Praktikum im sozialen Bereich gesucht
Ich war eigentlich seit langem der Überzeugung, dass ich gerne Jura studieren würde. Durch meine ehrenamtliche Arbeit mit behinderten Menschen habe ich allerdings die Freude daran entdeckt, mit Menschen und vor allem im zwischenmenschlichen Bereich zu arbeiten. Um mich noch einmal abzusichern, in welche Richtung ich gehen möchte, hatte ich geplant, in den folgenden Ferien einige Praktika im sozialen Bereich zu absolvieren; Praktika im juristischen Bereich habe ich bereits gemacht und kann somit abschätzen, inwieweit mir die Arbeit dort gefällt.
Auch nach passenden Studiengängen im sozialen Bereich habe ich mich schon umgesehen und auf den ersten Blick würden mir „Psychologie“ oder „soziale Arbeit“ gefallen, in diesem Entschluss bin ich aber noch überhaupt nicht gefestigt. Nun habe ich mir also überlegt, einige Praktika zur Absicherung und Orientierung zu absolvieren. Mein erster Einfall war das städtische Jugendamt, eine Bewerbung dorthin ist bereits unterwegs. Auch eine psychiatrische Klinik würde mich reizen, bei meinem ersten Anruf dort drückte man aber Zweifel aus, ob ich aufgrund meiner Blindheit überhaupt für einen Praktikumsplatz, geschweige denn eine Stelle dort geeignet wäre, was für mich nur verständlich ist, auch wenn ich gerne die Chance gehabt hätte, mich auszuprobieren.
Natürlich ist mir absolut klar, dass ich durch meine Behinderung nicht für alle Jobs uneingeschränkt geeignet bin und es hat keinen Sinn, mir darüber Illusionen zu machen. Unter Umständen wäre es möglich, dass ich auch ein Praktikum in einem Bereich machen könnte, in dem ich mit meiner Behinderung später nicht arbeiten könnte, schließlich wäre ja sowieso eine Praktikumsbetreuung dabei, die mich unterstützen würde. Ich sehe es allerdings als sinnlos an, meine Ferienzeit in einem Bereich zu verbringen, in dem ich sowieso nicht arbeiten kann, schließlich soll mir das Praktikum eine Orientierungsmöglichkeit bieten.
Leider bin ich mit meinen Ideen nach dem Jugendamt oder einer Beratungsstelle weitgehend am Ende angelangt. Mit meiner Blindheit bin ich in den meisten Betreuungseinrichtungen (egal ob Kinder, kranke oder alte Menschen) nur eine zusätzliche Last und könnte dort später sowieso nicht arbeiten. Auch eine private Praxis stelle ich mir schwierig vor, zumindest, wenn ich wirklich etwas von den Patientengesprächen mitbekommen möchte. Die Ärzte stehen ja unter Schweigepflicht und ich kann mir nicht vorstellen, dass es gerne gesehen ist, wenn eine Praktikantin mit im Raum ist, von der rechtlichen Seite mal ganz abgesehen. Hat vielleicht noch jemand Ideen für mich, wo ich im sozialen Bereich trotz meiner Blindheit ein Praktikum absolvieren könnte, von dem ich profitieren würde? Gibt es vielleicht auch irgendwo Beratungsstellen für Praktika, wo ich mehr Informationen bekäme?
Vorweg, mir war nicht bekannt oder bewusst das du blind bist. Ich ziehe meinen Hut vor dir. Und ich würde mich freuen, wenn du dazu mal einen Thread machen würdest. Also zum Thema Blinde im Internet. Würde ich mich einfach interessieren.
Zu deinem Thema an sich. Was genau willst du mit dem Praktikum erreichen. Wenn ich dich richtig verstanden habe, willst du ja auf alle Fälle Jura studieren oder? Oder würdest du gerne die rechtliche und die menschliche/ soziale Seite verbinden? Dann bist du mit einem Studium der sozialen Arbeit sicherlich in der richtigen Richtung. Ich persönlich würde gerne Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens leben, eher rechtlich beraten. Und ich komme da auch immer wieder zur sozialen Arbeit. Das Studium generell tendiert wohl eher in andere Richtungen, aber da kann man sich ja nachher mehr spezialisieren. Mein "Vorbild" ist in dem Bereich eine Sozialarbeiterin einer psychiatrischen Klinik.
Du schreibst von einer psychiatrischen Klinik. Ich würde dir davon wirklich abraten. Ich kenne die Einrichtungen aus Sicht der Patienten. Und in mir persönlich würde ein blinder Pfleger mehrere Sachen auslösen. Ohne dich nun angreifen zu wollen. Einmal mein Helfersyndrom und mich hinten an stellen. Sprich ich würde mit Problemen wahrscheinlich nicht zu eine blinden Pfleger gehen, obwohl ich ja genau das tun soll. Also mich mit Problemen an die Pflege wenden. Mich könnte man aber ohne Probleme begeistern, dir die Klinik zu "zeigen". Was aber auch nicht unbedingt Sinn der Sache ist. Oder ich, auch wenn arrogant klingen mag, für mich die Erfahrung gemacht habe, dass so Sachen gerne mal auf Patienten abgewälzt werden. Sprich die Sachen machen sollen oder halt auch tun, die an sich reine Sache der Pflege oder Therapeuten sind.
Hier ist es so, dass Pflegeschüler auch eine Zeit lang in der Psychiatrie müssen. Und die tun mir an sich oftmals einfach Leid. Die letzte die ich erlebt habe, war eher klein, zierlich, schüchtern und der Kollege ließ sie mit einem Alkoholiker, der gerade im Vollrauch aufgenommen wurde, alleine. Der hat sich dementsprechend aufgeführt. Was nicht immer so ist, aber sein kann. Bist du in der Lage dich dann durch zu setzen?
Bei den Pflegeschülern ist es so, dass die glaube x Wochen bleiben und davon zwei Wochen auch auf die geschlossene Station müssen. Allerdings im Nachtdienst. Der Nachtdienst dort ist an sich eh zu Zweit. Beziehungsweise wohl ein Pfleger und dann noch Sicherheitspersonal. Da läuft man quasi wohl nur mit. Was aber auch wohl auf den Kollegen ankommt, der mit einem Dienst macht. Mir fallen Pfleger ein, mit denen würde ich keinen Nachtdienst machen wollen, weil die einfach alles irgendwie abwälzen.
In der Psychiatrie trifft man durchaus auch mal auf aggressive Menschen. Auch nicht die Regel, kann aber vorkommen. Menschen mit Demenz, bei denen man darauf achten muss, wo sie sind etc. Oder die halt auch gerne mal Lebensmittel im Schrank verstecken und so weiter. Menschen die dir dann nicht helfen könnten. Du musst Sachen wahrnehmen, die nur ein Sehender sehen kann. Wie gesagt nichts gegen dich. Klar sind deine anderen Sinne wahrscheinlich ausgeprägter. Oder du bekommst manches dann halt in irgendeiner Form mitgeteilt. Nur kann es halt auch schon zu spät sein. Und bei den Aussagen die man dir gegenüber wohl getroffen hat, geht es mit Sicherheit auch um deinen Schutz.
Ich war in meinem Leben auch schon bei Ärzten, bei denen ein Praktikant anwesend war. Das ist an sich kein Problem. Die Ärzte fragen dann vor der Behandlung, ob einem das Recht ist.
Was mir noch eingefallen ist, sind Sozialarbeiter generell. Zum Beispiel in Kontaktstellen für psychisch kranke Menschen. Das ist auf alle Fälle ungefährlicher als in einer Klinik. Sozialdienste an Krankenhäusern. Psychosoziale Dienste- die sind in der Regeln an die Gesundheitsämter angeschlossen. Was dir aber bewusst sein sollte, dass es halt im direkten Umgang mit Patienten/ Klienten sein kann, dass man dir sagt, dass du raus gehen sollst oder so. Das hat nichts mir dir zu tun und ich weiß das ich da kein Einzelfall bin. Mir ist es unangenehm vor Fremden über mich zu sprechen.
Du hast mich schon richtig verstanden, es war eigentlich immer mein Ziel, Jura zu studieren. Ich habe nun aber durch meine ehrenamtliche Behindertenarbeit erkannt, dass es mir wichtig ist, dass der Mensch an sich mit all seinen Problemen im Mittelpunkt meiner Arbeit steht. Du hast genau richtig erkannt, dass es mir am liebsten wäre, wenn ich diese beiden Bereiche verknüpfen könnte, sprich sowohl Zeit hätte, einem Menschen durch Gespräche beizustehen, als auch rechtliche Beratung zu geben. Oft löst sich ja beispielsweise Verzweiflung schon teilweise, wenn man von rechtlichen Schritten hört, die unternommen werden können.
Mein Problem ist, dass ich mit einem reinen Jura-Studium sehr eingeschränkt wäre, zumal einem als blinder Mensch nicht unbedingt empfohlen wird, sich von Anfang an selbstständig zu machen. Auch dürfte es schwierig sein, mich in einer Großkanzlei, wo ich mich vor allem mit Familienrecht beschäftigen wollen wrde, unterzustellen, weil es nun einfach so ist, dass die wenigsten privaten Arbeitgeber gerne blinde Arbeitnehmer einstellen, denn ich verursache nun einmal Kosten für eine Arbeitsplatzausstattung und eine Arbeitsassistenz, die ich für das Aktenstudium und Ähnliches zumindest ein paar Stunden in der Woche benötigen würde. Uns Blinden wird nach einem Jurastudium oft gesagt, wir sollten halt zum Staat gehen, der würde uns schon einstellen und wir hätten dann auch keine Probleme mit der Kostenübernahme für anfallende Mehrkosten und wären zudem bei Verbeamtung unkündbar. So lief das zumindest inzwischen bei drei Bekannten von mir, die Jura studiert haben. Das klingt soweit auch ganz nett, nur gäbe es eben einen einzigen Bereich (das Familiengericht), der mich im Staatsdienst interessieren würde und es ist sehr unwahrscheinlich, dann auch dort zu landen. Viel wahrscheinlicher ist eine Stelle in einem der Ämter (z.B. Finanzamt, Versorgungsamt) oder auch im Zivil- oder Verwaltungsgericht, nur leider ist mir das einfach zu sehr am Menschen und somit an meinem Wunsch vorbei.
Was ich mit dem Praktikum im sozialen Bereich erreichen möchte, ist auch einfach gesagt. Vor allem möchte ich überprüfen, ob ich wirklich auch für die Arbeit mit schwierigen Menschen geeignet wäre. In meinem Ehrenamt gibt es natürlich auch schon einige Kandidaten, die etwas komplizierter sind, aber das ist einfach nicht mit einer psychischen Erkrankung gleichzusetzen. Dazu gehört ja nicht nur Einfühlungsvermögen, sondern es muss ja auch überprüft werden, ob ich beispielsweise stark genug wäre, so abzuschalten, dass ich außerhalb der Arbeit weiterhin ein normales Leben führen könnte, ohne die Fälle stets mit nach Hause zu nehmen. Ich möchte also schlicht herausfinden, ob ich in einem Job in der sozialen Richtung so sehr aufgehe, dass es sich lohnt, den konventionellen und einfachen „Blindenweg“ über den Haufen zu schmeißen und dafür zu kämpfen.
Vielen Dank für deine ehrlichen Worte, LittleSister. Auf die Idee, dass ich bei Patienten ein Helfersyndrom auslösen und sie dadurch zusätzlich belasten würde, bin ich noch gar nicht gekommen, es ist aber sicherlich ein Denkanstoß. Dass ich nicht in die Pflege kann, stand für mich ja schon fest, als ich dieses Thema hier schrieb. Dein Alkoholiker-Beispiel unterstützt das nur noch einmal, denn körperlich bin ich ebenso zierlich wie besagte Pflegeschülerin, nur dass ich eben auch noch den Nachteil habe, dass ich nicht ausweichen könnte, wenn der Kerl nun z.B. ausholen würde. Ich wäre schlichtweg nicht reaktionsfähig genug. Natürlich sind meine anderen Sinne besser ausgeprägt, aber ich würde nicht darauf wetten wollen, dass ich alles, was ein Patient jetzt so macht, mitbekommen würde. Wenn ein Patient sich jetzt im Extremfall einen schweren Gegenstand nähme und damit auf einen Anderen losginge, dann würde ich das wahrscheinlich erst mitbekommen, wenn es zu spät ist, ganz davon zu schweigen, dass ich nicht eingreifen könnte. Neben meiner eigenen Sicherheit würde ich mir wohl auch Vorwürfe für alles machen, das ich wegen meiner Blindheit zu spät gemerkt habe.
Die Psychiatrie hätte mich eher wegen der Gesprächstherapie, die dort ja auch stattfindet, gereizt. Ich hätte dort gerne einen Psychologen bei den verschiedenen Therapien begleitet, aber in diesem Anliegen wurde ich ja zurückgewiesen. Vielleicht sind Beratungsstellen gar keine schlechte Idee, wobei ich mich dort vermutlich eher an kleinere Stellen wenden sollte, weil man dort wohl besser auf mich eingehen kann.
Ich glaube auch, dass Beratungsstellen für dich vielleicht eine Möglichkeit wären. In dem Bereich gibt es viele Angebote: Eheberatung, Familienberatung, Lebensberatung, Erziehungsberatung, wie auch immer man das nennen mag.
Eine andere Möglichkeit wären öffentliche Stellen, Ämter, wie zum Beispiel das Jugendamt, Amt für Jugend, Familie und Soziales, Gesundheitsamt und so weiter.
Viele soziale Stellen stehen außerdem in Rechtsfragen beratend zur Seite, es ist zwar nicht das Gleiche wie Jura, aber einen Zusammenhang gibt es schon.
Es gibt eigentlich in jeder Kleinstadt verschiedene Beratungsstellen. Ich weiß nicht, wo du herkommst, aber schau einfach mal im Internet nach. Vielleicht kannst du ja dort irgendwo ein Praktikum machen.
Falls du wirklich in einem solchen Bereich arbeiten willst, wäre wahrscheinlich ein Studium "Soziale Arbeit" das Richtige. Damit kannst du im sozialen Bereich eigentlich fast alles machen, von beratenden Tätigkeiten über Ämter bis zu betreuten (Jugend-)einrichtungen.
@ SuperGrobi
Es ging der Threaderöffnerin aber ganz speziell um die Arbeit mit psychisch kranken Menschen. Die Stellen die du aufzählst, sind nun keine direkten Beratungsstellen für psychisch kranke Menschen.
@ Anemone
Ich war an sich auch generell an Jura interessiert. Durch meine Erkrankung wurde aber auch der Wunsch geweckt, anderen Menschen zu helfen. Wobei ich mir so was wie Krankenschwester eben gar nicht vorstellen kann. Eher was beratendes. Und ich schätze dir Arbeit der Sozialarbeiterin der Psychiatrie sehr. Und ihre Arbeit verbindet für mich sehr viel, was ich halt gerne tun würde. Und irgendwie gleichen sich meine Gedanken dazu, sehr mit dem was du beschrieben hast.
In dem Fall der Sozialarbeiterin weiß ich, dass sie Diplom- Sozialpädagogin ist. Diplom- Studiengänge gibt es ja nicht mehr und das ist nun das Studium der Sozialen Arbeit. Wobei man sich dann ja nach dem Studium noch in andere Richtungen orientieren kann. Meine Betreuerinnen sind auch alle Diplom- Sozialpädagogen gewesen. Das wären nun zwei Betätigungsfelder, in denen man halt mit psychisch kranken Menschen zu tun hat. Wobei die Betreuerinnen eher eine unterstützende Stellung haben. Die Sozialarbeiterin der Klinik ( ich bin dort ambulant angebunden) kümmert sich schon eher um die rechtlichen Sachen. Wobei sie bei mir auch noch Bezugsgespräche macht. Also ich gehe da regelmäßig zu Gesprächen hin. Ähnlich wie zu einem Therapeuten. Das ist nicht die Regel, dass Sozialarbeiter das machen, aber auch keine Ausnahme.
Praktikanten in der Psychiatrie, die das Praktikum nicht studienbegleitend machen, kenne ich kaum. Hier läuft allerdings irgendein Programm mit einem Ausbildungsinstitut. Sprich die kommen dann für ein Jahr an die Klinik und durchlaufen die Abteilungen der Psychiatrie. Eine Praktikantin habe ich am Rande mal wahrgenommen, habe aber ihren Sinn nicht wirklich verstanden. Sie machte das Praktikum wohl kostenlos und brauchte das irgendwie für ein Studium in Richtung Psychologie. War sehr undurchsichtig. Die war aber an sich bei der Pflege eingeteilt. Ich war auf einer anderen Station, aber die Frau war weder Schwester noch Therapeutin aber an sich immer da. Nur für was sie da war- keinen Plan. Meistens hat sie mit den Patienten gespielt oder dumm rumgestanden.
Das Problem bei einem Praktikum mit psychisch kranken Menschen direkt, werden nicht nur so Fälle wie halt ein gewalttätiger Patient sein. Ich spreche hier mal nur für mich. Bei mir läuft viel mit Mimik. Ich bringe so Sachen ohne Probleme fertig, jemand am Telefon zu versichern, wie gut es mir geht und mir laufen zeitgleich die Tränen das Gesicht runter. Das geht durchaus auch im direkten Kontakt. Also wenn man sich sieht. Ich glaube das man das schulen kann, also zu spüren, ob es dem andere gut geht oder nicht. Aber ich glaube das ist für Sehende einfacher. Schwer zu erklären.
Ich habe heute mal überlegt, wie ich damit umgehen würde, wenn jemand aus meinem betreuenden Umfeld blind wäre. Es gäbe Punkte, die für mich klar von Vorteil wären. Was ich ganz angenehm empfinden würde, dass mein Gegenüber mich nach dem beurteilt was ich sage und mir wahrscheinlich auch total anders zu hört als jemand Sehendes. Allerdings gäbe es bei meiner Erkrankung auch Punkte, für die ein Sehender nötig wäre.
In Einzelgespräche wirst du nicht reinkommen oder schwer reinkommen. Noch nicht mal weil es die Klinik nicht will, sondern weil die meisten Patienten eh schon ein Problem haben, sich zu öffnen. Da wäre eine weitere Person im Raum nur hinderlich. Was eventuell ginge, wären Gruppentherapien. Wobei da die einzelnen Probleme nicht so direkt besprochen werden und es auch darauf ankommt, wie die Gruppenmitglieder auf jemand Fremdes reagieren. Ich habe es in einer Reha auch schon erlebt, dass einzelne Patienten die Gruppentherapie verweigert haben oder halt nicht dran teilnehmen konnten, weil ein Psychologe im Praktikum mit drin saß. Allerdings war das Hauptproblem wohl, dass er ein Mann war.
Ich sprach die Arbeit der Sozialarbeiterin an. Dort könnte die Möglichkeit für dich schon bestehen. Und dir geht es ja hauptsächlich darum, wenn ich dich richtig verstanden habe, zu Testen, ob du mit den einzelnen Schicksalen umgehen kannst. Ich weiß, dass ich nicht die einzige Patientin bin, die der Sozialarbeiterin auch viel erzählt, was an sich nicht mehr zu ihrem Aufgabengebiet gehört. Auch bei psychosozialen Kontaktstellen etc. könntest du dein Ziel eventuell erreichen. Wobei die Patienten dort dann in der Regel schon stabiler sind. Aber das wäre dann eher Live aus dem Leben, statt unter der Käseglocke Psychiatrie.
Ganz generell wird es wohl schwer sein, mit deiner Behinderung, einen Job zu finden. Das ist nicht negativ gemeint. Du hast ja selbst schon einige Probleme aufgezählt. Im Bereich Sozialarbeit könntest du da aber eventuell halt an Kliniken Chancen haben. Die sind ja an sich daran interessiert, ihre Behindertenquote zu erfüllen. Und die Akten wären kein großes Problem. Die meisten Kliniken machen fast alles mittlerweile mit dem Computer.
Das Berufsfeld der Sozialarbeiterin, das du hier beschreibst, ist eigentlich genau das, was mich ansprechen würde, eben weil es mir wichtig ist, auch im rechtlichen Bereich zu helfen, wenn es denn im konkreten Falle möglich ist. Hier würde ich mir jetzt in der Tat aber eher eine Anstellung als Sozialarbeiterin an einer Klinik erhoffen, denn die zweite Möglichkeit, als Betreuerin zu arbeiten, die du hier angesprochen hast, bereitet mir nun wiederum Kopfzerbrechen, weil die Aufgabenfelder einer Betreuerin ja sehr vielfältig sein können. Gespräche und auch die Regelung des Schriftverkehrs und der Finanzen wären für mich absolut kein Problem, Schwierigkeiten sehe ich in Hausbesuchen, die für mich nur sehr schwer machbar sind. Das erste Problem wäre hier die Anfahrt, weil man sich einfach nicht in einer gesamten Stadt auskennen kann, die zweite Schwierigkeit sehe ich darin, dass ich den Haushalt ja eventuell auch beurteilen oder unterstützend eingreifen soll. Ich wäre zwar natürlich in der Lage, zu erkennen, ob ein Haushalt eher ordentlich oder unordentlich ist, wo genau aber jetzt die Probleme sind, würde ich wohl nicht sehen. Mal eine solche Betreuerin im Rahmen eines Ferienpraktikums begleiten zu dürfen, wäre zwar sicherlich sehr interessant, zur Berufsfindung wohl aber nicht zielführend.
Da reizt mich, wie gesagt, eine Anstellung als Sozialarbeiterin mehr und ich werde mich wohl demnächst an eine psychiatrische Klinik wenden und noch einmal nachfragen, ob ich in diesem Bereich vielleicht ein Praktikum machen könnte, in der Hoffnung, dass man sich dieses Mal nicht quer stellt. Wie viel Zeit bleibt denn so einer Sozialarbeiterin im Schnitt für einen einzelnen Patienten und die Gespräche? Ich habe jetzt gelesen, dass die Aufgaben vor allem in Gesprächen, rechtlicher Beratung (Finanzfragen, z.B. Schuldenbekämpfung, Beantragung von staatlichen Unterstützungen), Angehörigen-Beratung und Eingliederung in die Gesellschaft bestehen. Gibt es da noch einen wichtigen Bereich, den ich vergessen habe? Das Problem, dass viele Patienten sich äußerst unwohl fühlen, wenn auf einmal eine Praktikantin mit in dem Einzelgespräch sitzt, kann ich jedenfalls sehr gut nachvollziehen und mache auch niemandem einen Vorwurf, der sich daran stört. Zu hoffen, ich könne mir somit einige Einzelgespräche anhören, war vielleicht ein bisschen blauäugig, interessiert hätte es mich eben dennoch. Ich hoffe eben nur, dass ich mir im Bereich der Sozialarbeit eher noch einige Einzelgespräche anhören darf, wenn es z.B. nur um Finanzfragen oder Resozialisation geht, werden wohl deutlich weniger Menschen ein Problem haben, wenn eine Praktikantin dabei ist; schließlich breiten sie dort nicht ihr Innerstes aus.
Das Problem, dass mir als Blinde die Mimik fehlt, ist mir natürlich bekannt, ich glaube, das schätzt du jetzt aber als schwerwiegender ein, als es wirklich ist. Bedenken sollte man ja auch, dass ich schon mein gesamtes Leben auf diese Mimik verzichtet habe, also nur über die Stimme höre, wie es jemandem geht. Dein Beispiel, dass du am Telefon ganz unbekümmert sprechen kannst, während dir die Tränen über das Gesicht laufen, kann ich mir zwar vorstellen, ich glaube aber schon, dass ich etwas hören würde, zumindest geht mir das in 90 % der Fälle so. Ich kann alleine durch die Stimme fast immer abschätzen, welches Gesicht jemand aufgesetzt hat und wie es ihm geht. Natürlich kann ich durch fehlende Mimik auch mal getäuscht werden (z.B. wenn ich tatsächlich nicht merken sollte, dass jemand schlecht gelaunt aussieht), ein anderer Mensch lässt sich dann aber genauso von dem lächelnden Gesicht täuschen und erkennt nicht, dass die Stimme eher betrübt klingt. Ich würde mir nun aufgrund meiner Blindheit nicht zutrauen, alleine für einen Patienten verantwortlich zu sein, aber genau dafür gibt es ja Kliniken, weil dort theoretisch die Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Psychologen, Sozialarbeitern, Pflegern, etc. funktionieren sollte.
Betreuung läuft ja unterschiedlich ab. In meinem Fall kommt meine Betreuerin halt vorbei. Wobei das halt auch Teil des Hilfeplans ist. In dem wird festgelegt, was die Betreuerin macht, grob gesagt. Haushaltsorganisation war da auch mal mit drin, aber das stellte sich als eher sinnlosen Unterfangen heraus. Das wozu ich jemand gebraucht hatte, war nicht ihr Job. Dieser Punkt ist nun halt anders gelöst worden.
Ansonsten gibt es auch Betreuer, die man halt im Büro besucht. Kommt wie gesagt auf den Inhalt des Hilfeplans an. Und ansonsten meine Betreuerin hat mit einer dreiviertel Stelle glaube maximal zehn Klienten. Wobei das hier zum Teil auch nach Stadtgebieten aufgeteilt ist. Also die Besuche wären wahrscheinlich machbar. Aufwendiger würden dann wohl Begleitungen zum Arzt und zu Behörden werden, was aber sicherlich auch lösbar wäre. Ich für meinen Teil, ohne dich nun wegen deiner Behinderung angreifen zu wollen, wäre mit dem wäre lösbar, nicht unbedingt zufrieden. Wobei ich nun keiner bin der ständig Hilfe braucht, aber die Hilfe die ich brauche, brauche ich halt auch voll. Sprich wenn da noch groß bei kleineren Sachen organisiert werden muss, wäre ich wahrscheinlich ziemlich unzufrieden. Bis hin zu, dass ich wohl nicht mehr in der Lage wäre, um Hilfe zu bitten. Ich spreche hier aber nur für mich. Meine Betreuerin könnte ich auch nicht alles heißen. Wenn ich der nun sagen würde ( sie ist klein und zierlich), ich ziehe um und sie soll beim Umzug helfen, würde sie meine Bücherkisten ansehen, grinsen und mir einen Vogel zeigen. Nächste Antwort wäre, dass soll der Zivi machen. Nur würde der halt in deinem Fall nicht alles übernehmen können.
Es gibt aber auch psychosoziale Dienste, die in der Regel halt an die Gesundheitsämter angebunden sind. Die müssten an sich ja auch staatlich sein. Ich denke im staatlichen oder städtischen Bereich wird die Umsetzung mit deiner Behinderung generell einfacher sein. Vielleicht könntest du hier ein Praktikum machen.
Du hast das meiste genannt, was der Sozialdienst in der Psychiatrie macht. Hinzufügen könnte ich noch, Rehamaßnahmen oder weitere Behandlungen organisieren. Zumindest helfen die bei uns bei der Antragstellung etc. und wissen an sich auch, wer nun Kostenträger ist, wo man nachfragen muss und so weiter.
Die Gesprächsdauer ist unterschiedlich. Ich bin da eh eher ein Sonderfall. Ich habe zur Zeit 30 Minuten pro Woche. Wobei die Sozialarbeiterin die Termine mit mir schon nicht so eng legt, dass sie nicht so auf die Uhr sehen muss. Und diese Gespräche mit ihr, sind halt auch nicht wirklich Standard. Wobei sie halt sowohl die Patienten der Institutsambulanz wie auch der Tagesklinik betreut. Und sie in meinem Fall auch eher entlastende Gespräche macht. Also so ähnlich wie beim Therapeuten. Für die rechtlichen Sachen und Ämtersachen ist eher meine Betreuerin zuständig. Das aber zeitweise halt auch ineinander fließt. Also es durchaus vorkommt, dass die Sozialarbeiterin auch rechtliche Sachen macht. Kommt aber halt auch auf den Patienten an. Ich weiß das sie bei anderen Patienten auch durchaus mal mit zu Ämtern geht oder zu Gutachtern. Bei mir würde sie da sehr wahrscheinlich sagen, dass ich ja eine Betreuerin habe. Aber im Zweifelsfall würde sie es machen.
Ich behaupte nicht, dass ein Blinder nicht in der Lage ist, Mimik in irgendeiner Form wahrzunehmen. Sicherlich kann man das Schulen, beziehungsweise hört man halt anders hin. Ich beschreibe aber mal eine für mich typische Situation. Ich brauche oft einfach was zum Festhalten. Also ich drehe irgendwas ständig in den Fingern. Oder zupfe am Pullover oder sonst was. Gut Sehende kann man damit in den Wahnsinn treiben, dass nur mal am Rande. . Ich erwische mich aber oft dabei, dass ich das auch total unbewusst mache, wenn die Anspannung steigt. Oftmals wird mir dann gesagt, ich sei aber sehr angespannt. Und das ist durchaus ein wichtiger Punkt. Und das hört man halt auch nicht.
Borderline zum Beispiel neigen auch dazu, bewusst oder unbewusst, mit anderen Menschen zu spielen. Mein Ding ist das nicht. Grenzen austesten. Das ist was, was ich durchaus, wenn auch eher erst mal unbewusst, mache. Das braucht in meinen Augen einfach eine andere Aufmerksamkeit vom Gegenüber. Schulen kann man das sicherlich. Aber es wird Zeit brauchen. Auch sehende Therapeuten müssen das lernen. Körperhaltung etc. Oder auch Veränderungen, also rein äußerliche, am Gegenüber wahrnehmen.
Ich denke dir geht es auch darum, generell ein Feeling für Menschen mit einer psychischen Erkrankung zu bekommen. Zu spüren wie sie ticken, um es grob auszudrücken. Mir sind noch Kontaktstellen eingefallen. Das bieten unter Anderem halt auch die Vereine und Institutionen an, die halt auch die Betreuung machen. Dort treffen sich die Betroffenen für Freizeitaktivitäten etc. Behindertenwerkstätten mit der Auslegung auf psychische Erkrankungen gibt es auch. Vielleicht kommst du da weiter.
Was mir noch eingefallen ist, was aber eventuell nun ein wenig Aufwand sein könnte. Und ich habe da auch nun echt keine Ahnung. Aber wie sieht es generell bei Blinden mit psychischen Erkrankungen aus? Ich gebe zu, mir ist in der Psychiatrie noch kein Blinder über den Weg gelaufen. Was aber hier eventuell auch an den Örtlichkeiten liegen mag. Zumindest wäre ich mir ziemlich sicher, dass eine halbwegs brauchbare Versorgung kaum möglich wäre. Was aber eher am Desinteresse des Personals liegen dürfte. Ich habe bisher auch noch von keiner Klinik gelesen, die sich da eventuell spezialisiert hat. Aber so was müsste es an sich doch geben oder? Oder ist der Anteil an blinden, psychisch kranken Menschen einfach zu klein?
Psychiatrische Einrichtungen, die sich auf Blinde spezialisiert haben, gibt es noch nicht, das weiß ich zufällig durch meine ehrenamtliche Tätigkeit. ich denke tatsächlich, dass es sich schlichtweg nicht rentiert. Ältere Blinde, die beispielsweise an Demenzerkrankungen leiden oder ähnliches, kommen zumeist in Pflegeheimen unter und so viele Geburtsblinde gibt es gar nicht. Wohl aber gab es bereits blinde Menschen, die in einer normalen Psychiatrie untergebracht wurden, wobei die Versorgung dort gar nicht so schlecht war, wenn natürlich auch nicht optimal. Natürlich steht auch nicht immer das Personal zur Verfügung, um dem Blinden dann zu helfen, aber die Mitpatienten waren im konkreten Falle sehr freundlich und Hilfsbereit. Es wäre aber eventuell eine Möglichkeit, mich in einer Betreuungstätigkeit auf blinde Menschen zu spezialisieren, viele Schwierigkeiten des Alltags versteht oftmals jemand am besten, der selbst schon damit zu kämpfen hatte.
Ich muss mich dir da leider anschließen, denn auch ich wäre mit dem „wäre lösbar“ in einem Betreuungsdienst wohl nicht zufrieden, sowohl aus Patientensicht, wie auch aus der meinigen. Das Problem der Anfahrt ließe sich ja noch lösen, da könnte mich in der Tat ein Zivildienstleistender begleiten oder ich könnte ein Taxi nehmen. Dasselbe gilt für Behördengänge, hier könnte ich ebenfalls noch eine Begleitung mitnehmen, damit sich der Betreute nicht für mich verantwortlich fühlen muss. Schwierig wird es aber meiner Meinung nach dann, wenn ich außerhalb meines Büros irgendetwas beurteilen müsste, den Zustand einer Wohnung, eines Klienten, etc. Zudem könnte ich mir auch vorstellen, dass sich viele Betreute unwohl fühlen, wenn ich noch eine Begleitung mitbringe. Ich stelle mir das zumindest so vor, dass man zu einer Betreuerin mit der Zeit ein gewisses Vertrauen aufbauen kann, das ja auch von Nöten ist, wenn man persönliche Dinge besprechen muss. Diese persönlichen Dinge würde ich jetzt aber nicht unbedingt besprechen wollen, wenn noch eine Begleitung, die wahrscheinlich auch von Besuch zu Besuch variiert, mit im Raum ist oder vor der Tür steht. Oder wie schätzt du diese Situation ein?
Auch nach deinen weiteren Ausführungen klingt der Sozialdienst in der Psychiatrie für mich interessant und ich werde mich auf jeden Fall dort mal erkundigen. Auch die Aufgaben des sozialpsychiatrischen Dienstes klingen auf den ersten Blick nicht uninteressant. Das Einzige, was mich hier ein bisschen stört, ist, dass ich in den meisten Fällen nur beratend eingreife, also die Hilfesuchenden oft nur für einige wenige Gespräche zu diesem Dienst kommen und dann in der Regel an einen Therapeuten oder an andere Einrichtungen verwiesen werden. Vorteilhaft wäre hier aber ganz klar, dass es beispielsweise auch einen beratenden Telefondienst von dieser Einrichtung gibt, den ich gerade entdeckt habe. Das könnte eigentlich eine Aufgabe sein, die ich trotz Blindheit bewältigen könnte.
Ja, du könntest schon recht haben, es ist als sehender Mensch natürlich einfacher, bestimmte Verhaltensweisen an Patienten zu entdecken. Ich denke aber schon, dass auch ein Blinder durch Training in diesem Bereich viel kompensieren kann. Oft hört man schon an der Stimme, dass jemand nervös ist, dazu muss man nicht sehen, ob jemand an etwas herumspielt. Auch das Nesteln an verschiedenen Gegenständen ist oftmals zu hören, wobei es hier ganz auf den Gegenstand ankommt, aber selbst einen Pullover, an dem stark gezupft wird, hört man unter Umständen recht gut. Versteh mich nicht falsch: Mir ist völlig bewusst, dass ich in einigen Bereichen deutlich mehr Schwierigkeiten haben dürfte, als Andere, nur eben jenen Bereich sehe ich einfach nicht als unlösbar an, sondern nur als schwierig, weswegen ich denke, ihn eventuell meistern zu können.
Wie hier Blinde behandelt werden würden, weiß ich nicht. Ich kann es mir halt nur denken, da ich das Konzept kenne und auch weiß wie die Pflege auf Mehrarbeit reagiert. Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich persönlich momentan auf die Pflege in dem Bereich generell ziemlich schlecht zu sprechen bin. Eben weil es ein Problem zu sein scheint, sich eben mit Menschen, die zusätzlich beeinträchtigt sind, richtig zu kümmern. In dem Fall, wenn halt zum psychischen Grund der Aufnahme noch eine weitere Behinderung kommt. Zumindest auf den offenen Stationen, wird sehr viel Selbstständigkeit erwartet und ich habe es mehr als einmal erlebt, dass man dann mit körperlichen Behinderungen ein Problem hatte. Und hier verirrt man sich schon recht schnell als Sehender. Stelle ich mir für einen Blinden sehr schwer vor.
Betreuung für psychisch kranke und blinde Menschen wäre sicherlich keine schlechte Idee. Oder Beratung. Wenn du aber halt ein Studium der Sozialen Arbeit anstrebst, solltest du dich halt vorher mal kundig machen, wie das mit Praktika aussieht. Nicht das dein Studium scheitert, weil du da nichts findest.
Wie gesagt, nicht alle psychisch kranken Menschen haben zwingend ein Problem mit der Wohnung oder deren Sauberkeit. Allerdings kann man daran halt sicherlich auch den psychischen Zustand beurteilen. Das würdest du dann aber an anderen Dingen merken. Ob jedes mal eine Begleitperson nötig ist, glaube ich noch nicht mal. Ich denke, wenn du den Weg weißt und so, dürfte das kein Problem mehr sein. Ist ja nicht so, dass man viele Klienten hat. Und das lässt sich, denke ich, auch durch den Verbund bei dem du dann angestellt wärst, regeln. Oder halt bewusst nur Klienten, die halt eh ins Büro kommen.
Also wenn meine Betreuerin hier mit jemand zweiten auflaufen würde, wäre ich wenig begeistert. Da gab es aber von Anfang an Probleme, bis ich überhaupt jemand in meine Wohnung gelassen habe. Das hätte ich bei zwei Personen wohl nicht gemacht, gebe ich zu. Wie gesagt, es kommt auf das an, was der Betreuer für einen machen soll. Und auf die Erkrankung des Klienten.
Der Sozialdienst in der Psychiatrie hat allerdings halt auch eigentlich ständig wechselnde Klienten. Im stationären Bereich sind viele ja eigentlich nicht sehr lange. Ich bin da eher ein Ausnahmefall mit Aufenthalten ab sechs Wochen aufwärts. Ansonsten sind die anderen Patienten im Bereich von einer Woche ( so lange läuft hier das Suchtprogramm) bis um die vier Wochen da. Der Sozialdienst ist im stationären Bereich dann zwar generell zum Teil bei den Visiten dabei oder auch mal bei den sogenannten Gruppenrunden. Das sind bei uns zwei Tage in der Woche, in der es halt nur um Ziele für die Woche geht.
Und hier ist die Klinik halt in den stationären, teilstationären und ambulanten Bereich unterteilt. Das hat nicht jede Klinik. Stationär ist denke ich klar. Teilstationär ist Tagesklinik. Da geht man halt morgens hin und zum Schlafen wieder Heim. Und ambulant kommt dann halt auf die Patienten an. Zumindest halt mal die ärztliche Anbindung. Also statt halt zu einem niedergelassen Neurologen/Psychiater zu gehen, hat man die Termine halt dort. Und dann besteht wohl die Möglichkeit noch was an anderen Therapien zu machen, in Richtung Ergotherapie oder Sporttherapie. Gesprächstherapien sind hier eher die Ausnahme. Wobei halt auch generell Krisengespräche, entlastende Gespräche stattfinden können. Die finden dann halt aber nicht beim behandelnden Arzt statt, sondern wird meistens von den Damen der Rezeption übernommen, die aber halt alle im Endeffekt eine Ausbildung in Richtung Pflege haben dürften. Oder halt Zusatzqualifikationen. Das ich zur Sozialarbeiterin gehe hatte noch anderen Gründe. Oder hat sich dann halt auch einfach so ergeben. Und keine Ahnung wie das bei anderen Patienten läuft. Ich habe nun keine Frist, wie lange ich dort angebunden sein werde. Wobei bei mir halt erschwerend hin zu kommt, dass mich niedergelassene Ärzte mit dem Krankheitsbild nicht nehmen und die froh sind, wenn sie mich an eine PIA ( Psychiatrische Institutsambulanz) abschieben können.
Bei den Sozialpsychiatrischen Diensten kann ich mir durchaus auch einen dauerhaften Kontakt vorstellen. Kommt aber wohl auch auf die Angestellten an. Ich war da genau zwei mal. Eher weil man versuchte mir was anzubieten, weil es sonst keine Möglichkeiten gab. Die Frau war mir nur unsympathisch. Ich wohnte damals in der Nähe des Gesundheitsamtes und musste mir so Sprüche anhören wie: Ihnen muss es ja gut gehen, weil sie so nah zum Gesundheitsamt wohnen. Sie stellte Fragen, ließ mich dann aber nicht ausreden und so weiter. Kann sein, dass andere da anders sind. Und ich damals auch generell in einer Grenzsituation war, in der ich Probleme hatte, Hilfe anzunehmen. Ok Hilfe hatte sie mir eh nicht geboten. Trotzdem halte ich das Ganze halt nicht für schlecht. Kommt halt auch mal wieder auf die Patienten an.
Klar kann man sich in vielen Bereichen schulen. Ich versuche es mal anders zu erklären. Ich stelle es mir generell schon schwer vor, sich als psychisch gesunder auf psychisch kranke Menschen einzustellen. Kann man lernen, kann man schulen, kann man trainieren. Alles kein Problem. Nur hast du halt die Doppelbelastung dazu, dass du die Betroffenen nicht siehst. Und da halt noch andere Sachen schulen musst.
Hier ist es so, dass während der Ausbildung zum Psychotherapeuten auch eine praktische Phase ist. Die dürfte ein paar Monate bis zu einem Jahr sein. Die Klinik hier arbeitet mit an diesem Ausbildungsprogramm. Sprich die angehenden Psychotherapeuten behandeln die Patienten. Etwas was ich zur Zeit als so frustrierend empfinde und auch einfach keine richtigen Worte finde. In wie weit es dann aber organisatorisch möglich wäre, da einen blinden Kollegen mit einzubinden- ich stelle es mir schwierig vor. Das läuft aber dann halt sicherlich mit Eingliederungshilfe und behinderten gerechten Arbeitsplatz. Was wieder zur Folge hätte, dass du halt vieles nicht allein machen könntest, was für den Patienten aber alleine halt wichtig wäre. Wie halt Einzelgespräche. Aber ansonsten sicherlich machbar. Das ich ein Problem mit diesen Ausbildungsprogrammen habe, sollte für dich kein Problem sein. Nur ist es halt schwer, gerade im stationären Bereich manches abschätzen zu können, weil man halt generell auf vieles anderes angewiesen ist.
Ein Studium der sozialen Arbeit wäre für mich grundsätzlich kein Problem. Eine blinde Freundin von mir studiert momentan ebenfalls dieses Fach und hat noch immer irgendwie ein Praktikum bekommen. Dazu muss ich noch sagen, dass wir beide ja auch ehrenamtlich Behindertenfahrten organisieren, bei denen die Teilnehmer oft nicht nur blind sind, und man sich diese Fahrten auch als Praktikum anrechnen lassen kann. Auch Blinden- und Mehrfachbehindertenschulen zeigen sich in der Regel recht kulant, wenn es um die Aufnahme von Praktikanten geht, schließlich haben sie genug Erfahrung mit diversen Behinderungen und finden eigentlich auch immer eine Möglichkeit, uns dann einzusetzen. Schwer zu bekommen sind die Praktika, die zur Durchführung eines Studiums nötig sind, also nicht, als problematisch sehe ich nur, dass später in keinem dieser Praktikumsbereiche eine Anstellung erfolgen dürfte.
Wenn ich als Betreuerin tatsächlich nur ein paar Klienten hätte, die ich zu Hause besuchen müsste, wäre das eventuell noch machbar, wobei ich dann für das Erlernen eines Weges natürlich noch eine gewisse Vorlaufzeit bräuchte, also nicht sofort zur Verfügung stünde, was ich persönlich für suboptimal halte. Dass nicht jede Wohnung eines psychisch kranken Menschen unordentlich ist und es nicht immer um die Wohnung geht, ist mir natürlich auch klar, aber ich hielte es schon für sinnvoll, wenn man das Umfeld, also die Wohnung, beurteilen könnte, um sich ein Bild von den äußeren Umständen zu machen, wobei das wohl in vielen Fällen nur sekundär ist. Ich habe trotzdem einfach Sorge, dass ich für den „Außendienst“ eher ungeeignet wäre, vor allem, wenn die Klienten oft wechseln. Auch wenn ich nur Klienten hätte, die laut ihrem ursprünglichen betreuungsplan ausschließlich zu mir ins Büro kämen, könnte sich ihr bedarf ja auch jeder Zeit ändern und dann bräuchte ich diesen Vorlauf, um den Weg zu lernen. Kurz gesagt bin ich skeptisch, ob ich das wirklich so hinbekommen würde, dass ich mit mir selbst und meiner Arbeit zufrieden wäre.
Mag schon sein, dass diese Sozialpsychiatrischen Dienste teilweise auch Menschen längere Zeit betreuen, da müsste ich wohl einfach mal konkret nachfragen und mir selbst ein Bild machen. Aufgrund der Internetpräsenz mancher dieser Dienste hatte ich ganz persönlich eher das Gefühl, sie seien eher für die kurzfristige Beratung zuständig, wobei ich mich da natürlich auch getäuscht haben könnte. Im Bereich des psychiatrischen Sozialdienstes würde ich mich wohl eher auf Einzelgespräche spezialisieren wollen, weil es mir schwer fiele, mich auf eine ganze Gruppe einzulassen. Einen einzelnen Menschen zu „Beobachten“ geht auch blind ganz gut, die Stimmung innerhalb einer Gruppe zu deuten, empfinde ich schon als deutlich schwieriger. Auch Ergo- oder Sporttherapie dürfte für mich wohl nur schwer zu bewältigen sein, alleine schon wegen der Ausbildung, einzig mich auf Musiktherapien zu spezialisieren, käme vielleicht noch in Frage.
Es stimmt auf jeden Fall, ich müsste mich doppelt trainieren, einmal darin, psychisch kranke Menschen zu verstehen und zweitens in der Bewältigung meiner Blindheit, was das Erkennen verschiedener Verhaltensweisen betrifft. Ich sehe schon ein, dass es ein schwieriger Weg sein dürfte, aber trotz allem sehe ich das nicht als Hindernis, das mich von meiner Berufswahl abhalten sollte, wenn ich zu dem Schluss kommen sollte, dass ich auf jeden Fall in diesem Bereich arbeiten möchte. Im psychotherapeutischen Bereich hätte ich wohl wirklich Probleme (dort wollte man mich ja auch kein Praktikum machen lassen), aber eine Beratungsfunktion und ein Studium der sozialen Arbeit sehe ich für mich ganz allgemein durchaus als machbar an.
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