Ego-Shooter mit virtuellem Schießbefehl (DDR)
Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten, hier bin ich mir aber selber noch ein bisschen im Unklaren wie ich das finden soll. Es gibt ein neues Computerspiel welches 1378 (km) heißt und von der ehemaligen innerdeutschen Grenze handelt. Dabei geht es auch um Schüsse als virtueller Grenzsoldat auf Republikflüchtige oder man ist selber Grenzverletzer und rennt um sein Leben.
Was sich so makaber anhört ist es eigentlich auch. Die Erfinder des Spiel wollen damit spielend Geschichte vermitteln, ich tendiere eher dazu es von der Beschreibung her als geschmacklos zu empfinden. Ich habe mir das Spiel noch nicht heruntergeladen, werde das aber noch tun um mir eine eigene Meinung zu bilden. Das Thema ist ziemlich sensibel, deshalb wurden für Jugendliche die die DDR nur noch vom Hörensagen kennen auch noch Infotexte eingebaut. Ob die wirklich hilfreich sind wage ich zu bezweifeln wenn ich in dem Spielbericht gleichzeitig solche Dinge lesen kann dass das Opfer mit fünf Schüssen in den Rücken niedergestreckt wird. Um die Sache ein bisschen zu entschärfen wurden auch Mechanismen eingebaut, beispielsweise die das Töten durch die Grenzsoldaten aus Gewissensgründen verhindern.
Ansonsten soll alles dabei sein, Stacheldraht, Minen, Selbstschussanlagen- realistische Grenzanlagen also. Als Flüchtling muss man versuchen diese Anlagen zu überwinden, die Grenzsoldaten müssen das notfalls mit Waffengewalt verhindern. Wer zu viele Leute abschießt bekommt Orden und wird befördert, die Strafe folgt aber später zu den Mauerschützenprozessen. Das Spiel wurde als Serious Games eingestuft, also muss es sich um ein ernsthaftes Spiel handeln welches nicht nur Zeitvertreib ist sondern auch Wissen vermittelt. Der Macher hat übrigens auch schon ein ähnliches Spiel entwickelt welches „Frontiers, an der Grenze“ heißt. Wer möchte kann es sich ab dem 3. Oktober kostenlos dieses Spiel von der Seite 1378km.de downloaden.
Unter „Der Schießbefehl an der ehem. innerdeutschen Grenze“ habe ich noch ein paar Informationen zum Thema aufgeführt.
Ich bin erstmal ziemlich baff, dass es tatsächlich Entwickler (in diesem Fall ein Student) gibt, die sich seriös an dieses Thema heranwagen und das dabei ein Spiel herauskommt, dass auch noch erlaubt wird. Ich habe das Thema grad in den Nachrichten aufgegriffen und wollte auch einen Thread dazu eröffnen.
Sicher sind Dinge in das Spiel eingebaut, die zum Nachdenken anregen. So wird man nach einer bis zu drei Tötungen (Zufallswert) in den angesprochenen Gerichtssaal teleportiert. Es soll auch möglich sein untereinander Kontakt aufzunehmen (Online-Spiel) und vom Grenzsoldaten zu den Flüchtlingen zu wechseln.
Allerdings gibt es da auch die Gegenmeinung, die vor allem von den Opferverbänden vertreten wird; was ja auch logisch ist. Die laufenden Bilder des Gameplay liefen grad auch in den Nachrichten und - was soll man sagen - es gibt Selbstschussanlagen an Zäunen und man kann die flüchtenden Menschen ordentlich über den Haufen ballern. Schon ganz schön heftig.
Fazit: Das Spiel hat eine ordentliche Botschaft und ist nicht allzu gewaltätig. Auf der anderen Seite muss man aber beachten, dass der historische Hintergrund in diesem Fall ein extrem empfindlicher ist. Da man meiner Meinung nach auch keine neuen Lehren für die Zukunft daraus ziehen kann (es ist allgemein bekannt, dass das was damals an der Grenze lief ganz und gar nicht in Ordnung war), ist es -bei allem Respekt vor den Anstrengungen und dem Mut des Entwicklers - ein Spiel das nichts auf den Computern der Gamer verloren hat. Ich denke aber trotzdem, dass die Neugier bei vielen siegen wird und sie sich das Spiel zulegen werden.
Ich bin mir bei diesem Spiel auch nicht so sicher, wie ich es finden soll.
In Ego-Perspektive einen Mauerflüchtling zu spielen, fände ich weniger kritisch. So seltsam das für Menschen, die mit Spielen nicht so vertraut sind, möglicherweise klingen mag, so denke ich schon, dass es nicht schädlich wäre, wenn man eine Figur spielen sollte, die über den Mauerstreifen flieht und dabei Hindernisse und Schützen umgeht. Man kann sich darüber streiten, ob das ernsthaft genug wäre, aber ich denke, wenn man es mit korrekten historischen Informationen spicken würde, ginge das schon. Vielleicht würde es immerhin das Interesse jüngerer Menschen an der Geschichte des Mauerbaus wecken.
Was mir aber nicht so gut gefällt, ist, dass man auch einen Schützen spielen kann. Ich denke, viele jüngere Spieler würden es einfach nur als Spiel betrachten und dann eben die Flüchtlinge abschießen, und sich weiter keine Gedanken machen. Einen Lerneffekt hätte das dann nicht und ob es in einem Spiel vertretbar ist, auf sich nicht wehrende menschliche Ziele zu schießen, darüber kann man sich auch streiten. In diversen Ego-Shootern schießt man normalerweise ja auch nicht auf Wehrlose, sondern im Prinzip nur auf virtuelle Gegner, die einen ebenfalls angreifen.
Andererseits müsste man sich fragen, was an diesem historischen Szenario kritischer ist, als an diversen anderen Spielen mit mehr oder minder korrektem historischem Hintergrund. Wie viele US-amerikanische Filme und Spiele gibt es, wo amerikanische Soldaten heldenhaft Horden an "Nazis" abschießen? Ob das geschmackvoller ist, ist auch eine subjektive Ansicht. Also für mich ist das Szenerio an sich nicht das Kritische an der ganzen Sache, sondern, dass man in dem Spiel auf Unbewaffnete, die sich auch nicht verteidigen können, schießt. Aber das ist auch eine rein persönliche, subjektive, Empfindung.
Was ich übrigens sehr spannend fände, wäre kein Ego-Shooter mit Mauerthematik, sondern ein klassisches Point-and-Click-Adventure. Ein Spiel, in dem man die Flucht in den Westen durch irgendwelche Rätsel und Dialoge bewerkstelligt, wie eben in klassischen Adventure-Spielen üblich, wäre wirklich interessant. Da ließen sich auch mehr historische Informationen einbauen und der Spieler wäre gezwungen, die Texte zum Weiterkommen im Spiel zu lesen. Ich denke, da hätte es einen größeren Lernerfolg gegeben.
Wobei Shooter bei Jugendlichen natürlich beliebter sind, als Adventures, mit denen man zumindest Casual-Action-Gamer nicht erreichen kann. In der Hinsicht war es natürlich sinnvoll, einen Shooter zu programmieren und kein anderes Spiel-Genre. Ich hoffe, dass dennoch jemand irgendwann einmal die Adventure-Idee aufgreift.
Die öffentliche Kritik der letzten Tage bzgl. des Spiels hat hier offensichtlich gewirkt und eine geplante öffentliche Präsentation des Spiels an der Hochschule für Gestaltung am Tag der dt. Einheit abgesagt wurde. Rechtlich ist wohl aber nichts zu beanstanden, sonst hätte z.B. die Landesmedienanstalt Baden-Württemberg, welche das Spiel hinsichtlich des Jugendschutzes hat prüfen wollen, entsprechende Bedenken öffentlich gemacht.
Persönlich würde ich nicht so viel Wind um das Spiel machen. Aber die Intention, nämlich das Thema Todesstreifen und Republikflucht einer breiten Masse näher zu bringen, dürfte nicht erfüllt werden können. Dazu eignet sich wohl das Spiel in der Form einfach nicht. Aber um das abschließend zu beurteilen, bin ich zu wenig Pädagoge.
derpunkt hat geschrieben:Persönlich würde ich nicht so viel Wind um das Spiel machen. Aber die Intention, nämlich das Thema Todesstreifen und Republikflucht einer breiten Masse näher zu bringen, dürfte nicht erfüllt werden können. Dazu eignet sich wohl das Spiel in der Form einfach nicht.
Richtig, denn das soll es auch gar nicht. Es geht darum, wie auch bei anderen Spielen, die sich z. B. mit der aktuellen Problematik der Migration in Europa befassen (Grenze Spanien / Marokko) und ähnlich funktionieren (Eine Seite spielt Grenzer, die andere Immigranten, die "rüberwollen" nach Europa), das allen zugänglich und nachfühlbar zu machen, sondern es richtet sich konkret an Jugendliche und junge Erwachsene - also jene, die vor allem viel am PC spielen.
Die meisten der unter 30jährigen beziehen ihre Informationen heute aus dem Internet und/oder nutzen vor allem Spiele. Mit einem Shooter dieser Art möchte man sie erreichen, nachdem das Genre sich soweit entwickelt hat, dass dies auch schon (natürlich nicht so extrem) in kommerziellen Spielen Eingang gefunden hat (gutes / schlechtes Verhalten). Und natürlich auch, da das politische Desinteresse und das Desinteresse gegenüber solchen Themen allgemein sehr groß ist.
Ich würde einmal direkt sagen, dass es den meisten Spielern gar nicht um den geschichtlichen Hintergrund gehen wird sondern nur um den Spielspass. Das Spiel habe ich noch nicht getestet, aber das Video macht eigentlich einen gelungenen Eindruck. Lasst den Leuten einfach ihren Spielspass, denn es gibt über das Thema des Spiels schon mehr als genug falsche Informationen. Schließlich gibt es ja auch genügend andere Spiele mit einen geschichtlichen Hintergrund.
Ich hatte ja schon geschrieben dass die ursprünglich für den 3. Oktober geplante Veröffentlichung dieses Spiels sich auf Grund vieler Einwände und Beschwerden verzögert hatte. Nun ist dieser Termin neu angesetzt wurden, das Spiel wird am Freitag den 10. November freigegeben.
Allerdings ist die Kritik nicht leiser geworden, der Stasi-Experte und Leiter der Stasiopfergedenkstätte in Berlin H. Knabe spricht von einer Verhöhnung der Opfer und appeliert an den Respekt vor den Toten.
Ich persönlich werde dieses Spiel nicht anfassen.Das man es in Deutschland kaufen kann glaube ich nicht,das wird bestimmt auf die schwarze Liste indiziert.Aber es gibt noch viel brutalere und unsinnige Spiel, welche in Deutschland zensiert oder gesperrt werden.Wenn ich sowas höre, fällt mir spontan Wolfenstein (Nazi-Shooter) ein, welches ich vom Gameplay her ganz gut finde, aber was vor allem bei dem deutschen Hintergrund als unnötig erscheint.
MfG L. Regner
Death-Killaz hat geschrieben:Das man es in Deutschland kaufen kann glaube ich nicht,das wird bestimmt auf die schwarze Liste indiziert.
Zum einen ist das Spiel ja bereits geprüft und unterliegt den gleichen Bestimmungen wie auch z.B. "Call of Duty" oder ähnliche Spiele. Eine Jugendgefährdung oder ein Verstoß gegen entsprechende Richtlinien oder Gesetzt ist also aus der Sicht nicht zu erwarten. Auch deutet wirklich gar nichts darauf hin, dass es einen Anlass gäbe, das Spiel auf einen Index zu setzen.
Zu kaufen ist das Ganze aber immer noch nicht! Denn es wurde als nichtkommerzielles Spiel von einem Studenten der "Karlsruher Hochschule für Gestaltung" entwickelt und wird zum freien Herunterladen bereitgestellt. Man kann sich unter der Webadresse hier das Spiel herunterladen oder sich die Intention zum Spiel durchlesen.
Ich selbst würde das Spiel zwar auch weniger gutheißen. Wohl aber aus anderen Gründen, als dies überwiegend gemacht wird. Hier wird das Thema zu sehr aus der "Siegerperspektive" behandelt, ohne zu berücksichtigen, welches Ereignis welche Folgen hatte.
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