Das Studium zum professionellen Musiker - Wann noch möglich?

vom 29.09.2010, 06:08 Uhr

Hallo!

Ich habe in meinem Bekanntenkreis eine sehr gute Freundin, die aber hart mit ihrem Berufswunsch zu kämpfen hat. Genau wie ich, macht sie gerade ihr Abitur und möchte danach studieren. Ich selbst werde Musik studieren, da das schon immer mein Wunsch war und auch sie möchte Musik studieren. Leider ist das in ihrem Fall nicht möglich und darunter leidet sie jetzt schon seit Jahren. Grund dafür ist einfach, dass sie erst spät angefangen hat, ein Instrument zu spielen.

Um ein Musikstudium zu beginnen, muss man mindestens vier Jahre lang gespielt haben, aber das ist wirklich das Minimum und Leute, die so in das Studium einsteigen, konzentrieren sich im Regelfall auf die Musikpädagogik, wollen also Musiklehrer werden. Meine Freundin hingegen möchte das auf gar keinen Fall, ihr Ziel ist es Konzertmusiker in einem professionellen Orchester zu werden, was auch mein Ziel ist. Normalerweise spielen solche Mensch schon von klein auf ein Instrument und fangen mit dem zweiten auch nicht über 8 Jahre an. Das zweite Instrument, also das harmonische, fehlt meiner Freundin ganz. Sie müsste also theoretisch viel Übung auf dem Cello nachholen und mindestens mittelmäßig gut Klavier spielen können um ein Studium zu beginnen. Auch in musiktheoretischen Sachen gäbe es einiges nachzuholen, was bei ihr aber sicher nicht das Problem wäre, das sie schnell lernt.

Nun hat sich sich vor einigen Monaten eine Art Plan zurechtgelegt, um besser damit leben zu können. Sie möchte erstmal das studieren, was sie sonst noch studieren wollte und nachdem sie in den Beruf eingestiegen ist, wird sie anfangen Musik zu studieren. Für mich klang das sehr vernünftig, da sie so genug Zeit hätte das fehlende Können aufzuholen und trotzdem nicht untätig wäre. Außerdem würde sie ja auch Geld verdienen und das würde ihr weiterhelfen, da genau das im Moment das Problem in der Familie ist. Die Eltern können ihr den Cellounterricht schon kaum finanzieren und ein zusätzlicher Klavierunterricht käme da gar nicht in Frage. Im Beruf könnte sie sich das selbst finanzieren und dann ins Musikstudium einsteigen.

Kürzlich hat sie aber nun ihre Musiklehrerin darauf angesprochen und diese hatte ihr geantwortet, dass sie mit diesem Weg problemlos noch Musiklehrerin werden könnte, aber niemals in einem professionellen Orchester mit spielen könnte. Dafür hätte sie einfach zu spät angefangen und das wäre nicht mehr nachzuholen. Das das Ziel meiner Freundin nun aber der Beruf als Orchestermusiker war, kann sie damit nichts anfangen. Ein Laienorchester kommt für sie gar nicht in Frage, da es schließlich erstens nicht beruflich ist und zweitens eben was ganz anderes ist, als die Philharmonie.

Meine Freundin leidet seitdem sichtlich unter dieser Antwort. Für sei war das spätere Studium ein Ziel. auf das sie hin gearbeitet hat und das ihr Hoffnung gegeben hat, später doch etwas zu machen, was sie wirklich will. Und nun hat sich das eigentlich schon fast erledigt. Seit einiger Zeit merke ich nun auch, wie sie zu mir auf Abstand geht, scheinbar weil sie es einfach nicht ertragen kann, dass mir dieser Wunsch vergönnt ist und ihr nicht. Mir tut das sehr Leid und ich würde ihr gerne helfen, wenn ich nur wüsste wie. Und mein erster Ansatzpunkt wäre nun der, nachzuprüfen, ob es wirklich stimmt, dass man mit einem späteren Studium kein professioneller Musiker mehr werden kann. An sich muss die Musiklehrerin da schon Bescheid wissen, aber man weiß ja nie.

Gibt es unter euch Berufsmusiker oder andere, die sich damit auskennen? Wo sonst könnte ich mich darüber informieren. Auf den Websites der Musikhochschulen habe ich bislang leider nichts finden können.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Also ich habe zwar einen befreundeten Musiker, der aber leider noch nicht so weit ist, sodass es nicht viel bringen würde, ihn zu fragen. Aber was mir dazu einfällt, ist einfach mal bei verschiedenen Orchestern anzufragen, ob man das wirklich so generell sagen kann. Wenn Du gleich mehrere anschreibst, wird sich ja vielleicht ein oder zwei Personen melden, und Dich darüber informieren, wie es denn so ausschaut. Ich denke aber, dass es immer mal Ausnahmen gibt, wenn man wirklich total gut in einer Sache ist. Es wäre Dir und deiner Freundin ja auch zu wünschen.

» ygil » Beiträge: 2551 » Talkpoints: 37,52 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Zunächst die wohl gute Nachricht für Deine Freundin. Wirklich zu spät sollte es nicht sein, den von ihr favorisierten Weg einzuschlagen. Natürlich hat sich ganz klar mit Nachteilen zu kämpfen. Und dies wird über die Zeit nicht leichter werden. Aber deshalb muss sie nicht resignieren oder verzagen. Wenn sie sich selbst diesen Weg ausgesucht hat, dann sollte sie auch dafür arbeiten, ihn zu bestreiten.

Wenn es ihr dann auch wichtig ist, zeitlich nicht zu sehr nach hinten zu rutschen, könnte sie auch eine Ausbildung beginnen, statt eines Verlegenheitsstudiums! Schließlich kostet so ein Studium, will sie es denn erfolgreich beenden, u.U. auch recht viel Kraft und Energie. Mit einer gewöhnlichen Ausbildung im Bereich Musik hingegen, könnte sie vermutlich mehr Zeit ihrem Hobby widmen und sich entsprechend ihres Plans vorbereiten.

Die schlechte Nachricht ist dann aber vielleicht noch nicht mal wirklich schlecht! Im Moment glaube ich nämlich, dass ein Grund des Verzweifelnd darin zu sehen ist, dass ihr beide im Moment die Ansicht vertretet, dass einem nach einem Musikstudium nur zwei Wege offen stehen. Orchestermusiker oder Musiklehrer! Aber wenn ihr euch das selbst mal vor Augen führt, dann sollte doch klar werden, dass das doch recht kurz gegriffen ist und wohl kaum der Realität entspricht. Damit meine ich als weitere Alternative nicht den Klassiker des Taxifahrers (oder in dem Fall der Taxifahrerin). Denn je nach Interessenslage (welche sich im Laufe der Zeit auch verändert), der Stärken und vor allem der Möglichkeiten und Gelegenheiten, gibt es sicher unzählige andere Einsatzmöglichkeiten, die einer danach einschlagen kann. Deshalb ist es nicht entscheidend, was die Musiklehrerin (die auch recht kurz gedacht hat) hierzu gesagt hat oder aber ob es wirklich so ist, dass man mit der Biographie gar keine Chance mehr hat, in einem professionellen Orchester zu spielen.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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