Kärnten - Elternführerschein

vom 29.07.2010, 17:42 Uhr

Vorhin habe ich im Autoradio gerade in den Nachrichten gehört, dass es immer mehr Kinder und Jugendliche gibt, die nicht bei ihren Eltern aufwachsen, sondern eben in Pflegeheimen oder dergleichen. Auch der Anteil an betreuten Kindern durch einen Sozialpädagogen zu Hause nimmt immer mehr zu und führt natürlich zu erheblichen Kosten. Es wurde nun überlegt, die Situation durch einen freiwillig durchgeführten Elternführerschein zu verbessern. Genauere Details darüber wurden nicht erörtert, nur dass es etwa 20 bis 25 Stunden dauern soll und damit man zukünftige Eltern motiviert diesen Führerschein zu machen, sollen sie eine finanzielle Belohnung dafür bekommen. Man erhofft sich dadurch, dass diese finanzielle Unterstützung weniger sein wird, als die Kosten, die man sich dann im Idealfall durch Pflegebetreuung oder dergleichen erspart.

Ich persönlich kann mir ehrlich gesagt nicht wirklich vorstellen, dass ein 25 stündiger Kurs die Grundgedanken von Eltern derart ändern kann, dass Kinder dann doch bei den Eltern wohnhaft bleiben. Ich befürworte es, dass so ein Projekt gefördert wird, allerdings wäre da meiner Meinung nach auf jeden Fall eine Langzeitbetreuung notwendig, die jedoch natürlich auch wieder zusätzliche erhebliche Kosten verursacht. Ich denke, wer sich für Kinder interessiert, wird sicher auch aus Interesse diesen Kurs besuchen, aber es wird auch sicher welche geben, die eben einfach des Geldes wegen den Kurs absitzen und ob sich dann in der Moral dieser Personen erheblich etwas ändern wird, ist doch auch fraglich.

Macht so ein Elternführerschein einen Sinn und wenn ja, in welchem Ausmaß? Welche Seminarinhalte wären ratsam? Wie umfangreich sollte so ein Seminar sein? Ist es wirklich rentabel, Kursteilnehmer finanziell dafür zu belohnen, dass sie überhaupt anwesend sind? Ich habe im Laufe meiner Zeit mehrere Ausbildungen gemacht und von daher kann ich nur sagen, dass Bildung auch schnell sehr kostenintensiv werden kann. Ich würde es schon mehr als nur großartig finden, wenn diese Kurse wenigstens kostenlos angeboten werden, aber dass man dafür dann auch noch Geld bekommt, erstaunt mich doch. Gibt es in anderen Ländern vielleicht ähnliche Beispiele?

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Bis Kinder oder Jugendliche eine feste Betreung vom Jugendamt bekommen oder gar aus den Familien heraus genommen werden, muss schon einiges geschehen. Solche Situationen entstehen nicht von heute auf morgen, sondern schleifen sich häufig über Jahre hinweg ein. Darum würde ich grundsätzlich sagen: Wehret den Anfängen!

Und bei vielen Eltern, vor allem den sehr jungen, die ich so beobachten kann, ist es nicht nur blanker Egoismus oder gar Böswilligkeit, die zu der schwierigen Situation führt, meistens sind diese Leute einfach gnadenlos überfordert. Manch einer schafft es nicht einmal seinen Alltag mit Kind zu organisieren, mit schwierigen Episoden, wie der Trotzphase, Problemen in der Schule, einer Erkrankung oder der Pubertät umzugehen wird dann schnell zum Drama. Vielen dieser Eltern würde es vermutlich eine Menge bringen, wenn sie diesbezüglich ein wenig angeleitet würdenund man ihnen Strategien aufzeigte, wie man so etwas managt. Nach Möglichkeit gleich von Anfang an, bevor sich die Lage so zuspitzt, dass die Super Nanny zu Hilfe eilen muss.

Genaue Inhalte müssten natürlich abgestimmt werden und vielleicht wäre es auch sinnvoll verschiedene Seminare für verschiedene Probleme anzubieten. Ich denke aber schon, dass ein solches Angebot von vielen Eltern genutzt und auch unabhängig von dem finanziellen Nutzen, der ihnen winkt, angenommen würde. Klar, manche sind beratungsresistent und sollten am besten gar keine Kinder bekommen dürfen. Aber nicht jede Familie, bei der Sachen schief laufen, macht die Dinge absichtlich falsch. Wieviel die Leute dann tatsächlich umsetzen können und wollen muss sich zeigen, aber ich kenne wie gesagt etliche, die Großmütter, Freundinnen, Nachbarinnen oder Erzieherinnen um Ratschläge für die kleinen Alltagsdinge bitten, diese gierig aufsaugen und anzuwenden versuchen, um besser zurecht zu kommen. Die fänden solche Kurse sicher toll.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


@Sorcya: Da stimme ich dir in vielen Bereichen und Aussagen zu. Wenn ich das jedoch richtig verstanden habe, sollen diese Seminar bereits in der Schwangerschaft stattfinden. Nun sehe ich es grundsätzlich auch so, dass ein möglichst früher Ansatz von Vorteil ist, weil wenn sich die Situation eben zugespitzt hat, ist es oft schon zu spät beziehungsweise noch schwerer.

Allerdings denke ich schon, dass sich viele in der Schwangerschaft ein Leben mit einem Kind noch nicht real vorstellen können, beziehungsweise stimmt es doch gerade bei Kindern so, dass es generell anders kommt als man sich jemals vorgestellt hat, was ja nicht unbedingt negativ sein muss.

Ich möchte den Wert der Seminare auch nicht generell negativ sehen. Den sehe ich sogar eher positiv. Ich würde es eben auch begrüßen, wenn sie zumindest kostenlos angeboten werden. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass diese Seminare auch eine gute Hilfe, meinetwegen auch schon in der Schwangerschaft, sein können.

Wie du jedoch bereits auch schon richtig geschrieben hast, muss doch einiges passieren, damit ein Kind in ein Heim kommt. Und es geht ja in erster Linie darum, den Eltern dieser Kinder zu helfen und da frage ich mich dann schon ernsthaft, ob ein 20 bis 25 stündiges Seminar ausreichend sein kann um derartig überforderten Eltern helfen zu können.

Die Seminare können natürlich eben von jedem besucht werden und alle würden dann eben auch diese finanzielle Unterstützung bekommen. Wäre es nicht vielleicht effizienter, wenn eben nicht alle diese Seminare machen dürfen, oder dass es eben diese Seminare in dieser Form nicht gibt, sondern das Geld mehr für Sozialpädagogen oder Berater eingesetzt wird, die dann den betroffenen Familien konkret helfen können und nicht in einem allgemeinen Seminar.

Man darf ja auch nicht bedenken, dass es zwar immer mehr Kinder gibt, die in einem Pflegeheim und dergleichen landen, aber das ist zum Glück ja bei weitem nicht die Mehrheit. Es ist ja weiterhin noch ein Großteil der Eltern, die mit der Erziehung doch gut klar kommen und auch diese Eltern würden eben diese Seminare besuchen können und die werden es wohl auch mit Freude machen, weil viele davon ja generell an Kindererziehung interessiert sind.

Ich kann mir vorstellen, dass die Einrichtung so eines Elternführerscheines doch mit enormen Kosten verbunden ist und ich bezweifle ein wenig, dass der Hintergedanke, weswegen es diesen Führerschein überhaupt geben soll, aufgeht, also ob deswegen dann weniger Kinder in ein Heim müssen, waage ich zu bezweifeln.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Besser als ein Seminar, dessen Inhalt mit den Jahren zunehmend verblasst, finde ich eine Art Beratungsambulanz, an die man sich jederzeit bei Fragen und Problemen wenden kann.

Besonders junge, oft auch zusätzlich alleinerziehende Mütter ohne Rückhalt aus der eigenen Familie (viele dieser Eltern wachsen ja selbst in zerrütteten Familien auf) bräuchten einen Ansprechpartner, auf den sie bei Fragen und Problemen zurückgreifen können.

Natürlich gibt es auch Eltern. die wirklich egoistisch sind und denen das Wohlergehen ihrer Kinder egal ist, aber denen hilft auch kein Führerschein, da die den eh nur wegen dem.Geld aussitzen würden. Überforderten jedoch mich beratungsresistenten Eltern würde ein fester Gesprächspartner, der ihnen zur Seite steht, aber sicher sehr gut tun und deren Kindern auch.

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» netti78 » Beiträge: 3238 » Talkpoints: 18,35 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich denke, dass so ein Seminar weder den richtigen Rahmen bietet noch die richtige Form ist um Eltern und zukünftige Eltern in Erziehungsfragen zu helfen.

Bei Seminaren, egal zu welchem Thema, in denen in relativ kurzer Zeit relativ viel Wissen vermittelt wird, von dem einiges noch dazu erst sehr viel später zur Anwendung kommen wird, ist es doch immer so, dass man einen großen Teil der Inhalte wieder vergisst. Und bei der Erziehung hat man ja nicht nur das Problem des mangelnden Wissens sondern auch Eltern, die trotz besseren Wissens falsch handeln.

Unter Seminar stelle ich mir außerdem eine Gruppenveranstaltung vor und Probleme in der Erziehung sind doch teilweise ein sehr persönliches Thema, über das nicht jeder gerne vor Publikum spricht. Vielleicht hat der ein oder andere auch Angst, dass er schief angeschaut wird, wenn er bestimmte Probleme zugibt oder sogar ins Visier des Jugendamtes gerät.

Wahrscheinlich wäre es sinnvoller eine Beratungsstelle einzurichten, an die sich die Eltern bei Bedarf wenden können und diese Beratungsstelle könnte ja auch Seminare durchführen, aber eben keine Blockveranstaltungen mit 25 Stunden, sondern immer nur auf ein bestimmtes Thema bezogen. Ich denke das bringt mehr und damit spricht man dann auch wirklich die Leute an, bei denen das Seminarthema gerade aktuell ist. Aber ich denke, dass das sehr viel teurer werden wird, als einfach alle Eltern durch ein Seminar zu schleusen, weil dafür ja permanent Mitarbeiter eingestellt werden müssten.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Nun, das Angebot der Einzelbetreuung ist ja bereits vorhanden. So gibt es eben auch sehr viele Familien, die von Sozialpädagogen betreut werden und das eben nicht in Seminaren, sondern in Einzelgesprächen, konkret auf die Familiensituation bezogen. Das ist meiner Meinung nach auch der richtige Ansatz um diesen Familien zu helfen.

Aber diese Betreuung kostet natürlich sehr viel Geld, das ist mir auch klar. Da es eben auch immer mehr Familien gibt, die so eine individuelle Betreuung benötigen, will man eben so einen Führerschein anbieten, in der Hoffnung, dass es dann bei vielen Familien nicht soweit kommt, dass sie eine Einzelbetreuung bekommen und genau das fürchte ich ist eine schöne Wunschvorstellung, aber wie ein kurzes Seminar eine Einzelbetreuung ersetzen soll, ist mir ein Rätsel.

Und ich sehe es ja schon soweit kommen, dass der Staat dann auf den Kosten des Elternführerscheins und der Einzelbetreuung sitzt. Ich füchte also, dass es in der Summe teurer wird, als es in der derzeitigen Situation sowieso schon ist. Andererseits sehe ich natürlich ein, dass man irgendwas machen muss, damit sich dieser traurige Trend nicht noch weiter fortsetzt. Der Elternführerschein zeigt wenigstens, dass man sich diesbezüglich Gedanken macht, die Lösung ist es meiner Meinung nach aber trotzdem noch nicht.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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