Sendungen mit negativen Bezeichnungen belegen

vom 26.01.2011, 17:44 Uhr

fushicho hat geschrieben:Ich glaube nicht, daß sie diese Sendungen wirklich als "gut" einstufen, aber sie fühlen sich angegriffen, weil sie diese gequirlte Kacke eben - meistens sogar regelmäßig - gucken.[...]Wenn du also sagst, daß es niveauloser Schwachsinn ist - was sogar stimmt - fühlen sie sich "erwischt", und zu einem gewissen Maße auch "beleidigt" denn sie gucken ja "niveaulosen Schwachsinn". [...]


Fushicho - "Ik liebe dir" - deine Kommentare finde ich immer so herrlich gesalzen und gepfeffert und auch was du zum Thema Fußball u. ä. sagst, trifft ganz meinen Geist. Was soll ich jetzt überhaupt noch zu dem Thema sagen?

Ich habe kein Problem, eine Dauerwerbekrawallübertragung wie dieses manipulierte Laientheaterspiel aus dem Wald als "schwachsinnig" zu bezeichnen. Hier geht es um "Bort und Spiele", um Voyeurismus, um geistige Onanie. Und Onanie soll ja bekanntlich auch dem Hirn schaden. Na gut, ich glaubs ja auch nicht, aber bis auf einen Soziologen und die Abteilung aus der psychologischen Anstalt dürfte niemand einen tieferen Sinn darin sehen, wie sich erwachsene Menschen gegenseitig zum Affen machen, während sie irgendwelche Krokodilaugen auszuzeln. Es ist und bleibt weitestgehend Schwachsinn ohne Lerneffekt.

Wer diesen Schwachsinn nicht als solchen erkennt und wenigstens dazu steht, dass er eben auch mal geistigen Dünnpfiff als erquicklich empfindet und sich stattdessen persönlich betroffen fühlt, der hat es eben auch nicht anders verdient. Mehr als ihm sagen: "Jung, das ist Mist!" kann man nicht.

Die Frage ist, ob man sich Sorgen um sich selbst machen muss, wenn man sich beim Gucken erwischt und es irgendwie gut findet? Ich glaube, wenn man sich dessen bewusst ist, kann man das schon als Denkleistung betrachten, dann besteht noch Hoffnung, wenn man aber absichtlich guckt und die Sendung gar nicht erwarten kann, mitfiebert und sich anfängt zu identifizieren, wenn man nicht mehr in der Lage ist zu reflektieren, dann sind Hopfen und ganz besonders Malz verloren.

Angsteinflößend ist die Tatsache, dass Menschen wissen, dass die Gerichtsshow ein Fake voll mit unbedarften und unbegnadeten Laiendarstellern ist und es trotzdem als sehenswert erachten. Es soll sogar Leute geben, die halten das für echt. An der Stelle denke ich dann immer: Hoffentlich ist das nicht ansteckend.

» Meerbuscher » Beiträge: 398 » Talkpoints: -14,49 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Danke für die Blumen, Meerbuscher. Aber gerade was du da über die Gerichtsschows sagst, kannst du auch auf eine ganze Reihe weiterer Shows übertragen.

Stichpunkt Gerichtsshows - für eine dieser Shows (Barbara Salesch) habe ich allen Ernstes mal Drehbuchentwürfe gemacht. Wie kam es dazu? Nun, eine Freundin hat dort als Laienschauspielerin mitgewirkt, hatte die Drehbuch-Richtlinien mitgebracht und mir gegeben. Ich habe schlicht und einfach mal zwei Fälle entworfen, diese gemäß der Richtlinien ins passende Format gebracht und eingereicht - beide wurden abgelehnt, und nun halt dich bei der Begründung fest: Die vorgeschlagenen Fälle sind für das Zielpublikum zu anspruchsvoll, Zitat Ende. Das heißt doch wortwörtlich, die wollen damit ganz bewußt "Minderbemittelte" ansprechen. Daß dabei dann Fälle rauskommen, die ohne plötzliche "reuige" Geständnisse aus heiterem Himmel nicht "gelöst" werden können, ist natürlich auch kein Wunder.

Oder was ist mit Talkshows, bzw das was mittlerweile aus diesen gewoprden ist? Gibt es heute noch eine Talkshow, in der nicht mindestens eines der Worte "Lügendetektor", "Vaterschaftstest", "Betrug", "Fremdgehen" oder "Messie" vorkommen? Das war mal anders, aber mittlerweile scheint es den Sendern billiger zu kommen, irgendwelche Deppen zu engagieren, die sich da für möglichst wenig Asche die Köpfe einschlagen (wenn man die Ausschnitte bei Talk Talk Talk so sieht kann man außerdem meinen, die Deppen kämen nur wahlweise aus Brandenburg oder Sachsen, dem Akzent nach - naja, vielleicht sind die "billiger käuflich").

Verglichen mit diesem Nachmittags"programm" hat das Dschungelcamp ja noch fast Niveau, immerhin gibts ja noch Sonja und Dirk, die zwar lästern, aber das ja nicht mal zu unrecht. Und lästern tun die Leute nun mal gerne, weil sie das so schön von den eigenen Fehlern ablenkt.

Und genau deswegen, liebe steph, darfst du solche Sendungen gegebüber "überzeugten Zuschauern" nicht als "Schwachsinn" oder "niveaulos" bezeichnen, denn das erinnert sie eben wieder an diese eigenen Fehler, die sie durch diesen "niveaulosen Schwachsinn" doch so schön auf andere Leute, und hier sogar "Promis" projizieren können.

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» fushicho » Beiträge: 371 » Talkpoints: 17,15 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Immer noch gab es keine Antwort - bis auf tournesols, warum darauf so empfindlich reagiert wird, wenn eine solche Sendung mit einer unschönen Bezeichnung versehen ist. Noch immer verurteile ich nicht den Menschen, der diese Sendung schaut noch unbedingt die Leute, die in solchen Sendungen mitwirken. Einzig das Konzept oder sonstiges ist damit gemeint.

Interessant, Einblicke zu erhalten, dass auch solche Sendungen wie eine Gerichtsshow bewusst als anspruchs- oder "niveaulose" Sendung selbst vom Sender gewollt ist. Geahnt habe ich es ja schon immer. Ich habe ja mal geschrieben, dass ich durchaus auch diese Trash TV-Sachen schaue, um mich unterhalten/ berieseln zu lassen. Jedoch habe ich nur kurz darüber gesprochen und nicht mal darüber diskutiert, weil es mir einfach zu doof geworden ist, da ich angefangen habe, zu hinterfragen und ob der Sender wirklich meint, seine Zuschauer für so dumm zu verkaufen.

tournesol hat geschrieben:Darauf bin ich im vorigen Beitrag auch kurz eingegangen. Manche Leute vermitteln eben mit solchen Ausdrücken auch, dass sie der Meinung sind, dass die Zuseher automatisch auch niveaulos oder schwachsinnig sind, wenn sie so eine Sendung sehen. Der Zuseher muss sich ja gar nicht so fühlen. Ich finde eher, dass die die das eben so sagen oft, aber auch nicht immer, diesen Eindruck vermitteln.


In der Tat etwas wirr ausgedrückt, aber doch verstanden. Schau, ich kenne Dich zum Beispiel nicht näher, nur hier vom Schreiben. Aber ich würde Dich nie als "blöd" oder ähnliches bezeichnen, weil Du das Dschungelcamp schaust. Du wirkst auf mich einfach anders. Genauso wenig "verurteile" ich ja andere oder besser gesagt stufe sie als "blöd" ein, weil sie diese Sendungen schauen. Wenn ich die Person als solche "blöde Person" empfinde, würde ich es aber auch sagen, sprich: ich differenziere und passe schon auf die Formulierung auf. Daher kann ich nicht nachvollziehen, wieso eine auf die Sendung und nicht auf die Person bezogene Bezeichnung als persönlichen Angriff angenommen wird. Kann man das dann nicht so stehen gelassen werden, sondern muss gleich gegenargumentiert werden?

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Das erstaunt mich jetzt wiederum, dass man darüber erstaunt sein kann, dass Sendungen (genannt wurden als Beispiel Gerichtsshows) bewusst anspruchs- oder niveaulos vom Sender konzipiert werden.

"You always get what you want!" - oder: "Du bekommst, was du verdienst!" - oder irgendwie auch: "Du bist, was du isst!" Es ist doch wohl klar, dass jedes Produkt so gestaltet wird, dass es möglichst viele Käufer einer Zielgruppe erreicht. Da muss man jetzt nur nochmal überlegen, wer denn am Nachmittag die Glotze einschalten kann? Schüler, Arbeitslose, Hausfrauen, Rentner - würde ich spontan sagen, wobei die Machart eher auf den jüngeren und unbedarften Zuschauer zugeschnitten ist.

Den interessieren in solchen Sendungen weniger die Argumente, der will im Prinzip Blut sehen und wie sich die Akteure verhalten. Es muss also zur Sache gehen, die Logik ist wenig interessant und am Ende muss die Gerechtigkeit siegen. Man könnte also positiv sagen, dass im Gegensatz zu Talkshows, hier am Ende wenigstens gewisse Wertvorstellungen vermittelt und durchgesetzt werden - sozusagen die Rache des kleinen Mannes, hieran scheinen die Zuschauer Genuss zu finden. Vermutlich suchen Zuschauer bei solchen Sendungen Orientierung und finden sie dann auch.

Problematisch ist, dass in Gerichtsshows ein völlig falsches Bild vom Gerichtsalltag vermittelt wird und das hat Einfluss auf die Zuschauer. Man könnte nämlich den Eindruck gewinnen, die Welt sei voller Gewaltverbrechen. Über 50% der Fälle behandeln diesen Bereich, in der Realität sind es bei Erwachsenen ca. 5% und bei Jugendlichen unter 15%.

Die Zielgruppe zeichnet sich nun aber (im Durchschnitt) tendenziell durch Zweierlei aus: Medieninkompetenz und leichte Beeinflussbarkeit. Da darf man sich dann kritisch fragen, was die Vermittlung solche einer Pseudorealität bei den Zuschauern bewirkt? Man kann die natürlich nicht in Bausch und Bogen alle als völlig verblödet einschätzen, aber man kann davon ausgehen, dass es hier durchaus zu Kultivierungseffekten kommt, die eine verzerrte Vorstellung von der Realität bewirken.

Klar fühlen sich Leute auch mal auf den Schlips getreten, wenn man ihnen sagt, was sie da für einen Schwachsinn schauen. Gerade im Fall des Dschungelcamps kommt es zu einer starken emotionalen Beteiligung und zur Identifikation mit den Akteuren. Wie bei den Gerichtsshows ist es völlig unerheblich, wieviel Anteil der scheinbaren Realität erfunden ist oder beeinflusst wurde - im Gegenteil, das wird Teil der Spekulation. Wichtig ist alleine das Handeln der Akteure. Im Grunde ist das ja eine Steigerung des Gerichtsfernsehens, weil der Zuschauer hier selber zum Richter werden kann. Auch die niederen Instinkte wie Neid, Hass, Rache werden gnadenlos angesprochen. Und wenn man einen derart involvierten Zuschauer dann zurück in die Realität zu holen versucht, gerät der natürlich in Rechtfertigungsdruck, weil seine ganze halbreale Welt, in der er es sich so kuschelig gemacht hat, plötzlich ins Wanken gerät. Und wer mag das schon. Dass die Reaktion vieler Zuschauer dann ungehalten ist, ist doch leicht verständlich.

» Meerbuscher » Beiträge: 398 » Talkpoints: -14,49 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Zwar bezieht sich der Thread ja eindeutig nur auf Fernsehsendungen, die irgendwie kategorisiert werden und deren Einordnung einigen Fans oder zumindest regelmäßigen Zuschauern nicht gefällt. Aber dass man mit der Einordnung und damit auch Bezeichnung bestimmter Dinge nicht einverstanden ist, sich sogar auf den Schlips getreten und schlimmstenfalls beleidigt fühlt – das gibt es auch in anderen Lebensbereichen.

Wenn man denn mal darüber nachdenkt, warum man sich da so manches Mal angegriffen fühlt, dann ist das doch in der Regel so, dass man sich einfach mit dem was angegriffen wird identifiziert oder vielleicht auch nur solidarisiert. Und zwar so sehr, dass man sich mit dem Objekt der Identifikation oder Solidarisierung gemeinsam angegriffen fühlt. Beim Dschungelcamp leidet man mit den Stars mit, vielleicht sogar mit einem Favoriten und bei diversen Castings-Shows auch. Vielleicht bewundert man auch den Mut, keine Ahnung.

Ich selbst mag einige Filme, von denen ich auch immer wieder höre, dass die ja so seicht wären. Sind sie, stimmt. Aber manches Mal mag ich einfach diese seichte, durchschaubare Unterhaltung. Dass sich dann andere Bekannte dann angegriffen fühlen, liegt einfach daran, dass sie sich so sehr mit diesen Filmen identifizieren, dass sie meinen, man würde sie auch für seicht halten. Das stimmt sicher in einigen Fällen, aber wie heißt es so schön: getroffene Hunde bellen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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