Akademiker arbeitslos
Ist das alles nur Geunke oder stimmt es tatsächlich, dass so viele Akademiker arbeitslos sind? Ich kann das eigentlich kaum glauben… denn wozu sollte man dann noch studieren? Oder sind die Akademiker dann so festgelegt, dass sie nur bestimmte Berufe ergreifen wollen? Ich meine, man kann ja mit einem abgeschlossenen BWL Studium auch erstmal in einer Bank arbeiten, bis sich was Besseres ergibt, oder nicht?
Naja was heißt "so festgelegt"? ich kanns schon verstehen dass es einen echt fertigmacht, in einem Beruf zu arbeiten, für den eine 3 jährige Ausbildung ausgreicht hätte - und sie haben STUDIERT. Das ist teuer, zeitintensiv und stressig, da hat man dann auch einfach einen besseren Beruf verdient wie ich finde.
Als Übergang könnt ich es grad noch verstehen, aber nicht auf Dauer. Und viele studierte Architekten pendeln von einem Praktikum zum nächsten - das kanns doch echt nicht sein!
Das ist wohl wirklich so mit den arbeitslosen Akademikern. Schon mal was von Überqualifikation gehört? Gibt es in der Tat; nicht alle Arbeitgeber wollen einen Akademiker einstellen, auch (oder gerade) wenn es nur um eine Übergangszeit geht. Und als BWLer mal eben so bei einer Bank arbeiten... ein BWL Studium ist ja keine verkappte Banklehre, das sind schon unterschiedliche Sachen.
Ein Diplom BWLer wird, wenn er in eine Bank gestellt wird, auch erstmal nicht wissen, was er machen soll. Man müsste ihn erst anlernen. Wieso sollte ein Bank das tun, wenn sie genug Leute zur Auswahl haben, die eine Banklehre gemacht haben und auch nen Job suchen? Und die Leute wissen immerhin, was sie machen sollen, wenn sie hinter den Schalter gestellt werden.
Auf der einen Seite ist man natürlich mit einem akademischen Abschluss bei einem Ausbildungsberuf oft überqualifiziert und die meisten Arbeitgeber denken dann vielleicht, man möchte die Stelle nur als Übergangslösung annehmen, bis etwas besseres auf einen zukommt, was der eigentlichen Ausbildung angemessener ist.
Auf der anderen Seite fehlt vielen Akademikern trotz Praktika oft die langjährige Praxiserfahrung, was auch einen Nachteil darstellen kann, da ich schon oft von Arbeitgebern gehört habe, dass 80% der Dinge, die man an der Uni lernt, nicht praxistauglich seien und man die neuen Mitarbeiter teilweise bis zu einem halben Jahr ordentlich einarbeiten und gewissermaßen auf Praxistauglichkeit umschulen muss, was auch einen entscheidenden Nachteil darstellt im Gegensatz zu Menschen, die Praxiserfahrung im normalen Ausbildungsberuf mitbringen und nach kurzer Zeit bereits die geforderten Ansprüche erfüllen können (aufgrund der eigenen Erfahrung während der Ausbildung im Azubi-Beruf oder während der Berufsausübung wissen die dann eben meist, wo die eigentlichen Schwerpunkte liegen oder sind es bereits gewohnt).
Midgaardslang hat geschrieben:da ich schon oft von Arbeitgebern gehört habe, dass 80% der Dinge, die man an der Uni lernt, nicht praxistauglich seien
...was in der Natur der Sache liegt. Die Uni bildet Menschen für die Wissenschaft aus, nicht primär für den freien Arbeitsmarkt. Das wird gern vergessen, sollte man sich hin und wieder aber vor Augen führen.
Minni1983 hat geschrieben:Oder sind die Akademiker dann so festgelegt, dass sie nur bestimmte Berufe ergreifen wollen?
Gegenfrage: sind Arbeitnehmer, die einen Ausbildungsberuf erlernt haben, nicht genauso festgelegt? Würde ein Mensch, der einen Ausbildungsberuf mit Erfolg erlernt hat, gern eine Tätigkeit übernehmen, für die es keine Ausbildung braucht? Meines Wissens tun das auch nur die wenigsten.
Dass Akademiker oft für "einfachere" Tätigkeiten überqualifiziert sind, wurde ja schon erwähnt. Das kann für den Arbeitgeber unter Umständen auch höhere Lohnzahlungen bedeuten. Unwirtschafltich, wenn er einer geringer qualifizierten Kraft, die die Arbeit aber genauso gut erledigen könnte, weniger zahlen muss. Und selbst wenn es nur für einen Übergang wäre, dann müsste der Akademiker ja oft auch erst mal angelernt werden und ist in dieser Zeit weniger produktiv. Das heißt die Einarbeitung kostet den Arbeitgeber erst mal. Und dem ist es nicht zu verdenken, dass er die Arbeitskraft dann erst einmal eine Weile behalten will, möglichst bis sich die Einarbeitung amortisiert hat. Und das waren jetzt nur mal Argumente aus Arbeitgebersicht.
Aus der Sicht des Akademikers sind ja noch ganz andere Faktoren interessant. Wie Cala schon schrieb, ist eine akademische Ausbildung nicht einfach nur auf dem Papier etwas besseres. Sie bietet auch tatsächlich ganz andere Qualifikationen, war meist auch teurer und da möchte das investierte Geld im späteren Berufsleben auch wieder reinkommen. Zumal man als Akademiker durch Abitur und Studium erst mal auch weniger Rentenansprüche hat. Obwohl Letzteres in Zukunft eine immer kleinere Rolle spielen wird.
Ein anderer interessanter Punkt. Entweder habe ich einen Loch im Lebenslauf oder muss mir bei späteren Bewerbungen die Frage gefallen lassen, warum ich als Akademiker einen Job angenommen habe, für den ich augenscheinlich überqualifiziert war!?
Ich glaube, dass es verschiedene Gründe für die Arbeitslosigkeit von Akademikern gibt, die allerdings, wenn man den Meldungen glauben darf Aritkel Sueddeutsche inzwischen rückläufig ist und ohnehin immer ein ganzes Stück unter der allgemeinen Arbeitslosenquote lag.
Was aber gerade in dem Bereich der häufigste Grund für Arbeitslosigkeit sein dürfte ist, dass früher gerne konsequent nur und alleinig nach persönlichen Wüschen und damit gerne auch mal komplett am Arbeitsmarkt vorbei studiert wurde. Die Jobs für Literaturwissenschaftler, Philosophen, Kunststudenten, Soziologen & Co. sind nämlich nicht gerade vorhanden, wie Sand am Meer. Die Absolventen dazu aber schon. Wenn die dann auch noch nicht bereit sind für die wenigen Jobs eine starke Wohnortflexibilität mitzubringen, die man hier nämlich dringend bräuchte, sieht es schnell düster aus an deren persönlichem Arbeitsmarkthimmel.
In Deutschland gibt es einen enormen Fachkräftemangel und Ingenieure, Diplomchemiker, Fachkräfte in der Energiewirtschaft, und eine andere finden oft superschnell gut dotierte Arbeitsplätze. Nur wollen das scheinbar nicht so viele Leute studieren. Vielleicht weil es sich nach schwerem Studium mit superviel Mathe (in der gymnasialen Ausbildung zugunsten von Sprachen oft ein wenig stifkindlich behandelt) und harter Arbeit anhört, bei der man vielleicht auch mal schmutzig wird.
Zudem, wie gerade zuvor von JotJot erwähnt, ist es durchaus problematisch für eine - sagen wir mal Diplom-Literaturwissenschaftlerin - im Supermarkt an der Kasse anzuheuern und das bei späteren Bewerbungen bei für sie ernstzunehmenden Jobs zu erklären.
Hier ist im deutschen System eine starke mangelnde Flexibilität aufzuspüren, die schlicht von den Arbeitgebern ausgeht. Wie schnell ist so ein Lebenslauf durch ein paar Haken in den Augen mancher Personaler total "versaut". Das ist albern, denn in der heutigen Zeit, bei diesem unberechenbaren Arbeitsmarkt und den Forderungen nach lebenslangem Lernen, dem Wissen darum, dass kaum mehr einer im Leben nur noch einen Job von der Ausbildung bis zur Rente machen wird, etc., kann das ja wohl nicht mehr als Maßstab gelten, dieser klassische "gerade" Lebenslauf.
@cala: Nur weil einer STUDIERT hat, macht ihn das nicht zu einem besseren Menschen und nur weil man ein Studium in der Tasche hat, hat man nach meiner Ansicht mit Sicherheit nicht automatisch einen besseren Job verdient. Eine Ausbildung ist auch stressig, und man arbeitet dabei auch noch gleich für wenig Geld (man macht quasi Verlust dabei).
Ich selber habe zwei Ausbildungen gemacht, also sechs Jahre lang gelernt und praktische Erfahrungen gesammelt. Die erste Ausbildung habe ich sogar bezahlt, statt dafür Geld zu bekommen. Sprich ich bot zum Ende der zweiten Ausbildung gleich noch sechs Jahre Berufserfahrung. Das ganze mit grade mal 23 Jahren. Und nun soll irgendein Student, gleich per se eine bessere Anstellung "verdient" haben als ich? Womit denn?
Ein paar Jahre selbstständiges Lernen qualifizieren wohl nicht dazu. Das mache ich auch noch jeden Tag in dem ich mich weiterbilde und weitere Qualifikationen erwerbe (auch in meiner Freizeit, nach einer 50 Stunden Woche). Will dich ja nicht angreifen oder so, aber bei solchen Sprüchen krieg ich zuviel.
crissi hat geschrieben:Nur weil einer STUDIERT hat, macht ihn das nicht zu einem besseren Menschen und nur weil man ein Studium in der Tasche hat, hat man nach meiner Ansicht mit Sicherheit nicht automatisch einen besseren Job verdient. Eine Ausbildung ist auch stressig, und man arbeitet dabei auch noch gleich für wenig Geld (man macht quasi Verlust dabei).
Wurde das behauptet - komisch, les ich da nicht raus, da war wohl die Interpretation wieder König und nicht das Lesen . Es geht überhaupt nicht um bessere Menschen sondern das es im Prinzip logisch ist dass eine bessere Qualifikation eigentlich eine Voraussetzung für einen "besseren" Job sein sollte. Oder willst Du mit deinen 6 Jahren Ausbildung etwa für 800 Euro arbeiten gehen wo nur ein Bruchteil deiner Qualifikationen abgefragt wird?
Ansonsten: Man macht bei einer Ausbildung Verlust? Na dann frag doch mal die meisten Studis die von BaföG leben usw. ob die keinen Verlust machen. Klar, als Handwerkslehrling usw. hat man nach 2,5 bis 3,5 Jahren sicherlich erst einmal 20.000 - 45.000 Euro Schulden an der Backe, welcher Azubi kennt dieses Los nicht? Mal ganz abgesehen von staatlichen Sonderleistungen für einkommensschwache Azubis die nicht zurückgezahlt werden müssen, sprich: BAB.
Na im Grunde ist das ganze total sinnlos hier einen Job mit einem anderen zu vergleichen bei dem man in der Regel wenigstens gering vergütet wird (Azubi Gehalt) anstatt draufzahlen zu müssen (Studium) - da muss man auch nicht mit den paar Ausbildungen ankommen die man selbst bezahlen muss, denn das sind wie bei den Studenten mit regelmäßigem, rückzahlungsfreiem Einkommen (Stipendium) die Ausnahmen von der Regel.
Ganz davon abgesehen dass ich bei manchen Studiengängen sowieso hinterfrage warum man das noch studiert: Da lässt man sich als Sozialpädagoge oder 08/15 BWLer (nein, nicht jeder sitzt in der Chefetage) mit 30.000 Euro BaföG Schulden an der Backe + Studienkredit der neu dazukommt das Bad von einem 22-jährigem Gesellen fließen der mal locker nach 2 Jahren im Beruf das eigene Gehalt nach gleicher Beschäftigungszeit um 20 - 30% übertrifft. Ansonsten schließe ich mich crissi und Tsunami an - das bringt es mal wieder genau auf den Punkt.
Subbotnik hat geschrieben:Ganz davon abgesehen dass ich bei manchen Studiengängen sowieso hinterfrage warum man das noch studiert: Da lässt man sich als Sozialpädagoge oder 08/15 BWLer (nein, nicht jeder sitzt in der Chefetage) mit 30.000 Euro BaföG Schulden an der Backe + Studienkredit der neu dazukommt das Bad von einem 22-jährigem Gesellen fließen der mal locker nach 2 Jahren im Beruf das eigene Gehalt nach gleicher Beschäftigungszeit um 20 - 30 % übertrifft.
Aber was die Sozialpädagogen angeht, ist das ja so eine Berufssparte, wo keiner erwartet damit reich zu werden, glaube ich, oder? Das ist auch so ein bisschen ein "Leidenschaftsberuf" und Stellen gibt es da ja glücklicherweise nicht gerade wenige.
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