Moralische Bedenken bei privaten Schnäppchenverkäufern?

vom 30.11.2010, 11:30 Uhr

In einem anderen Thread wurden einige Möglichkeiten des Geldverdienens im Internet diskutiert. Ich hatte mich in diesem Thread ungefähr so geäußert dass es immer lohnenswerte Angebote bei Ebay gibt und ich auch gezielt solche Auktionen suche wo mit einem günstigen Schlusspreis zu rechnen ist um diese entweder selbst zu behalten oder wieder mit Gewinn zu verkaufen. Hierbei handelt es sich nach meiner Erfahrung in der Regel um Anbieter die sich nicht sehr viel Mühe mit ihrer Auktion geben und beispielsweise den Artikel sehr schlecht fotografieren oder diese zu den unmöglichsten Zeiten auslaufen lassen, also um Leute die selber Schuld sind wenn sie nicht den Preis erzielen den sie normalerweise erzielen könnten.

Ein User, dessen Beitrag aber inzwischen schon wieder gelöscht wurde, meinte dass es doch unfair ist solche teuren Artikel für einen Euro abzugreifen und ob ich dabei nicht auch an den Verkäufer denke der ja noch alles einwickeln und verschicken muss. Ich muss sagen dass ich doch schon etwas verblüfft war. Von der Seite habe ich das noch nie betrachtet und mir deshalb auch keine großartigen Gedanken darum gemacht. Sicherlich ist es immer ärgerlich wenn man etwas für einen oder ein paar Euro hergeben muss was einen größeren Wert hat, aber dass kann einem immer bei solchen Auktionen passieren auch wenn man alles richtig gemacht hat. Die moralische Keule hier herauszuholen halte ich für falsch da ich finde dass jeder für sein Handeln selber verantwortlich ist. Sicherlich mache ich mir manchmal Gedanken darüber dass jemand über Jahrzehnte mit viel Aufwand und Liebe Sammlungen zusammengetragen hat die jetzt durch die Erben verschleudert wird, aber eigentlich ist das nicht mein Problem. Sehe ich das falsch?

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich sehe das eigentlich ähnlich wie du. Wenn jemand etwas bei Ebay oder auch einer anderen Plattform verkauft, dann kann man auch davon ausgehen, dass sich der Verkäufer zuvor einmal informiert hat wie viel seine zum Verkauf stehende Ware noch Wert ist. Wenn der Verkäufer dies aber nicht macht und seien Ware eben zu einem deutlich günstigeren Preis verkauft als die Waren eben noch an Wert besitzt, dann ist dies ja nicht das Problem des Käufers. Es kann dir ja genauso einmal passieren, dass du etwas kaufst und sich dann im Nachhinein heraus stellt, dass der Artikel vielleicht doch nicht mehr so viel Wert hat, wie du zunächst angenommen hast.

Ebenso sehe ich die Sache dann, wenn der Verkäufer eben nicht ein schlechtes Bild von seiner Ware macht und vielleicht auch bei der Beschreibung der Waren keine besonderen Informationen angibt. Wenn darauf verzichtet wird, dann muss man als Verkäufer einfach damit rechnen, dass der Verkaufspreis eben nicht so weit steigen wird, wie bei einem gleichwertigen Artikel, der mit einem schönen Foto und einer guten Beschreibung ausgestattet ist.

Da du ja scheinbar viel bei Ebay unterwegs bist und auch gezielt nach Auktionen suchst, die zu ungünstigen Zeitpunkten enden, würde mich einmal interessieren ob es denn wirklich noch möglich ist durch diese Vorgehensweise ein wirkliches Schnäppchen zu machen? Ich habe mittlerweile immer mehr das Gefühl, dass der Zeitpunkt gar keinen besonderen Einfluss mehr auf den erzielten Verkaufspreis hat.

» BrilleWilli » Beiträge: 1810 » Talkpoints: 14,07 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Warum sollte ich da moralische Bedenken haben? Wenn jemand etwas für den Startpreis von einem Euro bei Ebay einstellt, dann muss er sich bewusst sein, das er auch vielleicht auch nur für den Preis verkauft. Ist er sich dessen nicht bewusst, dann ist der Verkäufer einfach nur blauäugig.

Wenn ich dann als Käufer so ein Schnäppchen bekommen kann, dann freue ich mich und denke nicht weiter darüber nach, ob der Verkäufer sich nun ärgert. Immerhin hat er öfter die Chance dieses Risiko zu umgehen, da Ebay ständig Aktionen hat, wo man zu einem wesentlich höheren Startpreis ohne Einstellgebühr verkaufen kann.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Wenn du es nichtg für den günstigen Preis erstehst, dann macht es jemand anderes. Warum sollte man da moralische Bedenken haben. Ich hätte da keine Skrupel und ich würde dieses Angebot auch wahrnehmen. Der Verkäufer ist doch selber dran Schuld, wenn er sich keine Mühe gibt, wie du selber schreibst.

Du hast ja keinen betrogen und keinen irgendwie übers Ohr gehauen. Es war ein legaler Kauf und damit hätte ich auch keine Probleme. Mach dir da keine Gedanken und gehe weiterhin auf Schnäppchenjagd. Ich wünsche dir viel Erfolg weiterhin dabei.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Zunächst würde ich in solchen Fällen nicht davon sprechen, dass hier eine moralische Keule geschwungen wurde. Ich denke, dass ist hier vielleicht zu viel gesagt. Aber man kann den Aspekt des moralischen Handelns durchaus mal auch bei solchen Schnäppchenjagden ins Spiel bringen. Entweder als Gedankenspiel oder aber um sein eigenes Tun und Handeln neu zu bewerten oder vielleicht neu auszurichten.

Solche Fälle, in welchen ein Verkäufer klar und eindeutig übervorteilt wird, sind natürlich (auch) Dein Problem (wobei Problem die Sache sicher nicht richtig trifft), wenn Du derjenige bist, der von dem (schlechten) Handeln des Verkäufers profitiert. Hier die Schuld auf andere schieben, nach dem Motto: ist ja selber schuld, ist einfach zu einfach und soll ja auch nur das eigene Gewissen beruhigen.

Wo Du aber natürlich Recht hast, ist die Frage nach der letzten Konsequenz. Man kann versuchen, sich hier einen Heiligenschein aufzusetzen und bei solchen Auktionen nicht mitmachen. Jedenfalls dann, wenn klar erkennbar ist, dass der Verkäufer deutlich geschädigt wird (wobei sich dann die andere Fragestellung auftut: was ist ein gerechter Preis). Schon wäre man selbst fein raus. Aber es würde dem Verkäufer nicht helfen, weil dann der nächste Bieter u.U. noch mal günstiger an das Produkt rankommt (weil ein Interessent ja nun abgesprungen ist). Das eigene, moralisch einwandfreie erhalten, ändert in dem Fall also nichts an der üblen Konsequenz für den Verkäufer.

Jetzt kann man hoffen, dass sich in einem sich selbst regulierenden System der handelnden Personen mit der Zeit ein Klima entwickelt, bei dem kein einziger Käufer anders handelt, als Du - dann wäre ein perfekter Zustand entwickelt und solche Schnäppchen zu Ungunsten des Verkäufers ausgeschlossen. Leider aber widerspräche diese ganze Überlegung den Gesetzen des Marktes! Daher wird auf einem freien, nicht geplanten Markt so eine Übereinkunft nie zu erreichen sein. Man kann also weiter die Schnäppchen jagen und kann sich sicher sein, nicht in den Lauf der Dinge eingegriffen zu haben. Weder positiv noch negativ.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Grundsätzlich denke ich, dass man gerade bei eBay als Verkäufer im Notfall auch noch die Möglichkeit hat, seine Produkte, die man für wertvoller hält und nicht für 1 Euro verkaufen will, mit einem höheren Startpreis einzustellen. Verkäufer, die das nicht tun, haben wohl auch kein Problem damit, wenn die Ware im Endeffekt doch nur für einen Euro verkauft wird.

So ist es jedenfalls bei mir, wenn ich selbst Verkäufer bin. Klar, manchmal denke ich mir auch, dass ich das jeweilige Teil lieber verschenkt hätte, statt es rauszuschleudern, aber ärgern darf ich mich darüber sicherlich nicht, denn ich kannte diese Bedingungen doch vorher alle, und so freut sich nun eben eine fremde Person darüber, genauso wie ich mich als Käufer über ein Schnäppchen freue. Also ist doch eigentlich alles in Ordnung und man sollte sich weniger Gedanken darüber machen, oder?

Einmal habe ich übrigens eine Ausnahme gemacht. Ich hatte vor Jahren ein Hochbett für meinen Neffen ersteigert, nicht allzu weit weg von meinem Wohnort, also in einer Gegend, die recht weitläufig ist und in der sich wohl grundsätzlich weniger Käufer finden, die Waren abholen als in der Nähe größerer Städte.

Der Verkäufer hatte das Hochbett, das übrigens in einem super Zustand war, aus seiner Wohnung übrig, die vorher Teil einer Pension oder ähnlichem war. Dazu wollte er mir noch einen passenden Schreibtisch mitgeben, ohne Aufpreis. Und im Laufe des Transports des Bettes und Schreibtisches in den Lieferwagen fragte er mich, wofür ich das Bett brauche und ich erklärte ihm die Verhältnisse. Daraufhin bot er mir noch ein zweites Bett an, exakt gleicher Zustand, exakt gleiches Aussehen, ebenfalls ohne Aufpreis.

Ich hatte leider nicht mehr Geld dabei, habe ihm aber alles in die Hand gedrückt, was ich hatte. Das waren leider nur 10 Euro und ich fühle mich heute noch ein bisschen schlecht deswegen, denn ich fand ihn so unglaublich nett und hilfsbereit. Andererseits denke ich, dass ich mich in seine Lage ganz gut hineinversetzen kann, er wollte einfach helfen.

Und möglicherweise haben Verkäufer von 1-Euro-Artikeln ein ganz ähnlich gutes Gefühl und sind "versöhnt", wenn sie ihm Rahmen der Kaufabwicklung merken, dass es "den Richtigen" getroffen hat und sie ihre Ware nicht für einen Appel und ein Ei an jemanden weitergeben, der sie seinerseits vielleicht mit Gewinn weiterverkauft.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


moin! hat geschrieben:Grundsätzlich denke ich, dass man gerade bei eBay als Verkäufer im Notfall auch noch die Möglichkeit hat, seine Produkte, die man für wertvoller hält und nicht für 1 Euro verkaufen will, mit einem höheren Startpreis einzustellen.

Ups, das ist natürlich das Argument schlechthin, welches moralische Bedenken schlicht verbietet. Natürlich trägt ein Verkäufer das "Risiko", seine Ware zu dem Preis zu verkaufen, welchen er ansetzt. Ist er definitiv nicht bereit, seine Sachen für einen Euro abzugeben, so muss er auch einen entsprechend höheren Startpreis ansetzten!

Wer als Verkäufer nicht bereit ist, die anfallenden Verkaufsgebühren zu bezahlen (für höhere Startpreise), der darf sich nicht beim Käufer beschweren, dass der das "Risiko" des Verkäufers nicht trägt.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



@brilliwilli
So viel bin ich auch nicht auf Ebay unterwegs, aber wenn ich unbedingt etwas haben will dann kann es schon einmal vorkommen dass ich mir auch nachts einen Wecker stelle. Bei gefragten Artikeln die auch gut präsentiert sind ist es durchaus nicht mehr so wichtig auf einen günstigen Zeitpunkt beim Auslaufen der Auktion zu achten, das habe ich auch schon beobachtet. Es reichen ja im Prinzip zwei Interessenten aus die sich dann gegenseitig überbieten und den Preis hochtreiben. Wo aber das Angebot schlecht eingestellt ist und sich deshalb kaum jemand dafür interessiert ist die Wahrscheinlichkeit dennoch höher dass man den Artikel günstig erwerben kann, besonders wenn die Uhrzeit einfach unmöglich ist und sich nicht noch zufällig jemand auf diese Seite verirrt. Auch habe ich festgestellt dass, falls doch noch ein zweiter Bieter vor dem Computer sitzt und solch einen unauffälligen Artikel beobachtet, dieser dann meistens auch nur den Mindestpreis von einem Euro eingibt weil er sich seines Erfolges ziemlich sicher ist.

@derpunkt
Ein bisschen hat mich das an längst vergessene philosphische Bücher über Thomas Morus Utopia oder Saint-Simon erinnert die ich in meiner Jugend einmal gelesen habe. Ich glaube aber in der Marktwirtschaft und der Geiz-ist-geil-Zeit kennt diese Thesen kaum noch jemand. Ich halte es da lieber mit der Philosophie meines Schiebefaxes, da stand immer wenn man fertig war und alles richtig machte „ohne Fleiß kein Preis“. Oder anders gesagt, mit minimalem Aufwand gibt es auch meistens nur minimale Erfolge, wer mehr Arbeit investiert erreicht auch bessere Ergebnisse. Das ist wie im richtigen Leben und deshalb denke ich dass hier Gewissensbisse absolut fehl am Platze sind.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich sehe das auch wie du. Wenn jemand etwas für einen Euro bei eBay anbietet, dann läuft er Gefahr, dass der Artikel auch nur für einen Euro weggeht. Wer das nicht möchte, der kann ja einen anderen Startpreis angeben. Ich habe schon viele Artikel bei eBay gekauft, die sehr günstig waren, und hatte dabei kein schlechtes Gewissen.

Außerdem finde ich, ist genau diese Schnäppchenjagd auf einen Artikel, der besonders günstig ist, doch das, was eBay ausmacht und weswegen es so groß geworden ist. Zum Leidwesen der Verkäufer gibt es heute ein Überangebot von fast allem. Deswegen sind die Preise bei vielen Dingen in den Keller gefallen. Wenn dann jemand bei der Beschreibung oder bei den Bildern sich keine Mühe gibt und seinen Artikel nicht besonders gut präsentiert, dann wird er eben nicht viel dafür bekommen. Warum sollte ich den Artikel dann nicht für kleines Geld ersteigern, sondern aus moralischen Gründen einen Artikel von einem anderen Anbieter für mehr Geld kaufen? Ich habe nichts zu verschenken.

Eines stimmt aber, ich habe auch schon oft gesehen, wie geerbte Sammlungen wirklich verramscht worden sind. Da wurde mit viel Liebe über Jahre hinweg etwas gesammelt, was jetzt praktisch wertlos, verkauft wird. Da ist es für den ehemaligen Sammler oft gut, dass er nicht mitbekommt, wie günstig alles verkauft worden ist. Aber auch das liegt ja im Ermessen des Verkäufers. Man muss nicht alles Geerbte für kleines Geld verkaufen, manches sollte man einfach auch aus Sentimentalität behalten und nicht verramschen.

» urilemmi » Beiträge: 2263 » Talkpoints: 7,31 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich hätte dabei auch überhaupt keine moralischen Bedenken dem Verkäufer gegenüber, sondern würde mich über so ein Schnäppchen richtig freuen. Wenn man für alles moralische Bedenken anmelden würde, was man irgendwo günstiger bekommt oder wo man mit jemandem über einen Preis verhandelt, dann dürfte man so etwas einfach meiner Meinung nach nicht durchführen.

Wer also moralische Bedenken hat, dass der Verkäufer dabei schlecht wegkommen könnte, der sollte die Finger davon lassen und zum Beispiel solche Ebay Auktionen anderen überlassen, die diese Bedenken nicht haben.

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» Nettie » Beiträge: 7637 » Talkpoints: -2,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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