Sich freiwillig im Fernsehen blamieren
Ich habe gestern mal im Fernsehen was rumgezappt und bin bei den Talkshows hängengeblieben und habe nur den Kopf geschüttelt. Ich habe mich dann gefragt, was wohl die Leute dazu treibt, sich freiwillig bis auf die Knochen zu blamieren. Ich würde mich nicht mehr trauen vor die Tür zu gehen. Selbst, wenn alles nur gestellt ist und ich einen anderen Namen in dieser Talkshow habe, so erkennen mich doch die Leute trotzdem und gerade Bekannte würden doch genau sehen, wer ich bin.
Sicher sind die Leute, die sich diese Talkshows regelmäßig reinziehen auch nicht besser als die, die dort "mitspielen". Aber wer durch Zufall mal in eine Sendung zappt und mich da stehen sehen würde der lacht sich doch schief. Was treibt solche Leute dazu sich in Talkshows und anderen angeblichen Reality-Shows dermaßen zum Affen zu machen? Ist es das Geld? Was bekommt man, wenn man sich freiwillig dort zur Show stellt?
Also zunächst mal: Echt ist da nichts mehr. Wie lange nicht, kann ich nicht beurteilen, aber dass irgendetwas von dem was da momentan in der Landschaft läuft noch Wirklichkeit sein soll, bezweifle ich doch stark. Aber früher gab es da sicher mehrere Gründe sich für sowas herzugeben:
Soweit ich weiß, gibt es bei den meisten Reality-Shows einen kleinen Unkostenbeitrag von ein paar hundert Euro. Da ist der Stundenlohn vermutlich gar nicht so übel, auch wenn es mir das noch lange nicht wert wäre. "Jeder hat seinen Preis" heißt es und die Würde mancher Leute gibt es eben billiger als die von anderen.
Außerdem spielt vermutlich das Geltungsbedürfnis der Akteure eine große Rolle, Leute, die da mitmachen wollen Aufmerksamkeit und sei es negative. Das ist ein wenig wie mit unglücklichen Kindern, die zünden Nachbars Lumpi an, nur damit Mami sie mal beachtet und sei es durch Strafen. Bei solchen Figuren ist es vermutlich das gleiche Problem, nur deutlich ausgeprägter. Jeder lacht über einen, aber es kennt einen eben auch jeder!
Und dann lehne ich mich mal aus dem Fenster und unterstelle, dass 80% der Menschen, die sich an so etwas beteiligen, nicht besonders helle sind. Es heißt nicht umsonst "Unterschichts-TV", das bezieht sich nicht nur auf die Zuschauer. Manchen von denen ist vermutlich gar nicht klar, wie sehr sie sich selbst mit ihrem Auftritt demütigen. Und irgendwo habe ich mal gelesen, dass sich der Sender vorbehält aus sämtlichem Material, das während des Drehs entsteht selbst zusammen zu stellen, was gesendet wird. Da werden dann sicherlich auch oft Sachen anders dargestellt, als sie sind oder aus dem Zusammenhang gerissen. Die meisten Teilnehmer blicken da vermutlich erst durch, wenn es bereits zu spät ist.
Und zu guter Letzt, wie schon oben erwähnt: Es handelt sich heute meist um semi-professionelle Schauspieler, die so genannte "reale" Situationen nachstellen. Sprich, es sind nicht mehr Betroffene, die ihr Leben präsentieren, sondern Darsteller, die nach Drehbuch agieren. Das wahre Leben ist oft nicht skandalös genug und manch einer hat dann doch schon begriffen, dass er sich unmöglich macht. Da ist die Zahl der Freiwilligen zumindest für die altbekannten Formate stark gesunken. Weil das Volk aber weiterhin nach Brot und Spielen verlangt, stellt man es eben nach und denkt sich den Schwachsinn aus, dem Zuschauer gefällt es ja auch so. Und den Darstellern muss nichts peinlich sein, es ist nicht ihr Leben, sie machen nur ihren Job.
Ich denke, dass auch in Talkrunden schon lange keine echten Menschen mehr sitzen, sondern drittklassige Schausteller, die eine Rolle vorgegeben bekommen und versuchen diese auszufüllen. Inwieweit das zu Zeiten von Hans Meiser vielleicht noch alles echt war, sei mal dahin gestellt, aber heutzutage stimmt vermutlich keine Silbe mehr von dem, was da aufgetischt wird.
Ob das nun echt ist oder nicht spielt wahrscheinlich keine Rolle, denn es ist ohne gleichen peinlich. Es glaubt doch sowieso fast jeder Zuschauer, dass diese Talkshows tatsächlich echt sind und ehrlich gesagt manchmal glaube ich es auch, wenn ich Leute so im Zug oder so höre, dann denke ich mir, dass die da auch super hinpassen würde. Es gibt ja genügend solcher Menschen, wenn man mal vor die Tür guckt, warum also sollten nicht auch ein paar echte dazwischen sein? Schließlich bekommen die wahrscheinlich auch Kohle, oder hoffen vielleicht auch einige so berühmt zu werden?
Auf jeden Fall sollte in solcher Auftritt einem wirklich sehr unangenehm sein, selbst wenn es dafür Kohle gibt, so haben einen doch genügend Nachbarn und Arbeitgeber und Freunde, Familie gesehen, die einen damit nicht nur gnadenlos die nächsten Jahre aufziehen werden, sondern deren Meinung sich über einen selbst dadurch vielleicht auch ändern wird. Und dummerweise muss man auch mal wieder vor die Tür und solch alltägliche Sachen wie den Einkauf regeln und dann erkennt einen bestimmt die eine oder andere Person. Gott, so etwas könnte ich echt nicht machen.
Die Zuschauer finde ich nicht schlimm. Ich gucke sie mir selbst öfters an, immerhin kann man sich doch manchmal herzlich darüber kaputt lachen wie dämlich die ganze Sendun ist und dann darüber nachdenken, das es im realen Leben auch solche Menschen gibt und man sie vielleicht sogar kennt. Schlimmer finde ich das Publikum, denn das ist ja doch manchmal echt und da frage ich mich ob die Kommentare aus dem Publikum nun echt sind, denn da kommen auch manchmal Ansichten zu Tage, bei denen sich einem die Nackenhaare aufstellen.
Es werden wohl mehrere Gründe mitspielen, die dafür sorgen, dass man sich vor der Fernsehnation zum Affen zu machen. Wobei man anmerken muss, dass die Fernsehnation in dem Fall klein ist, weil ja bekanntlich niemand diese Shows schaut.
Aber ich denke, dass es z.B. die Aussicht auf schnelles Geld ist (Aufwandspauschale), wenn gleich es vermutlich nicht wirklich viel ist. Auch der Gedanke an eine gewisse Prominenz. Man kommt so immerhin ins Fernsehen. Und ist eben bereit, auch etwas dafür zu tun!
Ein wichtiger Aspekt dürfte aber sein, dass jeder Teilnehmer eben von sich überzeugt ist, dass ihm selbst das nicht passiert. Niemand macht sich bewusst zum Affen. Und vieles an Peinlichkeiten entsteht wohl auch durch das zusammen schneiden verschiedener Szenen und Aussagen. Ich denke, dass den Betreffenden so was erst dann bewusst wird, wenn sie das Produkt am Ende sehen. Aber Einfluss dürften sie nicht mehr haben.
Wenn man einen Teilnehmer nach Ende der Dreharbeiten und der Vorführung des Ergebnisses fragen würde, ob die Folge ausgestrahlt werden darf/soll, würden vermutlich alle sich dagegen entscheiden. Ich denke aber, dass die dann eben nichts mehr machen können. Und genau so kommt es zu dem eigentlich nicht fassbaren Umstand, dass Leute vor der Kamera (egal ob echt oder gestellt, egal ob unter richtigem Namen oder nicht) scheinbar freiwillig alles dafür tun, einen entsprechenden Ruf zu bekommen.
In diesen Reality Shows, wie "Mitten im Leben" oder wie sie alle heißen, spielen doch auch Kinder mit. Ist das nicht schon eine Art Kindesmißbrauch, wenn man die Kinder schon in jungen Jahren dazu benutzt sich selber und die Kinder zu blamieren? Wieso ist sowas denn erlaubt? Ich glaube, dass meine Tochter, wenn ich die in jungen Jahren zu einer solchen Show geschleppt hätte, mir heute dafür die Hölle heiß machen würde.
Was die Leute mit sich selber machen, müssen sie ja selber wissen, obwohl ich das nicht verstehen kann. Aber wieso blamiert man seine eigenen Kinder? Müsste sowas nicht verboten werden? Ein kleines Kind hat doch gar keinen eigenen Willen, wenn es mit 8 Jahren zum Beispiel in einer Messiwohnung sitzt und sich kaum bewegen kann.
@Diamante
Für Kinder gelten auch (oder gerade) bei solchen Produktionen die gesetzlichen Bestimmungen was die Arbeitszeiten angeht. So ein Drehtag ist ja nichts anderes als Arbeit. Kinder sind im besonderen Maße (zu Recht) geschützt. Ich denke, die Produktionsfirmen wissen dies und halten sich daran.
Was jetzt die ethische Verantwortung angeht, so liegt die bei den Eltern. Und wenn die damit kein Problem haben oder auf eine Entdeckung des Kindes inkl. einer folgenden Star-Karriere hoffen, wird niemand was machen können. Außer das Kind wehrt sich und die Eltern zwingen es zum mitmachen.
Diamante hat geschrieben:Was die Leute mit sich selber machen, müssen sie ja selber wissen, obwohl ich das nicht verstehen kann.
Sie verstehen es eben nicht! Darum brauchst Du auch gar nicht erst danach fragen, ob sie es denn dann wenigstens verstehen, wenn das eigene Kind betroffen ist. Hier ist immer die Einstellung zu finden, schlauer zu sein als die armen anderen.
Diamante hat geschrieben:Ein kleines Kind hat doch gar keinen eigenen Willen
Und dafür sind die Eltern da. Wenn Du nun aber denen auch die Verantwortlichkeit absprichst, dann bleibt nur, denen das Sorgerecht zu entziehen. Was ich persönlich schon für die härteste Sanktion halten würde - und diese eben für gravierendere Fälle lassen würde.
Hier also schon von Kindesmissbrauch (wobei sich bei dem Wort die Frage stellt, ob es auch einen guten Gebrauch von Kindern gibt) zu sprechen, wäre wohl eine Verharmlosung des echten Tatbestands.
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