Große Kinder teilen nicht gern mit ihren Geschwistern

Das Klischee mag man kennen, aber bewiesen ist es nun durch französische Forscher: Erstgeborene teilen nicht wirklich gern. Dazu wurde ein Experiment durchgeführt in dessen Verlauf sich herausstellte, dass die ältesten Geschwisterkinder misstrauischer waren und auch seltener teilten als jüngere Geschwisterkinder und sogar die viel kritisierten Einzelkinder.

Wieso das so ist, konnten die Forscher noch nicht sagen. Natürlich existiert aber eine Vermutung: es ist möglich, dass die Kinder damit auf den Verlust der zunächst exklusiven Aufmerksamkeit durch die Eltern reagieren.

Ich finde es sehr verständlich, dass die großen Kinder nicht gerne teilen wollen. Schließlich hatten sie die gesamte Aufmerksamkeit bis zur Geburt des Geschwisterchens für sich ganz alleine und müssen diese Aufmerksamkeit dann schon teilen.

Mein Sohn war 2 Jahre alt, als mein Bauch langsam wuchs und er dann auch wußte, dass ein Baby im Bauch war. Er konnte mit 2 Jahren schon sehr gut sprechen und er meinte dann auch, ob er seine Spielsachen teilen muss und ob er dann morgens nur noch ein halbes Ei bekommt. In den Köpfen der großen Kinder geht sehr viel herum und das müssen sie auch verarbeiten und man sollte mit den großen Kindern dann auch sprechen.

Für die großen Kinder bricht neben der Freude auf das Geschwisterchen auch eine heile Welt zusammen, in der die großen Kinder eben die alleinige Aufmerksamkeit bekamen.

Da geht es nicht nur um die Aufmerksamkeit der Eltern, sondern einfach auch darum, das man als älteres Geschwister in einigen Punkten schlichtweg enteignet wird. Eltern sind chronisch praktisch veranlagt und sagen sich "Die alten Spielsachen braucht das große Kind jetzt ja nicht mehr, die kann der kleine haben" und setzen sich dabei auch mal sehr gerne über Proteste hinweg. Meistens mit dem Argument "Aber damit spielst du doch schon seit Ewigkeiten nicht mehr" - was egal ist, denn für das Kind wird da etwas einfach weggenommen, was eben noch "Meins" war. Danach ist man auf weiteres teilen nicht mehr so wahnsinnig erpicht.

Ich muss zugeben, dass ich dieses Klischeebild durchaus teile. Ich habe einen jüngeren Halbbruder, bin allerdings nicht mit ihm zusammen aufgewachsen. Dennoch bin ich eher jemand, der nicht sein letztes Hemd für jemand anderen geben würde - auch nicht innerhalb der Familie. Es gibt sicher durchaus Momente, in denen ich gerne gebe und vielleicht auch mehr gebe als objektiv betrachtet gut wäre. Dennoch würde ich mich nicht als selbstlos bezeichnen, auch nicht meinem Halbbruder gegenüber. Wenn es mir nicht weh tut, gebe ich gerne. Aber in meiner persönlichen Hierarchie stehe ich durchaus noch vor anderen Menschen - auch wenn das vielleicht für einige Menschen egoistisch klingen mag.

Die Begründung der Forscher für dieses Verhalten finde ich durchaus verständlich, allerdings frage ich mich, warum dann auch Kinder, die zwar Geschwister haben, aber wie Einzelkinder aufgewachsen sind, dieses Verhalten entwickeln. Vielleicht verhält es sich mit Einzelkindern ja auch wie mit den Erstgeborenen.

Das ist ganz normal, wenn die Erstgeborenen schlecht teilen können. Bei mir ist das auch so. Ich habe zwei Söhne und der Zweitgeborene kann besser teilen. Der Große nicht so gut. Das hat mit Sicherheit auch mit Neid zu tun und einfach damit, weil er die Eltern und somit die alleinige Aufmerksamkeit nach und nach verliert.

Wenn ein Geschwisterkind auf die Welt kommt, dann muß man sich natürlich auch um das zweite Kind kümmern. Natürlich habe ich mich trotzdem noch gut um den Großen gekümmert, aber man wird sich immer benachteiligt fühlen als Erstgeborener. Weiß es ja nur zu gut, denn ich und mein Mann sind auch die Großen von unseren Eltern.

Also ich kenne aber genug große Kinder die lieber teilen als die nachfolgenden Geschwister.
Wahrscheinlich liegt das aber auch an den Kindern. Also bei den Geschwistern die ich kenne, sind die großen immer ziemlich einsichtig, z.B. auch wenn es darum geht dass das kleine Geschwister dem großen was wegnimmt.

Hängt aber vielleicht auch mit dem Altersuntschied zusammen, ich persönlich finde das Verhältnis bei Kindern die so 3-4 Jahre auseinander sind immer sehr entspannt.

Soweit mir bekannt ist, hat diese Reaktion des älteren Geschwisters etwas mit dem sog. "Futterneids" zu tun (wird, wenn ich mich recht erinnere auf Freud zurückgeführt?).

Entscheidend dabei ist unbedingt, wie die Eltern dem Erstgeborenen (ist nicht geschlechtsgebunden zu verstehen) die Geschichte mit dem Nachwuchs "verkaufen". Schaffen es die Eltern, das ältere Geschwister davon zu überzeugen, dass es ja schon "groß" ist (je nach Alter natürlich) und ihnen schon ganz toll bei der Versorgung des neuen Geschwisterchens helfen kann. Dann erleben die Älteren den Nachwuchs meist nicht mehr (so sehr) als Konkurrenz, sondern können sich selbst daran narzisstisch aufwerten, d.h. an Selbstwertgefühl gewinnen. Und dann gibt es ihnen i.d.R. eher ein gutes Gefühl, z.b. Spielzeug an ihr Geschisterchen abzugeben oder anfänglich bei der Versorgung mitzuhelfen.

Um dies zu erreichen wird häufig empfohlen, nach der Geburt, dem Erstgeborenen ein Geschenk, von dem Neugeborenen Geschwisterkind zu überreichen. Diese Geste schafft von Beginn an eine ganz andere Ausgangslage. Ist dies nicht der Fall, wie leider noch immer noch viel zu oft/meistens, erlebt das ältere Geschwister nicht nur, dass es plötzlich nicht mehr im Mittelpunkt steht, sondern auch noch, dass dieses kleine Bündel Mensch noch beschenkt wird. Wofür eigentlich? Dafür, dass es sich in sein Leben gedrängt hat und es (möglicherweise) vom Thron verdrängt hat?