Haftbefehl: Landesweit oder EU-weit?

vom 28.09.2010, 14:43 Uhr

Herr B wohnt in Österreich und hat schon länger massive finanzielle Schwierigkeiten. Die genauen Details kenne ich nicht, jedoch geht es in Richtung Steuerbetrug, extrem hohe Schulden, nimmt Gerichtsbeschlüsse diesbezüglich nicht wahr und so weiter. Die Polizei war auch schon des öfteren am Wohnort, dort wurde jedoch einfach nie geöffnet.

Die Situation hat sich scheinbar stark zugespitzt, was auch anzunehmen war. Scheinbar dürfte es immer schwerer werden, die Polizei vor der Haustür abzuwimmeln um es einmal vorsichtig auszudrücken und so hat Herr B kurzerhand beschlossen von heute auf morgen nach Deutschland zu ziehen, um nicht zu sagen zu flüchten.

Nun frage ich mich, ob er rein theoretisch mit diesen Straftaten auch außerhalb Österreichs, also eben in Deutschland, verfolgt werden kann, wenn es zum Beispiel einen Haftbefehl gegen ihn gibt? Gilt so ein Haftbefehl generell Landesweit oder EU oder gar weltweit? Oder ist das abhängig von der Art der Straftat?

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Hallo tournesol,

es gibt wohl beide, den landesweiten und den europaweiten Haftbefehl. Deutschland und Österreich haben ein Rechtshilfeabkommen, allerdings bedeutet das nicht zwangsläufig, dass Herr B. auch jenseits der Grenze Schwierigkeiten bekommen muss. Deutschland wird Herrn B. voraussichtlich nicht nach Österreich abschieben und somit wieder ins Einzugsgebiet der dortigen Polizei bringen solange Herr B. nur per landesweitem Haftbefehl gesucht wird und er sich in Deutschland nichts zu Schulden kommen lässt.

Nichtsdestotrotz hat die österreichische Polizei die Möglichkeit den Haftbefehl auch jenseits der Landesgrenze vollstrecken zu lassen. Eine ganz entscheidende Rolle spielt dabei, was genau Herr B. sich zu Schulden hat kommen lassen. Handelt es sich um ein kleines Delikt wie Ladendiebstahl (was hier zwar nicht anzunehmen ist, aber zur Veranschaulichung dienen soll) wird Herr B. unbehelligt in Deutschland leben können. Fällt sein Delikt jedoch unter das bilaterale Abkommen (bei einem Mord wäre das Beispielsweise der Fall) ist ihm die Abschiebung so gut wie sicher.

Wie es sich nur bei Steuervergehen verhält kann ich leider nicht sagen. Obwohl der Staat Steuerhinterziehung teils härter bestraft als beispielsweise schwere Körperverletzung gehe ich davon aus, dass ein solches Delikt eher nicht unter das bilaterale Abkommen fällt. Bleibt Herrn B. nur zu wünschen, dass er sich in Deutschland etwas feiner verhält als im eigenen Land, sonst wird er bald die Koffer packen müssen.

Grundsätzlich gilt ein Haftbefehl also zunächst einmal landesweit, kann je nach Vergehen jedoch ausgeweitet werden. Ein Beispiel für einen weltweiten Haftbefehl wäre die Verhaftung von Roman Polanski im vergangenen Jahr. Der Haftbefehl, der von der Schweiz vollstreckt wurde geht auf das Jahr 1977 zurück und wurde in Amerika ausgestellt. Grund war – zur Verdeutlichung der Unterschiede - dass Herr Polanski offensichtlich vor 31 Jahren in der Villa eines Schauspielers eine 13 Jährige durch Verabreichung von Drogen und Alkohol gefügig gemacht und sie anschließend zum Sex gezwungen hatte.

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» ichwars » Beiträge: 562 » Talkpoints: 3,76 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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