Die "Angst" vor der angeblichen Keule
Im Beitrag Versailler Vertrag: Schulden am 3. Oktober 2010 getilgt? viel am Ende einmal das Wort von einer sogenannten "Faschismuskeule", welche - so die Phantasie - immer wieder gerne von "Gegnern" der Deutschen oder aber einfach nur von angeblichen Nutznießern der Schandtaten (worunter man so gerne einen dicken und endgültigen Schlussstrich ziehen möchte) zur Durchsetzung der wohl unrechtmäßigen Forderungen geschwungen wird. Unrechtmäßig müssen die Forderungen wohl deshalb sein, weil man sie ohne diese moralische Waffe wohl nicht durchsetzen könnte.
Ich persönlich ärgere mich ein wenig über diesen Begriff, der in verschiedensten Formen lange vor Martin Walsers Rede in bestimmten (mindestens konservativen) Milieus Verwendung findet und mittlerweile die sog. Mitte der Gesellschaft erreicht hat. Offenbar findet es niemand störend, dass eben dadurch implizit festgestellt wird, dass die Schuld endgültig gesühnt sein muss und es eben keine Ansprüche mehr geben kann.
Dem ist aber definitiv nicht der Fall. Aber selbst wenn dem so wäre, so möchte ich gerne festhalten, dass es schlicht eine solche Keule nicht gibt oder von außen genutzt wurde (die sog. "Holocaustindustrie"). Ganz gleich übrigens, ob sie Antisemitismus-, Ausschwitz-, Faschismus- oder als Sonst-Was-Keule bezeichnet wird. Auch ganz unabhängig davon, was Intellektuelle oder angeblich Intellektuelle zu dem Thema beisteuern!
In keinem einzigen mir bekannten Fall in der Zeit der BRD wurde auf Grund eines verbalen Angriffs (Drohung bzgl. einer moralischen Verpflichtung) Geld von der BRD (oder sonstigen Tätern bzw. Tätergruppen) bezahlt, sofern nicht handfeste Ursachen vorlagen die auch ein deutsches Gericht (in dem Richter aus alten Zeiten sitzen) anerkennen hätte müssen! Wieso benennt man denn nicht unrechtmäßige Forderungen, welchen "man" (wer auch immer das gewesen ist) nachgekommen ist?
Ich persönlich würde mir schon wünschen, dass bei solchen Diskussionen, die ja selbst gar nicht den Stein eines Anstoßes bilden (man kann über fast jeden Schwachsinn Diskussionen beginnen), weniger versucht, die Opferrolle zu übernehmen und seine Themen sachlicher vorzutragen. Ansonsten bleibt es wohl bei der Feststellung, dass der Deutsche an sich dem Juden den Holocaust auch heute noch nicht verziehen hat!
Die Faschismuskeule wird immer wieder gerne hervorgeholt wenn die Argumente ausgehen, so mancher verzichtet auch im Voraus auf einen Widerspruch zu bestimmten Themen weil dieses Argument dann auch reflexartig sofort kommt und es das Totschlagsargument schlechthin ist. Ich muss aber zugeben das sich so etwas auch sehr oft als vorauseilenden Gehorsam ansehe. Wenn du dieses Wort einmal googelst bekommst du derzeit 15 600 Treffer zum Thema angezeigt, darunter eine Vielzahl von Textbeiträgen und Kommentaren aus seriösen Zeitungen. Jüngstes Beispiel ist für mich Sarazin und seine Thesen.
derpunkt hat geschrieben:Ansonsten bleibt es wohl bei der Feststellung, dass der Deutsche an sich dem Juden den Holocaust auch heute noch nicht verziehen hat!
Den Spruch hast du hier im Forum schon mindestens dreimal in abgewandelter Form gebracht und immer war er unpassend und nicht zum Thema gehörig. Das ist für mich auch die Faschismuskeule in Reinform.
Sorry, aber im Moment gehen Dir doch die Argumente aus. Wer sich hier (gerne auch Sarrazin) als mutiger Kämpfer positioniert, der gegen den mutmaßlichen Mainstream der Political Correctness ankämpft und in die Bresche springt und Themen benennt, die man sonst angeblich nicht anschneiden darf, weil angeblich dann die moralische Keule kommt, bereitet doch nur den Weg vor, besonders rücksichtslos drauf hauen zu dürfen. Und dann - als kleiner David der die angeblich in der Minderheit gegen den Mainstream ankämpft - moralisch den anderen überlegen. So eine Form der Selbstinszenierung wird man doch mal anprangern dürfen. Denn Sarrazin beweist doch, dass er aus der Seele der Menschen spricht. Was nicht heißt, dass es gut oder richtig ist. Aber Sarrazin weiß um die Befindlichkeiten und bestehenden Ressentiments der breiten Schichten und nutzt diese eben aus.
Gerne aber von vorne.
hooker hat geschrieben:Die Faschismuskeule wird immer wieder gerne hervorgeholt wenn die Argumente ausgehen
Nein, aber mit der Ankündigung darauf, dass diese kommt, stellt man sich moralisch auf eine höhere Ebene und spielt sich als eigentliches Opfer auf. Leider benennt man nicht, wer denn diese Keule schwingen wird und welche Folgen dies für die verletzliche deutsche Seele haben kann.
hooker hat geschrieben:so mancher verzichtet auch im Voraus auf einen Widerspruch zu bestimmten Themen weil dieses Argument dann auch reflexartig sofort kommt
Was aber erwartet so manch einer, wenn dieser Nazipositionen besetzt? Darf man einen Nazi nun nicht mehr Nazi nennen? Oder sind Rassisten nun keine Rassisten, nur weil sie ihre dumpfen Theorien aufschreiben? Ist das dann schon die Moralkeule (welche dann auch immer)? Wobei man hier ja mit Argumenten kommt - jedenfalls kann man ja bemängeln, wenn hier jemand genetische Defekte ausgemacht hat, weshalb bestimmte Menschengruppen schlicht nicht anzupassen sind. Diese Kritiker argumentieren gegen die Dummheit nicht mit Moral.
hooker hat geschrieben:es das Totschlagsargument schlechthin ist
Quatsch! Ein Totschlagargument ist es, immer von einer moralischen Keule zu sprechen, wenn Kritik aufkommt. Auch noch die Frage offen lassend, wer denn hier schwingt: M7, CIA, BND oder doch der Mossad? Vielleicht die Rothschilds? Es muss aber einen imaginären Feind geben, der hier offenbar die Mehrheit in der Bevölkerung stellt.
hooker hat geschrieben:Das ist für mich auch die Faschismuskeule in Reinform.
Wenn schon, dann die Ausschwitzkeule. Aber hier schwingt doch immer mit, dass schon ein bisschen was dran gewesen sein muss. Wo siehst Du hier den Fehler bzw. die Ungereimtheit? Was ist hier die Keule, wenn ich die Frage voranstelle, woher die Keule kommen soll und wann in der Geschichte der BRD die Moral ein Argument hinsichtlich Schuldeingeständnis e ein Maßstab war?
Natürlich kannst du jeden einen Nazi nennen wenn er es auch verdient. Das ist für mich eigentlich der springende Punkt, jemand der den Holocaust leugnet ist für mich auch revanchistisch und kann Nazi genannt werden, warum werden aber bei Gelöbnissen von jungen Rekruten auch Nazirufe skandiert? Das sind Sachen die ich persönlich nicht begreife, für andere aber völlig normal sind. Ich verstehe es einfach nicht dass die Deutsche Geschichte auf zwölf Jahre Hitlerdeutschland reduziert wird.
Zurück zur Nazikeule, denke doch mal an unseren Bundespräsidenten Wulff als er sinngemäß sagte dass die Bundesbank was tun kann damit Sarrazin Deutschland nicht schaden kann, auch international. Für mich eine klare Aufforderung zu Sanktionen und die Angst vor internationalen Konesquenzen, wenn auch gerade noch einigermaßen diplomatisch ausgredrückt. Der Vizeministerpräsident Pangalos aus Griechenland war da beim Streit um die EU-Hilfen schon etwas dreister als er in einem Interview äußerte dass Deutschland keine Kritik zustehe weil die Nazis tausende Griechen ermordet hatten. Ist das keine keine Nazikeule? Für mich ist diese Angst vor der angeblichen Keule, so wie du deinen Thread genannt hast, überall präsent und überhaupt nicht angeblich.
derpunkt hat geschrieben: Wer sich hier (gerne auch Sarrazin) als mutiger Kämpfer positioniert, der gegen den mutmaßlichen Mainstream der Political Correctness ankämpft und in die Bresche springt und Themen benennt, die man sonst angeblich nicht anschneiden darf, weil angeblich dann die moralische Keule kommt, bereitet doch nur den Weg vor, besonders rücksichtslos drauf hauen zu dürfen. Und dann - als kleiner David der die angeblich in der Minderheit gegen den Mainstream ankämpft - moralisch den anderen überlegen. So eine Form der Selbstinszenierung wird man doch mal anprangern dürfen.hooker hat geschrieben:Das ist für mich auch die Faschismuskeule in Reinform.
Wenn schon, dann die Ausschwitzkeule. Aber hier schwingt doch immer mit, dass schon ein bisschen was dran gewesen sein muss. Wo siehst Du hier den Fehler bzw. die Ungereimtheit? Was ist hier die Keule, wenn ich die Frage voranstelle, woher die Keule kommen soll und wann in der Geschichte der BRD die Moral ein Argument hinsichtlich Schuldeingeständnis e ein Maßstab war?
Weil kein Mensch in diesem Zusammenhang von den Juden geredet hat und dieser Schlusssatz absolut unpassend war.
Ich muss aber noch einmal direkt nachfragen, meinst du mich persönlich mit der Selbstinszenierung die du anprangern möchtest? Wenn ja muss ich dir sagen dass ich nur manchmal in meinem Rechtsbewusstsein empfindlich gestört werde und dass dieses nichts mit David und einer Bresche zu tun hat. Auf Grund der regen Beteiligung in diesem Thread vermute ich auch einmal dass den Meisten es relativ gleichgültig ist wie wir uns hier gegenseitig positionieren oder dass sie auch einfach nichts zum Thema sagen wollen. Warum nur?
hooker hat geschrieben:warum werden aber bei Gelöbnissen von jungen Rekruten auch Nazirufe skandiert?
Ein Grund könnte ja sein, dass sich (zumindest die älteren Gegner der dt. Militarisierung) an den Schwur von Buchenwald erinnern. Oder eben das Verbot der Wiederbewaffnung im Hinterkopf hatten (der Kampf gegen die erneute Bewaffnung hat z.B. Philipp Müller das Leben gekostet - als er dagegen protestierte und von der Polizei erschossen wurde), welches für Deutschland gegolten hätte. Allein die Tatsache des kalten Krieges hat ja eine erneute Armee im eigentlichen Sinne ermöglicht. Dann kann ein Grund sein, dass die Bundeswehr offen die Nachfolge der Reichswehr angetreten ist und auch hier keine Verbrechen der Wehrmacht sieht. Ebenso ein Grund könnte sein, dass das Erbe der Nazis nicht abgelegt wird und man beharrlich Kasernen weiter nach Größen des Dritten Reichst benennt. Also in dem Fall gibt es schon eine Menge Gründe. Und wirklich nur wenige sind konstruiert!
hooker hat geschrieben:was tun kann damit Sarrazin Deutschland nicht schaden kann, auch international. Für mich eine klare Aufforderung zu Sanktionen und die Angst vor internationalen Konsequenzen
Hier war der Politiker Wulff wirklich nur daran interessiert, dass einer, der offen rassistische Thesen zum Besten gibt, dem Ansehen der BRD schadet. Am Rassismus selbst hat er sich offenbar nicht gestört. Aber was dies jetzt mit einer speziellen Keule zu tun hat, die sich gegen die BRD richten könnte, ist mir nicht klar. Ich will mal vorsichtig sagen, dass ein hoher Repräsentant einer international agierenden, stattlichen Organisation in den USA mit einer solchen Äußerung gar keine Diskussion entfacht hätte. Der wäre fraglos gegangen worden!
hooker hat geschrieben:als er in einem Interview äußerte dass Deutschland keine Kritik zustehe weil die Nazis tausende Griechen ermordet hatten
Hier wird aber ein wenig was aus dem Zusammenhang gerissen. Denn in so einem Fall steht der konkrete Tatbestand im Raum, dass Deutschland sich beharrlich weigert, die Verbrechen aufzuarbeiten bzw. einzustehen. Früher wurde auf den fehlenden Friedensvertrag verwiesen. Jetzt wird die Zuständigkeit verneint. Man denke nur an die Prozesse in Italien - übrigens hat man hier aus Rücksicht auf Deutschland politisch zu Ungunsten der griechischen Kläger Druck ausgeübt, die berechtigten Forderungen abzuweisen. Hier sehe ich keine Keule! Moralische Skrupel haben die deutschen Vertreter jedenfalls keine.
hooker hat geschrieben:meinst du mich persönlich mit der Selbstinszenierung die du anprangern möchtest?
Nein, denn das hätte ich explizit geschrieben. Viel mehr meine ich die Möllemanns (OK, über Tote nur Gutes ...) oder Walsers (der bewiesen hat, wie wenig allein er steht, als er sich gegen Bubis positioniert hatte) oder auch Sarrazins. Die betreiben hier eine Selbstinszenierung, indem sie so tun, als ob sie ein Tabu brechen würden und eben mutig nach vorne stürmen.
Das ist alles eine persönliche Ansichtssache. Ich finde nichts dabei dass man vor 60 Jahren auf alte Dienstvorschriften und Kader zurückgegriffen hat um eine funktionierende Armee oder einen funktionierenden Staat aufzubauen, auch die Traditionspflege auf rechtsstaatlicher Basis finde ich ganz gut. Das es manche anders sehen, bitteschön. So wie du deine Gründe aufführst habe ich auch meine die mich dazu bewegen irgendetwas gut zu finden oder zu verurteilen.
Über Tote nur Gutes, aber Möllemann war wirklich ein Schaumschläger der sogar noch seinen Tod zur Ein-Mann-Show machen musste.
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