Krankenkassen gehen zu weit, Gesundheit zählt nicht mehr

vom 12.09.2010, 13:07 Uhr

Mein Vater hatte vor gut zwei Monaten einen schweren Motorradunfall. Er ging daraus hervor mit 3 gebrochenen Rippen, einem gebrochenen Schlüsselbein, einer unter Wasser gesetzten Lunge und musste auch operiert werden. Also eine ganze Menge. Deswegen ist er auch immernoch krank geschrieben. Er kann schließlich die Arme nicht mal über Schulterhöhe heben und hat auch sonst noch einige Einschränkungen. Sein Arzt hatte im versichert mindestens bis Ende des Monats muss er noch krank geschrieben werden und danach muss erst noch eine kleine Operation vorgenommen werden. Gestern jedoch kam ein Brief von der Krankenkasse, dass die Krankenkasse selbst meinen Vater jetzt einfach wieder gesund schreibt.

Ich find das total dreist. Es hat sich kein Gutachter meinen Vater angesehen. Der behandelnde Arzt weiß auch von nichts, obwohl ja seine Meinung eigentlich die ausschlaggebende sein sollte, solange keine Gutachten vorliegt. Das ist doch irgendwo total krass was so eine Krankenkasse alles unternimmt. Was die manchmal machen grenzt ja schon an Mobbing. Habt ihr solche Fälle auch schon erlebt und wenn wie geht ihr dagegen vor?

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» pichimaus » Beiträge: 2016 » Talkpoints: 6,99 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich habe so etwas ähnliches selbst erlebt. Ich war auch längere Zeit krank geschrieben. Während dessen hat man mir gekündigt. Und es lief ein Antrag auf eine Rehamaßnahme, auf deren Bewilligung nicht noch wartete. Da kam dann auch ein Schreiben meiner Krankenkasse. Allerdings musste ich zu einem Gutachter. Der war der Meinung, ich sei mindestens drei Stunden am Tag arbeitsfähig und ich hätte somit halt zum Arbeitsamt gemusst. Sprich das Krankengeld wurde dann auch erst mal gesperrt. Wozu ich aber gesundheitlich gar nicht in der Lage war. War allerdings halt auch ein psychiatrischer Fall. Also etwas was man schwer an irgendwelchen körperlichen Beeinträchtigungen fest machen konnte.

Ich stand dann kurze Zeit später bei meinem Arzt, schilderte ihm die Sache und auch er wollte mich wieder Arbeiten schicken. Ich muss dazu sagen, der Arzt und ich kamen nicht so gut miteinander aus. Als er dann fragte, was ich nun unternehmen würde, bekam er eine ehrliche Antwort. Oder ich sagte ihm halt, wie ich kurze Zeit vorher noch in einer ähnlichen Situation gehandelt hätte. Meine Antwort fand er nicht gut, ich fand sie ehrlich. Und ich hatte auch nie vor ihn zu erpressen, aber so kam es wohl an. Schneller als ich sehen konnte hat er ein Attest aufgesetzt, in dem halt drin stand, warum ich nicht arbeiten gehen kann. Und das Thema war dann auch erst mal erledigt. Allerdings drängte die Krankenkasse dann darauf, dass ich die Rehamaßnahme mache. Der Antrag hing aber noch beim Rentenversicherungsträger. Und ich hatte nach der Bewilligung auch nicht mehr wirklich viel Einfluss auf die Maßnahme. Da konnte ich aber mit Leben.

Der Arzt deines Vater soll auf alle Widerspruch einlegen. So lange der nicht bearbeitet ist, wird an sich weiter Krankengeld gezahlt. Und darum geht es, denke ich, im Endeffekt. Dann wird es wahrscheinlich auch zu einem Gutachtertermin kommen. Ansonsten alle Unterlagen die dein Arzt hat mal bei der Krankenkasse einreichen. Bis der Widerspruch bearbeitet ist, wird dann ja auch eventuell die geplante Operation anstehen und dann ändert sich die Sachlage eh noch mal.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Also das die Krankenkasse deinen Vater gesund schreibt, glaube ich Dir nicht. Denn meines Wissens nach kann sie das gar nicht. Natürlich kann sie aber unter bestimmten Voraussetzungen das Krankengeld nicht weiter zahlen. Was steht denn genau drin in dem Schreiben? Aufgrund welcher Grundlage soll dein Vater denn wieder gesund sein, was sind da für Gründe aufgeführt, bzw. was wurde ihm mitgeteilt?

Kann es sein, dass die Krankenkasse vielleicht keine aktuelle Krankschreibung bei sich mehr vorliegen hat? Was sagt denn sein Arzt dazu? Du oder dein Vater sollten sich einfach mal mit der Krankenkasse in Verbindung setzen, wenn nicht schon im Schreiben steht, warum die anscheinend nicht weiter Krankengeld zahlen wollen. Dann kannst Du Dich auch gleich vor Ort informieren, was Du dagegen unternehmen kannst. Ansonsten kannst Du mir auch gerne schreiben, wo dran es jetzt anscheinend liegt.

» ygil » Beiträge: 2551 » Talkpoints: 37,52 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



ygil hat geschrieben:Also das die Krankenkasse deinen Vater gesund schreibt, glaube ich Dir nicht.

Soll ich dir das Schreiben schicken? :lol:

ygil hat geschrieben:Denn meines Wissens nach kann sie das gar nicht. Natürlich kann sie aber unter bestimmten Voraussetzungen das Krankengeld nicht weiter zahlen. Was steht denn genau drin in dem Schreiben?

Es steht drin, dass sie Gutachterärzte zu einem Krankheitsverlauf wie dem Seinen befragt haben und daher der Überzeugung sind, dass mein Vater wieder ins Arbeitsleben kann. Sie schreiben ihn damit zum 18. September gesund und er soll sich dann beim Arbeitsamt vorstellen. Dann schreiben sie nur noch, dass es ihnen leid tut meinen Vater nicht telefonisch erreicht zu haben.

ygil hat geschrieben:Aufgrund welcher Grundlage soll dein Vater denn wieder gesund sein, was sind da für Gründe aufgeführt, bzw. was wurde ihm mitgeteilt?

Auf der Grundlage von Gutachtern, die meinen Vater niemals zu Gesicht bekommen haben, aber meinen ihn als Standardfall einschätzen zu können, während sein eigener Arzt im versicherte er müsste noch bis Ende des Monats krank geschrieben werden. Da dieser Arzt ein guter Freund meines Vaters ist kann man auch davon ausgehen, dass er ihm Bescheid gesagt hätte, wenn die Krankenkasse ihm Druck macht, denn das hat der schon immer gemacht.

ygil hat geschrieben:Kann es sein, dass die Krankenkasse vielleicht keine aktuelle Krankschreibung bei sich mehr vorliegen hat?

Doch eine bis zum 25. oder 24. September gültige.

ygil hat geschrieben:Was sagt denn sein Arzt dazu?

Der Arzt ist gerade leider im Urlaub und da das Schreiben Samstag kam wäre da eh nicht viel drin gewesen. 7

Viel lustiger ist eigentlich noch, dass mein Vater schon vor über einer Woche einen Termin zur Einladung bei seiner Beraterin der Agentur für Arbeit bekommen hat. Er ist ja in seinem letzten Arbeitsmonat mit dem Motorrad gestürzt, so dass die Beraterin der Agentur ihn bisher noch nicht wirklich zu Gesicht bekam. Daher und weil er ja noch krank geschrieben ist waren wir auch so verwirrt als eine Terminaufforderung kam, obwohl er ja noch krank geschrieben ist und da eigentlich noch nichts zu suchen hat. Die Beraterin hat nie i den letzten Wochen angerufen und gefragt ob er noch gesund ist aber auf einmal schickt sie ihm einen Termin einen Tag bevor er von der Krankenkasse gesund geschrieben werden soll. Tja sprechen scheinbar alle hinterm Rücken der Patienten nur nicht mit dem und dessen Arzt. Sehr witzig unser System.

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» pichimaus » Beiträge: 2016 » Talkpoints: 6,99 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Pichimaus, das passiert in letzter Zeit scheinbar häufiger, denn in meinem engen Bekanntenkreis war es ähnlich: Arbeitnehmer wurde krank, Firma ging in Insolvenz und entließ daraufhin, A wurde nach einiger Zeit (um die 8 Wochen) wieder als arbeitsfähig erklärt. Da wird dann einfach darauf verwiesen, dass in vergleichbaren Fällen der Arbeitnehmer eben auch schon wieder arbeitsfähig war und basta. In diesem Fall geht es dann eben nicht mehr um Gesundheit sondern um Kosten.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Wie gesagt, ich würde zur Krankenkasse gehen bzw. anrufen, und da nachfragen. Dann würde ich den Fall schildern, warum es notwendig ist, dass dein Vater noch weiter krank geschrieben ist. Wenn die Krankenkasse es halt beurteilt nach dem Standardverlauf, musst Du halt denen klar machen, dass es hier halt nicht um einen normalen Verlauf geht. Wenn Du dann die Unterstützung des behandelnden Arztes hast, ist es doch schon mal gut.

Dann würde ich fragen, was man jetzt tun muss, damit die Krankschreibung denn auch als solche weiterhin anerkannt wird. Dort sitzen ja keine Ärzte, vielleicht wird es wirklich zu einem Gutachtertermin kommen.

» ygil » Beiträge: 2551 » Talkpoints: 37,52 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Aber an sich sollte ygil recht haben. Einfach gesund schreiben kann einen die Krankenkasse doch gar nicht. Zunächst hat das der behandelnde Arzt zu beurteilen und er gibt seine Meinung ab. Sollte die Krankenkasse daran Zweifel haben, dann hat sie den MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) vorbeizuschicken und die haben sich dann deinen Vater anzugucken. Einfach hinter einem Schreibtisch sitzen und sich dann ein genaues Bild über einen Krankheitsverlauf machen zu wollen, geht halt nicht. Und woher sollen die Bürokaufleute bei der Krankenkasse sowas auch wirklich beurteilen können.

Was aber nicht heißen soll, dass ich dir nicht glaube, dass die Krankenkasse trotzdem einfach so gehandelt hat. Normalerweise müsste sich dann eigentlich der behandelnde Arzt nochmal dazu äußern, warum er der Meinung ist, warum dein Vater länger als der Durchschnittspatient krank ist und das sollte dann kein Problem sein. Andernfalls würde ich die Krankenkasse kontaktieren, ihnen das mitteilen und wenn sie nicht einsichtig sind mit dem Wechsel der Kasse drohen oder den Weg zu einem Anwalt suchen.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Pichimiaus hat das Verfahren hier schon sehr klar erläutert:

Es steht drin, dass sie Gutachterärzte zu einem Krankheitsverlauf wie dem Seinen befragt haben und daher der Überzeugung sind, dass mein Vater wieder ins Arbeitsleben kann

Das heißt im Endeffekt soviel, dass der Vater nicht direkt vom Gutachter gesehen wurde, sondern der nur nach Aktenlage entschieden hat. Ein Vorgang den ich in der Form oder ähnlicher Form leider schon oft gehört habe. Deshalb rate ich weiterhin Widerspruch einzulegen. Spätestens dann müsste an sich genauer geprüft werden.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


LittleSister hat geschrieben:Pichimiaus hat das Verfahren hier schon sehr klar erläutert:

Es steht drin, dass sie Gutachterärzte zu einem Krankheitsverlauf wie dem Seinen befragt haben und daher der Überzeugung sind, dass mein Vater wieder ins Arbeitsleben kann

Das heißt im Endeffekt soviel, dass der Vater nicht direkt vom Gutachter gesehen wurde, sondern der nur nach Aktenlage entschieden hat. Ein Vorgang den ich in der Form oder ähnlicher Form leider schon oft gehört habe. Deshalb rate ich weiterhin Widerspruch einzulegen. Spätestens dann müsste an sich genauer geprüft werden.


Wir sind uns ja da alle einig, wie es gelaufen ist. Keine Frage, das steht ja schon im Eröffnungspost ausführlich beschrieben. Aber darum geht es ja gar nicht. Es geht doch um die Frage, ob das auch wirklich so richtig ist, wie es da gelaufen ist und da habe ich persönlich doch meine argen Bedenken.

Natürlich hat jede Krankenkasse das Recht eine Entscheidung oder Diagnose des behandelnden Arztes in Frage zu stellen. Aber ersten kann das weder der Sachbearbeiter der Krankenkasse (und viel mehr rennt da nun mal nicht rum) beurteilen noch kann das ein Gutachter ohne den Patient gesehen zu haben. Und genau aus diesem Grund gibt es den MDK, der das für die Krankenkassen übernimmt, aber keiner angehört. Der MDK soll dabei möglichst neutral sein, vorallem aber muss der MDK zur Begutachtung eigentlich selber mal zum Patienten kommen und kann sowas nicht vom Schreibtisch aus machen.

Und selbst wenn der MDK zu einer anderen Entscheidung als der behandelnde Arzt kommt, ist das noch keine bindende Entscheidung. Der behandelnde Arzt hat dann immer noch die Möglichkeit darzulegen, warum er eine andere Sicht hat, es gibt ja da immer mal Dinge die man nach 2 Monaten Behandlung einfach besser beurteilen kann, als es ein Gutachter bei 1-2 Sichtungen des Patienten kann.

Da der behandelnde Arzt aber gerade im Urlaub ist, denke ich sollte es gerechtfertigt sein, um einen Aufschub bei der Krankenkasse zu bitten. Andernfalls eben zum Vertretungsarzt gehen und dem das Problem schildern. Der wird wohl aus mangelnder Kenntnis des Patienten nicht viel machen können, kann deinen Vater aber zur Not erstmal "neu" krank schreiben.

Wie gesagt ich würde mir das jedenfalls so nicht gefallen lassen. Zunächst mit meinem Arzt beraten und gegen den Bescheid der Krankenkasse vorgehen und wenn diese nicht einsichtig ist, die Kasse wechseln. Das ist nunmal die stärkste Waffe die ein Patient gegen seine Krankenkasse hat.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Also das der MDK jeden Patienten gesehen haben muss, um ihn zu beurteilen, stimmt nicht so ganz. Aber es wird in dem Schreiben ja vermutlich auch etwas stehen, wie ein Rechtsbehelf? Wenn es nun in diesem Fall über die normale Krankheitszeit andauert, dann muss man das halt klären.

» ygil » Beiträge: 2551 » Talkpoints: 37,52 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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