Beileidsbezeugungen unerwünscht?
In einem anderen Beitrag habe ich heute schon berichtet, dass am Montag ein Bewohner unseres Mietshauses verstorben ist. Nun habe ich gerade an der Eingangstür einen Patenzettel gesehen, wo man eben auch sehen kann, wann das Begräbnis und die Trauerstunde und so weiter sind.
Unten auf dem Zettel stand dann, dass man von Beileidswünschen bitte Abstand halten soll. Ich war da doch recht verwundert weil ich das so noch nicht gesehen habe. Allerdings erhalte ich zum Glück nicht oft solche Patenzettel, demnach weiß ich auch nicht, ob das nun so üblich ist, dass man keine schriftlichen Beileidswünsche mehr schickt.
Genau genommen, kann ich diesen Wunsch sogar verstehen. Keiner weiß so recht, wie man seine Trauer in Worte fassen soll um sein Beileid auszusprechen. So trudeln dann nach dem Todesfall zahlreiche Briefe ein, mit mehr oder weniger dem gleichen Inhalt. Vielleicht wird das von manchen Leuten auch als zusätzliche Belastung empfunden, wenn ständig Trauerbriefe im Briefkasten sind?
Andererseits weiß ich, dass sich meine Mama die Beileidsbezeugungen meiner Oma aufgehoben hat. Sie sind zwar nur in einer Schachtel als Erinnerung verstaut, und auch wenn man sie vielleicht nicht gleich lesen oder sehen mag, liest man sie vielleicht nach einiger Zeit dann doch durch, wenn man die Trauer schon ein wenig verarbeitet hat. Ich kann mir schon vorstellen, dass diese ganzen Briefe zunächst einmal eine Belastung sind. Andererseits glaube ich schon auch, dass sie vermitteln können, dass zahlreiche Leute an den verstorbenen denken und das kann dann doch auch gut tun.
Kommt es also häufiger vor, dass Beileidsbezeugungen unerwünscht sind? Was haltet ihr davon? Würdet ihr das ebenfalls so auf einem Patenzettel von einem nahen Angehörigen so vermerken? Seht ihr solche Beileidsbezeugungen eher als Belastung oder als liebe letzte Erinnerung?
Ich kenne Patenzettel nicht, aber dass von der Beileisbekundung Abstand genommen werden soll, das kenne ich schon. Bei meine Opa wollte meine Mutter keine Beileidsbekundung am Grab haben, dass schloss aber Grüße im Beileidbuch nicht aus. Nur direkt beim Grab wollte sie es nciht, weil sie einfach zu traurig war und dachte, dass sie es dann vor Trauer nicht aushalten kann.
Auch als ich noch keiner war und meine Oma gestorben war, sollte am Grab nicht kondoliert werden, weil wir Kinder dann noch verstörter gewesen wären. Wir waren allerdings alt genug, dass wir schon Abschied nehmen wollten, aber eben nicht jedem "Hinz und Kunz" die Hand schütteln sollten. Mag sein, dass die Angehörigen auch jetzt einfach Ruhe haben wollen, das sollte man akzeptieren.
Wenn man es schon schriftlich hat, das es nicht erwünscht ist, dann sollte man sich auch daran halten. Warum und weshalb ist doch dabei wirklich nebensächlich. Also letztes Jahr mein Schwiegervater verstorben ist, wollte ich diese Beileidsbekundungen auch nicht. Wir haben uns zwar mehr oder weniger respektiert, aber sein Tod hat kein Gefühl der Trauer in mir hervorgerufen.
Als dann ein halbes Jahr später mein Vater verstorben war, war ich über nette Gesten und Worte dankbar, weil sie mir doch irgendwie halt gegeben haben. Allerdings konnte ich das auch nicht von jeder Person annehmen und bin manchen Leuten da bewusst aus dem Weg gegangen.
Es geht hier weniger um die Frage, ob ich eine Beileidskarte schicken soll oder nicht. Da ich den Mann nicht einmal wirklich kannte, hätte ich sowieso keine Karte geschickt. Er wohnte noch nicht lange hier und ich kannte nicht einmal seinen Vornamen. Gesehen habe ich ihn zwei oder dreimal kurz am Gang, das war es dann auch schon.
Natürlich soll man es respektieren, wenn keine Beileidskarten gewünscht werden. Ich wollte allgemein zur Diskussion bringen, wie solche Beileidsbekundungen allgemein aufgefasst werden. Ob sie eben eher eine Belastung sind oder doch eine liebe Anteilnahme. In den letzten Jahren gab es in meinem Umfeld zum Glück keinen Todesfall, so kann ich es nicht aus persönlicher Sicht schildern, wie solche Beileidsbekundungen aufgefasst werden.
Wenn dieser Patenzettel ein Bekanntgabezettel ist, wann die Beerdigung stattfindet und darauf steht, dass man von Beileidsabekundungen Abstand nehmen soll, dann ist da in der Regel mit gemeint, dass man am Grab nach der Beerdigung nicht hingehen soll und die Hand geben soll und "herzliches Beileid" sagen soll. Da ist nicht mit gemeint, dass man keine Karte schicken soll.
Diese Beileidsbekundungen am Friedhof wollte ich auch nicht, als meine Schwiegermutter gestorben ist und ich finde es schlimm, wenn die Angehörigen nach der Beerdigung am Grab stehen bleiben und darauf warten, dass man ihnen die Hand schüttelt und dann das Beileid ausspricht. Das mögen viele Trauernde nicht und wollen, dass man nach der Beerdigung einfach geht und die Angehörigen in Ruhe lässt.
Eine Karte kannst du trotzdem schicken. Ich kenne das nur, dass man, wenn das auf dem Bekanntgabezettel für die Beerdigung steht, keine Beileidsbezeugungen am Grab haben will. Diese schriftlichen Beileidswünsche sind nicht damit gemeint.
@Diamante: Dann habe ich das wohl tatsächlich falsch verstanden. Ich hätte es eben so verstanden, dass sie eben auch keine Beileidskarten wünschen. Auch das ist natürlich zu respektieren, aber am Grab kann ich es natürlich noch mehr verstehen. Wobei ich eben auch die Karten verstanden hätte. Bei den Karten hätte ich selber mir nur überlegt, ob sie langfristig gesehen nicht vielleicht doch eine Anteilnahme oder nette Erinnerung sind. Am Grab direkt ist man da sicher total überfordert und da würde ich mir auch auf jeden Fall keine Beileidswünsche vorstellen.
Bei den Beileidbekundungen geht es eher darum, dass man nicht direkt angesprochen werden möchte. Also das nicht alle einen ansprechen und brav ihr Sätzchen runter leiern. Und ich empfinde das auch als eher furchtbar. Wenn Leute einen mitten auf der Straße ansprechen und dann sagen, ach ja ihr XXX ist ja gestorben und so weiter und mein Beileid. Und meistens kennt man die Leute noch nicht mal.
Meine Tante erzählte nach dem Tod ihres Vaters von einem Kunden, der in den Laden kam und irgendwas vor sich hin nuschelte, was sie noch nicht mal verstand. Und sie musste dann halt nachfragen, was er von ihr möchte. Und es war "nur" eine Beileidsbekundung.
In dem von dir genannten Fall, würde ich ganz ehrlich ein Kärtchen schicken. Nur direkt ansprechen würde ich die Hinterbliebenen nicht. Für mich ist das auch einfach eine Sache von Anstand oder wie man das nennen möchte. Ich mag da auch kleinlich sein. Als mein Großvater verstarb, war die Trauerfeier nur für Angehörige. Mein Großvater ( er war auch mal Metzgermeister) wollte nicht die ganze Innung am Grab haben. Ich war zu der Zeit in der Ausbildung und musste halt meine Arbeitgeber informieren. Die respektierten den Wunsch. Allerdings fand ein Trauergottesdienst statt. Der war öffentlich. Mein Großvater kannte meine Ausbilder, mein Vater ist mit meinem Lehrherrn per Du, trotzdem tauchte keiner zu dem Trauergottesdienst auf. Mir wurde irgendeine echt doofe Ausrede präsentiert. Und ich war ehrlich gesagt schon bitter enttäuscht.
Bis jetzt wusste ich nicht, dass es so heißt, wenn man nach der Beerdigung einfach in Ruhe gelassen werden möchte. Mein Vater starb vor einigen Jahren. Wir standen danach noch mindestens 1 Stunde am Grab und durften uns diese Beileidsbekundungen über uns ergehen lassen. Außerdem wurden wir von hunderten von Leuten abgeknutscht, obwohl ich so etwas hasse wie die Pest. Trotzdem denke ich mir, dass da die ältere Generation der Verwandschaft nicht weiß, was damit gemeint ist, wenn so etwas auf dem Partezettel steht.
Ich habe erst drei Beerdigungen in der Verwandtschaft mitbekommen, wobei es sich in dem einen Fall auch "nur" um den Partner meiner Omi handelte. Die beiden anderen Beerdigungen waren die von meiner Oma und meiner Omi. Letztere war erst letztes Jahr, allerdings gab es dort keine Erdbestattung und die Beisetzung fand im ganz kleinen Kreis statt. An die anderen Beerdigungen kann ich mich nicht mehr so gut erinnern, allerdings fand ich es auch unangenehm, dass letztes Jahr bei der Trauerfeier teilweise Leute auf mich zukamen, die ich gar nicht kannte und die mich in den Arm nehmen wollten. Das mag ich überhaupt nicht und ich finde es auch komisch, wenn fremde Leute dann so emotional auf mich zukommen, obwohl ich zuvor nie etwas mit ihnen zu tun hatte.
Ich kann daher auch gut verstehen, dass die Angehörigen deines nun ehemaligen Nachbarn solche Situationen vermeiden möchten. Aber auch die Beileidsbekundungen per Karte finde ich oft ziemlich grenzwertig. Manchmal schreiben dann irgendwelche Leute, die den Verstorbenen kaum oder gar nicht kannten, einen Floskel-artigen Standard-Spruch auf eine Karte und bezeugen damit ihr Beileid, selbst wenn beide Seiten eigentlich wissen, dass es diese Karten eigentlich nur gibt, weil man das eben so macht. In solchen Fällen kann ich persönlich auch gut auf Beileidsbekundungen (auch in schriftlicher Form) gut verzichten.
Ob sich die Bitte der Leute nur auf die Beileidsbekundungen am Grab bezieht, oder ob sie auch gerne auf Karten verzichten möchten, kann ich nicht beurteilen. Als normaler Nachbar würde ich vermutlich ohnehin nichts schicken, wenn ich sonst nichts mit dem Verstorbenen zu tun gehabt hätte. Dieses Interesse an einem Menschen (und seinem Tod) wirkt oft aufgesetzt, wenn man erst nach dem Ableben des Nachbarn plötzlich von ihm wirklich Kenntnis nimmt. Etwas anderes wäre es, wenn du auch einen richtigen Kontakt zu dem Verstorben gehabt hättest.
Ich kann den Wunsch der Angehörigen ziemlich gut nachvollziehen, denn ich mag solche Beileidsbekundungen auch nicht sonderlich. So richtig bewusst ist mir das aber auch erst geworden, als meine Oma gestorben ist. Gerade meine Mutter (es war ihre Mutter) hat auch ausdrücklich vermerken lassen, dass die Leute von diesen Beileidsbekundungen unbedingt absehen sollen.
Zum Einen weil es sie genervt hat und unglaublich Kraft gekostet hätte, ständig "Danke" sagen zu müssen und den Leuten die Hand schütteln und sich dabei zusammen reißen zu müssen. Mir ging es genauso, ich bin dann zunehmend den Leuten aus dem Weg gegangen weil ich darauf auch keine Lust hatte. Es ist halt echt so, dass das einfach nur anstrengend ist. Selbst diese ganzen Karten (von den Leuten, die sich nicht an diese Bitte gehalten haben) haben überhaupt keinen Trost gespendet und zum Teil haben da Leute geschrieben, bei denen man gemerkt hatte, dass die ihren Standardsatz runter gerasselt haben. Es hatte für uns jedenfalls keine Bedeutung.
Zum Anderen wirken Beileidsbekundungen der Leute oft wie eine Pflicht und zum Teil ist es auch echt nur geheuchelt, zumindest wirkt es manchmal so. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass viele ihr Beilied bekunden weil "man es eben so macht" und so etwas kann ich einfach nicht leiden und dann verzichte ich lieber drauf und ich kann mir vorstellen, dass es vielen anderen Leuten, die einen Angehörigen verloren haben, ebenso geht.
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