Stressige Angehörige in der Pflege

vom 26.09.2010, 09:13 Uhr

Wird einer Eurer angehörigen von professionellen Pflegekräften betreut? Wenn ja, was erwartet Ihr von diesen Pflegekräften und wenn Ihr Eure Erwartungen einmal objektiv betrachtet, wie angemessen sind diese Erwartungen?

Wissenschaftler des Instituts für Arbeitswissenschaft (IAW) haben nämlich in einer Befragung von Altenpflegern heraus gefunden, dass diese sich von den Angehörigen ihrer Schützlinge stärker beansprucht und so auch gestresst fühlen als von den Pflegebedürftigen selbst. Die Angehörigen erwarten nämlich in besonderen Maße sehr viel Freundlichkeit und auch eine hohe Flexibilität von den Pflegekräften. Die Wissenschaftler empfehlen daher schon in der Ausbildung von Pflegekräften, diese stärker für die Begleitung von Angehörigen zu schulen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Die Überschrift ist schon wirklich gut gewählt von dir. Das trifft gut das Feedback, das professionelle Pfleger einem Angehörigen eines Pflegebedürftigen oft vermittelt-nämlich dass man stresst. Ich habe durch die Pflegebedürftigkeit meiner beiden Omas sehr viel Kontakt mit solchen Pflegern in verschiedenen Einrichtungen gemacht und ich glaube, ich bzw. der Rest meiner Familie hat in den Augen der Pflegerauch manchmal schon "gestresst".

Zu deiner Frage, was man als Angehöriger erwartet hat, kann ich nur sagen, dass es grundlegend darum ging /geht, dass die Pfleger ihren Job richtig machen. Das klingt jetzt erst einmal logisch, aber in der Praxis kann es da an vielen Ecken und Enden echt hapern. Die regelmäßige Körperpflege war uns als Angehörige zum Beispiel wichtig, wurde aber manchmal vernachlässigt, so dass wir da schon auf die Pflegekräfte zugegangen sind, die dann auch merklich genervt waren. Ebenso haben wir erwartet, dass auf regelmäßiges trinken geachtet wurde, was auch nicht immer der Fall war.

Im Prinzip ist es ja nachvollziehbar, dass sich Pfleger von Angehörigen eher gestresst fühlen als vom Gepflegten selbst, denn meist sind die Pflegebedürftigen doch sehr genügsam und stellen, wie ich erfahren habe, keine so hohen Ansprüche im Gegensatz zu den Angehörigen, die ihr Familienmitglied natürlich optimal versorgt wissen wollen. Was die Wissenschaftler da herausgefunden haben bei der Befragung, dass Freundlichkeit und Flexibilität eine große Rolle spielen, halte ich jedoch für das Mindeste, was ein Pfleger an Tag legen sollte (gegenüber den Patienten und den Angehörigen gleichermaßen). Ohne das, hat er den Beruf verfehlt. Wenn er/sie sich jedoch durch solche Anforderungen schon gestresst fühlt, dann wundert mich das schon.

Die Idee, die Pflegekräfte dahingehen im Vorfeld zu schulen, finde ich aber wirklich gut. So kann ihnen zum Einen vermittelt werden, wie sie mit den Anforderungen umgehen können und zum Anderen, ein Verständnis für die Ängste und Sorgen zu entwickeln, die Angehörige haben, wenn sie ein Familienmitglied in die Obhut einer anderen Person geben müssen. Ich denke, so eine Schulung kann dazu beitragen, dass schon in einfachen Gesprächen zwischen Pfleger und Angehörigem vieles entschärft werden kann, was wiederum dem eigentlichen Patienten zu Gute kommt.

Benutzeravatar

» Yazz » Beiträge: 1325 » Talkpoints: 10,38 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich habe auch lange Zeit meine Großeltern gepflegt und dies ging zum Schluss auch nicht mehr ohne einen Pflegedienst, besonders, wenn man mal in den Urlaub fahren wollte oder wenn man krank war. Dabei habe ich festgestellt, dass eben nicht jeder Pflegedienst und jeder Pfleger gleich ist. Ich kann mir schon vorstellen, dass die Angehörigen den Pfleger in seinem schweren und anstrengenden Beruf zusätzlich stressen. Dies habe ich immer mitbekommen, wenn sich meine Tante zwei- oder dreimal im Jahr hat blicken lassen und dann dachte, sie kann alles verbessern. Dabei ging sie überaus deutlich den Pflegern auf die Nerven.

Ich kann allerdings nicht sagen, dass die Meinung über die Pflege auch bei mir nicht immer mit der Meinung der Pfleger übereingestimmt hat. Sie haben es gelernt und sind sicherlich gut in ihrem Job. Allerdings spielt bei ihnen der Zeitfaktor immer eine Rolle. Die knappe Zeit und die damit verbundene, wenig herzliche Umgangsweise mit meinen Großeltern gaben hier und da auch mal Anlass zu einem Gespräch. Wie du schon geschrieben hast, legen wir auch viel Wert auf die Freundlichkeit und den Umgang mit den Angehörigen. Dazu gehört für mich auch der Respekt. Ich kann nicht leiden, wenn ein Pfleger, der das erste Mal da ist, den zu pflegenden gleich duzt. Das mögen auch oftmals die alten Menschen nicht gerne. Bei dem Punkt der Flexibilität gab es keinen Ärger, sie kamen immer grob in dem vorgegebenen Zeitfenster, immer klappte es zu der angegebenen Zeit nicht, aber das war bei uns auch nicht anders. Man kann nicht den ganzen Tag durchplanen, es kommt immer mal etwas dazwischen.

Es hilft bestimmt auch, wenn man selbst mal gepflegt hat und nicht nur die Arbeit von fremden Menschen an seinen Angehörigen überwacht. Ich habe es selbst erlebt, wie immer wieder jemand anders es „besser“ wusste, der sich aber nie einen ganzen Tag lang um meine Großeltern gekümmert hat. Dann ist die Beziehung zwischen Verwandten noch anders, als die Beziehung von jemandem, der das beruflich macht und nicht nur eine oder zwei Personen pflegt, sondern den ganzen Tag über Menschen pflegt. So legt jeder Wert auf etwas anderes und man kann es eben nicht jedem recht machen. Die Hauptsache ist doch, dass man die den Umständen entsprechende bestmögliche Pflege bekommt.

» urilemmi » Beiträge: 2263 » Talkpoints: 7,31 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich habe meine Mutter mehrere Jahre selbst gepflegt und meinen Beruf dafür aufgegeben. Die letzten drei Jahre hatte sie eine Pflegekraft, die einmal wöchentlich kam und meine Mutter badete. Meine Mutter wollte es so, um mich etwas zu entlasten.

Oft kam nicht die gewohnte Mitarbeiterin, sondern eine andere vom Pflegedienst. Alle waren nett und freundlich nur eine habe ich abgelehnt. Diese Pflegerin redete und redete und versorgte nebenbei meine Mutter, was mir nicht gefiel. Da es hier um meine Mutter ging, fand ich es nicht richtig, dass sie nur mit mir das Gespräch suchte. Diesbezüglich sprach ich sie an. Beim nächsten Besuch machte sie es wieder so. Ich habe dann die Pflegeleitung gebeten, mir andere Mitarbeiterinnen zu schicken.

Grundsätzlich liefen die Besuche so ab, dass ich zu dem Zeitpunkt, wo jemand kommen wollte alles vorbereitet hatte: Das Badezimmer war schön warm, das Badewasser gut temperiert und das Lieblingsbademittel duftete herrlich einladend. Der Wannenlift war in der Wanne und das Badetuch lag bereit. Die Pflegerin brauchte keine Vorbereitungen mehr machen, sie konnte sich voll und ganz mit meiner Mutter beschäftigen. Während meine Mutter gebadet wurde, habe ich das Bett neu bezogen.

Gemeldet habe ich mich allerdings, wenn eine Pflegerin die durch meine Vorbereitungen gewonnene Zeit dazu nutzen wollte, Freizeit für Einkäufe zu erlangen. Das fand ich dann sehr dreist.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Meine Oma muss leider in einem Pflegeheim betreut werden, leider kann ich aber nur deswegen sagen, weil ich ihre Erkrankung schade finde. Im Pflegeheim selber gibt es, wie in vielen Heimen, Personalknappheit, aber das wird gut gelöst und die Leute scheinen durch gute Organisation nicht darunter leiden zu müssen. Es wird dort viel Wert auf Zufriedenheit gelegt, was man sieht. Eigentlich bin ich absolut zufrieden. Meine Oma kann nun wieder ein bisschen besser laufen, wird beschäftigt und macht einen guten Eindruck, mehr braucht es nicht.

Ich denke, dass es schwer ist in der Pflege alles richtig zu machen, wenn man einen knapp bemessenen Zeitplan hat, dann alles fast alleine machen muss und dann noch jedem gerecht werden muss. Ich habe das im Heim selber schon gesehen, auch wie hoch dann der Krankenstand wird.

Es gibt aber wirklich Angehörige, die dann nur für 5 Minuten kommen und wenn dann nicht alles perfekt ist gehen sie bis zur Heimleitung. Das ist einfach nur albern und sicherlich auch damit begründet, dass man selber ein schlechtes Gewissen hat. Einen Austausch finde ich richtig, aber man muss auch als Angehöriger beide Seiten sehen und wenn der zu pflegende Mensch zufrieden ist sollte man es auch sein.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^