Abitur mit 14?
Ich weiss, dass das ein wenig zu spät kommt. Habt ihr vor kurzem auch den Jahresrückblick mit Günther Jauch gesehen? Wenn ja, habt ihr sicherlich auch den Jungen gesehen, der sein Abitur mit 14 Jahren gemacht hat. Dieses hat er dann auch noch mit einem Durchschnitt von 1,1 geschafft. Ist das nicht erstaunlich? Ich wäre schon froh, wenn ich das mit 17 oder 18 Jahren so gut schaffe. Dann sagte er noch, dass er Professor werden will. Ein Professor für Chemie. Doch hier frage ich mich, ob das Abitur mit 14 nicht ein wenig zu früh ist. Was meint ihr dazu? Findet ihr nicht auch, dass das Alter zu früh dafür ist? Er sitzt ja nicht mit Gleichaltrigen im Studium.
Ich sehe das zweigeteilt und ich kann mich auch nicht wirklich entscheiden, ob ich das eher gut finden soll oder nicht. Als Hochbegabter hat man es nie leicht. Vielleicht fällt einem das Lernen und Verstehen gewisser Dinge einfacher als anderen, aber man ist einfach 'anders', selbst wenn man versucht sich anzupassen.
In dem Fall ist da natürlich die soziale Komponente. Als ich 18 war, wollte ich mit keiner 14-Jährigen befreundet sein. Die Interessen sind einfach ganz andere und ich denke, dass man mit 18 auch schon ein bisschen reifer ist und aus dem 'Kicher-Alter' raus ist. Also stelle ich es mir sehr schwer vor, in der Schule dann Freunde zu finden, mit denen man auch wirklich auf einer Längenwelle ist.
Außer natürlich man passt sich an (was meiner Meinung nach so sein MUSS, wenn man andauernd mit älteren Jugendlichen zusammen ist). Das heißt aber dann, dass man viel zu früh 'erwachsen' wird. Man überspringt einfach ein paar Entwicklungsphasen, die ziemlich wichtig für die Persönlichkeitsbildung sind. Mit 16 Jahren ca. möchte man so langsam weggehen, Alkohol wird ein Thema, man feiert Partys usw. Mittendrin ein 12-Jähriger Hochbegabter, der mitmacht, weil er dazugehören will um nicht zum Außenseiter zu werden. Mit 12 ist das eindeutig zu früh.
Aus diesen Gründen unter Anderem, finde ich es sehr wichtig, mit Gleichaltrigen zur Schule zu gehen. 1-2 Jahre Altersunterschied machen da wohl nicht so viel aus, aber ich sehe das schon problematisch wenn es dann 4-5 Jahre sind, die einen von den anderen unterscheiden.
Dann sehe ich auch ein Problem in der beruflichen Zukunft. Ich wollte mit 14 Richterin werden. Mit 18 wollte ich nicht einmal mehr im selben Sektor arbeiten. Woher soll man auch mit 14 schon wissen, was man sein Leben lang mal arbeiten möchte? In dem Alter ist es eindeutig zu früh ein Studium zu beginnen, da man noch gar nicht wissen kann, was man studieren möchte. Chemie, Medizin usw. klingt natürlich toll und super für einen Hochbegabten. Aber ob es dann doch die richtige Entscheidung war? Das weiß man natürlich nie, aber ich will mal behaupten, dass man das in so jungen Jahren noch GAR nicht wissen kann.
Eine Hochbegabtenschule wäre wohl die beste Alternative für das Kind gewesen. Zum einen, weil es da gefördert wird. Natürlich wird ein Kind vom Lernpensum auch gefördert, wenn es ein paar Klassen überspringt. Aber ich kenne das aus eigener Erfahrung: Man bekommt neuen Stoff, liest sich diesen durch und man kann es, egal in welcher Klasse man ist. Das ist auf einer Hochbegabtenschule nicht so. Außerdem lernt man seinen Verhältnissen angemessen und, was für mich das wichtigste ist, man ist mit Gleichaltrigen zusammen.
Ich sehe aber auch positive Seiten. Man hat, wenn man so früh aus der Schule rauskommt und finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, die Möglichkeit an Auslandsjahren teilzunehmen z.B. Man hat auch viel mehr Zeit um diverse Praktika zu absolvieren und ein paar Berufe auszutesten. Sozusagen diese Phase, die zu einem großen Teil eigentlich in der Schule stattfinden soll, durch praktische Tätigkeiten nachzuholen. Das halte ich für einen Vorteil, vor allem für einen Gymnasium-Schüler, da Gymnasien ja doch eher Theorie vermitteln.
Ein bisschen zu früh schon, jedoch finde ich das jetzt auch nicht sooo extrem. Vielleicht liegt das aber auch nur daran dass ich ebenfalls früher einen so jungen Mitschüler hatte; in der siebten Klasse kam er geradewegs aus der sechsten mitten im Schuljahr in unsere Klassengemeinschaft. Wobei er eigentlich noch gar nicht richtig sechste war - eigentlich erst vierte. Der Gute hatte tatsächlich die erste, dritte und sechste Klasse übersprungen und sein Abitur auch mit - soweit ich weiß - 15 gemacht. Das ist ja auch gerade einmal ein einziges Jahr älter als der Kandidat in Günther Jauchs Show.
Toll finde ich es auf jeden Fall, wenn Kinder bzw. Jugendliche schon früh eine solche Begabung entwickeln und eigentlich verdienen sie dafür auch definitiv meinen Respekt und meine Bewunderung. Aber natürlich ist es eben genau wegen ihrem Alter auch wieder nicht toll, da sie fast nie die Chance bekommen mit Gleichaltrigen zusammen zu arbeiten und es sicher auch einige Arbeitgeber gibt, die jüngere Bewerber nicht annehmen möchten. Diese Leute haben es später also bestimmt einmal schwer - zumindestens viele von ihnen!
Der Junge machte doch in Jauchs Show keinen unglücklichen Eindruck. Er ist seinen Weg gegangen und ich denke, dass er unglücklich geworden wäre, wenn er die Schule so gemacht hätte, wie es eigentlich ist. Er hätte sich unheimlich gelangweilt und wäre deswegen in der Schule wahrscheinlich abgesackt. So war es doch ok und es macht ihm auch scheinbar nichts aus, dass er in der Uni der jüngste Student ist.
Warum sollte ein Hochbegabter nicht mit 14 schon wissen, welchen Berufszweig er gehen will. Ein Hochbegabter ist auch in dieser Denkensweise weiter als ein "normaler" Mensch und er wußte genau für was er sich interessiert. Er hat ja von Kleinkindsbeinen schon gwußt, dass er Chemiker werden will. Das ist eben bei normalen Kindern anders. Er hat sich ja immer schon für Chemie interessiert und das hat sich ja auch bis zum Abitur nicht geändert und ihm gefällt sein Studium ja auch noch.
Sicher war das ein sehr frühes Alter mit dem Abitur. Aber was hätte er denn machen sollen? Hätte er die Zeit in der Schule absitzen sollen? Das ist doch Blödsinn. Und dass er der jüngste Student ist ist doch auch nicht schlimm. Es gibt ja auch Rentner, die Studenten sind. Die passen altersmäßig ja dann auch nicht in eine Universität. Dass er Professor werden will hat er gar nicht gesagt. Das hat Jauch gesagt und er hat darauf geantwortet "Schaun wir mal". Sicher wird er es sich nicht nehmen lassen der jüngste Professor zu werden. Aber da wollte er sich nicht festlegen.
Ein überdurchschnittlich oder hochbegabtes Kind kann man sicher auch anderweitig fördern als dadurch, dass es Klassen überspringt. In der Theorie ist das sicherlich die beste aller Möglichkeiten, denn solche Kinder sind zwar in bestimmten Bereichen überdurchschnittlich begabt, emotional aber meist genauso weit entwickelt wie normal begabte Kinder. Da ist eine Förderung unter Gleichaltrigen sicher besser.
In der Praxis gibt es aber kaum Möglichkeiten ein hochbegabtes Kind wirklich gut zu fördern. Entsprechende Schulen gibt es nur in geringer Zahl, meist müsste das Kind dann ein Internat besuchen. Daher ist es wohl doch sinnvoller, das Kind einige Klassen überspringen zu lassen.
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