Das Problem Afghanistan

vom 16.12.2010, 10:50 Uhr

Hier mal meine Ansichten zur aktuellen Situation in Afghanistan und dem umstrittenem Einsatz unserer Bundeswehr. Falls einzelne Sachen, wie zum Beispiel die aufgezählten Kampffahrzeuge, unbekannt sind empfehle ich euch Google.

Das "Problem Afghanistan" ist jedenfalls mehr als das oft in Stammtischgesprächen vermutete Fehlen schwerer Waffen und Luftunterstützung. Ansonsten gäbe es keine Taliban, sondern nur eine russische Besatzungszone!
Das Problem ist, die völlige Ignoranz der Kultur. Der Europäer kommt nach Amerika: "Oh, Wilde! Denen müssen
wir (unsere) Kultur beibringen!" Der Europäer kommt nach Afrika: "Oh, Wilde! Denen müssen wir (unsere) Kultur beibringen!" Der Europäer kommt nach Australien: "Oh, Wilde! Denen müssen wir (unsere) Kultur beibringen!"
Und was hatten die "edlen Wilden" davon? Außer Massenmord, Identitätsverlust und jahrelangen, blutigen Kon-
flikten? Nix!

Und was machen wir jetzt? Wir kommen nach Afghanistan und was ist das erste? "Oh Wilde..." All die Segnungen, die wir tagtäglich genießen und als selbstverständlich (und leider auch verbindlich!) erachten, hat da mal wer drüber nachgedacht, ob der Afghane das will? Wahlrecht für Frauen, Gleichberechtigung, Demokratie, etc. Der
erste Schritt wäre zu akzeptieren, dass je weiter man sich von Metropolen wie Kundus und Kandahar entfernt, der Dorfälteste nicht nach der 2 Drittelmehrheit, sondern seiner Bartlänge ausgewählt wird, das Fatma und Ali nicht heiraten, weil sie sich im Kino bei einem Bollywoodstreifen getroffen und spontan verliebt haben, sondern weil Alis Papa Mahmut von Fatmas Papa Naeem 20 Ziegen bekommt und das Abdul, der das Kamel von Omar geklaut hat, nicht 20 Tagessätze à 10 Piaster im örtlichen Waisenhaus abarbeitet, sondern schlicht und einfach eine Hand verliert. Und dass sich daran nichts ändern wird! Und warum bin ich mir so sicher? Ganz einfach, weil seit gut 30 Jahren Europaweit, ich würde sogar sagen Deutschlandweit oberhalb des Mains und Links des Vogtlandes land-
auf landab über die bayr. Kultur, sei es Lederhosensex, Schnupftabak, Musikanten und Komödienstadl, Alpen-
glühen und Holleriduljöh gelacht wird! Und es keine Sau interessiert und sich nix ändert, weil es "ja Tradition und gewachsene Kultur ist"! Und wenn wir es dreimal beschissen finden, es ist eine gewachsene Kultur. Punkt!

Das Hauptziel in Afghanistan sollte NICHT eine westeuropäische Musterkultur sein, sondern schlicht den Säggeln, die ihre fundamentalistisch-fanatische Weltanschauung mit AK und RPG durchsetzen wollen eben jene Meinungs-
verstärker weg zu nehmen und dem Rest zeigen, dass es auch ohne geht! Aber aktuell ist es so, dass überall wo die Wehrsportgruppe Mohammed verjagt wird, die Wehrsportgruppe Petrus einrückt, für den 08/15 Afghanen ändert sich nur die Farbe der Uniform der Besatzer. Mit dem Unterschied, dass die WSG Mohammed dem Mahmut wenigstens seinen Ziegenhandel gegönnt hat.

Die Bundeswehr in Afghanistan ist hier, was das "Hearts and Minds" Programm angeht sehr weit vorne dabei, da
in der Vorbereitung auf Kultur des Landes abseits von Bärten eingegangen wird. Das ändert aber nix an der Tat-
sache, dass ohne Bekämpfung von Korruption bis in die oberen Ebenen da unten nichts zu machen ist. Und dazu brauchen "wir" keine Tiger, keinen PSO Leo, dazu braucht es einen Arschtritt für Karsai und Co. Und ein Buckel-
verbot für all diejenigen, die Karsai ja nicht vergraulen wollen, weil er ja ein Partner im "War against Terror" ist! Es ist vielmehr so, dass Herr Karsai ein wichtiger Partner im US Ölgeschäft ist, wie französiche Zeitungen unlängst aufdeckten! Und um, sinngemäß, Bismarck zu zitieren: "Die Pipelines zwischen Afghanistan und Pakistan sind mir nicht das Blut eines einzigen deutschen Landsers wert!". Aber hierzu hätte das Rückgrat gehört, einfach mal NEIN zu sagen! Aber das war ja leider nicht möglich. Man kann Herrn Struck fragen, man kann Herrn Rühe fragen, beide werden (und haben es bereits) bestätigen, dass die sog. Bedrohung durch die Taliban für die BRD nicht existent ist. Die Taliban, die aktuell in Afghanistan sitzen, pfeifen auf Deutschland. Denen ist unser Land völlig egal! Das einzige, was sie interessiert, ist wie sie die fremden Soldaten aus Afghanistan raus bekommen! Es gibt mehrere Studien, die glaubwürdig belegen und auch bei argumentativer Zerlegung standhalten, dass Al Quaida sich in Afghanistan längst vom Acker gemacht hat.

Was bleibt, ist das Versprechen, das Land zur Normalität zurück zu führen. Und der schnellste, und blutärmste
Weg wäre tatsächlich das Land sich selbst zu überlassen. Fatma und Ali dürfen wieder für Ziegen heiraten, Abdul wird wieder die Hand abgehakt und Matloob der behaarte wird wieder Dorfältester, weil Fatma und Ali schon vor
10 Jahren mit seinem Bart Seilhüpfen konnten. Aus unserer Sicht finsterstes Mittelalter, aber was haben wir in
der Schule gelernt? Im Mittelalter gab es keine Minen, keine IEDs, keinen Misdrops von GBU82 Mehrzweckspreng-
köpfen, keine bei Youtube hingerichteten Zivilisten und keine Kollateralschäden durch ISAF Einsätze.

Warum also nicht den Abenteuerspielplatz Afghanistan schließen? Es gibt tatsächlich einen Grund, warum ich auch dafür bin, das Mandat fortzusetzen: Weil bereits zu viele Menschen dafür sterben mussten. Weil die dann
völlig umsonst gestorben sind. Wie Lincoln mal sagte: "Es liegt nun an uns, den Lebenden, uns des Zieles anzu-
nehmen, dass diese Gefallenen so selbstlos vorangetrieben haben, sodass ihr Tod nicht umsonst gewesen ist!".

Wenn ich mir vorstelle, dass ich jetzt genauso gut 6 Fuß unter der Erde liegen könnte, meine Frau das Lied vom guten Kamerad hören musste und meinem Sohn erklären muss warum er nun nicht mehr, "wenn er größer ist"
mit Papa zum Stammtisch darf, dann würde ich mir wünschen, dass er in 10-15 Jahren Urlaub in Afghanistan machen kann und Fatmas und Alis Kindern, denen nicht die Beine von Minen weggerissen wurden, am Basar
Obst abkaufen kann. Sich ein Land anschauen kann, dass vielleicht aus unserer Sicht noch im "Mittelalter" lebt, aber ohne Angst vor Kidnapping, Straßenbomben und ethnischen Säuberungen! Und das ihm meine Frau dann sagen kann: "Darum!".

Aber ich bin nicht nur Zivilist, ich bin Realist (und wohl auch Zyniker)! In unserer, zivilisierten, Welt ist kein Platz für militärische Lösungen. Für schwere Opfer. Für unbequeme Entscheidungen. Die Geiz ist geil Gesellschaft mag keine Särge sehen. Und die Verantwortlichen wollen keine Konsequenzen tragen. Alles wird gut, alles wird bes-
ser... Und uns geht es ja nichts an. Doch, um Hemingway sinngemäß zu zitieren: Jeder "Pazifist" schläft nur des-
halb ruhig in seinem Bett, weil irgendwann, irgendwo ein paar arme Seelen bereitstanden, um für ihn Gewalt auszuüben. In unserem Fall liegt es 60 Jahre zurück, aber hätte sich die Welt damals verschlossen, hätte ich zur Geburt meiner Kinder statt einem Korb mit Babycreme eine Ausgabe von "Mein Kampf" bekommen. Aber um das
zu begreifen leben wir "leider" zu lange in Frieden. Und viele messen mit 2erlei Maß. ZDF und ARD werden nicht müde Themen wie Dresden45 und die Luftbrücke zu bemühen, für schnulzige Lobhudeleien. Dass aber genau das, was die Alliierten in Berlin mit der Luftbrücke machten (und auch hier gab es Gefallene) dasselbe wie Afgh-
anistan ist, das interessiert nicht! Da sterben ja "unsere Jungs", das geht ja um "die Anderen". Und das ist ein Problem unserer Gesellschaft!

Das ist rein der "ethische" Aspekt. Es gibt sicher auch den "technischen Aspekt". Aber hier krankt es nicht an fehl-
enden Leos oder Hubschraubern. Sondern an einer hirnlosen Doktrin. Wozu braucht die BW Panzerhaubitzen? Welcher Kommandeur, welcher Offizier würde sich denn nach dem Medienspektakel nach dem ersten CAS Einsatz, der durch die BW angefordert wurde, trauen die Artillerie anzufordern? Welcher Panzerkommandant würde den Feuerbefehl geben, wenn er weiß, dass ein dummer Spruch der Regenbogenpresse genügt, dass ihn die, die ihn dahin geschickt haben der PR wegen opfern?

Es ist sicher ein Problem, dass am Bedarf vorbei Material angeschafft wurde und wird. Die USA machen es vor, wir machen es nach. Die USA führen ein 1000 Taschen System ein, die BW macht es nach. Die USA stellen fest, dass die Soldaten sich zu schwer beladen, die BW lernt nix draus. Die USA kaufen Radpanzer, die Dinger versagen auf voller Linie, die BW kauft den Boxer, einen Radpanzer. Alleine dass der Mungo MONATELANG im Einsatz war, ist ein Armutszeugnis. Der Marder ist für ein modernes Schlachtfeld veraltet. OK... Aber wir reden von Afghanistan! Mittelalter - Wir erinnern uns! Der Marder würde keine direkte Konfrontation mit einem T80 überleben. Ja und? Er soll RPGs überleben, Molotow Cocktails ignorieren und IEDs überstehen! Und das tut er! Jedenfalls besser als alles was wir aktuell in Afghanistan haben. Aber hoppla... Der Marder ist ja ein "Kampffahrzeug"! Das dürfen wir ja nur im Krieg einsetzen, aber wir Deutschen führen ja keine Kriege mehr, wir betrauern lieber bei Polizeieinsätzen gefallene getötete Soldaten. Und solange HIER nicht ein Umdenken erfolgt, ist jede Diskussion um Aufrüstung müßig und das Lied vom guten Kameraden wird noch oft gespielt werden!

» gelbe_ente » Beiträge: 18 » Talkpoints: -3,66 »



Der Beitrag ist schon etwas stark überzogen und mit Vorurteilen gespickt. Wir können den Afghanen und auch allen anderen Muslimen eben nicht unsere Denkweise oder unsere Demokratie aufzwingen.

Außerdem sehen die Leute dort unten sehr genau, dass einfach nicht nur nicht jeder vom Einsatz des Westens profitiert, sondern viele dabei sogar sterben oder schwer verletzt werden und dies stillschweigend hingenommen wird.

Der Konflikt in Afghanistan und dem Irak hat wesentlich mehr Tote verursacht als 9/11, wobei dies nur die schlimmsten Folgen sind. Ich denke auch, dass es falsch ist, alle Taliban als die geborenen Terroristen anzusehen.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 29.05.2015, 22:15, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

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