Antidepressiva nur Placebos?

vom 30.07.2010, 21:49 Uhr

Bei meinen ehemaligen Job als Aushilfe in einem Zeitschriftenladen war mir vor einiger Zeit bereits das Fachmagazin "Psychologie Heute" aufgefallen. In einem Sonderheft über Depressionen und ihre Wirkung auf die Menschen wurde auch über die Heilansätze mit Hilfe von Antidepressiva angesprochen. Aufgefallen war mir dort eine Äußerung eines Arztes, die mich besonders überrascht hat. Laut dem Beitrag soll die Mehrheit aller verschriebenen Antidepressiva vor allem nur durch den Glauben der psychisch Kranken wirken - der sogenannte Placebo-Effekt. Die Mediziner seien immer noch bei vielen der Medikamente gegen Depressionen unsicher sein, ob die Wirkung auf wahren Tatsachen beruht oder ob sie nur durch den Heilungswunsch vieler Patienten entsteht.

Diese Information hatte mich persönlich sehr überrascht, denn bisher war ich davon ausgegangen, dass die Medizin zur Bekämpfung von psychischen Erkrankungen wie der Depression, sehr gut erforscht wäre. Das Magazin "Psychologie Heute" scheint mir auch nicht irgendein pseudowissenschaftliches Magazin zu sein, sondern Fachliteratur für Psychologen und Betroffene. Dennoch kann ich mir kaum vorstellen, dass wirklich so viele Präparate keine nachgewiesene Wirkung auf die Psyche des Menschen haben.

Wisst ihr genaueres über die vermeintliche Placebowirkung von Antidepressiva? Basieren wirklich so viele Antidepressiva auf dem Placeboeffekt? Oder sollte ich den Informationen aus der "Psychologie Heute" keine Beachtung schenken, weil es sich um kein "ehrenwertes" Magazin handelt?

Benutzeravatar

» Malcolm » Beiträge: 3256 » Talkpoints: -1,99 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Placebos bekommt man nicht auf einem Rezept und auch nicht in der Apotheke. Man bekommt sie vom Arzt direkt mitgegeben. Alle Antidepressiva, die man verschrieben bekommt, sind auch echt. Außerdem kann man es an den Packungsbeilagen erkennen, wo die Nebenwirkungen drin stehen sowie die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Daran kann man einfach erkennen ob es denn nun "echte" Medikamente sind oder Placebos.

Ich habe schon öfter Antidepressiva verschrieben bekommen und habe auch in einer Arztpraxis gearbeitet, die diese verschreibt. Placebos werden meistens bei älteren Menschen angewandt, da die ja ihre ganzen "Wehwehchen" haben.

Kann sein dass der Arzt, in dem Bericht den du gelesen hast, sowas behauptet hat. Vielleicht hat er das auch schon angewandt und Erfolg gehabt. Aber man sollte da sehr vorsichtig sein und nicht mit experimentieren.

Benutzeravatar

» jenny7488 » Beiträge: 324 » Talkpoints: 2,24 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich habe das Magazin einmal zufällig in der Hand gehabt. Generell fand ich es interessant. Aber ich kaufe generell keine Zeitschriften und das Magazin geriet in Vergessenheit. Allerdings war es eher ein Magazin das einzelne Rubriken, die fast alle grossen Frauenzeitschriften haben, die sich nur in irgendeiner Form mit der menschlichen Psyche befassen, zu einem Heft zusammen fasst. In faste jeder typischen Frauenzeitschrift wie zum Beispiel der Brigitte gibt es in jeder Ausgabe mindestens einen Artikel, der sich mit so Themen beschäftigt wie: Wie werde ich glücklich? Wie finde ich den richtigen Partner? Was macht das Leben sinnvoll? und ähnliche Sachen. In Psychologie Heute sind einfach die Themen alle in einem Heft.

In wie weit Psychologie Heute wirklich ein Fachmagazin ist, halte ich für fraglich. Klar werden sicherlich mal Fachleute befragt. Aber für etwa 4 Euro Heftpreis sind das keine Psychiater, die das hauptberuflich machen. Und auf der Homepage zu der Zeitschrift, welche ich mal grob durchgeklickt habe, steht eine Übersicht über die Fachleute die da bereits geschrieben haben. Nach weiteren Nachsehen stelle ich nun fest, das über die Leute nur geschrieben wird, sie aber nicht selbst für die Zeitschrift schreiben. Kam beim ersten Ansehen anders rüber.

Es ist allerdings eine Autorenliste zu finden und die meisten Autoren der Fachartikel scheinen auch Fachleute zu sein. Trotzdem gehen gerade im Bereich Psychiatrie die Meinungen, auch in Fachkreisen, zum Teil auseinander. Ich habe nun nicht nach dem von dir genannten Artikel gesucht. Ich für mich habe die Erfahrung gemacht, das es im ärtzlichen Bereich der Psychiatrie quasi zwei Gruppen von Ärzten gibt. Die eine Gruppe die der Meinung ist, ohne Medikamente geht nichts. Und die zweite Gruppe, die eher von Medikamenten abrät.

Ich habe nun in meinem Leben schon einige Medikamente aus dem Bereich Psychopharmaka genommen. In irgendeiner Form haben fast alle eine Wirkung. Wenn auch nicht immer die gewünschte. Was aber auch vom Behandlungsgebiet abhängig ist. Angefangen habe ich vor Jahren mit einem Antidepressiva. An sich habe ich es nur genommen, um dem Arzt zu beweisen, das die Dinger eh nicht helfen. Ich hielt das alles für Humbuck und glaubte da kein Stück dran. Heute weiß ich, das ich damals quasi die beste Zeit in meinem Leben hatte. Was ich damals auch merkte, also das sie mir halfen. Und das, obwohl ich da nicht dran glaubte. Was ja an sich im Wiederspruch dazu steht, was der Arzt in der Zeitschrift sagt.

Generell denke ich, das es durchaus Medikamente gibt, die mit dem Placeboeffekt arbeiten. In der Psychiatrie ist mir noch keines untergekommen. Wenn sie nicht so gewirkt haben wie sie sollten, hatten sie Nebenwirkungen. Und ich bin nun keiner der die Beipackzettel liest. Ja ich weiß das man das machen sollte. Aber ich gehe immer davon aus, das ich mir so auch keine Nebenwirkungen anlesen kann. Ich studieren irgendwann ein paar Monate nach der Dauereinnahme den Beipackzettel mal, falls keine ernstlichen Probleme auftreten. Und dann kann ich auch bewusst sagen, ach ja die Nebenwirkung hast du ja. Und Placebos sind ja absolut wirkstofffrei. Also können sie an sich auch keine Nebenwirkungen auslösen.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Also ich habe schon einmal gelesen, dass man bei einem Test bezüglich eines speziellen Wirkstoffes einmal Personen mit Placebos oder halt Antidepressiva versorgt hat - natürlich über längere Zeiträume. Die Leute wussten aber natürlich auch davon, nur wussten Sie wohl nicht, wer was bekommen hat. Irgendwie kam dann als Ergebnis dabei raus, dass viele derjenigen, die das Antidepressiva genommen haben, nichts gemerkt haben, während allerdings wohl die Leute mit einer schweren Depression durchaus Veränderungen bemerkt haben bei der Einnahme des Wirkstoffes.

In einem englischen Text darüber stand das dann auch so noch einmal, was zwar merkwürdig klingt, aber wohl tatsächlich der Wahrheit entspricht. Es kommt ja auch immer ganz darauf an, in wie weit das entsprechende Medikament bei einem wirkt. Ein bisschen Hoffnung, bzw. anfängliche Einbildung etwas von Medikament zu merken, ist sicherlich auch oftmals dabei, einfach, weil ja viele auch die Depressionen loswerden möchten, so dass man ja auch eine Wirkung erwartet. Da das zuvor angesprochene Medikament allerdings auch zum Teil nicht so einfache Nebenwirkungen haben kann, ist doch schon recht sicher, davon auszugehen, dass es etwas bewirkt. Ein Freund von mir hatte das mal verschrieben bekommen, und war danach total komisch, sodass er das überhaupt nicht gut vertragen hat. Ich kenne allerdings auch jemanden, der den Wirkstoff hoch dosiert nimmt (natürlich auf Rezept durch den Arzt), und da merkt man relativ schnell "anscheinend" auch aufgrund der Halbwertszeit, wenn mal zwei Tage lang die Tabletten nicht da sind (weil das Rezept nicht rechtzeitig geholt wurde), dass die Stimmung aufgrund der nicht ununterbrochenen weiter geführten Tabletteneinnahme, ganz schnell kippt, und es der Person dann wirklich schlecht geht.

» ygil » Beiträge: 2551 » Talkpoints: 37,52 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Es ist definitiv nicht so, dass alle Antidepressiva auch Placebos sind. Es gibt natürlich welche und ob man sowas verschrieben bekommt oder nicht entscheiden ein Psychater, Psychologe oder Neurologe.

In manchen Fällen ist es durchaus sinnvoll nur Placebos anzuwenden. In vielen Fällen - und das ist die Regel - braucht man "richtige" Medikamente mit echten Wirkstoffen. Wirklich depressiven Menschen ist mit einem Placebo nämlich nicht wirklich geholfen. Da kann man sich noch so sehr vorstellen, dass es sich um ein echtes Medikament handelt. Es würde einfach nicht helfen.

Ich halte das Magazin "Psychologie heute" generell schon für lesenswert. Bedenken sollte man aber, dass auch die immer etwas neues bringen müssen und wollen. Die Überschrift "Die meisten Antidepressiva nur Placebos" macht sich also einfach besser als "Ab und an werden bei Depressionen Placebos verwendet". Sowas will ein Großteil der Menschen dann leider nicht lesen und so muss man zu solchen Tricks greifen. Auch das hat mit Psychologie zu tun.

Benutzeravatar

» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^