Cindy aus Marzahn hat Angst vor neuer Armut
Wir kennen die 38-jährige Ilka Bessin als Cindy aus Marzahn. Sie gehört im Moment zu den größten Komikern im deutschen Fernsehen. Ihr Markenzeichen ist das grell geschminkte Gesicht, natürlich in Rosa, der ebenfalls rosa Jogginganzug und die dicken Stiefel.
Vor ihrer Karriere war sie lange Zeit arbeitslos. Wenn sie an die Zeit beim Arbeitsamt denkt, vergisst sie nicht, wie viel Glück sie im Moment hat. Ihr wurde beim Arbeitsamt trotz 30 Kilogramm Übergewicht ein Job als Skilehrerin angeboten, den sie schon wegen ihrer Figur nicht annehmen wollte. Da bekam sie dann auch noch die Drohung, dass man ihr dann das Geld kürzen würde. Als sie sich jedoch als Comedian auf eigene Beine stellen wollte, wurde die Finanzierung durch das Amt abgelehnt, niemand erkannte das Talent von Ilka Bessin.
Heute verdient sie genügend Geld, arbeitet dafür aber auch 15 Stunden täglich. Ihr Geld hat sie auf die Bank gebracht und ganz ohne Risiko angelegt. Dennoch weiß sie, wie schnell die Karriere zu Ende sein kann und wie schnell es geht, dass man wieder zum Arbeitsamt muss. Ich denke, ihr wird das so schnell nicht passieren.
Über die Art der Kunstrichtung, welche sie mit zahlreichen anderen Vertretern vertritt, wollen wir hier ja nicht diskutieren. Das aber Künstler mit diesem (einen und untrennbar mit der Person verbundenen) Programm schon zu den größten Fernsehkomikern gehören soll, spricht wirklich nicht für das Fernsehen.
Schön ist aber hier der Fall, dass Frau Bessin sich darüber im Klaren ist, dass auch Erfolg nicht endlos anhalten muss und im schnelllebigen Geschäft durchaus auch ihr Stern wieder sinken kann. Das bedeutet dann natürlich nicht den totalen Absturz. Aber es gibt ja genügend frühere Superstars, die nur noch für Baumarkteröffnungen gebucht werden.
Wenn nun hier die Künstlerin offensiv nach außen trägt, dass sie tatsächlich auch für die schlechteren Zeiten spart, dann kann das vielleicht auch beim Publikum für einen gewissen Bewusstseinswandel sorgen. Damit hätte sie auch weit mehr erreicht, als man vermutlich für möglich gehalten hätte - und sie so sogar jenseits ihrer Kunstfigur so was wie ein Vorbild sein könnte.
Ich fürchte nur, dass sie ausschließlich mit ihrer Rolle wahr genommen wird und was jenseits ihrer Auftritte passiert, schlicht nicht verbreitet wird. Und das ist die Gefahr solcher stark personenbezogenen Rollen, die eben nur eine Facette kennt.
So wie ihr geht das, so weit ich das sehe, vielen Leuten, denen die Wende in so jungen Alter in die Biografie gekracht ist. Sie war schon alt genug, um den kompletten Wandel sehr bewusst zu erleben. Mit so einer Biografie weiß man natürlich, wie schnell sich etwas im Leben um 180 Grad ändern kann, ohne dass man auch nur den geringsten Einfluss darauf hat.
Ich weiß nicht, wie sie ihr Geld wirklich angelegt hat und so richtig interessiert es mich auch nicht. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass sie einen bodenständigen Lebensstil führt und für schlechte Zeiten vorsorgt. Und ehrlich gesagt, finde ich das auch total sympathisch, wenn Künstler oder Prominente trotz Ruhm bodenständig bleiben und nicht abheben.
Klar ist so eine Karriere abhängig von Moden und von Bedürfnissen des Publikums. Wäre die DDR theoretisch geblieben, wäre sie mit der Kunstfigur vermutlich auch nicht erfolgreich geworden. Denn dann hätte auch die Klientel im Land gefehlt, die sie parodiert. Das wird ihr vermutlich auch bewusst sein.
Und da ich Luckenwalde auch ein bisschen kenne, weil ich schon ein paar mal in der Stadt war, denke ich auch, dass so eine Geburtsstadt durchaus prägt. Während ein paar Kilometer weiter die Regionen gar nicht so schlecht sich entwickeln, verfallen in Luckenwalde noch einige wunderschöne Häuser, weil zu wenig Finanzkraft da ist. Es hat sich zwar auch da in den letzten Jahren viel getan, aber wenn man alte Architektur mag, blutet einem da manchmal schon das Herz, was da an Gebäuden unwiederbringlich verfällt. Da wir einem die Vergänglichkeit auch optisch vor Augen geführt, wenn man nach Hause kommt.
Wenigstens hat Cindy sich zu ihrer Herkunft bekannt und auch immer klar und deutlich gesagt, was für ein Mist Hartz IV in der Realität ist. Die hat es meiner Ansicht nach eben aus eigener Kraft geschafft und dennoch im Blick behalten, dass dies vielen anderen wegen ihrer gesundheitlichen Beschwerden so nicht möglich ist. Den Humor fand ich zwar etwas derb aber lachen musste ich auch.
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