Ist das Sparpaket gerecht?
80 Milliarden Euro sollen bis 2014 eingespart werden. Damit ist es das größte Sparpaket aller Zeiten. Doch die große Frage, die momentan im Raum steht, ist die nach der Gerechtigkeit des Sparpakets. Von der Opposition wurde das Sparpaket schon kritisiert und als armselig bezeichnet.
Den Langzeitarbeitslosen sollen die Rentenbeiträge gestrichen werden. Das sei "schmerzhaft", sagte der CDU-Vorsitzende Peter Weiß und drückte sich damit noch harmlos aus. Er bedauerte, dass man die Spitzenverdiener in Deutschland nicht stärker in die Pflicht nimmt. Die Sozialverbände stellen sich ebenfalls gegen die Regierung und drohen mit Protesten. Sogar die stark in die Kritik geratene Ex-Bischöfin Käßmann hat zum Widerstand aufgerufen.
Doch die Regierung hält nicht einfach still und lässt sich angreifen. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Finanzminister Wolfgang Schäuble gingen schon auf Verteidigungskurs. Von der Leyen stellte sicher, dass die soziale Balance in Deutschland gewahrt werde, während Schäuble von ausgewogenen Kürzungen sprach. Rückendeckung bekommt die Regierung vom Präsidentschaftskandidaten der schwarz-gelben Koalition Christian Wulff. Er hält das Gesamtpaket für sozial ausgewogen.
Was haltet ihr von dem Sparpaket? Ist die Maßnahme der Regierung sozial gerechtfertigt? Oder wird bei den Falschen gespart und gestrichen?
Meiner Meinung nach ist es nicht gerecht, aber alles andere als überraschend. Gespart wird doch meistens an denen, die keine Alternative haben, die eben nicht einfach sagen können, ich gehe woanders hin, wo mir bessere Konditionen geboten werden.
Entlastungen für Großverdiener - vielleicht verbunden mit der Hoffnung oder der Vorgabe, dass diese sozial engagiert für Arbeitsplätze sorgen - sind ja auch dadurch motiviert, dass die vielfach gehen könnten, und dann würden die Steuereinnahmen unter Umständen einem Land zugute kommen, das seine Reichen noch mehr hofiert.
Ich stelle aber auch immer wieder fest, dass viele Leute die Rechte, die sie eigentlich haben, nicht einmal ausschöpfen, weil sie sich ohnmächtig einer Situation - oder einer Behörde in Gestalt der ARGE (der Name ist Programm) gegenübersehen, gegen die man sowieso keine Chance hat.Es spricht sogar viel dafür, dass die Systeme, die bisher - so mangelhaft sie auch waren - so einigermaßen funktioniert haben, schon längst zusammengebrochen wären, wenn jeder alle seine Ansprüche wahrnehmen und durchfechten würde.
Eine Maßnahme, die die Situation von gepfändeten Personen erleichtern sollte, scheint sich jetzt schon ins Gegenteil zu verkehren bzw. zumindest deutliche Schwachstellen zu zeigen, die ihren Nutzen äußerst fragwürdig machen. Das sog. P-Konto, dass am 1.7.2010 jetzt eingeführt wird, sollte einen Sockelbetrag in Höhe eines Pfändungsfreien Betrags - erstmals auch für Selbständige - einführen, so dass zumindest Mieten, Strom etc. trotz Kontenpfändung lückenlos bezahlt werden können. Inzwischen beginnen einige Banken damit, die arbeitsintensiven und Pfändungsbelasteten Konten schon mal zu kündigen oder die Kontoführungsgebühren drastisch zu erhöhen (bei Ablehnung der Zustimmung auch hier Kündigung), denn als P-Konten brauchen nur solche Girokonten umgestellt werden, die am 1.7.2010 existieren.
Ein Girokonto ist unverzichtbar. Es fragt sich aber, ob die ARGE bereit sein wird, erhöhten Kontoführungsbedarf im Rahmen der Grundleistungen zusätzlich zu berücksichtigen. Privat Krankenversicherte im Basistarif erleben es - obwohl es vereinzelt Sozialgerichtsurteile mit anderem Ergebnis gibt - immer wieder, dass sie bis zu 180 € ihrer Krankenversicherung von den rund 350 Euro Grundsicherung bezahlen müssen, weil die Pauschalen für die Krankenversicherung auch im Basistarif nicht ausreichen.
Mit diesen Beispielen will ich verdeutlichen, dass der Gesetzgeber meines Erachtens vielfach Regelungen trifft, bei denen er sich über an sich naheliegende Konsequenzen und Möglichkeiten keine Gedanken macht. Er geht selbstverständlich davon aus, dass die Rahmenbedingungen bleiben, verzichtet darauf, rechtsverbindliche Garantien einzubauen, und dann müssen es die ausbaden, denen man suggeriert, etwas für sie getan zu haben und die dann merken, dass an anderer Stelle viel größere Probleme entstanden sind.
Da freut man sich doch schon fast, wenn ehrlich gesagt wird, dass Kürzungen vorgenommen werden.
Ich finde das Sparpaket auch nicht gerecht. Wenn man schon die Menschen mehr belasten muss und sie noch weiter einschränken muss, dann kann man auch bei denen etwas holen, bei denen es nicht so extrem darauf ankommt.
Wenn ich den Bericht gestern Abend im Fernsehen richtig verstanden habe, dann soll allein erziehenden Müttern künftig ein Zuschuss gestrichen werden. Dies würde dann aber auch nur für die Mütter gelten, deren "Partner" sowieso nichts verdient. Würde dieser etwas bzw. auch gerne sehr viel verdienen oder viel besitzen, dann würde der Betrag weiterhin gezahlt.
Ich weiß jetzt nicht genau ob der Bericht wirklich so ganz ernst gemeint war oder ob man sich dabei schon über das Sparpaket aufgeregt hat und ein solches Beispiel zur besseren Darstellung gebracht hat. Aber nichts desto trotz zeigt dieses Beispiel meiner Meinung nach schon deutlich auf, dass man versucht am falschen Ende zu sparen.
Genau so absurd finde ich, dass man den Rentenbeitrag streichen möchte. Ich habe gehört, dass man dann zwar jetzt das Geld zunächst sparen würde, aber wenn die Menschen dann älter sind, würden sie wahrscheinlich noch mehr Geld vom Staat benötigen, als jetzt dadurch eingespart werden kann. Das heißt als, dass man zwar jetzt weniger Ausgaben hat, diese aber in ein paar Jahren in einer viel größeren Höhe anfallen werden.
Ebenso finde ich es nicht sinnvoll, dass man die Zuschüsse für die Umstellung auf energiesparende Heizungen streicht. Die ersten Firmen haben schon direkt bekannt werden dieser Kürzung die ersten Stornierungen von Aufträgen erhalten und sind sich auch sicher, dass noch weitere Stornierungen folgen werden. Dies bringt viele Firmen dann wieder in eine sehr schwere finanzielle Situation, die dann wiederum Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft hat.
Wenn die Firmen deswegen jetzt wieder weniger Umsatz machen, da wegen dem Sparpaket die Zuschüsse gestrichen werden, dann werden mit der Zeit sicherlich auch Arbeitsplätze weg fallen, wodurch dann wieder neue Kosten für den Staat entstehen. Ebenso werden sich die Firmen wegen der zunächst ungewissen Zukunft zwei mal fragen ob sie eventuell einen Auszubildenden aufnehmen können und wollen.
Insgesamt besteht meiner Meinung nach also noch viel Handlungsbedarf. Das Paket muss dringend neu überdacht werden und man muss sich zunächst einmal über die genauen Auswirkungen klar werden, bevor man ein solches Paket dann wirklich beschließt. Schließlich kann und soll es doch nicht sein, dass die "Kleinen" dafür herhalten müssen, dass die "Großen" einen solchen Schaden verursacht haben.
BrilleWilli hat geschrieben:Wenn ich den Bericht gestern Abend im Fernsehen richtig verstanden habe, dann soll allein erziehenden Müttern künftig ein Zuschuss gestrichen werden. Dies würde dann aber auch nur für die Mütter gelten, deren "Partner" sowieso nichts verdient. Würde dieser etwas bzw. auch gerne sehr viel verdienen oder viel besitzen, dann würde der Betrag weiterhin gezahlt.
Es geht hier nicht um alleinerziehende Mütter, sondern um alle Empfänger von Hartz IV. Alleinerziehende Mütter würde es nur am schlimmsten treffen. Allerdings ist die Streichung des Elterngeldes für Empfänger von Leistungen nach dem Hartz IV-Gesetz ist aus meiner Sicht die einzig vertretbare Maßnahme im ganzen Paket.
Denn das Elterngeld war dafür gedacht es Elternteilen zu ermöglichen, bis zu 14 Monate, ohne den vollständigen Gehaltswegfall, zu Hause bleiben zu können. Empfänger von Hartz IV-Leistungen befinden sich bereits zu Hause, von daher entfällt dort der Sinn des Elterngeldes.
Für mich ist das Paket zunächst einmal nichts anderes als die Gegenfinanzierung des Steuergeschenks an die Hoteliers. Oder warum wurde der Mehrwertsteuersatz für Übernachtungen nicht wieder angehoben? Ich als Gastronom muss wohl weiterhin auf den verringerten Steuersatz für die Bewirtung von Gästen warten.
BrilleWilli hat geschrieben:Wenn ich den Bericht gestern Abend im Fernsehen richtig verstanden habe, dann soll allein erziehenden Müttern künftig ein Zuschuss gestrichen werden. Dies würde dann aber auch nur für die Mütter gelten, deren "Partner" sowieso nichts verdient. Würde dieser etwas bzw. auch gerne sehr viel verdienen oder viel besitzen, dann würde der Betrag weiterhin gezahlt.
Ich denke mal, du meinst die Streichung des Elterngeldes für Hartz IV Bezieher. Dieses fällt natürlich bei anderen nicht weg. Allerdings sehe ich da (gerade bei Alleinstehenden) keine Diskriminierung. Wenn eine Frau arbeitet und ein Kind bekommt, dann bekommt sie das Elterngeld. Unabhängig vom Partner. Was ja auch okay ist. Wenn sie Alleinerziehend ist, bekommt sie ja maximal noch Unterhalt. Als Hartz IV Bezieherin, würde sie Elterngeld und Hartz IV für sich und das Kind bekommen. Warum bekommt also die eine Frau nur eine Förderung, die Andere gleich zwei?
Ob das ganze Paket an sich als unsozial einzustufen ist, mag ich persönlich eigentlich noch gar nicht beurteilen. Was nun konkret in welcher Höhe und an welcher Stelle weg fällt, ist ja noch nicht 100%ig beschlossen. Erst wenn dies der Fall ist, kann man das wirklich beurteilen. Bis jetzt ist mir da viel zu viel Spekulation mit dabei.
Ein Teil des Sparpaketes ist definitiv Katastrophe und verschiebt ein gigantisches Problem nach hinten: Wenn die Rentenbeiträge für ALGII Empfänger gestrichen werden, dann droht uns auf (nicht mal lange) Sicht eine gewaltige Altersarmut. Und ab einem bestimmten Punkt muss da denn der Staat auch wieder einspringen - da beißt sich das Tier doch irgendwie in den Schwanz.
In den Schwanz gebissen kommt einem auch vor, das ausgerechnet da versucht wird Geld einzusparen, wo eh nichts ist - aber bei der Erwähnung einer Reichensteuer aufgejault wird, das man so die Leistungsträger verprellt. Irgendwer sollte eventuell mal in Wählerzahlen der Regierung vorrechnen, welche Fraktion rein Personentechnisch größer ist.
Abgesehen davon fürchte ich langsam wirklich um den Frieden innerhalb des Landes, denn auch wenn die Zündschnur der Deutschen bekanntlich recht lang ist - irgendwann explodieren sie auch und tendieren dann zu selten dämlichen Entscheidungen - politisch gesehen.
So etwas haben heute viele vergessen. Manchen erscheint es so, als ob das gute Wetter heute immer so weitergehen würde. Irgendwann wird die Situation wieder schlechter und dann wird gespart werden müssen. Ich bin mal gespannt, wer dann als erstes hier schreit.
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