Neurodermitis beim Baby

vom 21.08.2010, 09:21 Uhr

Ich war gestern bei einer Freundin und ihrem 3 Monate alten Baby zu Besuch und sie hat mir erzählt das der Kinderarzt bei ihrem kleinen Sohn Neurodermitis festgestellt hat. Der Kleine sieht im Gesicht und Nacken wirklich sehr schlimm aus. Der Kinderarzt hat daraufhin gleich Kortison verschrieben, aber meine Freundin möchte davon nichts wissen. Zumindest bei einem so kleinen Kerlchen.

Gibt es hier noch andere Möglichkeiten wie man dem kleinen helfen kann. Irgendwelche Mittel auf natürlicher Basis, oder kommt man um Kortison nicht herum. Was hilft gegen das Jucken? Außerdem soll sie den Kleinen nur maximal zweimal in der Woche baden und hier nur ganz kurz abwaschen und ja nicht länger als ein paar Minuten im Wasser lassen. Ist das wirklich so?

Meine Tochter hatte als kleines Kind zwar keine Neurodermitis aber so einen ganz extremen Hautausschlag und mein Kinderarzt hat mir geraten sie jeden Tag zu baden und auch mit ihr schwimmen zu gehen. So sind wir den Ausschlag sehr schnell los geworden. Ich weiß das ist nicht zu vergleichen aber darf sie wirklich nicht baden gehen mit dem Kleinen. Ich würde mich über viele TIpps freuen, denn meine Freundin ist wirklich ziemlich verzweifelt.

» wiesel » Beiträge: 1303 » Talkpoints: 0,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wie du vielleicht von anderen Beiträgen von mir weißt, hat mein Sohn ebenfalls eine sehr ausgeprägte Form der Neurodermitis. Ich habe schon einen regelrechten Ärztemarathon hinter mir und bisher hat noch nicht wirklich etwas geholfen.

Das Problem bei Neurodermitis ist, dass alles und nichts helfen kann. Deine Freundin wird in nächster Zeit mit Ratschlägen und Weisheiten regelrecht überschüttet werden. Ich werde täglich im Supermarkt, auf Spielplätzen oder wo auch immer darauf angesprochen, was ich nicht noch alles machen könnte. Ich bin auch für jeden Vorschlag dankbar, weil im Großen und Ganzen heißt es einfach alles durchzuprobieren.

Zum Thema Baden kann ich nur sagen, dass es sehr unterschiedliche Meinungen dazu gibt. Auch hier heißt es, es einfach auszuprobieren, was dem Kind gut tut und was nicht. Mein Sohn ist eine regelrechte Wasserratte. Ich bin mit ihm sehr häufig Schwimmen und das auch im Chlorwasser. Dazu raten viele Ärzte ab und andere Ärzte raten sogar dazu. Ich habe es einfach ausprobiert und merke nach jedem Baden eine leichte Verbesserung der Haut, die zumindest für ein bis zwei Tage anhält. Allerdings bin ich in einem Thermalbad und nicht in einem Hallenbad.

Es gibt aber auch sehr große Unterschiede, selbst bei Thermalbädern. Mein Sohn verträgt zum Beispiel das Thermalwasser der Therme Asia Linsberg überhaupt nicht und dort hat sich sein Ausschlag verschlechtert. Warum auch immer, obwohl auf der Homepage der Therme darauf hingewiesen wird, dass das Wasser für Neurodermitiker gut sein soll. Es hilft eben bei jedem was anderes. Die Therme Loipersdorf hingegen ist für Hautkrankheiten nicht bekannt. Mein Sohn hingegen reagiert ganz toll auf das Wasser dort. Innerhalb einem Tag kam es zu einer sehr guten Verbesserung!

Wir waren im Februar auch auf Kur in der Therme Bad Gleichenberg. Dort konnte er sogar täglich im reinen Thermalwasser ohne Chlor baden, aber es hat ihm dort überhaupt nichts gebracht, der Zustand hat sich sogar eher verschlechtert. Ich möchte aber nichts Schlechtes über die Kur dort sagen, ich habe selbst gesehen, wie gut es bei vielen anderen geholfen hat.

Sehr geholfen hat ein Meeresaufenthalt im Juni. Eigentlich war es bisher das Einzige, was meinem Sohn wirklich geholfen hat. Selbst Kortison hat noch nicht eine so gute Verbesserung gebracht. Womit wir gleich einmal bei meinem Lieblingsthema wären, dem Kortison.

Ich persönlich rate deiner Freundin dringend von Kortison ab. Ich war schon immer Kortisongegner, habe mich aber, weil es eben immer schlimmer wurde, doch auf eine Therapie mit Kortison eingelassen. Ich muss sagen, dass es beim ersten Mal auch wirklich gut geholfen hat! Super! Man schmiert die Creme und binnen kurzer Zeit ist der Ausschlag sogar zur Gänze weg gewesen! Ein Traum! Der täuscht jedoch. Da ich meinen Sohn natürlich auch nicht leiden sehen wollte, habe ich die Kortisontherapie weiter gemacht. Obwohl ich mich strikt an die Anweisungen des Hautarztes gehalten habe und das Kortison ausschleichend abgesetzt habe, wie es empfohhlen wird, war es danach um ein vielfaches schlimmer als vorher!

Mir wurde gesagt, dass das normal sei und so habe ich mich nach einigen Wochen zu einer erneuten Kortisontherapie eingelassen, einfach weil der Zustand meines Sohnes unerträglich war. Er fing an durch den Juckreiz nachts nicht mehr länger als 30 bis 45 Minuten zu schlafen und es wurde alles immer nur schlimmer. Beim zweiten Mal mit Kortison war der Erfolg schon nicht mehr so toll, der Körper hat sich bereits nach so kurzer Zeit daran gewöhnt. Nach dem Absetzen wieder eine extreme Verschlechterung und man darf Kortison ja auch nicht langfristig schmieren. Ja und ich habe dann sogar nochmal einen dritten kurzen Versuch gemacht, wo sich der Zustand sogar verschlechtert hat.

Es gibt aber auch genügend Neurodermitiker, die auf Kortison schwören und damit gut über die Runden kommen. Viele Ärzte schlidern auch, dass Kortison heutzutage nicht mehr so schlimm sei, das war es früher, heutzutage ist es bereits viel milder und es geht eben einfach nicht ohne. Deine Freundin wird voraussichtlich keinen reinen Schulmediziner finden, der gegen Kortison ist. Im Prinzip gibt es bei Neurodermitis zwei Parteien: Die Schulmediziner sehen in der Neurodermitis eine unheilbare Krankheit, die man eben immer wieder nur mit Kortison behandeln kann. Alternative Ärzte sehen in Neurodermitis eine Reaktion auf irgendwas und versuchen die Ursache zu finden.

Schulmediziner sehen einer Auslassungsdiät nur als eine zusätzliche Qual. Ich kann bei meinem Sohn definitiv eine Verbesserung feststellen, wenn ich bestimmte Lebensmittel weglasse. Ich kann deiner Freundin empfehlen, dass sie einen Blutallergietest machen lässt. Achtung, viele Ärzte machen das bei Babys nicht gerne. Ist auch kein Spaß, aber bei meinem Sohn kamen sehr viele Lebensmittel raus. Wobei ich auch hier sagen muss, dass es bei Neurodermitis zu falschen Ergebnissen kommen kann.

Wird das Baby noch gestillt? Falls ja, sollte auch die Mutter eine Diät halten. Falls nicht, rate ich dazu keine herkömmliche Babynahrung aus dem Supermarkt wie Hipp und Co zu kaufen. Die sind alle durch die Bank auf Kuhmilchbasis. Es gibt in der Apotheke jedoch auch Babymilchpulver mit reiner Ziegenmilch. Die wird viel besser vertragen.

Stress ist dann so ein weiteres Thema. Man will meinen, dass Babys keinen Stress haben. Irrtum. Mein Sohn ist sehr sensibel und seine Haut blüht jedesmal auf, wenn nur mehrere Leute im Raum anwesend sind. Das kann selbst für Babys ein großer Stress sein!

Alles in allem könnte ich zu diesem Thema schon ein Buch schreiben. Es ist schwer allgemein kurz Tipps zu geben. Ich weiß wie verzweifelt man vor allem durch den Juckreiz sein kann. Ich kenne die durchgehend schlaflosen Nächte, mein Sohn schläft nun seit fast einem Jahr nicht länger als maximal 45 Minuten durch, weil er dann immer durch den Juckreiz aufwacht. Oft wacht er auch nach 15 Minuten schon auf. Ich kenne die entsetzten Blicke anderer Leute, ich kenne die unendlichen Ratschläge die helfen sollen, ich weiß wie es ist, wenn Leute im Supermarkt die Warteschlange wechseln, ich kenne die Reaktionen anderer Kinder aber auch anderer Eltern, die uns sogar schon auf andere Rutschen hingewiesen haben und dergleichen. Neurodermitis kann sehr weitreichende Folgen haben.

Das Thema ist so weitreichend, dass ich nicht weiß wo ich mit dem Erzählen anfangen soll. Wenn du jedoch zu einem Unterthema genauere Infos brauchst, kann ich dir da gerne weiterhelfen. Zu einigen Themen habe ich hier auch schon Threads geschrieben, wo du nachlesen kannst.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


@tournesol
Ich habe gehofft das du dich meldest, denn ich habe schon viele Berichte von dir gelesen und auch das Foto von deinem Sohn gesehen. Ich weiß das es kein Allerweltheilmittel für Neurodermitis gibt und ich versuche eben nur ein paar Tipps zu finden wie ich meiner Freundin weiterhelfen kann. Sie ist ziemlich verzweifelt, obwohl es bei weitem nicht so schlimm ist wie bei deinem Sohn. Aber alleine die Diagnose ist schon ein Schock.

Ich werde ihr die Tipps und Informationen weitergeben und hoffe das es ihr ein wenig hilft. Sie stillt den kleinen noch komplett. Kann es sein das er sehr schnell darauf reagiert wenn sie etwas falsches gegessen hat. Oder dauert die Reaktion immer ein paar Tage, was meinst du? Falls sie noch weitere Fragen hat werde ich mich bitte an dich wenden, wenn ich darf, denn leider hast du hier schon sehr viel Erfahrung gemacht.

» wiesel » Beiträge: 1303 » Talkpoints: 0,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Du kannst dich gerne jederzeit an mich wenden! Ich helfe gerne so gut es geht, auch wenn ich auch nur eher berichten kann, was bei meinem Sohn hilft oder nicht hilft.

Zum Thema Stillen und Diät gibt es ebenfalls unterschiedliche Meinungen. Viele Ärzte meinen, dass die allergenen Stoffe nicht über die Muttermilch zum Kind kommen, andere widerum sind ganz anderer Meinung. Ich war auch in der Stillambulanz in Krankenhaus Eisenstadt. Dort haben sie die Meinung, dass die Mutter eigentlich nicht wirklich eine Diät einhalten muss, neue Studien haben gezeigt, dass Mütter selbst dann Gluten essen dürfen, wenn ihr Kind Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) hat.

Deine Freundin kann es ja einmal ausprobieren und sehen, wie das Baby darauf reagiert. Ich würde es vorerst einmal für einen Zeitraum von 2 Wochen austesten. Wenn das Baby in keiner Weise darauf reagiert, würde ich normal weiter essen. Da bei dem Baby wohl noch keine Austestung gemacht wurde, würde ich einmal eine möglichst allergenarme Ernährung ausprobieren. Allergenreiche Lebensmittel sind in erster Linie: Kuhmilch, Weizen, Eier, Sojaprodukte, Nüsse, Zitrusfrüchte, Tomaten werden auch oft nicht vetragen.

Das ist jetzt aber natürlich nur ein sehr allgemeiner Hinweis. Mein Sohn verträgt zum Beispiel durchaus Zitrusfrüchte, dafür keine Birnen, Bananen, Pfirsiche und Äpfel. Wobei ich das mit den Äpfeln und Bananen nun schon öfters gehört habe. Ich hoffe, deine Freundin bekommt keinen Schock, wenn sie hört, was sie nicht essen soll. Ich weiß noch, dass ich am Anfang mit meiner Mama gemeinsam Einkaufen war und ich total verzweifelt war, weil ich mir dachte, dass ich so gar nichts mehr essen darf und kann. Der Anfang ist sehr schwer. Nach und nach kommt man aber drauf, dass es nur eine Umstellungssache ist. Inzwischen komme ich damit gut klar.

Das Problem ist aber natürlich auch hier wieder gegeben. Mein Sohn düfte auch auf einige dieser klassisch allergenreichen Lebensmittel allergisch sein, aber nicht auf alle und dafür auch auf einige andere. Das wusste ich zu Stillzeiten noch nicht und so ist es eher die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Aber selbst wenn das Baby nicht nur auf diese Lebensmittel reagiert, müsste deine Freundin zumindest irgendeine Veränderung merken.

Wie schnell so eine Reaktion kommt, ist nur schwer zu sagen. Da mein Sohn auf derartig viele Lebensmittel allergisch ist und nicht nur auf einzelne, ist es schwer zu sagen, wann er auf was reagiert hat. Beim Stillen konnte ich den Zeitraum nicht ausfindig machen. Jetzt, wo er selber isst, merke ich ziemlich schnell, innerhalb einiger Stunden eine Reaktion, wobei das auch hier schwer zu sagen ist, weil er eben auch sehr auf Stress reagiert.

Dann möchte ich noch einen Tipp zur Ausgangsfrage bezüglich Baden zu Hause geben. Deine Freundin kann ihr Kind durchaus öfters Baden. Die meisten Neurodermitiker wollen die Badetemperatur jedoch nicht zu warm. Ich bade meinen Sohn in erster Linie nur mit klarem Wasser, ohne Zusatz. Wenn deine Freundin einen Zusatz verwenden möchte, dann kann sie sich in der Apotheke Balmandol oder Balneum Hermal besorgen. Auch der Badezusatz von Pel Care wird von vielen Hautärzten empfohlen.

Diese Badezusätze enthalten ein rückfettendes Öl. Das ist wirklich ziemlich wirksam. Vor allem beim Baden mit Balmandol, bleibt beim Herausnehmen des Babys aus dem Wasser eine Fettschicht auf der Haut und man muss aufpassen, dass man das Baby gut festhält. Also auch nicht zuviel von dem Badezusatz verwenden.

Was deine Freundin auf jeden Fall auch ausprobieren kann, ist eine Zinksalbe. Sie bekommt auch sehr günstig aus der Apotheke eine reine Zinkpasta, pasta zinci, heißt sie. Sie braucht da nur eine kleine Tube. Die Pasta ist ganz fest und ist auch nur schwer zum Auftragen. Sie zieht auch nicht oder kaum in die Haut ein und es bleibt ein weißer Film. Am besten am Abend vor dem Schlafengehen auftragen. Ich kann Zink nur sehr empfehlen. Es wirkt entzündungshemmend, antibakteriell und hilft auch gegen den Juckreiz. Ein wenig zumindest. Sie braucht aber nur die roten Stellen damit eincremen.

Mir wurde diese Pasta von den Therapeuten bei der Kur in Bad Gleichenberg empfohlen. Ich sage es gleich, Schulmediziner sehen auch hier keinen Nutzen. Manche raten dazu auch ab, weil Zink auch eine austrocknende Wirkung hat und meinen, dass wenn man es zu lang und großflächig verwendet, kann die Haut nicht gut atmen. Deswegen würde ich nur die roten Stellen damit eincremen. Da bei meinem Sohn jedoch der ganze Körper betroffen ist, schmiere ich ihn so wie bei der Kur gelernt, auch den ganzen Körper ein. Wenn die Entzündung dann weg ist oder zumindest eben um einiges besser, dann kann sie die Zinkpasta mit ein wenig Hautcreme mischen.

Als Pflegecreme würde ich auch auf jeden Fall eine aus der Apotheke nehmen. Ich habe gute Erfahrungen gemacht mit einer 50/50 Mischung von Ultrasic/Ultrabas, oder aber auch mit Pel Care. Auf der Kur wurde uns Diprosic empfohlen, die ist nicht so fett. Exipial Lipo Lotion gibt es auch noch. Die habe ich am Anfang verwendet. Die ist jedoch mit Harnsäure, die die Haut sehr geschmeidig macht. Mir wurde es von einem Kinderarzt verschrieben, der nächste Kinderarzt hat widerum gemeint, dass Cremen mit Harnsäure für Babys bis zu einem Jahr nicht so gut sind. Du siehst, es ist wieder das Gleiche, es gibt zu allem unterschiedliche Meinungen.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Noch ein Nachtrag zum Thema Kortison: Viele Neurodermitiker verwenden Kortison, weil es am Anfang eben augenscheinlich wirklich gut wirkt und große Linderung bringt. Viele Ärzte verharmlosen Kortison auch und erklären es damit, dass jeder Körper Kortison hat und man so einen körpereigenen Stoff hinzfügt. Das stimmt auch.

Das Problem ist nur, dass der Körper auch gerne den Weg des geringsten Widerstandes geht. Fügt man durch Cremen oder wodurch auch immer dem Körper Kortison zu, dann gewöhnt er sich sehr rasch daran und verringert dadurch seine eigene Kortisonproduktion, weil der Körper mit der Zeit lernt, dass ihm sowieso Kortison zugeführt wird. So schaukelt sich das immer mehr in die Höhe.

Bei meinem Sohn konnte ich dieses Phänomen sehr gut beobachten. Bei der ersten Kortisontherapie war der Erfolg augenscheinlich großartig, beim zweiten Mal schon weniger und beim dritten Mal noch weniger. Auf jeden Fall war es nach der Behandlung immer extrem schlechter. In der Summe ist es eben einfach ein aufgeschobenes Leid, aber nicht aufgehoben.

Falls deine Freundin sich trotzdem eines Tages für Kortison entscheiden sollte, dann rate ich ihr im Gesicht maximal Hydroderm zu verwenden. Das ist eine sehr gering dosierte Kortisoncreme. Mir hat ein Hautarzt damals sogar eine normale Kortisoncreme auch für das Gesicht verschrieben, aber selbst in der Kinderklinik im AKH in Wien haben sie gesagt, dass das zu stark ist, weil das Gesicht eben noch empfindlicher ist. Und genauso ist es meiner Meinung nach doch mit der ganzen Babyhaut.

Die Kur in Bad Gleichenberg hat mir insofern etwas gebracht, als dass ich dort zahlreiche Leidensgenossen kennen gelernt habe, die schon Erwachsen sind. Ich habe in den 4 Wochen so ziemlich von jedem die Lebensgeschichte bezüglich Neurodermitis erfahren. Es gab genau zwei, die weiterhin mit Kortison zufrieden waren. Ich habe dort derart viele Kortisongeschädigte gesehen, dass mir echt schlecht wurde und das hat mich auch sehr darin bestärkt, kein Kortison zu verwenden.

Ich verstehe manchmal nicht, warum so leichtfertig Kortison verschrieben wird, weil es ja doch so harmlos ist. Die Patienten sind zunächst mit dem Erfolg zufrieden, schmieren brav weiter und dann wird die Haut immer dünner und empfindlicher. Dann wird selbst von den Ärzten geraten das Kortison zu reduzieren, weil es die Haut immer mehr schädigt. Warum kommt diese Empfehlung erst, wenn es zu spät ist?

Ich war im Februar auf Kur. Viele Kurgäste mit Neurodermitis konnten nicht einmal mehr einen Spaziergang machen, weil ihre Haut durch das Kortison bereits so dünn war, dass sie durch die Kälte aufgesprungen ist und zum Bluten begonnen hat. Viele haben mir erzählt, dass sie weder im Sommer noch im Winter großartig ins Freie gehen können, einfach weil es die Haut nicht aushält.

Es ist oft nicht leicht, auf Kortison zu verzichten. Wenn man extrem übermüdet ist, das Kind wegen Juckreiz nicht schlafen kann, ist man sehr versucht, doch Kortison zu schmieren, damit man wenigstens für ein paar Stunden Ruhe hat. Ich würde das auch befürworten, wenn es wirklich für eine Zeit Erleichterung bringen würde und danach nicht schlechter werden würde. Aber was bringen ein paar Tage Ruhe, wenn es danach noch viel schlimmer als vorher wird?

Diese Problematik sehen natürlich auch sehr viele Neurodermitispatienten. Mir haben viele gesagt, dass sie dann eben leider nicht die Härte haben und der Juckreiz so arg ist, dass sie nicht an die weiteren Folgen denken, zumindest nicht in dem Moment. Viele Kurgäste hatten auch schon massive Nieren und Leberprobleme, eben weil es einfach zuviel Kortison war.

Ich möchte trotz allem Kortison nicht allgemein verbannen und verteufeln. Kortison ist eigentlich eine tolle Sache und hat schon viele Leben gerettet. Ich halte Kortison nur bei Neurodermitis für einen falschen Behandlungsweg, weil man es eben langfristig verwenden muss. Man sollte vielmehr auf die Suche der Ursache gehen, auch wenn das die Suche nach der Nadel im Heuhaufen ist. Außerdem hat mir mein Hausverstand gesagt, dass es für ein Baby unter einem Jahr einfach nicht gesund sein kann, die ganze Haut von Kopf bis Fuß mit reinem Kortison einzuschmieren und das auch noch über einen Zeitraum von drei Wochen! So wurde es mir tatsächlich von einigen Schulärzten empfohlen!

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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