Die Erhöhung von Hartz 4 ist Unsinn

vom 26.09.2010, 17:08 Uhr

Ich halte es für relativ sinnlos, über irgendwelche Zahlen - wie z.B. 5 Euro - zu diskutieren und zu fragen, ob dies eine angemessene Erhöhung ist oder nicht.

Viel gravierender finde ich, dass sich offenbar noch niemand die Mühe gemacht hat, mal festzustellen, wieviel ein Single-Haushalt beispielsweise an Strom verbraucht oder ob mietbare Wohnungen zu einem Preis, wie er dem Sozialhilfeträger bzw. der ARGE vorschwebt, überhaupt auf dem Markt verüfgbar sind. Hier wird doch abstrakt von Pauschalen für Wohnung und Stromkosten ausgegangen, ohne dass diese Werte zur Realität in Bezug gesetzt werden. Gerechtigkeit und Fairness lässt sich nicht an absoluten Zahlen fest machen.

Dass es Leute gibt, die wenig in die Sozialkassen gezahlt haben oder die auf die, die arbeiten gehen, fast herabsehen, ist unbestritten. Andererseits muss das Grundrecht auf Leben und eine menschenwürdige Existenz nicht unbedingt durch Wohlverhalten verdient werden. Kürzungen der Sozialhilfesätze bei Verletzung von Mitwirkungspflichten sind oft genug verfassungswidrig.

» RopiusK » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Midgaardslang am 29.09.2010, 11:41, insgesamt 2-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


@Little Sister
Ich habe ja auch nicht geschrieben, dass jeder Arbeitslose einen Job erhält. Greifswald ist nicht Deutschland sondern Mecklenburg Vorpommern. Und hier hat sich der Arbeitsmarkt sehr verbessert in den letzten Jahren. In anderen Bundesländern weiß ich es leider nicht, ob es dort Verbesserungen gegeben hat.

Greifswald ist eines von vielen Beispielen in Mecklenburg Vorpommern. Gute Landespolitik und die Ansiedlung neuer zukunftsorientierter Unternehmen haben es möglich gemacht. Also geht es doch. Man kann aber auch nicht behaupten, dass es überall nicht genügend versicherungspflichtige Jobs gibt.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Der große Wurf ist es sicherlich nicht. Es sollte etwas für die Hartz4-Empfänger verbessert werden und das hat man jetzt getan. Die erzielten 5 Euro sind jetzt sicherlich nicht viel, da haben die Harz4-Empfänger bestimmt mehr erwartet. Dennoch ist es am Jahresende eine große Summe. Die Kassen sind leer und somit wird so wenig wird möglich gezahlt und so viel wie möglich aus der bestehenden Zusammensetzung des Regelsatzes gestrichen. Darunter sind ja wohl die Zahlungen für Alkohol und Zigaretten, die gestrichen wurden.

Die ganze Sache ist immer für irgendjemanden ungerecht. Diejenigen, die viel mehr Geld erhofft haben, fühlen sich ungerecht behandelt, die Rentner, die mit Nullrunden leben müssen, sagen natürlich auch, dass auch sie mehr Geld haben wollen und diejenigen, die arbeiten gehen, wollen auch, dass sich Arbeit lohnt. Viele sagen, dass sich die 8 Stunden Arbeit nicht mehr lohnt, wenn man sieht, was andere für das Nichtstun bekommen. Egal wie man es dreht und wendet, man wird es nie allen Rechtmachen können.

» urilemmi » Beiträge: 2263 » Talkpoints: 7,31 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Greifswald ist da kein Einzelbeispiel und selbst Mecklenburg-Vorpommern nicht. Das es schlichtweg zu wenig geeignete Bewerber gibt und das seit Jahren ist auch ein Grund warum die Zeitarbeit so einen Zuwachs hat. Denn wenn ich als Personaler die Wahl habe, mich durch Bewerbungsunterlagen, entsprechende Gespräche und den Verwaltungsaufwand einer Einstellung zu quälen oder einfach mal einen Anruf bei einer Zeitarbeitsfirma zu tätigen. Welchen Weg nimmt man dann?

Und da beißt sich dann wieder die Katze in den Schwanz. Die großen Firmen, welche fast allen bekannt sind, sind auch die Ausbeuter in dieser Branche mit Stundenlöhnen unter 8 Euro für Fachkräfte. Also ist eine ganze Branche verpönt, obwohl es dort ausreichend Firmen gibt, die entsprechend gut belohnen. Und genau diese suchen seit Jahren händeringend Fachkräfte.

Und das durch die Empfänger von Hartz IV Leistungen die Kaufkraft sinkt, wage ich auch noch zu bezweifeln. Denn ich sehe es regelmäßig, wie da mit Geld umgegangen wird. Was da für ein Wochenende eingekauft wird, reicht bei mir die ganze Woche mit drei Personen.

Bevor da nun jemand meint, die gehen vielleicht nur einmal die Woche. Ist nicht an dem. Diese Leute gehen öfter einkaufen als ich. Und sind dann noch zu faul ihren Kindern zu Hause Schulbrote zu machen. Beim täglichen zur Schule bringen, mit dem Auto für 500 Meter, wird dann noch beim Bäcker für das Frühstück der Kinder halt gemacht.

Sicherlich wird das nicht von allen so gemacht. Aber man kennt die Leute aus seinem Umfeld, welche Hartz IV beziehen und sieht wie der Großteil von ihnen das Geld nur so mit vollen Händen ausgibt.

Was die Nullrunden bei den Rentnern angeht. LittleSister wie lange bekommst du jetzt Rente? So viele Jahre sind das nicht. Mein Schwiegervater hatte Erwerbungsfähigkeitsrente seit 1995 und hatte da weniger Erhöhungen als Nullrunden drin.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich kann da Punktedieb nur beipflichten, denn ich kenne auch eine Reihe von HartzIV Empfänger, die ihr Geld ihr Geld mit vollen Händen ausgeben und sich Dinge leisten können, die ich mir mit meiner Rente nicht leisten kann und bei der Rente gab es in den letzten Jahren immer wieder Nullrunden. Nächstes Jahr gibt es eine Erhöhung von 0,75% und da kann man es sich ja ausrechnen, wenn man eine kleine Rente bekommt, das es noch nicht einmal 5 Euro sein werden.

Was die Lage auf dem Arbeitsmarkt betrifft, hat es sich hier bei uns im Raum auch wesentlich verbessert, auch wenn es sicherlich auch dann nicht für jeden etwas gibt, aber es sollte doch das Ziel sein, das die HartzIV Empfänger wieder an die Arbeit gebracht werden und nicht, das sie sich mit den HartzIV Leistungen ein schönes Leben machen. Wenn ich daran denke, das die Sozialhilfe in DM Zeiten um die 300DM waren und damit kam man gut zurecht, habe ich selber eine zeit lang bezogen, aber nur ein paar Monate, denn mein Ziel war es davon weg zu kommen.

» fenasofia » Beiträge: 530 » Talkpoints: 22,49 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Was die Nullrunden bei den Rentnern angeht. LittleSister wie lange bekommst du jetzt Rente? So viele Jahre sind das nicht. Mein Schwiegervater hatte Erwerbungsfähigkeitsrente seit 1995 und hatte da weniger Erhöhungen als Nullrunden drin.

Hier geht es aber um Hartz 4 im speziellen. Und Hartz 4 gibt es seit Januar 2005. Meine erste Rente bekam ich im Jahr 2006. Ich kann also nicht sagen, ob es in dem Jahr eine Rentenerhöhung gab aber nicht. Aber im Jahr 2007, 2008 und auch 2009 gab es eine Erhöhung. Nur dieses Jahr nicht. Sowohl 2008, wie auch 2009 ist der Hartz 4 Satz um 5 Euro erhöht worden. Ich weiß mit Sicherheit, dass meine Rente, die unter dem Hartz 4 Satz liegt, 2009 mehr als 5 Euro gestiegen ist.

Da ja scheinbar alle nur Hartz 4 Bezieher kennen, die mit Geld nur um sich schmeißen, frage ich mich, warum dann noch Hartz 4 bezahlt wird. Ich frage mich, ob es nicht vielleicht sinnvoll wäre, dass man gar keine Sozialleistungen mehr bezahlt. Es scheinen ja genügend Arbeitsplätze vorhanden zu sein. Und diejenigen die nicht arbeiten gehen können oder wollen, scheinen ja eh genügend Geld unter dem Kopfkissen zu haben.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


@Little Sister
Die Jobs sind ja auch vorhanden, denn in Mecklenburg Vorpommern werden massiv Landwirte gesucht. Nur finden sich hier leider keine geeigneten Bewerber. Und auch beim Gastronomiewesen haben wir ähnliche Verhältnisse.

Deshalb ist nicht das Kernproblem die versicherungspflichtigen Jobs. Es muss dem Hartz 4 Empfänger auf praktische Weise verdeutlicht werden, dass man mit dem Geld auskommen kann. Zugegeben bei einigen Posten muss man wirklich genau aufpassen keine Frage, aber in der Gesamtheit ist es allerdings auch machbar.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



LittleSister hat geschrieben:Zur Erhöhung der Hartz 4 Leistungen. Das Problem ist doch eher, dass der Hartz 4 Satz eh scheinbar nicht wirklich Hand und Fuß hat. Es gibt Leute die können davon leben, aber die meisten müssen sich sehr einschränken.

Mal ganz provokant. Deswegen sind es ja auch Arbeitslose, die Gelder vom Staat bekommen. Ohne jetzt Westerwelles Worte gutheißen zu wollen, aber wenn wir davon ausgehen, dass sich niemand, der seine Arbeit verliert und vom Staat leben muss, einschränken muss, dann wären das wirklich Verhältnisse, die man mit "spätrömischer Dekadenz" gleichsetzen muss.

Natürlich soll jeder hier leben können und sich notwendige Sachen leisten können. Anderseits sollte aber auch jeder der arbeitet, mehr Geld in der Tasche haben als jemand der nicht arbeitet. Und ganz ehrlich, ich für meinen Teil sehe das Problem da eher in der zweiten Sache und nicht darin, dass man vom ALG-II Satz nicht leben könnte. Natürlich muss man sich einschränken, aber dass muss sich ein Geringverdienen auch, dass müssen sich viele Studenten auch, dass müssen sich viele Rentner auch. ALG-II soll ja auch vom Grundgedanken her eine Übergangslösung sein und kein Dauerzustand. Denn dann könnten wir gleich ein bedingunsloses Grundeinkommen für jeden einführen.

Mir wäre es lieber, wenn man auf Dinge wie Kindergelderhöhung, ALG-II Satz-Erhöhung und ähnliches verzichtet hätte und dafür lieber das Geld genommen hätte und es in die Bildung, Kinderbetreuung oder den Arbeitsmarkt investiert hätte.

Interessant finde ich dabei auch die Haltung einiger Oppositionspolitiker. So meckert der Gabriel von der SPD ja jetzt darüber rum, dass die 5 Euro viel zu wenig sein und davon keiner wirklich was hat. Aber nur einen Tag früher, regte er sich darüber auf, dass die schwarz-gelbe Koalition das Kindergeld erhöht hätte und davon kein Kind klüger wäre und besser betreut werden würde. Irgendwie doch widersprüchlich. Entweder generell in die Infrastruktur investieren oder eben generell den Leuten das Geld geben und es ihnen überlassen ob sie es in ihre Zukunft investieren.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Sonst wird doch immer gejammert, dass der Satz ja kaum zum Leben reicht und jeder Cent mehr wichtig wäre. Nun sind es immerhin fünf Euro, die pro Monat mehr aufs Konto fließen - aufs Jahr gerechnet ergibt sich damit immerhin ein Betrag von 60 Euro, der zum Beispiel einen Teil der Ausgaben für Geburts- und Weihnachtsgeschenke des Kindes (bei Leuten, die eines haben) oder die Kosten für einen günstigen Sportverein abdeckt. Das ist doch sicher besser als nichts, oder? Wenn die zusätzlichen fünf Euro nicht erwünscht sind, sollte man sie vielleicht direkt wieder streichen.

Da ich mich mit Hartz IV sonst nicht beschäftige, irritiert mich allerdings die genannte Höhe der Bezüge. Vielleicht kann ja hier jemand schnell für Abhilfe sorgen. Irgendwann war doch immer die Rede von 347 Euro, mittlerweile wird ein Wert von 364 Euro genannt. Demzufolge sind die Bezüge ja zwischenzeitlich auch schon mal erhöht worden. Dass die Leistungen an die Inflationsrate angepasst werden, ist verständlich. Darüber hinaus kann man sicher streiten, ob weitere Erhöhungen Sinn machen oder nur neue Steuerverschwendungen darstellen. Abgesehen davon wurde der Posten der Tabak- und Alkoholwaren ja auch gestrichen, was ich absolut richtig finde. Theoretisch fällt die Erhöhung also höher aus (Achtung Milchmädchenrechnung). Mit vernünftiger Planung und angemessenen Ansprüchen sollte man von diesem Geld doch leben können, selbst ohne die fünf Euro.

Insgesamt wäre es mir persönlich auch lieber gewesen, dass man mit dem Geld, das nun zusätzlich für Hartz IV aufgewendet wird, etwas Sinnvolleres angefangen hätte. Gerade im Bereich der Bildung und auf dem ersten Arbeitsmarkt gibt es noch einiges zu tun. Die fünf Euro Erhöhung sind für den einzelnen Leistungsempfänger sicher gut, aber im Großen und Ganzen investiert man weitgehend in ein Fass ohne Boden.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


@LittleSister auch wenn du dich angegriffen fühlst, aber leider ist es nunmal so, das sich genug Leute auf Hartz IV ausruhen. Oder warum brauchen wir sonst jedes Jahr die Erntehelfer aus Osteuropa? Oder warum werden jährlich in den deutschen Touristengebieten händeringend Leute in der Gastronomie gesucht?

Die Frage beantwortet sich doch von selbst. Weil es niemand machen will. Und das trotz Zuschüssen von der Agentur für Arbeit, wenn der Verdienst recht gering ist. Und so lange es noch Leute gibt, die einfach offen sagen, das sie auf einen Job keine Lust haben und das trotz guter Bezahlung und sogar in ihrer Fachrichtung, dann ist der Hartz IV Satz noch zu hoch bzw. werden gesetzliche Möglichkeiten nicht ausreichend durchgesetzt.

Denn Sperren können ja verhängt werden und sind leider das einzigste Druckmittel, was wenigstens bei manchem noch Wirkung zeigt. Wie gesagt, die Arbeitsplätze sind nicht das Problem. Diese sind, wenn auch regional unterschiedlich, vorhanden. Nur dann scheitert es auch am Arbeitswillen und der Flexibilität des Einzelnen. Oder warum kam vor zwei Jahren die Diskussion auf, ob man nicht in manchen Branchen sogar schon die Auszubildenden aus dem Ostblock holt?

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


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