Warum sind viele Leute gegen den neuen Stuttgarter Bahnhof?

vom 26.08.2010, 10:25 Uhr

Hallo,
im Fernsehen und Radio hört und sieht man ja seit Tagen und Wochen, dass sehr viele Menschen gegen die Erneuerung des Stuttgarter Hauptbahnhofes (Stuttgart 21) demonstrieren, laut Fernsehbericht waren es über 10000 Menschen. Soweit ich das mitbekommen habe soll der neue Bahnhof dann unterirdisch sein. Vor ein paar Tagen haben Demonstranten die Gleise besetzt und heute Vormittag habe ich in den Radionachrichten gehört, dass einige Menschen eine Sitzblockade planen.

In den Fernsehberichten wurde allerdings nicht erwähnt warum so viele Menschen gegen den Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofes demonstrieren. Laut Berichten soll an der Stelle des alten Bahnhofes ein neues Stadtviertel entstehen, was so ja eigentlich nicht schlecht klingt.

Kann mir vielleicht jemand von euch sagen, warum so viele Menschen gegen diesen Neubau sind?

» josey » Beiträge: 346 » Talkpoints: 4,28 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Wenn du die Medien verfolgt hättest, was in Köln passiert ist, als unterirdisch die Schienen verlegt werden sollten, hättest du wahrscheinlich auch Bedenken. Dort sind ganze Häuser eingestürzt. Sicher muss sowas nicht unbedingt passieren, wenn man sorgfältig arbeitet. Aber ich hätte auch Bedenken, wenn sie hier einen unterirdischen Bahnhof oder unterirdische Schienen bauen würden.

Das Risiko scheint auch in Stuttgart sehr hoch zu sein, weil die Bodenbeschaffung nicht unbedingt geeignet sein soll. Bedenken wurden von vielen Leuten geäußert. Viele Leute argumentieren damit und dass es eben bisher auch gut funktioniert hat und nicht einsehen, warum so viele Gelder für einen unterirdischen Bahnhof verprasselt werden, wo es auch anders gehen würde.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Ich wohne in Baden-Würtemberg und deshalb ist das Thema in unseren Regionalnachrichten natürlich ziemlich präsent. Ich habe bis jetzt noch von keinem Gegner irgendwas über Bodenbeschaffenheit gehört, wobei es aber wohl schon so ist, dass es deshalb ein paar Bedenken gab. Und mit Köln kann man das hier eh nicht vergleichen, weil dort doch massiver Pfusch statt gefunden hat.

Den Gegnern geht es vielmehr um die Tatsache, dass das ganze verdammt teuer wird, was zur Folge haben wird, dass sich das Land auf Jahre hinaus verschuldet, worunter natürlich auch ganz viele andere Projekte leiden werden. Außerdem gibt es wohl neue Gutachten, die besagen, dass das Bauprojekt so wie es geplant ist nicht effektiv sein wird und deshalb wesentlich teurer sein wird, als die Stadt zugibt.

Dazu kommt sicher auch noch die Frustration darüber, dass zahlreiche Unterschriftenaktionen von der Stadt ignoriert wurden und ein Bürgerentscheid nicht zugelassen wurde, bei dem die Wahrscheinlichkeit eine Mehrheit gegen dieses Projekt zu bekommen groß gewesen wäre.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Das Ding ist einfach unverhältnismässig teuer und dann noch nicht einmal eine Lösung, die wirklich praktikabel sein dürfte. Besonders aber der Faktor der Kosten und der Sinnvolligkeit (was ein Wort) bringt die Schwaben auf die Palme. Denn: Die wahren kosten dürften um ein vielfaches höher liegen, als jetzt bereits veranschlagt (und das wurde ja auch bereits mehrmals empfindlich nach oben korrigiert) und die Bürger fragen sich da: Für eine verkehrstechnisch eh nicht optimale Lösung soviel Geld ausgeben, was wir eigentlich nicht haben und das dann überall anders fehlt? Wir sind Schwaben, davon halte wie nix. :-).

Es ist aber nicht nur "Spare, spare, Bahnhöfle baue", sondern auch andere bedenken, wie zB das der Bau einen negativen Einfluß auf die berühmten Mineralquellen haben könnte und einige regt es auch schon auf das der eigentlich denkmalgeschützte alte Bahnhof partiell weichen muß. Da kommt so einiges zusammen - "nur" wegen einer Sache würde sich kein Schwabe SO aufregen.

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» Nephele » Beiträge: 1047 » Talkpoints: 2,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Warum viele gegen das Projekt Stuttgart 21 sind? Weil das Bauprojekt eine Menge Geld kostet, was für viel sinnvollerer Projekte eingesetzt werden könnte. Und weil im Stuttgarter Schlossgarten 300 Bäume gefällt werden und dies das Stadtbild von Stuttgart zerstört.

Es gibt sicherlich noch viele weitere Gründe gegen das Bauprojekt, aber diese Gründe finde ich persönlich sehr wichtig. Vorallem der erste Punkt, ist meiner Meinung nach ein fataler Fehler. Es gibt so viel Not und Armut und schreckliche Dinge auf der Welt. Warum also einen Durchgangsbahnhof bauen, wenn es mit dem alten doch auch funktioniert!?

» kleineSonne » Beiträge: 9 » Talkpoints: -0,98 »


Viele der Demonstranten wollen nicht einsehen, dass für einen neuen Bahnhof viel Geld ausgegeben wird, welches dann an anderer Stelle wieder fehlt. Schließlich bringt der neue Bahnhof laut einen Gutachten keinen besseren Durchgangsverkehr und auch keinen besseren Anschluss an das Bahnnetz. Das dafür, dass sich eigentlich nichts an der Verkehrssituation ändert Geld hinausgeschmiessen wird, ist wirklich sehr fragwürdig. Würde man dieses Geld in Bildung stecken, könnte man mehrere neue Schulen bauen und die Lehrer auch noch fast ein Jahr zahlen.

Der 2.Grund ist wohl, dass viele Menschen mit ihren alten Bahnhof so etwas wie eine emotionale Bindung haben. Sie finden es einfach schade, dass ihr liebgewordener alter Bahnhof abgerissen wird und dafür ein neuer Betonklotz hinkommt, der für sie keine Verbindung zum alten Bahnhof mehr hat.

Als 3. Grund wird für einige Leute wohl der Umweltschutz zu nennen sein, denn für diesen Bau werden circa 300 Bäume gefällt und auch die Abrissmaschinen und der Neuaufbau benötigt viel Energie und setzt viel CO2 frei.

Auch noch zu nennen ist die Lärmbelästigung während den Bauarbeiten, die immerhin mehrere Jahre dauern sollen. Die Anwohner werden in dieser Zeit sehr oft Baustellenlärm zu hören haben; und wer hat schon gerne jahrelang ständig eine Baustelle neben sich?

Als Letztes kommt wahrscheinlich noch hinzu, dass bei der Planung des Umbaus des Bahnhofs nicht einmal die Bewohner Stuttgarts gefragt worden sind, ob sie dafür sind, dass dieser Umbau vorgenommen wird. Auch ein Bürgerentscheid diesbezüglich ist schließlich abgelehnt worden, obwohl der Plan höchstwahrscheinlich keine Mehrheit bei der Bevölkerung gehabt hätte.

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» freezer899 » Beiträge: 66 » Talkpoints: 31,31 »


Die Menschen sind einfach dagegen, dass das Geld für einen Bahnhof ausgegeben wird. Der Bahnhof in Stuttgart ist zwar etwas veraltet, aber immer noch ganz gut. Der neue Bahnhof sieht dann zwar besser aus, aber praktischer sind die Verbindungen dadurch auch nicht. Deswegen denken viele Kritiker, dass der Bau völlig unnötig ist.
Ich bin auch einer von denen! Das Geld sollte ja auch für etwas anderes genutzt werden. Vielleicht sehen viele Menschen auch die emotionalen Verbindungen des Bahnhofs: Ein jahrzehntealter Bahnhof wird abgerissen. Das ist für viele Menschen nicht einfach. Ich hoffe, dass sich die Regierung richtig entscheidet und das Geld für etwas wichtigeres eingesetzt wird.

» Ranny97 » Beiträge: 61 » Talkpoints: 24,09 »



Das Hauptproblem der meisten Stuttgart21-Gegner ist wohl, dass der alte Bahnhof noch gut in Schuss gewesen ist. Eine ansprechende Modernisierung der bestehenden Gebäude wäre wesentlich kostengünstiger gekommen als ein Neubau. Dazu kommt, dass es kein Gutachten gibt, welches bescheinigt, dass mit dem neuen Bahnhof mehr Gewinn gemacht werden könnte als mit dem alten. Das Verkehrsaufkommen wird sich durch die Verlegung des Bahnhofs nicht ändern, der Stadt Stuttgart geht es lediglich um Optik und Image. Die Bürger haben einfach Angst, dass ihre Steuergelder zum Fenster hinaus geschmissen werden, bzw. in die Erde eingebuddelt.

Auch der emotionale Faktor des alten Bahnhofs darf nicht außer Acht gelassen werden. Viele Bürger sehen in den Gebäuden eine Art Wahrzeichen Stuttgarts. Einige fordern sogar, der Bahnhof solle unter Denkmalschutz gestellt werden. Ob diese Forderungen berechtigt sind, kann ich allerdings nicht beurteilen. Fakt ist aber, dass der alte Bahnhof den Menschen etwas bedeutet, er ist für sie schützenswert.

Und nicht nur der alte Bahnhof wird zerstört, das Stadtbild wird auch durch die Rodung zahlreicher Bäume im beliebten Schlossgarten gestört. Dies ruft natürlich die Umweltschützer auf den Plan.

Auch ich bin der Meinung, obwohl ich nicht in Stuttgart wohne, dass die Politiker mit Stuttgart21 einen gewaltigen Fehler begehen. Das veranschlagte Geld könnte wesentlich sinnvoller in andere Bereiche, wie zum Beispiel die Bildung, investiert werden. Außerdem wird es den betreffenden Politikern wohl bei der nächsten Wahl wohl das Lachen aus dem Gesicht wischen, wenn sie die Quittung dafür bekommen, dass sie den Willen 1000er Bürger einfach so übergangen haben.

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» Cherrytree » Beiträge: 62 » Talkpoints: 0,06 »


Mit "wollen" und "gefallen" hat der massive Widerstand nicht viel zu tun. Die Gegner dieses Milliardengrabes haben ja überhaupt nichts gegen einen verbesserten Nah- und Fernverkehr. Aber genau das kann der neue Bahnhof nicht leisten:

1. Die Fernverkehrsstrecke, die zum Stuttgarter Flughafen führt, müssen sich ICE und S-Bahn teilen. Sobald es zu Verspätungen kommt stellt sich schnell die Frage, wer wird warten müssen. Ein ICE hinter einer S-Bahn oder muss die S-Bahn so lange warten bis der ICE durch ist?

2. Sowas wie ind er Schweiz üblich, ein integraler Taktverkehr, wird nicht möglich sein. Hier fahren zuerst die Nahverkehrszüge, dann die Schnellzüge ein und umgekehrt wieder raus. So treffen sich alle im Bahnhof und man kann problemlos umsteigen. Dafür fehlen bei S21 die Gleise, sowohl im Bahnhof als auch bei den Zufahrten.

3. Der Güterverkehr bekommt sogar noch weniger Gleise, was aber eher die Schnellbaustrecke betrifft. Diese kann auch nicht von Güterzügen befahren werden, zu steil.

4. Im gesamten Bundesland leidet der Nahverkehr, denn bereits seit 2004 blockt die Landesregierung Zuschüsse für Neuanschaffungen von Bussen und Bahnen.

5. Es gibt ganz eklatante Fehlplanungen: um Geld zu sparen wurden die Tunnelröhren kleiner geplant, nur leider gibt es dafür noch keine Bahntechnik. Treibt die Kosten in der Folge doch wieder hoch.

6. Schlossgarten wird zerstört und damit verlieren die Stuttgarter einen beliebten Platz zum Entspannen.

7. Die Befürworter liefern einfach keine Argumente dafür. Zwar behaupten sie es würden damit - ausser den Bauarbeitern - weitere 10.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Aber woher sollen die kommen, weil der Bahnhof unterirdisch ist?

8. Kosten für Bahnhof und Schnellstrecke nach Ulm sollten anfangs rund 2,5 Milliarden Euro kosten. Inzwischen gibt es auch seriöse Gutachten, die von Gesamtkosten von über 18 Milliarden ausgehen. Da das alles über Schulden finanziert wird kommen so umgerechnet jeden Tag 2 Mio allein an Zinsen dazu.

Und es gibt noch tausend andere Gründe.

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» betty » Beiträge: 1460 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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