Mehr Katholiken für mehr Kinder

vom 23.09.2010, 18:35 Uhr

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Böhmer ist für seine markigen und oft genug sehr unbequemer und auch unkonventionellen Worte bekannt. Nun kommt ein neuer Vorschlag aus seiner Richtung, der sicher wieder für etliche Diskussionen sorgen wird: mehr Katholiken sollen ins Land geholt werden und damit sollen auch wieder mehr Kinder in Deutschland gezeugt werden. Katholische Zuwanderer deswegen, weil es bei dieser Gruppe noch zum Lebensverständnis gehöre, Kinder in die Welt zu setzen. Etwas, was in Deutschland eher seltener verbreitet sei. Hier sei Thilo Sarrazin durchaus lobenswert, habe er doch eine Debatte zur Integration in Deutschland angestoßen.

Nun mögen Böhmers Worte nicht völlig verkehrt sein, aber etwas stört daran. In meinen Augen ist es doch weniger eine Frage des Glaubens, wie viele Kinder eine Familie hat. Insbesondere in Industrienationen, zu denen Deutschland nun mal gehört, spielen andere Faktoren eine Rolle. Beispielsweise sind so pragmatische Dinge wie ein Einkommen und die Lebenshaltungskosten ebenso wie Zukunftsaussichten für die Familienplanung entscheidend, da wird der Glaube wohl wenig ändern. Oder ist die Geburtenrate in katholischen Regionen jetzt schon höher innerhalb Deutschlands höher als in anderen Regionen?

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Nun das finde ich schon geradezu albern. Wie kann man nur davon ausgehen, dass katholische Familien mehr Kinder in die Welt setzen würden, als Menschen anderer Religionen? Das hört sich geradezu danach an, als ob es bei den katholischen Christen eine Art Vorschrift sei Kinder zu zeugen. Das finde ich wirklich mehr als nur albern. Ich selbst habe Verwandte aus dem polnischen Raum und in Polen sind eigentlich so gut wie alle katholisch. Die Leute dort haben aber trotzdem nicht mehr Kinder, als Deutsche auch und in Polen herrscht das selbe Problem.

Ich kenne einige Baptisten die aus meiner Nähe kommen. Und meines Wissens nach, haben diese Familien meist überdurchschnittlich viele Kinder. Meistens gibt es in diesen Familien nicht weniger als 4 Kinder, in den meisten Fällen sogar 6 bis 8 Stück. Also wieso versucht es Böhmer nicht mal mit Baptisten? Ich wundere mich wirklich wie ein Politiker gerade in unserem Zeitalter dazu kommt sowas zu behaupten. In den letzten Jahren gab es immer mehr und mehr Kirchenaustritte und die Religion wird immer unbedeutsamer. Wie kann man da behaupten die Anzahl der Kinder würde von der Religion abhängen?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


JotJot hat geschrieben:oft genug sehr unbequemer und auch unkonventionellen Worte bekannt.

Das ist sicher eine gute Umschreibung. Ähnliches würde ich auch schreiben, wenn ich damit zum Ausdruck bringen will, dass jemand ein völliger Schwachkopf ist, der hirnloses Zeug zum Besten gibt. Aber vieles hängt ja von der eigenen politischen Sichtweise ab.

JotJot hat geschrieben:weil es bei dieser Gruppe noch zum Lebensverständnis gehöre

Es kommt hier niemand auf die Idee zu fragen, was denn von (dummen) Pauschalisierungen zu halten ist. Wie ist es denn mit dem Lebensverständnis der hier lebenden deutschen Katholiken? Zeugen denn nur noch die Pfarrer die Kinder? Wäre ja auch eine pauschal-dumme Frage zum Thema. Nebenbei zeigt sich doch in den sog. Problemvierteln (gerade ja von Sarrazin kritisiert), dass Menschen aus dem islamischem Bereich wesentlich mehr Kinder zeugen, als die anderen. Und hier bevorzugt die Armen (weil sie vermutlich wg. Arbeitslosigkeit am meisten Zeit haben?).

JotJot hat geschrieben:habe er doch eine Debatte zur Integration in Deutschland angestoßen

Wer betrachtet, was hier vor sich geht, wird kaum Züge einer Debatte entdecken, die an einer echten Lösung oder einem Fortschritt interessiert ist. Wer sich auf ein Burka-Verbot stürzt (als ob dies ein echtes oder wenigstens ein dringendes Problem darstellen würde) oder gar wieder mal die Gene (also die Biologie) ins Spiel bringt, sagt doch aus, dass das Thema nur abgearbeitet werden kann, wenn die "Anderen" weg sind!

JotJot hat geschrieben:Oder ist die Geburtenrate in katholischen Regionen jetzt schon höher innerhalb Deutschlands höher als in anderen Regionen?

Genau diese Frage gilt es zu stellen bzw. den Hr. Böhmer zu Fragen, wo er den gestellten Zusammenhang in der Praxis sieht.

Ärgerlich ist bei solchen Diskussionen immer wieder, dass nicht klipp und klar gesagt wird, welchen Schwachsinn der von sich gibt, sondern mal lieber versucht, ihm punktuell Recht zu geben und nur meint, dass der Blödsinn falsch formuliert wurde. :(

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



derpunkt hat geschrieben:
JotJot hat geschrieben:oft genug sehr unbequemer und auch unkonventionellen Worte bekannt.

Das ist sicher eine gute Umschreibung. Ähnliches würde ich auch schreiben, wenn ich damit zum Ausdruck bringen will, dass jemand ein völliger Schwachkopf ist, der hirnloses Zeug zum Besten gibt. Aber vieles hängt ja von der eigenen politischen Sichtweise ab.

Genau, das ist Deine Sicht der Dinge. Ich selbst sehe einige der von Herrn Böhmer angestoßenen Diskussionen sicher auch als völlig schwachsinnig, auch wenn sie sicher den Kern Wahrheit enthalten, den nun mal 99 Prozent aller Geschichten enthalten. Es gibt aber auch etliche Diskussionen beziehungsweise Aussagen, die eben nicht schwachsinnig sind.

derpunkt hat geschrieben:Wer betrachtet, was hier vor sich geht, wird kaum Züge einer Debatte entdecken, die an einer echten Lösung oder einem Fortschritt interessiert ist.

Da stellt sich aber auch die Frage, ob eine Debatte immer schnelle Lösungen zum Ziel haben sollte oder aber ob es nicht auch eine Lösung ist, wenn man den Kern eines Problems freilegt. Und Fakt ist nun mal, dass Herr Sarrazin den Nerv vieler getroffen hat, sonst würde es wohl kaum so viel Streit um seine Thesen geben.

derpunkt hat geschrieben:Ärgerlich ist bei solchen Diskussionen immer wieder, dass nicht klipp und klar gesagt wird, welchen Schwachsinn der von sich gibt, sondern mal lieber versucht, ihm punktuell Recht zu geben und nur meint, dass der Blödsinn falsch formuliert wurde. :(

Ehrlich gesagt, empfinde ich es als Schwachsinn eine Sache als schwachsinnig hinzustellen nur weil jemand einen Gedanken äußert. Vielmehr sollte man den Gedankengang mal hinterfragen und so wohl eher zum wirklichen Problem kommen. Und der ist nun mal nicht im Glauben zu finden, wenn es um die Anzahl gezeugter Kinder geht, sondern in anderen Faktoren. Aber erst wenn man die identifiziert hat, kann man weiter nach Lösungen suchen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



JotJot hat geschrieben:den nun mal 99 Prozent aller Geschichten enthalten.

Dieser Irrglaube erlaubt es auch, dass Menschen auch heute noch davon überzeugt sind, dass "Die Protokolle der Weisen von Zion" eben nicht aus der Luft gegriffen sind. Um nur ein Beispiel zu nennen.

JotJot hat geschrieben:Und Fakt ist nun mal, dass Herr Sarrazin den Nerv vieler getroffen hat,

Und genau das stelle ich ja noch nicht einmal in Frage. Vielmehr hat er die latent vorhandenen Vorbehalte gegen Ausländer aufgegriffen und sie in seiner Schmähschrift zu Papier gebracht. Am Ausländerhass ändert dies auch eben dann nicht, wenn er sich in Buchform gut verkauft.

Es ist noch zu keinem Zeitpunkt bestritten worden, dass die Integration von Ausländern ganz offensichtlich nicht so weit ist, wie sie hätte sein können. Das diese Integration von Seiten der Politik (von weiten Teilen der Bevölkerung erst gar nicht zu sprechen) nie aktiv gewollt wurde (sie nur den Aufschrei nach dem Plan, die doppelte Staatsbürgerschaft einzuführen oder die lustige Debatte bzgl. der "Leitkultur"), davon ist in der "Debatte" wohl nie die Rede. Vielmehr werden Argumente gesammelt, warum es eben nicht klappen kann und wie man die Daumenschrauben andrehen kann (den Ausländern), so dass wenigstens dem Anschein nach die Integration von "Integrationswilligen" klappt.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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