Tochter vor Behörden versteckt

vom 28.06.2010, 08:21 Uhr

Es ist die traurige Geschichte der 9-jährigen Medina. Ihre Eltern hatten sich 2009 getrennt, das Mädchen lebte danach bei ihrem Vater. Aufgrund der Trennung wurde sie in der Schule immer schwächer und zeigte aggressives Verhalten. Als Konsequenz daraus erwirkte das Jugendamt im März diesen Jahres einen Beschluss beim Familiengericht. Anschließend kam die 9-Jährige in ein Heim. Der Vater des Mädchens erhebt schwere Vorwürfe gegen die Behörden. Er sagte aus, dass seine Tochter im Heim regelrecht gequält und gedemütigt würde. Als Beispiele nannte er Essensentzug, Ausgehverbot und dass seine Tochter die Toilette reinigen und blutige Tampons von älteren Mädchen entsorgen müsste. Und das alles im Alter von 9 Jahren.

Vergangene Woche es hielt das Mädchen offenbar nicht mehr aus und flüchtete mit dem Fahrrad aus dem Heim und fuhr nach Hause zu ihrem Vater. Über den momentanen Aufenthaltsort seiner Tochter wollte der Vater keine Aussage machen. Er sagte nur, dass sie sich in einiger Entfernung erhole. Vor seiner Gaststätte hat der Vater ein riesiges Transparent mit der Aufschrift "Vatertag? Wo? Das Jugendamt raubt uns legal die Kinder" aufgehangen. Damit will er auf das Schicksal seiner Tochter aufmerksam machen. Das Jugendamt streitet jegliche Vorwürfe ab. Die einzige Aussage, die vom Jugendamt vorliegt ist die, dass es einen Essensentzug nicht gäbe und dass die Reinigungspflichten zum täglichen Tagesablauf gehörten. Sie wollen das Problem allerdings durch Gespräche lösen. Wenn dies zu keinem Ergebnis führe, müsse ein Gericht über den Fall entscheiden.

Wie denkt ihr über diese Geschichte? Ich finde, dass das Jugendamt in manchen Fällen eher zum Unwohl der Kinder handelt. In vielen Fällen ist sich sicherlich gut, dass es das Jugendamt gibt und dass es in schweren Fällen auch eingreift, aber in Fällen wie hier handelt es eindeutig zu voreilig.

» Sebbe2307 » Beiträge: 197 » Talkpoints: 14,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Es ist immer schwierig, einen Sachverhalt zu beurteilen, den man nicht kennt. Wenn man aber voraussetzt, dass der Fall so ist wie geschildert, dann verstehe ich nicht, weshalb das Kind nicht bei seinem Vater leben darf. Sicherlich gäbe es ja auch auch ambulante Unterstützungsmöglichkeiten oder eine Tagesunterbringung des Kindes, und wenn es diese Möglichkeiten nicht in ausreichendem Maße gibt, dann sollte man auf den Ausbau von solchen Angeboten wesentlich mehr Gewicht legen. Bedauerlicherweise hört man immer wieder von Fällen, bei denen die Jugendämter zu früh und so hart reagiert haben, und dann wieder von anderen, wo sie trotz erheblicher Warnsignale gar nicht oder zu spät eingegriffen haben.

Für das Mädchen kann man nur hoffen, dass eine Regelung gefunden wird, die es nicht dauerhaft schädigt.

» RopiusK » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Sebbe2307 hat geschrieben:aber in Fällen wie hier handelt es eindeutig zu voreilig.

Wobei hier doch nichts dafür spricht, dass das Jugendamt zu voreilig reagiert hätte. Immerhin gab es ja auch einen Anlass dafür, dass das Jugendamt überhaupt auf das Kind aufmerksam wurde. Und es ist auch nicht so einfach, dass man sagen kann, dass das Kind auf Grund der Trennung die Probleme in der Schule aber auch mit den anderen Kindern bekommen hat. Schließlich ist sie nicht das einzige Scheidungskind und es ist eben nicht die Regel, dass dann das Leben so aus den Fugen gerät. Hier könnte man auch unterstellen, dass die Eltern mit der Situation und dem Kind in dem Moment überfordert sind.

Das hier der betroffene Vater alle Schuld von sich weist und sogar das Jugendamt beschuldigt, an der verfahrenen Situation mit Schuldig zu sein (oder gar alles verursacht zu haben), bedeutet nicht, dass es der Wahrheit entspricht. Wie sollte jemand auch sonst reagieren, dem man eben behördlicherseits Versagen vorwirft. Ich denke, es ist nicht üblich, dass Eltern in so einer Situation sich und der Gesellschaft eingestehen, dass es so das Beste wäre.

Und wenn nun das Mädchen hier davon spricht, gedemütigt worden zu sein und es sogar so weit kommt, dass es davon läuft, dann würde ich auch beide Extrempunkte betrachten wollen. Der eine Punkt ist der, dass das Mädchen Recht hat und unter unmenschlichen Zuständen hat leiden müssen.

Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass das Kind auch weiterreichende psychische Probleme hat, und man auch in dem Heim schlicht überfordert wäre. Dann hilft nur die Unterbringung in ein anderes Heim, welches eher auf solche Problemfälle vorbereitet ist. Diese Möglichkeit darf einfach nicht außer Acht gelassen werden und nicht immer sind die Behörden an Missständen (die es natürlich definitiv in so ziemlich allen Bereichen gibt) Schuld.

Daher ist doch die Variante des Amtes, den Problemen durch Gespräche auf den Grund gehen zu wollen, nicht mal die schlechteste Variante. Immerhin hast Du hier nicht geschrieben, wie sich die anderen Beteiligten eine Lösung vorstellen wollen und können. Ein Einfaches zurückkehren zu den alten Verhältnissen dürfte aber die schlechteste Lösung sein, weil kein Indikator dafür spricht, dass dann die Situation, welche zur jetzigen Lage geführt hat, nicht wieder vorkommt. Und da besteht eben die Gefahr, dass es noch schlimmer wird und spätestens dann schreien alle, wieso das Jugendamt nicht eingegriffen hat.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Als ich deinen Text gelesen habe, habe ich irgendwie Wut im Bauch bekommen.Es muss doch möglich sein, einem Kind, einem Schutzbefohlenen hier in Deutschland ein einigermaßen erfreuliches Leben zu bieten.

Dass das Kind dem Vater zuerst weggenommen wurde, sagt mir schon Einiges.Das Jugendamt schaltet sich ja nicht ein, wenn sie keine Verdachtsmomente haben.Und bis dann entschieden wird, dass Kind lieber im Heim unterzubringen als bei den leiblichen Eltern, muss viel passieren und es geht viel Zeit ins Land.Die Frage, die ich mir dabei stelle, ist, ob Vater und Tochter sich ganz an die Wahrheit gehalten haben und nicht übertrieben haben.Ich finde es normal, dass man bei unpassendem Verhalten eben auch mal bestraft wird.Solange sich das nur auf Hausarrest bezieht, wird daran kein Kind zugrunde gehen.

Auch, dass man sich an den häuslichen Pflichten (Putzen, Müll raustragen uxw.) beteiligen sollte, damit eine Gemeinschaft funktioniert, sollte jedem klar sein, auch einem Kind bzw einer Jugendlichen.Dass ihr das nicht so ganz in den Kram passt, ist allerdings auch verständlich ;) Wer macht sowas denn gern?

Meine Vermutung liegt eher da, dass die Tochter ihren Tagesablauf etwas "dramatisiert" hat, um Aufmerksamkeit zu bekommen bzw um einen Grund zu haben, aus dem Heim zu entkommen, aus welchem Grund auch immer.Dass Papa da vollkommen überreagiert und seine Tochter nur beschützen möchte, ist nachvollziehbar.

Ich denke aber, dass ein sachlicher Dialog zwischen Vater, Tochter und Betreuern da eher angebracht wäre, als seine Tochter zu verstecken.Der Vater bekommt so nicht nur Ärger mit der Justiz, es zeigt seinem Kind auch, dass "vor Problemen weglaufen" und "auf stur schalten" eine adäquate Lösung für Probleme ist.Stattdessen sollte er seinem Kind lieber als gutes Beispiel vorangehen und Lösungen suchen, die auf Dauer allen helfen, ein vernünftiges Leben zu führen.

» TheDutchess » Beiträge: 537 » Talkpoints: 0,67 » Auszeichnung für 500 Beiträge



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