Tigermütter gegen Kuschelpädagogik

vom 28.01.2011, 16:57 Uhr

"Solange das Klavierstück nicht sitzt, darfst du nicht aufs Klo": Eine Professorin und chinesische Mutter löst mit ihrem Buch über die Methoden der "chinesischen Erziehung" in den USA sehr heftige Debatten aus. Der Fokus hat das Thema mit den umstrittenen Erziehungsmethoden von Ursula Sarrazin auch bei uns wieder in die Öffentlichkeit gerückt. Werden die Ausbildungschancen unserer Kinder wirklich durch die "Kuschelpädagogik verschlechtert?

Die jüngste Pisa-Studie hat einen klaren Gewinner: In den westlichen Industrienationen wie Deutschland oder den Vereinigten Staaten wird auf den eher weniger zufriedenstellenden Plätzen rangiert. Doch an der Spitze steht China. Dieses Land hat diesen Erfolg auch in Sachen Bildung gesetzt. Dadurch wurde auch das Thema der Kindeserziehung wieder durch den Fokus in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Unter anderem beweist dies die aktuelle Diskussion über die Erziehungsmethoden einer Grundschullehrerin, Ursula Sarazzin, Thilo Sarazzins Gattin. Sie meint, dass die Kinder heute weniger wissen als vor 20 Jahren. Andere meinen jedoch, dass die Lehrerin die Kinder einfach nur demütigt. Aber die "autoritären" Pädagogik Methoden, die Frau Sarazzin verwendet, sind Kindergeburtstag im Vergleich zum Erziehungsratgeber der chinesischen Amerikanerin Amy Chua, die zur Zeit ebenfalls für heftige Debatten sorgt.

Wir Deutschen danken uns über Sarazzin, aber Amy Chuas hat im "Wall Street Journal" im amerikanischen Bürgertum eine wahre Diskussionslawine ausgelöst. Auch der Buchtitel ist sehr eindeutig: "Die Mutter des Erfolges. Wie ich meinen Kindern das Siegen beigebracht habt". Dieses Buch ist ab dem 27. Januar auch in Deutschland erhältlich. Die in Yale dozierende Jura-Professorin soll für den Inhalt ihres Buches angeblich Morddrohungen erhalten haben. Aber ihr provokantes Wer besetzt dennoch den Platz vier auf der weltweiten "Amazon"-Liste. Befürchten wie alle insgeheim, dass unsere Kultur verfällt und wie unsere Nachkommen nicht ausreichend für den weltweiten Wettbewerb rüsten?

Die "Erfolgsfrau" ist Amy Chua. Sie ist eine Amerikanerin in der ersten Generation - ihre Eltern wanderten etwa 1960 in die USA ein- und sie und ihr Mann erziehen die beiden Töchter Lulu und Sophia mit den chinesischen Methoden. Was damit gemeint ist, wird ziemlich schnell klar: Sophie und Luisa bekamen von ihren Eltern nie die Erlaubnis, bei Freunden zu übernachten, sich darüber zu beschweren, dass sie nie an einem der Schuldramen teilnehmen durften oder kein Fernsehen gucken oder Computerspiele spielen durften. Eine andere Note als ein war nicht erlaubt, sie mussten immer die besten Schülerinnen in allem sein. Chinesische Eltern verlangen die besten Noten. Dies auch, weil sie meinen, dass ihre Kinder diese auch mit Anstrengung bekommen kann. Kriegt ein chinesisches Kind diese jedoch nicht, nehmen die Eltern an, dass es daran lag, dass das Kind nicht genug gelernt hat. Die Folge sind immer harte Strafen. Außerdem kommt kein anderes Instrument in Frage als die Violine oder das Klavier.

Amy Chua hinterfragt die chinesischen Erziehungsmethoden in ihrem Wälzer durchaus kritisch-ironisch und erzählt davon, wie sie eine ihrer Töchter beinahe dadurch selbst verloren hätte. Daher sind die meisten Reaktionen auf ihr Buch eher ablehnender Natur.

Einige Kritiker fordern sogar, dass Amy Chua wegen Kindesmissbrauchs hinter Gitter gehöre. Aber der Kolumnist der "New York Tmes" David Brooks drückt sich etwas sanfter aus: "Die Tigermama ist ein Schwächling". Er meint, ein Kind stundenlang Violine üben zu lassen, seid sehr einfach. Durch diese Methoden werden die chinesischen Kinder von ihren Eltern wie den eigentlichen Schwierigkeiten des Lebens abgeschirmt: Der Umgang mit Gleichaltrigen, die Machtkämpfe, die Eifersucht unter Kindern. Das sind lauter Dinge die für die Gehirnentwicklung der heranwachsenden Kinder unerlässlich sind. Die Kinder werden weder glücklich noch kreativ sein.

Laut "Welt Online" wie eine chinesische Lehrerin, die selbst eine Tigermama wie Amy Chua überlebt hat, in einem Internetkommentar darauf hin, dass eine solche Erziehung ein Beispiel dafür ist, warum so viele chinesische Studenten unter Alkoholproblemen und anderen Exzessen leiden. Betty Ming Liu meint, dass Eltern wie Amy Chua der Grund sind, wieso viele asiatische Amerikaner wie sie selbst eine Therapie brauchen.

Was meint ihr dazu: Die Pädagogik nach der Arz der chinesischen "Tigermutter" sowie die autoritären Erziehungsmethoden von Frau Sarazzin stoßen auf laute Kritik. Ist die in Deutschland vorrangig herrschende "Kuschelpädagogik" schlecht für eine gute Ausbildung? Oder richtet zu strenge Erziehung auch weitaus mehr schaden an, als eine "Kuschelpädagogik"?

» Ewariane » Beiträge: 319 » Talkpoints: -2,24 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ewariane hat geschrieben:Was meint ihr dazu: Die Pädagogik nach der Arz der chinesischen "Tigermutter" sowie die autoriären Erziehungsmethoden von Frau Sarazzin stoßen auf laute Kritik. Ist die in Deutschland vorrangig herschende "Kuschelpädagogik" schlecht für eine gute Ausbildung? Oder richtet zu strenge Erziehung auch weitaus mehr schaden an, als eine "Kuschelpädagogik"?


Es wird wohl in beiden Bereichen Nachteile geben, aber für mich überwiegen ganz klar die Nachteile der ''Tigermütter''. Wenn man nach den Erziehungsmethoden solcher Tigermütter geht, dann erzielt man meistens eine gute Bildung, dass ist ja das tolle daran. Aber ansonsten gibt es auch kaum etwas tolles, denn mal ehrlich, was ist besser? Sein Kind die ganze Kindheit lang zum Lernen zu zwingen, ihm unnötige Verbote zu geben, es vielleicht sogar zu schlagen und ihm letztendlich die Kindheit zu vermasseln. Ist es das Wert, nur damit Deutschland in der PISA Studie oben stehen darf die Kinder hier alle fleißig ihre Vokabel und Klavierstücke lernen?

Ich bin auf jeden Fall ein Anhänger der Kuschelpädagogik, wenn du es so nennen willst. Diese Kuschelpädagogik lässt nämlich noch wenigstens zu, dass Kinder ein wenig selbstständig denken. In gewisser weise ist es Hilfe zur Selbsthilfe, denn was die Kinder hier lernen, dass verinnerlichen sie auch und das ganze geht völlig zwanglos, die Kinder haben Freiraum und können sich entwickeln und werden nicht wie bei den ''Tigermüttern'' zurechtgemeißelt, wie ein Steinblock. Wie man es auch sehen mag, aber für mich bedeutet eine Tigermutter, eine zerstörte Kindheit und das ist Bildung nun mal einfach nicht wert. Mit Zwang lässt sich nichts erreichen.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich finde diese Erziehungsform furchtbar. Wie kann man das seinem Kind antun, liebt man es denn gar nicht? Ich denke auch, dass sich auf Dauer mit dieser Methode nichts erreichen lässt, denn sind die Kinder erst einmal groß- ich bin mir sicher, die sind schneller weg, als man "Tigermutter" buchstabieren kann. Wer will denn eine solche Mutter? Hoffentlich tragen diese Kinder später mal keinen psychischen Schaden davon. Natürlich sollte es in gewisser Weise auch Disziplin geben, man kann selbstverständlich nicht alles durchgehen lassen und muss den Kindern auch Verhaltensweisen beibringen, aber doch nicht so und nicht so extrem.

» flöcken93 » Beiträge: 29 » Talkpoints: 0,08 »



Ich tue mich doch sehr schwer, die Tigermütter-Erziehung zu beurteilen, da ich diese nicht wirklich kenne und auch der Eingangsbeitrag ist ja nur ein kleiner Streifzug, der sicher nicht alle Facetten abdeckt und dann auch nur auf den Erfahrungen weniger beruht. Genauso ist es auch mit der Kuschelpädagogik. Dieser Begriff wird oft verwendet, aber nicht wirklich definiert. So fällt es eben auch hier schwer ein Urteil zu fällen.

Allerdings ist doch wohl klar, dass es die optimale Erziehung, die für alle Kinder am günstigsten ist, nicht gibt. Denn dann würde es doch nicht dieses Hin und Her und etliche Diskussionen darum geben. Ich denke, dass jeder Erzielungsstil seine Vor- und Nachteile hat. So ist die beschriebene Konsequenz der Tigermütter sicher eine sinnvolle Maßnahme, auch das Streben nach bestmöglichen Leistungen finde ich sinnvolle.

Wie die Konsequenz aber aussieht, ist den Schilderungen nach für mich übertrieben. Erst etwas richtig können und dann auf Toilette dürfen ist für mich keine Option. Ebenso sollte man sicher akzeptieren, dass es mit zunehmender Klassenstufe für einige Kinder schwerer wird Bestleistungen zu erreichen. Nicht alles lässt sich durch lernen kompensieren.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Extremismus und Dogmatismus in der Erziehung finde ich immer bedenklich. Aber die Kinder müssen auch den entsprechenden Charakter haben, da mit zu machen, oder von Anfang an gebrochen werden. Würde ich meinen Kindern sagen, dass sie erst das Stück können müssen, bevor sie auf Toilette gehen dürfen, dann hätte das schon im zarten Alter ziemlich sicher einen Toilettenunfall auf dem Klavierstuhl gegeben. Und dann? Wer meint, man sollte da wirklich strafen?

Ich habe das Buch von Amy Chua gelesen. Teils mit Grausen, teils mit Kopfschütteln. Ich teile teilweise ihre Ansichten. Ich finde es auch wichtig, dass man von Kindern erwartet, dass sie sich bemühen. Man sollte ihnen nicht alle Steine aus dem Weg räumen und ihnen auch mal die Möglichkeit geben, etwas selbstständig zu leisten. Aber das ist eben lange noch nicht das, was sie predigt.

Antiautoritäre Scheinfreiheit finde ich auch schlimm. Denn sobaĺd die Kinder Kontakt zum echten Leben bekommen, und sehen, dass andere durchaus Forderungen stellen, bedeutet das eine riesige Umstellung für das Kind. Von daher finde ich das antiautoritäre total künstlich für die heutige Gesellschaft.

Faszinierend finde ich hingegen die Folgen, die Frau Chua so klar zeigt. Wie viele Konflikte sie da zwischen sich und ihren Kindern künstlich provoziert hat. Und dass ihre Kinder auch nur mit gemacht haben, so lange sie den Druck aufrecht erhalten konnte. Wenn diese dann erwachsen sind, gehen sie eigene Wege. Ich glaube mich zu entsinnen, dass zumindest das eine Kind dann ziemlich bald nie wieder ein Instrument angerührt hat, als es frei entscheiden konnte. Da frage ich mich schon, ob es den Druck wert ist. Denn gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.

Aber eines fände ich schon übernehmenswert: In unserer Lernkultur sollte viel mehr belohnt werden, wenn Kinder exzellente Leistungen bringen. Das vermeintliche Strebertum darf man nicht mehr verteufeln. Was gibt es schöneres, wenn Kinder aufblühen dürfen und tolle Leistungen zeigen, hinter denen sie stehen und die ihnen gut tun? Und mit Maß kann man da sicher auch bei uns einige verbessern, wenn man ein winziges bisschen Tigermutterschaft bei uns einfließen ließe. Was aber nicht bedeuten soll, dass wir Eltern hier auch so werden sollten wie sie, sondern dass wir auch mal was von unseren Kindern fordern und erwarten sollen. Im gesunden Maß. Schließlich wachsen auch Kinder an Herausforderungen.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


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