Geschmacklose Erklärung am Telefon...
Ich habe heute ein Telefonat mitbekommen, bei dem ich wirklich für einen Moment entsetzt war. In dem Gespräch kam das Wort "Sieg" vor. Der Gesprächspartner verstand dieses Wort offensichtlich nicht richtig, so dass der Gesprächspartner, der sich in meiner Nähe befand, dieses Wort noch einmal wiederholte - allerdings mit einer meiner Meinung nach geschmacklosen Erläuterung. Er sagte: "Sieg, so wie Heil, heil Sieg". Ich dachte, ich hätte mich verhört, aber genau so wurde es gesagt.
Was haltet ihr von dieser merkwürdigen Erläuterung? Es ist doch meiner Meinung nach eindeutig, in welche Richung diese Erklärung geht. Ich bin auch der Meinung, dass man solche Aussagen nun wirklich nicht machen sollte. Ich kann auch nicht verstehen, wie jemand ausgerechnet auf eine solche Erklärung zum Wort "Sieg" kommt. Man hätte doch auch einfach sagen können, dass man das Gegenteil von "Niederlage" meint. Das ist doch naheliegender, oder?
Stelle ich mich vielleicht zu sehr an, oder empfindet ihr diese Erläuterung auch als geschmacklos? Habt ihr ähnliche unschöne Anspielungen auch schon erlebt? Ich habe auch schon mal erlebt, dass jemand im Zusammenhang mit Arbeit den allseits bekannten Satz vom KZ Auschwitz zitierte. Das geht für mich in die gleiche Richtung wie diese Aktion heute.
Das ist wirklich sehr eindeutig, aber man kann das auch wirklich manchmal ausversehen sagen. Ich weiß, welches Beispiel du meinst. Auf Prosieben gab es mal wieder so eine dieser Quizshows abends. Da hat sich dann eine Moderatorin, nachdem ein Anrufer gesagt hatte, er müsse gleich noch arbeiten, anscheinend verplappert und sagte "Arbeit macht frei", was ja wohl sehr eindeutig die Parole ist, die über dem Eingang des Konzentrationslagers in Auschwitz stand. Die Moderatorin entschuldigte sich dann eine viertel Stunde später und meinte, sie hätte das ausversehen gesagt und meinte nur, sie möchte von all' dem was damit in Verbindung steht, Abstand nehmen. Gebracht hat das allerdings nichts, denn sie wurde gefeuert und hat seitdem keine Livesendung für 9Live oder Prosieben moderiert.
Man muss nicht hinter jeder Aussage das schlimmste vermuten. Weisst du denn wer am anderen Ende der Leitung war? Manchmal fällt einem in der Eile halt nichts anderes ein. Und mit diesem Thema dürfte eigentlich jeder was anzufangen wissen.
Ausserdem denk mal darüber nach, wie oft und vorallem lapidar der Spruch "Jedem das seine" benutzt wird. Und wo steht der? Richtig, am Eingang vom ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald. Und nicht jeder, der etwas damit versucht zu erklären, was eindeutig bei den Nazis vorgekommen ist, ist deswegen rechtsradikaler Gesinnung. Man kann in jedem Wort entsprechendes finden, wenn man will.
Man kann aber auch die Person danach mal darauf ansprechen, das es nicht gerade die optimalste Erklärung war. Ist vielleicht besser, als jedem gleich was schlechtes zu unterstellen.
Punktedieb hat geschrieben:Weisst du denn wer am anderen Ende der Leitung war?
Welchen Einfluss hat denn der Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung auf die Wortwahl bzw. würdest Du hier dann eine Quelle vermuten, die hier Differenzierungen in "schlimm", "nicht so schlimm" und "war OK" zulassen würden?
Punktedieb hat geschrieben:Manchmal fällt einem in der Eile halt nichts anderes ein.
Gerade der Punkt macht die Sache noch mal schlimmer und zeigt eigentlich, wie tief verwurzelt entweder braunes Gedankengut ist oder aber wie wenig man sich damit befasst hat. Beide Fälle halte ich für sehr bedenklich.
Ich habe weder braunes Gedankengut, noch habe ich mich zu wenig befasst. Und trotzdem möchte ich nicht ausschliessen, das auch mir solche Äusserungen passieren können. Denn auch wenn man mit dem Thema mehr als vertraut ist und auch keine Ausländerfeindlichkeiten hegt, kann es jedem passieren. Kein Mensch ist unfehlbar.
Und ja, es hat auch was damit zu tun, wer am anderen Ende der Leitung ist. Denn wenn ich weiss, das mein Gesprächspartner nicht gleich vor Schock aus den Socken kippt, wenn man eine etwas unüberlegte Aussage macht, so kommt diese schneller, als bei Menschen wo man recht vorsichtig sein muss mit dem was man sagt.
Punktedieb hat geschrieben:Und trotzdem möchte ich nicht ausschliessen, das auch mir solche Äusserungen passieren können.
Sorry, will jetzt gar nicht den Anspruch erheben, dass ich für Dich sprechen kann, aber es ist dumm zu glauben, man könnte das Wörtchen "Sieg" mit "Heil" unbedarft in irgendeiner Weise erklären. Das ist zu sehr dem zivilen Leben entrückt, als das es sich wirklich um ein Versehen handeln kann! Jedenfalls frage ich mich gerade, wie oft und zu welchen Gelegenheiten Du dieses "Sieg heil" nutzt, so dass es Dir in so einer Frage "als erstes" durch den Kopf schießt. Und vor allem, wie Bewusst Du das dann einsetzt. Mag bei Deinem Beispiel "Jedem das seine" anders sein. "Arbeit macht frei" (als Beispiel) ist hingegen tatsächlich sonst schlicht nicht gebräuchlich. Auch hier sehe ich ganz klare Zusammenhänge. Es handelt sich dann um braunes Gedankengut oder schlicht an Ignoranz nicht zu überbietende Dummheit (nach dem Motto: "jetzt muss auch mal Schluss sein!").
Punktedieb hat geschrieben:Und ja, es hat auch was damit zu tun, wer am anderen Ende der Leitung ist.
Aber nur dann, wenn man davon ausgeht, dass die andere Seite ebenfalls nichts Schlimmes an alle dem sieht. Hier aber die Verharmlosung anzusetzen, ist mindestens der erste Schritt zur Übernahme.
Punktedieb hat geschrieben:als bei Menschen wo man recht vorsichtig sein muss mit dem was man sagt
Das bedeute ja, dass man gerne Dinge sagen würde, die man aber lieber nicht sagt, weil es andere nicht gerne hören wollen? Das ist genau das, was man gesellschaftlich als "latenten Nationalismus" beschreibt. Entweder, es ist falsch - oder aber es ist nicht falsch, und man darf es (aus imaginären Gründen) nicht sagen?
Wenn die erste Sache, die einem Menschen zum Wort "Sieg" einfällt, tatsächlich bloß die Nazi-Parole "Sieg Heil" ist, dann sagt das meines Erachtens wirklich etwas über sein Weltbild und seine Alltagsgedanken aus. Schließlich ist das nun wirklich nichts, worauf man in der Eile mal spontan kommt, es sei denn, man wäre damit wirklich täglich andauernd konfrontriert. Und wir haben heute nun einmal nicht 1933, sondern mittlerweile 2013. Da finde ich, könnte es schon etwas über die politische Gesinnung einer Person aussagen, wenn sie "Sieg Heil" für einen Spruch aus ihrem Alltag hält. Sicher kann es auch Ausnahmen geben, aber ich muss es mal so deutlich sagen: Wenn ich jemanden so reden hören würde, würde ich schon hellhörig werden und mich fragen, ob diese Person nicht in Neonazikreisen unterwegs ist.
Eine einzige "Ausnahme" mag es vielleicht geben, und zwar die, wenn man Kinder solche Dinge reden hört. Es kommt durchaus vor, dass Kinder irgendetwas aufschnappen und es dann gedankenlos nachsprechen. Beispielsweise könnte es passieren, dass "Sieg Heil", "Arbeit macht frei" oder solche Sprüche in einer Fernsehdokumentation über den Nationalsozialismus gehört worden sind. Allerdings finde ich, sollte man in dem Fall seinen Kindern auch erklären, was diese Sprüche bedeuten, und darauf hinweisen, wie problematisch die Verwendung dieser Sprüche ist. Ein erwachsener Mensch hingegen sollte bescheid wissen und ihm sollte nicht spontan ein "Arbeit macht frei" als blödes Witzchen herausrutschen. Ich persönlich finde den Vorfall von dieser TV-Moderatorin daher ziemlich erbärmlich und finde es auch gut, dass sie nicht mehr in dieser Tätigkeit arbeitet.
Ein anderer Fall, das möchte ich noch ergänzen, ist dann aber das hier auch schon genannte "Jedem das Seine". Als "Suum cuique" wurde es schon in der Antike von Platon geäußert. Allgemein gibt es da geschichtlich gesehen sehr viele keineswegs menschenfeindliche Nutzungsweisen. Natürlich haben es die Nationalsozialisten missbraucht, indem sie den Spruch an einem KZ-Tor haben anbringen lassen, aber im Gegensatz zu "Sieg Heil" oder "Arbeit macht frei" gibt es bei "Jedem das Seine" einfach noch zu viele andere, tradierte, nicht-faschistische Interpretationsweisen.
Gerade bei solchen Erklärungen und Aussagen frage ich mich manchmal ob die Leute überhaupt immer selbst wissen was sie da sagen. Vielleicht hat der Erklärende von der Bedeutung gar keine Ahnung und hat dies als Spruch mal irgendwo auf geschnappt.
Oder andererseits vielleicht ging es auch gar nicht um die Erklärung des Wort Sieges und man sich eben über jenes Thema unterhalten. Ich weiß ja nicht wie lange du dieses Gespräch gehört hast. Vielleicht unterhält man sich hier auch über Unterrichtsstoff oder erzählte selbst von einem gehörten Missverständnis.
Sollte aber alles so zu treffen wie von dir beobachtet und vermutet, dann ist es natürlich unglaublich dumm und heftig das Wort Sieg genau so zu erklären. Und davon halte ich gar nichts.
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