Kann man sich Schmerzen etc. einbilden?
Man kann sich krank denken, davon habe ich schon gehört. Es gibt Menschen, die von einer Krankheit lesen oder hören und automatisch entsprechende Symptome entwickeln ohne wirklich an dieser Krankheit zu leiden.
Nachdem was Du beschrieben hast kann ich mir aber nicht vorstellen, dass Du zu dieser Sorte Menschen gehörst. Immerhin wurden tatsächliche Magengeschwüre und Entzündungen gefunden, der Befund ist doch der beste Beweis, dass Du Dir Deine Schmerzen nicht nur einbildest. Außerdem kann ich gerade die ständigen Kopfschmerzen nachvollziehen; der Grund bei mir ist Migräne. Meine Haut juckt zwar nicht, ist aber extrem Berührungsempfindlich. Manchmal tut eine bloße Berührung richtig gehend weh – glaubt mir niemand, ist aber so. Ich habe auch beobachtet, dass ich extrem schnell blaue Flecken bekomme, also vermute ich mal dass ich mir das auch nicht nur einbilde. Auch andere Schmerzen, die Du beschrieben hast, gehören zu meinem Alltag.
Wie Du siehst bist Du nicht ganz alleine, allerdings scheinst Du doch etwas arg gebeutelt zu sein da Deine Beschwerden geballt auftreten. Ich würde Dir empfehlen dich mal komplett auf den Kopf stellen zu lassen. Lass Dich nicht einfach als Hypochonder abstempeln, denn das bist Du ganz offensichtlich nicht. Auch wenn andere Deine Schmerzen nicht ernst nehmen – Du solltest es tun und Dich untersuchen lassen. Vielleicht würde eine Umstellung des Verhütungsmittels schon ein wenig helfen? Manchmal sind es die Hormone, die den ganzen Körper derart beeinflussen.
Der Gang zum Psychologen sollte vielleicht der letzte Punkt auf Deiner Liste sein. Stell Dich erst mal einem Orthopäden vor wegen der Kopf- und Rückenschmerzen. Vielleicht ordnet der mal eine CT an? Wegen der Schmerzen nach dem Sex würde ich mich an einen Frauenarzt wenden (glaub mir, es gibt so viele Gründe warum es danach oder währenddessen zu Schmerzen kommen kann). Wenn Du alles abgeklappert hast, hat sich vielleicht schon so manches Problem verabschiedet.
Ich drücke Dir die Daumen und wünsch Dir ganz viel Kraft auf dem Weg zur Diagnose.
Ein anderer ganz wichtiger Punkt wurde hier noch gar nicht so richtig beleuchtet, nämlich die sogenannte versteckte Angst. Das kann sich nämlich auch unter Umständen bis zu richtigen Panikattacke steigern. Durch die Angst können nämlich auch Schmerzen und andere Sachen ausgelöst werden, denn sie gelten als ein sogenannter Warnhinweis. Auch dieser Warnhinweis sollte ernst genommen werden.
Hallo Pepsi-light,
Ich muss dir in Bezug auf "Schmerzen einbilden" und dem Beispiel "Phantomschmerzen" widersprechen. Dieses Phänomen wird häufig falsch verstanden.
Es bedeutet nicht, nur weil da "Nichts mehr ist", kann da schließlich z.b. kein Zeh mehr jucken oder Fuß weh tun. Weit gefehlt ! Denn - die eigentliche Empfindung SCHMERZ entsteht in unserem Gehirn. Es wird häufig als sog. Schmerzrentrum bezeichnet.
Und wenn wir mal beim Amputationsschmerz/-Beispiel bleiben wollen heisst das, dass die sensiblen Nerven (u.a. auch die Schmerzfasern), die früher mal bis zum Fuß runter reichten jetzt sagen wir mal unterhalb des Knie´s durchtrennt wurden. Wenn die "Heilung" (klingt immer ein wenig Makaber) gut verläuft, bildet sich kein Nervenkonvolut, also eine Art Wucherung, weil der Nerv meint wieder wachsen zu müssen, um die Heilung voran zu treiben. Dann ist der Betroffene "gut dran", denn dann besteht zwar mittelfristig eine gewisse Hypersensibilität im Narbenbereich oder das Gegenteil bzw vice versas und gut is. Stellt sich aber ein Phantomschmerz ein, kann dies z.b. durch eine solche Wucherung (s.o.) entstehen. Denn die Nervenstränge, die für die Schmerzleitung für den Fuß (als Bsp.) zuständig sind feuern jetzt unablässig elektrische Impulse an das Gehirn. Letzteres vergleicht dies mit früheren Erfahrungen, dazu kommen noch hoch komplexe chemische Vorgänge deren Zusammenspiel, die man noch gar nicht so recht versteht. Aber sicher hast du schon in Bio was von Synapsen an Nervenendigungen gehört. Na ja, das führt jetzt auch zu weit. Jedenfalls spielen unsere Erfahrungen, Gefühle, die wir mit Schmerzen gemacht haben (= Schmerzgedächtnis) eine entscheidende Rolle, wie wir im Endeffekt damit umgehen könnnen oder auch nicht. Ich möchte an dieser Stelle für die Neugierigen nur stichwortartig den Hippocampus und das Limbischie System im Gehirn erwähnen, die eine wichtige Rolle bei der Schmerzverarbeitung und NICHT EINBILDUNG spielen.
Ich denke es tut Not und Gut Zusammenhänge, welcher Art auch immer, differenziert zu sehen und sich nicht von Halbweißheiten leiten zu lassen !
Hallo Schreiberling,
so ganz aktuell ist deine Theorie nicht mehr. Entzündungen oder Wucherungen im Bereich der Nervenendungen galten vor 10-20 Jahren mal als mögliche Ursache von Phantomschmerzen, jedoch scheiterten bisher alle Therapiemethoden die darauf beruhten an dieser Stellschraube zu drehen. Von daher ist davon auszugehen, dass man damit Phantomschmerzen nicht erklären kann.
Vielmehr ist es wohl ein Problem wie sich das Gehirn neu orientiert, da ein gewisses Remapping hinsichtlich der zuführenden Leitungsbahnen und der zugehörigen Areale im Gehirn stattfindet. Nur scheint dies nicht immer 100%ig zu funktionieren und es kommt dann zu Fehlleitungen und Missdeutungen. Zudem spielt auch das Schmerzgedächtnis eine wichtige Rolle. Gerade wenn vor der Amputation über lange Zeit Schmerzen bestanden, prägt sich dies sozusagen ein und senkt die Reizschwelle. Menschen ohne vernünftige Schmerztherapie vor Amputationen haben daher auch wesentlich häufiger und stärker Phantomschmerzen.
Allerdings sind Phantomschmerzen ja nicht wirklich mit dem zu vergleichen, was der Threadersteller erfragt hat. Phantomschmerz gehen ja per definitionem davon aus, dass es sich um Schmerzen in einer Gliedmaße oder einem Körperteil handelt, dass nicht mehr existiert. Die hier geschilderte Problematik geht wenn, dann eher in Richtung einer Somatisierungsstörung. Also das normale Körperreaktionen fehlgedeutet werden oder man sich Schmerzen einredet bzw. fühlt in noch bestehenden Körperteile, die dann in der Regel aber gesund sind.
Hallo Klemmchen,
Heute möchte ich auf dein Posting Stellung nehmen, da du mich direkt angesprochen hast:
Zunächst bezüglich der Aussage, dass Entzündungen (von Nerven?, die ich übrigens nicht erwähnt habe!) oder Nervenwucherungen, die nicht therapiefähig sind, können im Umkehrschluß auch nicht die Ursache für die Schmerzen am Beispiel des Phantomschmerzes sein. So habe ich dich verstanden. Doch da hast du das "Pferd von hinten aufgezäumt", so sagt man wohl. Doch nur weil eine Therapie erfolglos ist, kannst du nicht behaupten, dass die Ursache nicht existent ist oder die pathologische Veränderung nicht für eine andere "Sache" ursächlich ist. In unserem Bsp. die Schmerzen.
Das Beispiel Phantomschmerz habe ich nur aufgegriffen, da es in einem anderen Beitrag weiter oben bereits erwähnt wurde. Ich versuchte "Pepsi-light" daran deutlich zu machen, wie es sich mit dem Phänomen "Schmerzen einbilden" verhält.
Deine Erklärung des Schmerzzentrums kann ich nur 1:1 übernehmen. Vielleicht habe ich mich etwas unglücklicher, komplizierter ausgedrückt. Im Grunde wollte ich aber Ähnliches ausdrücken.
Ein weiteres Re: Das Aufgreifen meiner These, dass wahrscheinlich eine Somatisierungsstörung vorliegt, ist mir selbstverständlich sehr sympathisch, habe ich dies bereits in meinem ersten Beitrag beschrieben.
Ich bin davon überzeugt, dass die Themenstellerin gut bedient wäre, würde sie die Chance nutzen und sich bei einem Facharzt/Ärztin für Psychotherapeutische Medizin und Psychotherapie vorstellen, wie bereits ausführlich beschrieben.
An dieser Stelle möchte ich aber noch einen neuen Aspekt zur Diskussion stellen: Auffallend ist doch mit zunehmendem Posting, dass die Themenstellerin die Beitragsteller zunehmend in mind. zwei Lager spaltet. Mir geht es nicht darum, nicht auf zwei Lager festgenagelt zu werden, sondern auf den Spaltungsprozess per se.
Diese Prozesse sind besonders häufig anzutreffen, bei Patienten mit tiefergehenden sog. Persönlichkeitsstörungen. Sie sind aber auch nicht selten bei den bereits mehrfach benannten Somatisierungsstörungen.
Doch das hier weiter auszuführen, würde denke ich zu weit führen, sondern wäre eher ein Beitrag für sich.
Ich hoffe, dass du mich jetzt besser verstanden hast und erkennen konntest, dass wir im Grunde (fast) das gleiche Verständnis in Bezug auf Schmerzverständnis haben. Und uns wahrscheinlich auch mit der wahrscheinlich sinnvollsten Hilfe, die Themenstellerin betreffend, einig sind?!
schreiberling44 hat geschrieben:Zunächst bezüglich der Aussage, dass Entzündungen (von Nerven?, die ich übrigens nicht erwähnt habe!) oder Nervenwucherungen, die nicht therapiefähig sind, können im Umkehrschluß auch nicht die Ursache für die Schmerzen am Beispiel des Phantomschmerzes sein. So habe ich dich verstanden. Doch da hast du das "Pferd von hinten aufgezäumt", so sagt man wohl. Doch nur weil eine Therapie erfolglos ist, kannst du nicht behaupten, dass die Ursache nicht existent ist oder die pathologische Veränderung nicht für eine andere "Sache" ursächlich ist. In unserem Bsp. die Schmerzen.
Natürlich gibt es Phantomschmerzen keine Frage. Und natürlich gibt es Entzündungen von Nerven bzw. einer Wucherung vergleichbare Prozesse nach Amputationen. Und diese können sehr wohl Schmerzen verursachen. Allerdings wohl eher keine "echten" Phantomschmerzen. Früher glaubte man das mal und startet ja diverse Therapien, amputierte mit unter einfach mutig weiter dem Körperrumpf entgegen um diese Wucherungen zu entfernen. Das brachte aber nur sehr selten gute Ergebnisse.
Ein gute Schmerztherapie vor Amputationen zeigt dagegen jedoch erstaunlich gute Ergebnisse und das ohne, dass man Entzündungsprozessen entgegen wirkt. Das muss natürlich im Umkehrschluss jetzt nicht heißen, dass es die Theorie mit den Wucherungen oder Entzündungen gar nicht sein kann und die mit dem Schmerzgedächtnis bzw. falschem Remapping die einzige wahre Theorie ist. Jedoch zeichnet sich eben ein gewisser Trend ab, der mit Studien belegt ist, dass sich das Bild bezüglich der Phantomschmerzen wandelt. Wobei man natürlich dazu sagen muss, dass da wohl auch vieles noch nicht hinreichend geklärt ist.
Ich finde es aber gut, dass du dich der Sache annimmst und mit deinem Wissen gerade hinsichtlich Phantomschmerzen oder Somatisierunsstörungen die Diskussion bereicherst. Denn wenn man sich eine Aussage wie von Nour anschaut, wo es heißt, "es sei nur eine Ausrede von Ärzten", scheint hier noch in Teilen der Bevölkerung viel Nachholbedarf zu bestehen.
Klehmchen hat geschrieben:schreiberling44 hat geschrieben:Zunächst bezüglich der Aussage, dass Entzündungen (von Nerven?, die ich übrigens nicht erwähnt habe!) oder Nervenwucherungen, die nicht therapiefähig sind, können im Umkehrschluß auch nicht die Ursache für die Schmerzen am Beispiel des Phantomschmerzes sein. So habe ich dich verstanden. Doch da hast du das "Pferd von hinten aufgezäumt", so sagt man wohl. Doch nur weil eine Therapie erfolglos ist, kannst du nicht behaupten, dass die Ursache nicht existent ist oder die pathologische Veränderung nicht für eine andere "Sache" ursächlich ist. In unserem Bsp. die Schmerzen.
Natürlich gibt es Phantomschmerzen keine Frage. Und natürlich gibt es Entzündungen von Nerven bzw. einer Wucherung vergleichbare Prozesse nach Amputationen. Und diese können sehr wohl Schmerzen verursachen. Allerdings wohl eher keine "echten" Phantomschmerzen. Früher glaubte man das mal und startet ja diverse Therapien, amputierte mit unter einfach mutig weiter dem Körperrumpf entgegen um diese Wucherungen zu entfernen. Das brachte aber nur sehr selten gute Ergebnisse.
Ein gute Schmerztherapie vor Amputationen zeigt dagegen jedoch erstaunlich gute Ergebnisse und das ohne, dass man Entzündungsprozessen entgegen wirkt. Das muss natürlich im Umkehrschluss jetzt nicht heißen, dass es die Theorie mit den Wucherungen oder Entzündungen gar nicht sein kann und die mit dem Schmerzgedächtnis bzw. falschem Remapping die einzige wahre Theorie ist. Jedoch zeichnet sich eben ein gewisser Trend ab, der mit Studien belegt ist, dass sich das Bild bezüglich der Phantomschmerzen wandelt. Wobei man natürlich dazu sagen muss, dass da wohl auch vieles noch nicht hinreichend geklärt ist.
Ich finde es aber gut, dass du dich der Sache annimmst und mit deinem Wissen gerade hinsichtlich Phantomschmerzen oder Somatisierunsstörungen die Diskussion bereicherst. Denn wenn man sich eine Aussage wie von Nour anschaut, wo es heißt, "es sei nur eine Ausrede von Ärzten", scheint hier noch in Teilen der Bevölkerung viel Nachholbedarf zu bestehen.
Ich kann dir nur völlig Recht geben, wenn du schreibst, dass es noch viel zu klären gibt, in Bezug auf den Phantomschmerz im Speziellen und dem Schmerzgeschehen/-gedächtnis im Allgemeinen. Aber ganz besonders, wenn man sich solche plakativen Äußerungen antun muss, wie von dir zitiert (s. Nour),
Ich muss gestehen, dass mich solche Aussagen immer wieder auf´s Neue irgenwie schockieren, bin ich doch unverbesserlicher Optimist und davon überzeugt, dass es doch so langsam aber sicher zum Allgemeinwissen gehören sollte, dass nichts mit "Inkompetenz o. Lustlosigkeit von Ärzten" zu tun hat, wenn Patienten permanent mit neuen Beschwerden ankommen oder andere Lokalisationen von Schmerzen angeben. Sondern, dass dies mit großer Wahrscheinlichkeit, wie jetzt schon mehrfach erwähnt, am ehesten innerpsychische Prozesse sind, die sich da "Luft verschaffen".
Mal sehen, vielleicht mache ich bei Gelegenheit zu dieser Thematik in den nächsten Tagen, wenn ich mal etwas mehr Zeit habe, einen Beitrag/Thema dazu auf. Bis dann.
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