Beim Schlachten zusehen, um Respekt zu lernen?
Im Fernsehen läuft im Moment die Staffel „Rachs Restaurantschule“. Hier werden Jugendliche als Köche ausgebildet und bekommen den Feinschliff für den Alltag. Dabei musste die ganze Gruppe zu einem Schlachthof fahren und zusehen, wie ein Tier getötet wurde. Für viele war das ein Schock, einige aus der Gruppe mussten weinen. Selbst die Männer, die immer große Sprüche auf Lager hatten, waren dabei sehr kleinlaut.
Christian Rach meinte, es müsse sein, damit man mehr Respekt vor den Tieren bekommt. Jeder sollte mal sehen, dass die Steaks nicht auf den Bäumen wachsen. Wir haben danach darüber diskutiert und waren durchaus verschiedener Meinung. Ich kann mir gut vorstellen, dass es gerade bei den Köchen, die jetzt lernen und noch viel zu oft aus Schludrigkeit Fleisch verbrennen lassen und es dann wegwerfen, zu einem Umdenken führen könnte.
Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft und durch meine Arbeit und die meiner Frau sehen wir täglich, wie Lebensmittel weggeworfen werden. Deswegen waren ein paar von uns, die darüber diskutiert hatten, durchaus dafür, dass man sich das Schlachten von Tieren ruhig mal anschauen sollte. Ob das natürlich hilft, dass man überlegter einkauft oder sein Pausenbrot nicht mehr wegwirft, kann niemand sagen. Ich kann nur für mich sprechen. Ich habe vor etwa 10 Jahren das erste Mal geschlachtet und mir war es dabei nicht einerlei. Vielleicht sehe ich aber seitdem die Wust und das Fleisch aus den Theken im Supermarkt manchmal mit anderen Augen an.
Natürlich ist ein Schlachthof kein gemütlicher Spaßsonntagsausflug. Allerdings finde ich schon, dass es zu einer Ausbildung zum Koch dazu gehört, auch wenn es eben sicher für viele schockierend ist. Genauso wie sie eben auch die Produktionsverfahren von anderen Lebensmitteln erlernen und erfahren sollen, gehört meiner Meinung nach eben Fleisch auch dazu.
So sehen die Jugendlichen, oder eben allgemein angehende Köche, wo Fleisch wirklich her kommt und dass es eben nicht automatisch verpackt in Stücken im Supermarkt liegt. Dabei geht es aber finde ich nicht unbedingt nur darum, dass sie in Zukunft beim Kochen aufpassen oder weniger wegwerfen, sondern einfach auch darum, wie es zu einem bestimmten Lebensmittel kommt.
Ganz ehrlich: Den Exkurs haben nicht nur Köche nötig - im Grunde jeder, der sich nicht vegan ernährt. Wenn man mal ein Tier selber tötet oder aus der Nähe sterben sieht, dann wächst vielleicht auch mal wieder die Verantwortung gegenüber dem schon zügellosen Fleischkonsum.
Im Grunde geht es ja nicht nur darum, dass man halt ein Steak nicht verbrennt und dann sagt: "Nehm ich halt das nächste!", sondern auch darum, dass Fleisch, eben weil es von einem Lebewesen kommt und nicht nur irgendwo gepflückt werden muss, einen hohen Wert besitzt, der in den letzten Jahren einfach verloren gegangen ist (siehe Fleischfabriken bzw. Hackfleisch für weniger als 1 € das Kilo als Endprodukt!) und so Jugendlichen mal wieder neu vermittelt werden muss, wenn das schon nicht mehr über den Preis passiert.
Tatsächlich sehe ich diese Erfahrung auch für all jene als notwendig an, die eben nicht zum Koch ausgebildet werden. Vielleicht muss es dann kein Ausflug in einen Schlachthof sein. Wohl aber kann dies noch etwas mehr an den Schulen thematisiert werden. Dann auch gerne mit den als verstörend empfunden Bildern oder Filmchen vom Tötungsprozess. Schließlich ist dies kein Geheimnis und ist schlicht die Quelle unseres Fleischkonsums.
Mir geht es dabei auch gar nicht darum, über einen erhofften Schockeffekt für mehr Vegetarier zu sorgen, sondern vielmehr eben wirklich ein Bewusstsein entwickeln zu lassen, woher ganz konkret die Salami, das Burgerfleisch oder das Schnitzel herkommt.
Daher ist der Exkurs wenigstens bei Rachs Restaurantschule sicher gut gewählt, wenn es hier auch in erster Linie eher dazu dient, dem Fernsehpublikum etwas zu bieten. Es besteht aber auch hier die Möglichkeit, dass das Thema so in breiteren Kreisen diskutiert wird. Wie eben jetzt mit dem Thread.
Scheint ja derzeit wieder die neueste Attraktion im TV zu sein: wir töten Tiere und diskutieren das alles siehe Kinder sollen Kaninchen häuten.
Allerdings ist der Prozess des Schlachtens in meinen Augen doch nur das Ende der Kette. Es fängt doch viel eher an und ist auch ein viel längerer Prozess, wenn man miterlebt, wie viel Mühe es macht, ein Tier groß zu ziehen, wie viele Rückschläge es dabei auch geben kann. Geht man von der industriellen Tierhaltung aus, dann kann man auch ruhig davon sprechen, wie viele Tiere letzten Endes auf der Strecke bleiben, wie viel Leid sie teilweise auch ertragen müssen. Das würde wohl auch eher noch dazu anregen, den eigenen Fleischkonsum zu überdenken.
Das Schlachten von Tieren ist sicher auch nicht schön, aber eben mal ein kurzer Augenblick oder vielleicht ein paar unangenehmere Stunden. Das war es dann aber auch schon. Daher finde ich diese Vorgehensweise zum einen völlig in Ordnung, denke zum anderen aber auch, dass dadurch nicht viel geändert wird, weil es schnell wieder vergessen wird.
JotJot hat geschrieben:Das würde wohl auch eher noch dazu anregen, den eigenen Fleischkonsum zu überdenken.
Diese Form der abschreckenden Wirkung wäre aber die radikalste Zielsetzung. Vielleicht aber - und das wäre weniger radikal oder verstörend - hilft es dann, im Umgang mit Lebensmitten nicht so sorglos zu sein oder aber das man sich bzgl. der Bezugsquelle mehr interessiert und nicht nur darauf schaut, dass das Hackfleisch für möglichst unter einem Euro pro 100 g zu kaufen ist.
Bei dieser Methode zäumt man meiner Meinung nach das Pferd von hinten auf, wie man so schön sagt. Was soll da Respekt verschaffen? Indem man ein Tier sieht, das getötet wird, wird man wohl kaum mehr Respekt vor den Tieren haben. Denn ich kann auch nicht jemanden Respekt vor Menschen beibringen, indem ich einen Menschen einem anderen Menschen beim Sterben zusehen lasse.
Respekt vor Tieren kann man anders beibringen und erklären. Da muss man nicht zu einem Schlachthof gehen. Da kann man bei der Tierhaltung anfangen und dort erklären, wo man drauf achten muss, damit die Tiere bis zu ihrem Tod ein schönes Leben haben.
Wenn ich einem Tier beim Sterben zusehe, werde ich nicht mehr Respekt vor diesen Tieren haben. Ich habe dann eher Mitleid. Aber den Respekt habe ich auch ohne dass ich jemals in Natura gesehen habe, wie ein Tier geschlachtet wird. Mir wurde beigebracht vor Lebewesen jeder Art Respekt zu haben. Und durch die Methode, dass man dem Schlachter zuschaut denke ich, dass man dadurch nicht mehr Respekt bekommen kann.
'Die Tierhaltung ist da viel wichtiger. Wenn man den Teilnehmern zeigt, wie manche Tiere leben (müssen) bis sie sterben und dass man das nicht auch noch fördert, hat das bestimmt größeren Sinn.
Wer diese Sache allerdings richtig versteht, wird danach mehr Respekt vor den Tieren haben. Beispielsweise landen noch sehr viele tierische Nahrungsmittel in den Müll. Dieser Zustand muss ganz einfach nicht sein finde ich. Ein Tier egal ob Schwein oder Rind dient für unsere Ernährung. Das ist manchen Menschen in der heutigen Zeit leider schon eine reine Selbstverständlichkeit.
Das gilt eigentlich für alle Menschen, denn wer hat sich schon einmal ernsthaft darüber Gedanken gemacht? Wohl nur ganz wenige Menschen denke ich. Hier wird eben nachhaltig ein Impuls gesetzt. Auch ich habe so etwas schon gesehen und danach mir auch erst ernsthafte Gedanken darüber gemacht.
Diamante hat geschrieben:Was soll da Respekt verschaffen?
Natürlich hast Du Recht, was den "Respekt" gegenüber den Tieren angeht. Aber hier geht es ja eher darum, dass das Fleisch eben nicht zu selbstverständlich angesehen wird. Man muss sich einfach immer darüber im klaren sein, wo das Schnitzel herkommt. Und das ist eben nicht der "Supermarkt"! Lebensmittel (gerade Fleisch) sollte eben nicht als Wegwerfprodukt gesehen werden. Vielmehr wird für die "Produktion" von Fleisch ein Tier geschlachtet.
Dieses abstrakte Wissen ist selbstverständlich bei allen Menschen (wenigstens ab der ersten Klasse) vorhanden. Sieht man aber mal zu, wie das wirklich passiert, dann wird man sich dessen eher bewusst. Ansonsten bleibt es bei dem abstrakten Wissen, welches einem aber letztlich nicht hilft (oder helfen muss), Fleisch entsprechend seiner Bedeutung zu "würdigen".
Ist dann so wie der Umgang mit Geld. Geht es um das Taschengeld, dann sind sinnloses Ausgaben (oder ein verschwenderischer Umgang) wahrscheinlich leichter zu tätigen, als wenn man sich das Geld durch Lohnarbeit erarbeiten muss.
Ich sehe das ähnlich wie Diamante. Denn wenn man nur den Vorgang der Schlachtung sieht, dann weiß man nicht was wirklich für Arbeit in diesem Tier steckt.
Da müßte man schon bei der Haltung anfangen und dort nicht nur zusehen lassen, sondern mitarbeiten. Das ganze am besten ohne Füttermaschinen und den ganzen technischen Hilfsmitteln. Schubkarre, Schaufel und Mistgabel und dann von Grund auf lernen, was dazu gehört, bis das Steak in der Pfanne liegt.
Ich selbst bin mit Hausschlachtung bei meinen Großeltern aufgewachsen und ich weiß, was alles dazu gehört, bis aus einem Ferkel eine Wurst wird. Allerdings esse ich deswegen nicht weniger davon. Für mich ist das einfach eine Nahrungskette an deren Spitze der Mensch steht. Wie bei anderen solchen Ketten eben ein Raubtier das Ende ist.
Wenn also Jugendliche einmal beim Schlachten zusehen, dann sind sie vielleicht im ersten Moment entsetzt, weil sie erkennen, das ihr Schnitzel nicht in der Kühltheke gewachsen ist. Aber das sowas nachhaltig auf die Meisten wirkt, glaube ich dabei weniger. Sicherlich wird es manchen auf Dauer zum Umdenken bewegen, aber das ist der kleinste Teil einer solchen Gruppe.
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