Erlebte zu verdrängen. Das ist denke ich die schlechteste Variante.
Wenn dein Mann derzeit aber viel weint, ist das seine Art das Erlebte zu verarbeiten. Er setzt sich dadurch mit allem auseinander. Es wird sicher noch eine Zeit lang dauern, aber langsam aber sicher wird es wahrscheinlich besser werden. Er wird es wohl nie vergessen, aber das ist ja bestimmt auch nicht sein Ziel. Das soll er ja auch gar nicht. Wenn Leute so jung sterben und dann noch dazu so überraschend, ist es natürlich noch viel schwerer einen Tod zu verkraften und zu verarbeiten.
Du kannst für deinen Mann einfach nur da sein. Zeige Verständnis dafür, dass er derzeit viel weint und frage ihn, ob ihr gemeinsam die Fotos im Facebook oder andere Fotos ansehen wollt. Frage ihn, ob er mit dir gemeinsam über ihn reden möchte. Wenn er das aber nicht möchte, solltest du das auch akzeptieren. Das meint er dann sicher nicht böse, sondern es ist dann eben sein Weg der Verarbeitung. Du kannst ihn dabei nur unterstützen. Zeige ihm einfach, dass du für alles Verständnis hast.
Es ist schwer, die Trauer zu überwinden. Erst recht, wenn man sich Vorwürfe macht. Ich spreche aus Erfahrung. Meine Schwiegermutter habe ich tot aufgefunden. Ich war 30 Minuten zu spät bei ihr, weil ich verschlafen hatte. Ich mache mir heute noch Vorwürfe, was gewesen wäre, wenn ich pünktlich gewesen wäre. Aber das ist eine andere Sache.
Du kannst im Prinzip nichts für deinen Mann tun, außer für ihn da zu sein. Mache ihm klar (wenn er es nicht schon weiß), dass du immer für ihn da bist. Vorwürfe bringen keinem was und Selbstvorwürfe erst recht nicht. Das muss ihm auch klar werden und wenn ihm das alleine nicht klar wird, sollte er sich professionelle Hilfe suchen. Das Gespräch bei einem Psychologen kann Wunder wirken.
Dass er jetzt viel weint ist ein gutes Zeichen. Ich konnte nicht weinen. Ich habe alles wie im Trance erlebt und kann mich bis heute nicht an die Beerdigung erinnern. Er soll seinen Tränen freien Lauf lassen. Das ist zwar leichter gesagt als getan, wenn man sagt, dass das Leben weiter geht und die zeit alle Wunden heilt, aber es ist wahr. Die Trauer wird bleiben. Der Schmerz wird aber weniger.
Sei für deinen Mann da und dränge ihm nicht deine Hilfe auf. Er wird alleine kommen, wenn er Hilfe braucht. Wenn er gar nicht damit fertig wird, dann soll er sich Hilfe von Außen holen. Eien neutrale Person, die sich damit auskennt kann da mehr helfen.
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