Muss man selbst queer sein, um tolerant zu sein?

vom 23.09.2010, 09:09 Uhr

Ich bekomme immer wieder Erzählungen mit, oder Diskussionen, wo ich den Kopf schütteln muss.

Da sind Eltern, die sich sorgen, weil ihr junger Sohn rosa Kleidung mag, da kommen gut gemeinte Worte, das ginge wieder vorbei. Dass es einfach so bleiben könnte, erscheint vielen Menschen wohl unmöglich. Da gibt es Menschen, die finden es völlig normal, wenn Mädchen Puppen bekommen und falsch, wenn sie keine Puppen mögen. Dass man das auch einfach mal hinterfragen könnte, auf die Idee kommen sie nicht. Und dann sind da noch die vielen Menschen, die diverse sexuelle Praktiken als eklig oder psychisch krank bezeichnen, nur, weil sie sie selbst nicht mögen. Dass diese Praktiken einvernehmlich und freiwillig geschehen und meist auch niemandem irgendwie schaden, ist egal.

Man hat seine kleine Weltsicht, was normal sei und was nicht, abweichen davon möchte man nicht. Aber begründen, wieso man daran festhält, kann man auch nicht. Frage ich nach logischen Gründen, kommt immer nur ein "ist eben so" oder "war immer so, wird immer so sein". Das klingt so geballt vielleicht etwas extrem, aber denkt mal darüber nach, was euch viele Menschen so antworten würden, wenn ihr sagen würdet, dass euer Sohn gerne Röcke mag, und fragen würdet, was daran denn so schlimm sei beziehungsweise wieso Jungen keine Röcke tragen sollten. Da käme doch sicher, dass das bloß eine Phase sei und dass Jungen eben keine Röcke tragen würden. Doch eine logische Begründung wird man nicht bekommen, weil es keine gibt. Es ist eben völlig willkürlich, in diesem Fall. Einfach eine Frage der Tradition.

Was mir aber nun aufgefallen ist, ist, dass wirklich tolerante Meinungen doch zumeist (fast) nur von Leuten kommen, die selbst queer auf irgendeine Weise sind. Wenn Leute das heteronormative Weltbild und die üblichen Vorstellungen von dem, was Frau tun sollten und was Männer tun sollten, oder wie Junge und Mädchen sein und sich voneinander durch das Verhalten und durch Vorlieben unterscheiden sollten, ablehnen, dann sind diese Leute, wie ich das bisher in Diskussionen erlebt habe, häufig selbst nicht diesem Bild entsprechend. Also viel Toleranz erlebe ich da von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Transgendern, Genderqueers, und so weiter. Eher wenig Widerspruch gegenüber dem Klischeedenken kommt hingegen von "Durchschnittstypen", was Sexualität und Selbstbild (inklusive Geschlechter- und Rollenidentifikation) betrifft.

Ich frage mich nun, ob man diese Toleranz vielleicht echt nur haben kann, wenn man selbst "andersartig" ist? Klar gibt es auch intolerante, total bornierte Homosexuelle. Jeder Mensch ist eben anders. Sicher wird es auch enorm tolerante heterosexuelle "Normalos" ohne irgendwelche Abweichungen von der so genannten Norm geben. Aber irgendwie habe ich einfach das Gefühl, die meiste Toleranz und das meiste Hinterfragen willkürlicher Normen käme von Leuten, die selbst nicht den Normen entsprechen. Klar, sie wissen am eigenen Leib, wie blödsinnig die Klischeevorstellungen von den Geschlechtern sind, sie merken ja, dass sie auch nicht in diese Schubladen passen. Aber manchmal habe ich das Gefühl, den meisten der vielen Menschen, die das nicht selbst erleben, wäre diese Toleranz fremd. Das kann doch auch nicht sein, oder?

Oder sind queere Leute vielleicht besonders tolerant, weil sie eben selbst auch auf Toleranz hoffen müssen, da in der doch oft intoleranten Gesellschaft die eigene Akzeptanz eher schwer durchzusetzen ist?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Diese Sicht der Dinge ist leider zu einfach. Eigentlich sollte man tatsächlich annehmen, dass Menschen, welche auf Toleranz angewiesen sind (wobei sie das eigentlich gar nicht wären!), tatsächlich von sich aus keine Ressentiments gegen andere entwickeln sollten. Schließlich befinden sie sich ja in einer ähnlichen Lage.

Dem ist aber weit gefehlt. Das liegt daran, dass z.B. allein die Tatsache Ausländer zu sein einen nicht davor schützt, selbst Vorurteile gegen andere Ausländer zu pflegen. Schließlich würde - um ein wirklich willkürliches Beispiel zu nehmen - der türkische Gemüsehändler um die Ecke auch in seiner "Heimat" (wenn man davon sprechen will, dass Deutschland eben nicht seine Heimat ist, was in letzter Konsequenz nicht stimmt) abfällig über Griechen, Kurden, Juden oder Inder sprechen. Da spielt es keine Rolle, wenn er selbst praktisch täglich am eigenen Leib erlebt, was es heißt, diskriminiert zu werden. Sei es durch Behörden, sei es durch rassistische Jugendliche.

Ebenso ist es nicht selten, dass (solche Fälle kenne ich persönlich) Homosexuelle in einer "klassischen" Rolle hängen bleiben und eben ganz massiv den Macho/Bestimmer heraushängen lassen. Dort wird das klassische Weltbild gelebt - und zwar so extrem, dass kaum heterosexuelle Pärchen mithalten könnten. Oder die andere Variante: man lässt kein gutes Haar an Heterosexuellen. Angeblich, weil die ja die Spießbürger darstellen.

So gibt es zahlreiche andere Beispiele, in denen Menschen, welche nicht "der Norm" (sofern wir uns darauf einigen, dass es so was gibt) entsprechen, eben sehr wohl intolerant sind. Übrigens z.T. wohl auch aus einem unterbewussten Trieb heraus, sich selbst zu schützen. Denn wenn es außer einem selbst noch andere gibt, gegen die die Umgebung Unverständnis richten kann, dann reiht man sich hier ein, um eben auch irgendwie zur Mehrheit zu gehören.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Beim Thema Toleranz gehen die Meinungen stark auseinander. Da kommt es schon darauf an, weswegen man tolerant sein soll. Das geht bei vielen beim Andersdenken noch sehr einfach, bei dem Thema Sexualität gehen da die Meinungen doch weit auseinander. Da hört bei vielen die Toleranz sehr schnell auf.

Ich glaube, man darf Toleranz auch nicht mit Gleichgültigkeit verwechseln. Manchen ist es einfach, nur egal was jemand macht, weil sie sich für niemanden und nichts interessieren. Das hat aber nichts mit Toleranz zu tun. Auch sollte man nicht auf Teufel komm raus immer tolerant sein, manchmal muss man eben auch seine Meinung vertreten, auch wenn sie unbequem ist.

Selbstverständlich sind diejenigen, die etwas aus der großen Masse herausfallen, wie zum Beispiel die von dir angeführten Lesben oder Schwule besonders tolerant, denn sie wissen ja genau, wie stark man unter Intoleranz leiden kann. Deswegen gehen sie da mit gutem Beispiel voran und sind besonders tolerant. Dies kann man eigentlich auch erwarten, denn sie erwarten die Toleranz ihnen gegenüber auch.

» urilemmi » Beiträge: 2263 » Talkpoints: 7,31 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Derpunkt, ich habe nie bestritten, dass queere Leute auch intolerant sein könnten. Ich kenne selbst Homosexuelle, die andauernd pauschal über die "scheiß Heten" meckern, auch über solche, die ihnen gar nichts getan haben. Als ich das vor Monaten schon einmal hier im Forum geschrieben hatte, wollten mir diverse Heterosexuelle das kaum glauben, aber so ist das einfach, auch, wenn man natürlich kaum offene Ablehnung zeigt.

Es ging mir hier aber auch nicht um Pauschalisierungen, weder darum, zu behaupten, dass alle queeren Leute tolerant sein, noch, dass alle nicht queeren Leute intolerant seien.

Meine persönliche Erfahrung bisher war bloß, dass die größte Toleranz irgendwie immer von Leuten kam, die, jetzt mal auf die ganze Geschlechterklischee-Sache bezogen, selbst davon abweichen. Also wenn wir mal auf solche Diskussionen kamen, waren die Leute, die Probleme damit hatten, dass beispielsweise Männer Röcke tragen oder sich schminken, meistens heterosexuelle Personen mit zumindest dem Anschein nach völlig normkonformen Lebensstil (mit Mann oder Frau, Kindern, kein Outing bezüglich irgendwelcher sexuellen "Ungewöhnlichkeiten" an der heteronormativen Norm gemessen). Am tolerantesten waren gewöhnlich hingegen die Leute, von denen ich da schon wusste oder später erfuhr, dass sie homo- oder bisexuell sind, oder beispielsweise auch BDSMler und Asexuelle. Das queere Spektrum ist ja weit.

Andererseits könnte es sein, dass dies natürlich auch nur diesen Anschein macht, weil eine intolerant wirkende Person durchaus auch solche Neigungen haben könnte, sie aber aus Scham oder welchen Gründen auch immer leugnet oder zu verbergen versucht. Wer da allerdings offen ist, zeigt dann möglicherweise eben auch sonst eine Offenheit, hier eben in Form von Toleranz. Aber Ausnahmen gibt es natürlich immer.

Urilemmi, ob Toleranz eher Akzeptanz oder Ignoranz bedeutet, ist ein Gegenstand häufiger Diskussionen. Wünschenswert wäre jedenfalls eine Akzeptanz fremder Lebenskonzepte, auch wenn oder gerade weil sie einem fremd sind. Ich beispielsweise verstehe nicht, wieso sich Menschen an Homosexuellen stören können. Wenn sie selbst heterosexuell sind, meinentwegen, das möchte ja keiner ändern. Aber wieso meinen sie, den freiwilligen, niemand schadendem Lebensstil anderer Menschen, in dem Fall die Homosexualität, verdammen und über diese Leute schimpfen zu müssen? Es geht sie doch gar nichts an.

Nun könnten wir hier natürlich über die Ursachen von Intoleranz diskutieren. Ich weiß, dass es oft damit zutun hat, Angst vor Fremdem zu haben, oder einfach zu glauben, wie man selbst lebe, sei alles am Besten und jedes andere Konzept müsse daher falsch sein. Aber das ginge hier wohl zu weit, das weiter zu diskutieren.

Aber interessieren würde mich doch, wieso du meinst, dass man nicht immer tolerant sein muss. Natürlich hat Toleranz logische Grenzen, beispielsweise würde ich nichts tolerieren, wobei andere Menschen gegen deren Willen zu Schaden kommen. Wenn jemand seine Kinder schlägt, oder wenn es um sexuelle Belästigung geht, dann bin ich da natürlich auch nicht tolerant.

Aber was beispielsweise gibt es an Schwulen, einvernehmlich miteinander handelnden BDSMlern oder an Asexuellen nicht zu tolerieren? Um solche Fälle von Intoleranz ging es mir, um Intoleranz gegenüber Dingen, die keinem schaden. Oder welchen Schaden trägt denn irgendwer davon, dass es rechtfertigen würde, sich aufzuregen, wenn ein Mann sich die Fingernägel lackiert? Da regen sich viele Leute wie bekloppt drüber auf.

Übrigens finde ich auch nicht, dass man die Toleranz gegenüber einem Menschen davon abhängig machen sollte, wie tolerant dieser ist. Tolerant ist man doch endweder gegenüber einem Konzept, oder aber nicht. Und ich meine, so sollten auch Schwule und Lesben bezüglich ihrer Homosexualität zumindest toleriert (besser akzeptiert) werden, auch, wenn sie selbst intolerant gegenüber irgendetwas sind. Die Idee, man könne ja selbst gegenüber jemandem, der falsch (in dem Fall intolerant) handelt, nur deswegen auch falsch handeln, finde ich absurd.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Dass Menschen, die selbst schon einmal enormem Widerspruch ausgesetzt waren, viele Dinge anders sehen und in etlichen Bereichen toleranter sind, das ist ganz sicher unbestritten. Das ist dann aber unabhängig vom queer sein, sondern geht durch den ganzen Querschnitt der Bevölkerung.

Allerdings habe ich immer Bauchschmerzen, bei der Behauptung queere Menschen seien toleranter. Ich kenne auch etliche Menschen aus dieser Gruppe und die überwiegende Anzahl dieser Personen betont immer wieder wie tolerant man doch sei und dass das doch nicht selbstverständlich sei etc. pp. Das mag durchaus sein, trotzdem bin ich skeptisch, ob denn gerade diese Personen wirklich so tolerant sind; denn etwas das man wirklich lebt, betont man in der Regel nicht so extrem sondern nur dann, wenn man selbst nicht so dahinter steht. Das alles kann aber auch daran liegen, dass ich einfach oft genug denke, dass tolerante Menschen eigentlich immer die Toleranz der anderen meinen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Menschen, die immer von sich selbst sagen, dass sie ja so tolerant seien, sind mir manchmal auch ein wenig suspekt. Es gibt Leute, die tatsächlich bei jeder Gelegenheit ihre Toleranz betonen. Aber jeder Mensch ist anders. Ich würde auf das Thema persönlich eher während Diskussionen zu sprechen kommen, wo es um kontroverse Themen, die Toleranz fordern, geht, und nicht andauernd im Alltag sagen "Ach, ich bin ja so tolerant!", da Toleranz für mich tatsächlich eher etwas Selbstverständliches ist. Aber wie gesagt, jeder ist anders, daher denke ich, gibt es durchaus Leute, die sind halt so, und dennoch nicht scheinheilig, sondern wirklich tolerant.

Ich beziehe mich bei meinen Erfahrungen, um die es hier geht, aber auch weniger auf Selbstaussagen. Es geht eher darum, welchen Eindruck ich innerhalb von bestimmten Diskussionen über spezifische Themen mitbekomme, anhand der Dinge, die die Teilnehmer der Diskussion aussprechen. Und da ist es mir eben aufgefallen, dass einige Menschen dazu tendieren, alle möglichen, sie selbst nicht einmal betreffenden, Dinge zu verdammen, oft auch offen mit der Begründung "das ist doch krank" beziehungsweise "das ist doch nicht normal" (was für mich nicht im Geringsten überhaupt eine logische Begründung darstellt). Anhand solcher Äußerungen beurteile ich für mich selbst, ob ich einen Menschen für eher tolerant oder eher intolerant halte. Und dabei zeigten sich eben die schon geschilderten Unterschiede zwischen selbst eher angepassten und selbst eher unangepassten Menschen.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich denke schon dass da was dran ist, unangepasste Personen oder die von dir beschriebene Klientel ist sicherlich in der Masse gesehen toleranter als der Durchschnittsbürger. Den bisherigen Begründungen kann ich mich eigentlich auch nur anschließen.

Ich weiß aber wirklich nicht ob dabei manchmal Gaffen und Tuscheln mit Intoleranz verwechselt wird. Wenn so ein Gothic-Pärchen oder eine Gruppe Punker bei uns in der Kleinstadt auftaucht wo sonst nichts los ist dann ist das Stadtgespräch. Klar gibt es dabei auch die üblichen Stammtischparolen, das sind aber meistens Leute von niederem Intellekt und manchmal auch ein paar ältere Rentner die ihre vorgefassten Meinungen haben. Die meisten gehen dann wieder zum normalen Tagesgeschäft über und die Sache ist gegessen. Manchmal steckt einfach nur Neugierde oder zu wenig Wissen dahinter oder es wurde die Aufmerksamkeit durch das martialische Aussehen geweckt weil es eben nicht alltäglich im Ort ist.

Ich weiß auch nicht ob immer die fehlende Toleranz im Spiel ist wenn man für sich feststellt dass etwas krank oder abartig ist. Ich finde es durchaus abartig sich die Zunge spalten zu lassen und sich Metallkugeln unter die Kopfhaut zu implantieren weil sich mir der Sinn für solche lebenslangen Entstellungen nicht erschließt und die kleinen Kinder nachts nicht schlafen können wenn sie solch einer Person begegnet sind. Klar ist das eine alleinige Entscheidung dieser Person die mich nichts angeht, aber es steht mir genauso frei das nicht schön zu finden.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich denke schon, dass das mehr oder weniger zutreffend ist. Ich bemerke immer wieder, wie intolerant Menschen sind, die in ihrem Leben bisher keine wahren Schwierigkeiten und Probleme gehabt haben. Eine Bekannte von mir gehörte beispielsweise zu den Leuten, die sich partout darüber aufregten, wie man nur in schwarzen Sachen, als Punk oder Rocker rumlaufen kann. Sie selbst gehörte zu den absoluten Durchschnittsmenschen, die bevorzugt braune und besche Klamotten tragen und sich nach der Mode richten. Was ich wiederum sehr bieder finde. Als dann ein pubertierendes Mädchen aus unserem Bekanntenkreis anfing sich wie ein Punk zu kleiden, konnten wir uns vor Vorwürfen und Beschimpfungen kaum retten. Und das ging solange, bis die Tochter der besagten Person sich mit einem Mal genau demselben Weg zu wandte.

Ich glaube, dass Durchschnittsmenschen sich in ihrer Rolle einfach sehr sicher fühlen. Sie gehören dazu und fühlen sich in der Gemeinschaft wohl und wenn sie dann Menschen begegnen, die anders sind, werden sie wie Aussätzige behandelt, da sie einfach nicht dazugehören. Mir kommt es dann so vor, als bräuchten diese Menschen das einfach, um ihr Ego ein wenig aufzupuschen. Sie fühlen sich besser, indem sie sich von den Menschen abgrenzen, die ''anders'' sind. Das verbessert ihr Selbstwertgefühl und sie sehen sich als einen guten Menschen.

Ich glaube aber auch, dass das noch etwas anders aussehen kann. Ich habe einmal von einem psycho-pathologischen Ansatz gehört, in dem es darum ging, dass gerade Menschen die etwas stark ablehnen, sich genau das wünschen. So haben beispielsweise viele Menschen, die Schwule und Lesben ablehnen, selbst diese sexuellen Neigungen. Damit kommen sie aber nicht zurecht, weil sie es einfach nicht verarbeiten und ausleben können, da sie womöglich einfach nicht wissen, ob das jetzt falsch oder richtig ist. Und so kommt es eben dazu, dass sie dem gegenüber tiefen Hass verspüren und intolerant sind. Mehr oder weniger aus Neid also.

Ich würde diese Theorie eigentlich auch auf die Durchschnittsmenschen beziehen. Ist es vielleicht bei den meisten nicht tatsächlich einfach der Wunsch, anders zu sein, als Individuum aufzutreten, aber das irgendwie nicht zu können. Womöglich aus Angst oder Minderwertigkeitsgefühlen, trauen sie sich nicht, sich von der Maße abzuheben und verachten daher auch die Menschen, die das geschafft haben. Für mich klingt das sehr plausible, auch wenn ich mir sicher bin, dass diese Theorie nur auf einen Teil der Menschen zutrifft, die sich so intolerant verhalten. Der Großteil ist sicherlich tatsächlich in so in seiner ''heile Welt'' Vorstellung verstrickt, dass er sich aus seiner Rollen nicht lösen kann und alles, was er nicht kennt und als normal empfindet, ablehnt. Ich stelle mir ein solches Leben sehr traurig und langweilig vor.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


hooker, jedem steht es frei, bestimmte Dinge schön oder hässlich zu finden, das ist ja gar nicht das Problem. Du findest vielleicht gespaltene Zungen hässlich, und der, der sich die Zunge spalten lässt, vielleicht graue Socken oder Koteletten. Alles Ansichtssache. Intoleranz fängt allerdings da an, wo man meint, Menschen bestimmte Dinge verbieten zu wollen, die außer allerhöchstens diesem Menschen selbst, der sich dem aber freiwillig unterzieht, niemandem schaden. Also Dinge, die die, die nach Verboten schreien, eigentlich nichts angehen.

Auch habe ich mich hier weniger auf das Gaffen bestimmter Menschen bezogen, wenn man ungewöhnlicher gekleidet durch die Stadt läuft. Es ging um offen geäußerte Thesen beziehungsweise Forderungen, die in Diskussionen auftreten, wie ich auch schon geschrieben habe. Ich habe in unserer ach wie modernen Zeit schon erschreckend oft, zu oft, Sprüche gehört, wie "Der gehört doch eingesperrt" oder "Sowas Krankes wollen wir hier nicht haben", wobei es um absolut banale, völlig irrelevante Dinge ging, wie sich schminkende junge Männer oder meinentwegen auch einvernehmlich sadomasochistische oder homosexuelle Handlungen miteinander durchführende Erwachsene.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Wawa666 hat geschrieben:die außer allerhöchstens diesem Menschen selbst, der sich dem aber freiwillig unterzieht, niemandem schaden.

Was aber auch kein Freibrief ist, wirklich alles zu tun, was man will. Es gibt durchaus Dinge, welche die Gesellschaft in Form von Gesetzen so regelt, dass eben nicht die völlige Freiheit besteht, auch "kranke" Dinge an sich vorzunehmen - auch wenn dies (zunächst) nur der durchführenden Person Schaden zufügen würde. Und das hat dann letztlich (auch wenn es sich natürlich an der "Norm" orientiert) noch nichts mit Intoleranz zu tun!

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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