Besserungsgelübde - pädagogisch sinnvoll?

vom 11.01.2011, 11:29 Uhr

Meine Schwester ist nun 13 Jahre alt und besucht seit drei Jahren eine Hauptschule. Sie ist jetzt in der siebten Klasse und nicht gerade ein einfaches Wesen. Auf ihrer Schule gibt es ein besonderes Verfahren, womit Fehlverhalten geahndet wird. Wenn man gegen die Regeln der Schule verstößt, wird man in einen sogenannten "Trainingsraum" gebracht und muss dort einen Zettel ausfüllen. Bei diesem muss man angeben, was man falsch gemacht hat und auch was man damit bezwecken wollte. Außerdem wird der Schüler dazu animiert sich in den Lehrer hinein zu versetzen und seine Strafe nachzuvollziehen. Des Weiteren muss der Schüler eine Art Gelübde ablegen, mit dem er sich verpflichtet sein Verhalten zu ändern und sich an die Regeln zu halten. Erst nach dem Ausfüllen des Zettels dürfen die Schüler wieder am Unterricht teilnehmen.

An und für sich halte ich solch ein Verfahren eigentlich für sinnvoll. Die Schüler werden aufgefordert ihr Fehlverhalten zu erkennen und sich damit auseinander zu setzen. Das ist der gute Punkt an der Sache. Allerdings hätte es mich damals als Schüler nicht gestört, wenn ich zehn Fragen beantworten müsste und dafür eine Stunde keinen Unterricht gehabt hätte. Außerdem gibt es keine weitere Konsequenz, egal wie viele Zettel man ansammelt, es bleibt immer nur bei diesen Zetteln. Meine Schwester bekommt ungefähr alle zwei Wochen einen und bis jetzt hat sie mit keinen Konsequenzen zu leben, außer eben den schlechten Noten. Daher verliert die Sache für mich an Sinn.

Was haltet ihr von solchen schriftlichen Besserungsgelübden? Wie würde ein solcher Zettel euer Verhalten beeinflussen?

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Zumindest scheint es ja ein Versuch zu sein den dortigen Querschlägern etwas Stress zu bereiten, die meisten Schulen mit solchen massiven Problemen scheinen das öfters ja zu verdrängen. So richtig kann ich aber aus der Ferne betrachtet nicht an einen durchschlagenden Erfolg glauben. Für die Kids zählt nur cool zu bleiben und keine Schwäche gegenüber dem Lehrkörper und ihren Mitschülern zu zeigen. Die Fragen sind einfach zu banal und zu durchsichtig.

Ein bisschen erinnert mich das an frühere Tage wo man eine freiwillige Selbstverpflichtung abgegeben hat um einer Bestrafung zu entkommen oder abzumildern, so eine Verpflichtung inklusive Entschuldigung kam jedem leicht über die Lippen weil sie inflationär angewandt wurde und jeder auch wusste dass es nicht ernst gemeint war. Ein Gelübde ist auch für mich eher ein einmaliger Vorgang der in einer besonderen Situation und mit dem nötigen Ernst abgegeben werden muss und kein tägliches Ritual.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich gehe auf ein Gymnasium und da können Strafarbeiten ähnlich ablaufen, wobei die Schüler hier normalerweise keinen vorgefertigten zettel mit zu beantwortenden fragen bekommen, sondern selbst einen Text zu ihrem fehlverhalten, der Reaktion des Lehrers und ihren Vorstellungen, inwieweit sie ihr verhalten verbessern könnten, verfassen müssen, was dann doch ein bisschen mehr Arbeit macht. Bei größeren Vergehen ist das allerdings nicht die einzige strafe, es kann trotzdem einen Verweis, eine Stunde Nachsitzen oder sozialdienst geben. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Schüler diese Texte zu Hause schreiben müssen. Ich bin zwar eher eine brave Schülerin und habe damit bisher keine Erfahrungen gesammelt, aber ich denke, es ist bei weitem nerviger, eine solche Arbeit mit nach Hause nehmen zu müssen.

Das Konzept an der Schule deiner Schwester finde ich nicht vollkommen schlecht. Es zwingt die Schüler, wie du schon angemerkt hast, dazu, sich mit ihrem Fehlverhalten auseinanderzusetzen. Dadurch, dass sie diesen zettel sofort ausfüllen müssen, ist das Vergehen noch ganz frisch und man kann es nicht so leicht verdrängen, sondern muss sofort darüber nachdenken. Das Niederschreiben des Geschehens kann auch eine Möglichkeit darstellen, sich abzureagieren: Wenn man erst einmal in einen stillen Raum geschickt wird, das Vergangene niederschreibt und in Ruhe über alles nachdenkt, ist das vielleicht sinnvoll, als hitzigen Gemütes der nächsten Stunde beiwohnen zu müssen.

Ich sehe allerdings auch einige verbesserungswürdige Punkte. Erstens verpasst ein Schüler durch solch eine Strafarbeit Unterricht, wodurch die Noten auch nicht besser werden dürften. Das könnte man allerdings eventuell noch damit rechtfertigen, dass der Schüler unmittelbar nach einem Konflikt auch nicht mehr aus dem Unterricht mitnehmen würde als bei einem Versäumnis der Stunde. Dennoch finde ich es bedenklich, wenn Schüler mit schlechten Noten viele Stunden verpassen. Zweitens würde mich interessieren, ob der Raum betreut ist, ansonsten könnte sich der Schüler auch eine gemütliche Stunde mit dem IPod machen, nachdem der Zettel in fünf Minuten ausgefüllt wurde. Drittens gehe ich davon aus, dass vor allem „mehrfach-Täter“ wie deine Schwester diese Zettel irgendwann lächerlich finden. Beim ersten, zweiten und dritten Mal denkt man eventuell noch wirklich über die eigenen Fehler nach, aber wer jede zweite Woche einen Zettel ausfüllt, weiß doch inzwischen genau, was der Korrigierende hören möchte.

Letztlich finde ich es auch seltsam, dass es bei jedem Vergehen bei solch einem zettel bleibt. Versteht mich nicht falsch, ich bin nicht dafür, Schüler für jede Kleinigkeit hart zu bestrafen, aber wenn jemand ständig Mist baut, einen Zettel schreibt, auf dem er versichert, sich bessern zu wollen, und dann diese Besserung nicht eintritt, dann müsste man danach eigentlich andere Saiten aufziehen, um konsequent zu erscheinen. Wenn ich eine aufmüpfige Schülerin wäre, würde ich mich davon nicht beeindrucken lassen. Außerdem denke ich, dass es Dinge gibt, bei denen ein solcher Zettel nicht mehr reicht, spätestens bei körperlicher Gewalt oder einem Diebstahl müsste die Strafe anders ausfallen und da macht man sich, wenn es bei einem Zettel bleibt, fast schon ein bisschen lächerlich.

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Zweifellos ist diese Art der ''Bestrafung'' absolut sinnlos und albern, aber den Hauptschullehrern fehlt es wohl einfach an Zeit und Geduld, um sich mit den Schülern richtig auseinanderzusetzen und an den Problemen zu arbeiten. Letztendlich wundert mich das aber auch nicht, denn wenn ich mir mal anschaue, wie viel Mist an diesen Schulen praktiziert wird, dann ist es wohl kaum noch zu schaffen, da jedem Missetäter nachzulaufen und ihn für seine Taten zu verantworten. Mist zu bauen gehört an den Hauptschulen zum ''cool sein'' und deshalb wird es wohl auch nie aufhören. Ein Zettelchen zu unterschreiben würde da genauso wenig nützen, wie nachsitzen zu lassen. Da ich angesichts solcher Menschen aber wohl auch verzweifelt und hoffnungslos wäre, habe ich keine genauen Verbesserungsvorschläge parat.

Wenn deine Schwester sich aber dermaßen daneben benimmt, wieso gehst du dann davon aus, dass die Schule sie dafür bestraft? Sicher wäre das nicht verkehrt und an einer guten Schule sollte Fehlverhalten auch seine Konsequenzen haben, aber das ist hier eben nicht der Fall. Und du kannst doch nicht erwarten, dass die Schule deine Schwester ''erzieht''. Wenn deine Mutter weiß, was deine Schwester da in der Schule veranstaltet, dann kann sie doch selbst dagegen etwas unternehmen und dem Kind dann zu Hause eine Strafe auferlegen, so dass sie letztendlich doch noch Konsequenzen hat. Vielleicht lässt sie den Unfug in der Schule dann auch irgendwann mal sein.

Richtige Strafen gibt es für diese Personen doch eigentlich gar nicht. Ich muss ehrlich sagen, dass ich da so meine Vorurteile gegen Hauptschüler habe und ich finde, dass es da nun mal auch keine besonderen Methoden gibt, sie zu bestrafen. Von den Hauptschülern, die ich so bislang kennengelernt habe, hatte ich immer das Gefühl, dass ihnen schulische Leistung komplett egal ist, wie also soll man sie dann bestrafen? Eine Möglichkeit wäre schlechte Noten, darum scheren sie sich nicht, ein Eintrag ins Zeugnis ist ihnen auch egal. Beim Ausschluss vom Unterricht würde so manch ein Gymnasiast wohl meckern, weil er die eine oder andere wichtige LK Stunde verpasst, ein Hauptschüler würde sich im Gegenzug für die Freistunde bedanken. Also was soll man denn dann noch unternehmen? Bei allem Respekt, aber ich finde Bestrafung an solchen Schulen ist eine schwierige Sache und ich finde es voll und ganz in Ordnung, wenn man diese unerzogenen Kindern den Eltern überlässt und diese dann selbst schauen sollen, wie sei damit klar kommen.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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