Bedingungsloses Grundeinkommen - Meinungen
Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens wird ja immer wieder mal aufgegriffen und diskutiert. Neben der Finanzierbarkeit, die in der Regel durch Einschnitte beziehungsweise den Wegfall anderer Sozialleistungen gesehen wird, wird auch immer die Frage diskutiert, wie denn die Folgen dieses bedingungslosen Grundeinkommens aussehen.
Aufgrund der Erfahrungen mit dem Arbeitslosengeld 2 wurden ein paar noch nicht genannte Aspekte ins Spiel gebracht. Ein Problem wurde tatsächlich auch in der Arbeit und der Möglichkeit das Einkommen aufzustocken. Hier wurde vermutet, dass sich dadurch noch mehr ein Riss durch die Gesellschaft bilden würde als jetzt schon. Denn es würde immer ein paar Menschen geben, die auch sehr viel arbeiten würden, um sich ein entsprechendes Einkommen zu sichern.
Die breite Masse würde weiter einen Job haben, um sich so ein wenig Luxus wie bisher gönnen zu können. Die Frage, die aber nicht belegt werden konnte: was ist mit denen, die mit dem Grundeinkommen zufrieden sind und nicht arbeiten wollen. Dass sie nicht als Arbeitskräfte zur Verfügung stehen ist dabei wohl das kleinere Problem, interessanter wäre zu wissen, ob solche Menschen nicht vereinsamen, weil sie gar nicht gezwungen sind, sich unter Menschen zu begeben.
Zum Thema unangenehme Arbeiten denke ich auch, dass es sehr idealistisch ist an die Einsicht zu appellieren. Gerade das sehe ich aktuell aber auch nicht gegeben.
RopiusK hat geschrieben:Hier ist davon die Rede, dass es nicht fair ist, wenn man Geld ohne Gegenleistung erhält. Soviel ich weiß, ist bisher noch kein Kind gefragt worden, in welche Familie und in welche gesellschaftliche Schicht es hinein geboren werden möchte. Ist dies vielleicht fairer?
Was willst du denn fordern RopiusK? Dass jedes Kind ab der ersten Sekunde seines Lebens die gleichen Chancen hat? Dann müsste man alle Kinder sofort in staatliche Hände geben. Warum sollte denn eine Familie, nur weil sie ein Kind kriegt auf einmal so viel Geld in den allerwertesten geblasen bekommen, dass sie auf einmal eine gesellschaftliche Stufe aufsteigt? DAS heißt nicht Chancengleichheit!
Die Chancen sind in diesem Lande glaub ich für alle Schichten so gut wie kaum woanders. Das Problem ist einfach, dass die Menschen hier zu sehr denken dass ihnen alles zufliegen müsste und auf einem Tablett präsentiert werden müsste. Wer seinem Kind mit schlechten strukturellen Voraussetzungen etwas bieten will muss sich kümmern. Dass das geht wird hundertfach bewiesen, sonst gäb es ja GARKEINE Hochschulabsolventen aus sozial schwachen Haushalten. Da es sie aber gibt, kann das System nicht so sehr undurchlässig sein.
Dass es mehr Absolventen aus Bildungsschichten gibt ist aber auch klar, der Faktor Geld macht eben auch einiges gut. ABER: Geld ist ganz simpel und einfach durch Arbeit substituierbar, wenn ich mich also als Hartz4 Empfänger eben vernünftig um mein Kind kümmere (mehr "Arbeit" in das Kind stecke mit dem Mehr an Zeit, dass ich ja im Vergleich zu berufstätigen habe) dann hat es bessere Chancen.
Also was ist fair? Fair ist doch, wenn ich und mein Kind auch von dem was ich und meine Eltern erwirtschaftet haben, die Bildung die ich genossen, mir angeeignet habe, wenn ich davon auch profitieren kann. Fair ist NICHT dass ich mich abmühe und den Hintern aufreiße und dann jemand ruft "ungerecht, will ich auch" und es einfach bekommt.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre meiner Ansicht nach, auch nach den vorangehenden Ausführungen über Fairness, trotzdem Fair. Es ist nämlich NUR die Befriedigung der Grundbedürfnisse Wohnen und Essen. Alles was darüber hinaus geht, muss sich eben irgendwie erarbeitet werden. Wem es reicht einfach nur zu vegetieren, der soll es tun.
Gute Ausnahmeregelungen sollten aber natürlich geschaffen werden! Die Pflege eines Menschen sollte eben dann praktisch durch den Staat vergütet werden. Kann man ja die überflüssig gewordenen Beamten für die Regelung von Sonderfällen weiterbeschäftigen.
Auch ein bedingungsloses Grundeinkommen muss erst einmal erarbeitet werden, denn das Geld dafür muss erst einmal vorhanden sein. Diesen sehr wichtigen Fakt muss man daher auch akzeptieren, denn es muss beispielsweise nach einen Beschluss auch pünktlich gezahlt werden.
Einmal völlig nüchtern betrachtet handelt es sich hierbei um eine Sozialleistung, denn hier soll ein sogenanntes Grundeinkommen abgesichert werden. Und so etwas gibt es allerdings schon und zwar für Rentner und Schwerbehinderte mit einer Berentung. Diese soziale Leistung nennt sich Grundsicherung.
Ich sehe da auch noch ein anderes Problem. Dank bedingungslosem Grundeinkommen hätte ja jeder erstmal einen gewissen Grundstock an Einnahmen. Was aber passiert denn nun, wenn ich dazu arbeiten gehe? Dann wird dieses ja als Einnahme angerechnet und schon hab ich die ersten Tausender, die sonst von der Lohnsteuer befreit sind schon verbraten und ich zahlen mehr Abgaben für meinen Zuverdienst als ich es ohne Grundeinkommen hätte. Für Besserverdiener ist das nicht weiter wild, aber gerade für Geringverdiener wird sich das deutlich bemerkbar und schlecht bezahlte Arbeit , die sonst wenigstens noch einigermaßen steuerfrei ist, wird ordentlich versteuert und noch unattraktiver.
Man könnte nun das Grundeinkommen davon befreien, aber dann kommt man andererseits nicht auf genug Einnahmen aus der Lohnsteuer und den anderen Sozialabgaben um das zu finanzieren. Außer man würde dann zum Beispiel Steuern, die jeder zahlen muss wie die Mehrwertsteuer deutlich erhöhen um über den Konsum genügend Steuereinnahmen zu generieren. Aber dann ist ja auch wieder kein Sozialleistungsempfänger besser gestellt als jetzt und auch die Geringverdiener leiden darunter wieder genauso.
Wenn es jetzt nur darum geht, dass man mit so einem System Kosten einsparen will, weil man nicht mehr soviele Beamten für die ganzen Sozialleistungsberechnungen braucht, dann kann man auch einfach das bisherige System weiternehmen und Pauschalen einführen. Mietpauschale die sich an den jeweiligen Ort orientiert, die aber immer gezahlt wird, egal wie groß oder klein die Wohnung ist. Extraleistung könnte man genauso pauschalisieren. Die Lohnsteuer könnte man ähnlich dem Modell von Merz in wenige klar abgegrenzte Stufen aufteilen usw.
Damit würde man genauso viele Stellen einsparen können und es wäre eher zu finanzieren als so ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Also ein bedingungsloses Grundeinkommen sollte tatsächlich mal eben gerade Wohnen, Essen und ein Taschengeld beinhalten meiner Meinung nach. Gerne auch Gutscheine für Essenseinkäufe anstatt nur dem Geld, Hauptsache es wird unnötiger Konsum vom Geld des Staates verhindert.
Einerseits ist so ein Grundeinkommen natürlich nicht "fair", aber es gibt eben nicht nur Menschen die keine Gegenleistung erbringen wollen sonder auch welche die nicht können oder andere Leistungen erbringen, beispielsweise Pflege eines Angehörigen.
@Herr Lehmann, die Chancen für Kinder sind in diesem Land nicht gleich. Hier spielt doch noch sehr die soziale Herkunft eine Rolle. Und das kann man leider nicht mit Arbeit wettmachen. Allerdings ist es in meinen Augen mehr als fraglich, ob mit Hilfe des bedingungslosen Grundeinkommens etwas an dieser Situation geändert werden könnte. Das glaube ich, um ehrlich zu sein nicht. Lediglich der Verwaltungsaufwand würde geringer werden.
@Klehmchen: das Grundeinkommen wäre steuerfrei und das für alle, zumindest bei den Modellen, von denen ich bisher gehört habe.
Ich empfinde es als extrem unfair, dass ein Kind, das in eine Hartz-4-Familie hineingeboren wurde, nicht das Recht hat, sich in den Ferien - vielleicht auf dem Weg zum Abitur - Geld zu verdienen, das es in vollem Umfang zur Verwirklichung seiner Wünsche behalten darf. Das darf jedes andere Kind oder Jugendlicher, aber das Kind aus der unterprivilegierten Familie lernt, das Arbeit - jedenfalls offizielle - nicht lohnt, weil es nur 100 Euro behalten darf.
Es war im Gespräch, dass die Ferieneinkünfte der Schüler aufs Jahr umgerechnet werden sollten, so dass Ferieneinnahmen bis zu 1.200,-- € jährlich behalten werden dürften.
Ich habe fassungslos die Aussage eines Politikers gelesen, der gemeint hat, dies könne man wegen der Chancengleichheit nicht tun, weil dann Langzeitarbeitslose, die gelegentlich mal einen Job haben, die gleichen Rechte fordern würden.
Wenn bei uns Politiker das Sagen haben, die keinen Unterschied zwischen einem Schüler sehen, der sich auf dem Weg zu einer qualifizierten Ausbildung in den Ferien z.B. ein Musikinstrument, einen Computer oder eine Sprachreise oder ähnliches erarbeiten will und dies nicht darf, und einem Langzeitarbeitslosen, der sich nicht mehr fortbildet, sondern von Zeit zu Zeit jobbt, dann wundert mich allerdings nicht mehr, weshalb die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer werden, und die Zahl derer, die keine Lust haben, weil sie frühzeitig gelernt haben, dass ehrliche Arbeit sich sowieso nicht lohnt, wenn man aus einer Hartz-4-Familie kommt, immer größer wird.
Und noch ein weiterer Punkt. Natürlich werden sich auch andere Dinge ändern, wenn man ein bedingungsloses Grundeinkommen einführt. Das Steuersystem könnte man ja z.B. so staffeln, dass ein Zuverdienst bis zu 50 % über dem Grundeinkommen deutlich weniger Abgaben nach sich zieht als höhere Einkommen, wobei sich Leistung natürlich irgendwie immer lohnen soll.
Für mich ist das bedingungslose Grundeinkommen die logische Konsequenz aus der Feststellung, dass jeder das Recht auf Leben - und damit auf Befriedigung der Grundbedürfnisse hat - und dass dieses Recht (jedenfalls da, wo es eine Todesstrafe gibt) auch nicht verwirkt werden kann.
@RopiusK Der Grat ist schmal: Wieviel soll man denn dem Kind erlauben dazuarbeiten zu dürfen? Und wer kontrolliert dann, dass nicht die Eltern dem Kind die Knete abnehmen und sich sonstwas kaufen? Ist der Freibetrag zu hoch, wird das nämlich ausgenutzt. Kinder sollten in den Ferien auch frei haben und nicht durcharbeiten! Deswegen ist Kinderarbeit ja auch verboten.
@Jotjot Ich wiederhole mich aber: Auf welcher Grundlage sollte denn jedes geborene Kind gleiche Chancen haben und in welchem Ausmaß? Dann muss man nach der Geburt jedes Kind gleichstellen: Die Eltern werden entmündigt, ihnen ihr Einkommen abgenommen und gerecht auf alle verteilt oder wie? Wenn man neuen Eltern ohne Ende Geld in den Hintern bläst, bekommt Familie Hartz4 jedes Jahr eins, ob das dann unsere Jugend cleverer macht weil arbeitslose Mami und Papi Bauarbeiter und Putzfrau mehr Geld haben?
Tschuldigt wenn ich mich an sehr argen Klischees und Beispielen bediene, aber es scheint mir zugspitzt verständlicher.
Es gab einen Fall, bei dem eine 16- oder 17-jährige in den Sommerferien ein paar Wochen gearbeitet und sich ein Musikinstrument gekauft hat. Als das der Behörde zu Ohren kam, wurde das Geld vom Grundbedarf abgezogen. Kinder und Jugendliche aus anderen Familien dürfen im Regelfall auch behalten, was sie verdienen, und da scheint keiner zu befürchten, dass ihnen das Geld weggenommen wird. Das Vorurteil, dass Hartz-4-Empfänger gewöhnlich saufen und nehmen, was sie kriegen können, ist weit verbreitet.
Herr Lehmann hat geschrieben:Dass es mehr Absolventen aus Bildungsschichten gibt ist aber auch klar, der Faktor Geld macht eben auch einiges gut. ABER: Geld ist ganz simpel und einfach durch Arbeit substituierbar, wenn ich mich also als Hartz4 Empfänger eben vernünftig um mein Kind kümmere (mehr "Arbeit" in das Kind stecke mit dem Mehr an Zeit, dass ich ja im Vergleich zu berufstätigen habe) dann hat es bessere Chancen.
Genau das meinte ich, das ist eben nicht der Fall: egal wie hart ein Kind aus einer weniger privilegierten Schicht arbeitet oder besser gefördert wird, es hat nicht die gleichen Chancen. Geld macht da schon etwas aus. Aber Geld ist auch nicht gleich Geld, dass das Grundeinkommen etwas an der Chancengleichheit ändert sehe ich dann wieder auch nicht.
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