Religionszugehörigkeit als Voraussetzung für ein Stipendium
Vor einigen Tagen machte uns eine Lehrerin auf ein bestimmtes Stipendium aufmerksam, das in Bayern einen sehr guten Ruf genießt. Viele Schulen, darunter auch unsere, schicken die Unterlagen der besten Abiturienten an diese Stiftung, wobei hier ein gutes Abitur noch lange kein Garant dafür ist, auch genommen zu werden, sondern man durch viele weitere Aufnahmeverfahren, Persönlichkeitstests und Prüfungen unter die Lupe genommen wird. Von den etwa 400 Bewerbern werden jährlich sechs bis acht Studenten für diese besondere Förderung ausgewählt und erhalten für die Dauer ihres Studiums eine Unterkunft, Verpflegung sowie ausreichend Geld.
Dass es nun sehr schwierig ist, ein solches Stipendium zu erwerben, stört mich nicht. Es ist ein anderer Punkt, der mich schlucken lässt. Ein Aufnahmekriterium ist nämlich das christliche Glaubensbekenntnis, was ich persönlich beim besten Willen nicht verstehen kann. Es ist nachvollziehbar, dass sich die Stiftung auf ein bestimmtes Bundesland beschränkt, ebenso einleuchtend ist es auch, dass nur Studenten gefördert werden sollen, die schon eine Weile im betreffenden Bundesland leben und bei denen man dann davon ausgehen kann, dass sie ihre Arbeitskraft diesem Bundesland widmen. Aber die Wichtigkeit der Religionszugehörigkeit ist mir schleierhaft.
Ich unterstütze es voll und ganz, wenn sich bestimmte Stiftungen auf Studenten konzentrieren, die sich sozial engagiert haben. Das zeigt, dass die Stiftungen Wert auf den zwischenmenschlichen Bereich legen, was ich wünschenswert finde. Auch kann ich es verstehen, dass bestimmte Parteien Stipendien für ihre Mitglieder anbieten, denn sie erhoffen sich damit womöglich, dass der Student der Partei in seinem weiteren Leben ebenfalls treu sein wird.
Aber welches Ziel verfolgt man, wenn man Wert auf die Religionszugehörigkeit legt? Warum sollte ein Atheist oder Muslim nicht auch diese Möglichkeit bekommen? Diese Stiftung unterstützt seltsamerweise ausdrücklich niemanden, der ein Fach studiert, das mit Religion zusammenhängt. Das macht für mich persönlich auch keinen Sinn. Jemand, der unbedingt in den Genuss dieses Stipendiums kommen möchte, könnte sich ja auch taufen lassen und nach dem Studium wieder aus der Kirche austreten. Aber ist das das Ziel der Stiftung? Zwar stammt diese Stiftung aus einer Zeit, in der es selbstverständlich war, dass die Kinder getauft waren, aber wäre es nicht sinnvoll, diese Regelung der aktuellen Entwicklung anzupassen und somit jedem diese Chance zu ermöglichen? Was haltet ihr von der momentanen Regelung? Könnt ihr sie nachvollziehen? Würdet ihr es als gerecht empfinden, nur eurer fehlenden Religionszugehörigkeit wegen davon ausgeschlossen zu werden?
Nun ja, sagen wir es mal so: Es gibt auch Stiftungen, die ausschließlich Studenten mit dem Studienziel Botanikspezialisierung in Südostäquatorianien unterstützen, oder Blauwale, oder erneuerbare Energien. Genauso gibt es Stiftungen, die sich speziell an Studenten mit Migrationshintergrund richten.
Von daher: Wieso sollte eine in Bayern (immerhin eines der konservativeren Bundesländer) ansässige Stiftung nicht auch ein christliches Wertbild fordern? Immerhin verschenken die Geld.
Ich als Atheistin würde mich natürlich auch mehr freuen, wenn jede Stiftung ein Stipendium jedem anbieten würde, egal ob jüdisch, christlich, muslimisch oder was auch immer. Allerdings schreibst du ja auch nicht, um was für eine Stiftung es sich handelt. Wenn es sich um eine ausdrücklich sehr religiöse Stiftung handelt, die beispielsweise den christlichen Glauben in Deutschland stärken möchte, sich sehr dafür einsetzt, dann finde ich das absolut okay. Natürlich, das schließt eine Menge Leute von diesem Stipendium aus, aber ebenso gibt es auch viele andere Stiftungen, die ein Stipendium auch für Atheisten/andersreligiöse anbieten.
Ich denke, die Stiftung, von der du sprichst, wird schon ihre Gründe haben, warum sie dieses christliche Glaubensbekenntnis fordert. Wahrscheinlich hat die Stiftung irgendwelche Ziele, Vorstellungen. Und ehrlich gesagt: Wenn diese Stiftung mit diesen Vorstellungen Stipendien vergeben würde, ohne ein Glaubensbekenntnis zu fordern - ich würde mich doch sehr wundern, wenn sich irgendein dahergelaufener Atheist (wie ich) um ein Stipendium dieser Stiftung bewerben würde, schließlich sollte man sich doch irgendwie mit der Stiftung identifizieren können, die einem das Studium finanziert.
Vielleicht ist auch das einer der Gründe, warum die Stiftung ein solches Glaubensbekenntnis fordert. Vielleicht will sie einfach nicht, dass sich jeder x-beliebige Abiturient um ein Stipendium bei ihnen bewirbt, wenn er sich eigentlich ganz und gar nicht mit den Zielen der Stiftung identifizieren kann, ja vielleicht sogar komplett dagegen steht. Vielleicht will die Stiftung so verhindern, dass sich Studenten nur bei ihnen als einer von vielen Stiftungen um ein Stipendium bewerben, die Stiftung möchte keine Menschen, die einfach nur hinter dem Geld her sind, sondern sie sollen auch hinter der Stiftung an sich stehen können.
Das habe ich mir jetzt einfach so hergeleitet, ohne die Stiftung, um die es hier geht, zu kennen, aber anders kann ich es mir nicht erklären. Und ehrlich gesagt finde ich, obwohl ich mich als Atheistin bezeichne, das überhaupt nicht schlimm. Ich würde mich schließlich auch nicht bei irgendeiner strenggläubigen Stiftung um ein Stipendium bewerben wollen, weil ich da überhaupt nicht hinterstehen könnte.
Ich habe mich wohl das Ziel der Stiftung betreffend nicht klar genug ausgedrückt. Es handelt sich hierbei keineswegs um einen erzkatholischen Verband, sondern um das Maximilianeum in München. Auch die Homepage habe ich mir sehr genau angesehen, aber dort ist nichts von gemeinsamen Gottesdiensten oder Ähnlichem zu lesen. Stattdessen wirbt die Stiftung mit Auslandsaufenthalten und legt Wert darauf, dass die Stipendiaten neuen Erfahrungen gegenüber offen und vielseitig interessiert sein sollten. Von einer gemeinsamen Ausübung der Religion ist nirgendwo die Rede.
Natürlich könnte ich es verstehen, wenn in einer christlichen Stiftung keine Atheisten geduldet werden, weil sich oftmals über die Religion ausgetauscht wird oder weil Seminare zur betreffenden Religion verpflichtend sind. Aber nichts davon scheint hier der Fall zu sein. Hier geht es, zumindest der Internet-Präsenz nach, lediglich um Talentförderung, wozu die Stiftung auch eröffnet wurde. Damals wurde das Ziel sinngemäß so ausgedrückt, dass man begabte Studenten aus allen Ständen fördern wolle; von nichts weiter war die Rede. Mir persönlich will nun einfach nicht in den Kopf, warum diese ausgeschriebene Talentförderung nicht für Mitglieder aller Religionen gelten sollte, zumal es sich ja nicht um eine explizit religiöse Institution handelt, sondern die christliche Zugehörigkeit nur eines der vielen Aufnahmekriterien ist, das nach der Aufnahme keine weitere Rolle zu spielen scheint.
Ich kann dein Problem irgendwie nicht verstehen. Jede Stiftung die Stipendien vergibt, hat irgendwelche Aufnahmerichtlinien. Oder spezielle Auswahlverfahren oder irgendwelche Bedingungen. Warum nicht auf die Religionszugehörigkeit?
Und so weit ich das nun gelesen habe, gibt es diese Stiftung und das besagte Stipendium schon seit 1852. Durchaus eine Zeit zu der die Religionszugehörigkeit noch eine größere Rolle spielte als Heute. Und damals gab es das Stipendium auch noch nicht für alle Studienrichtungen und das Stipendium konnten auch nur männliche Bewerber erhalten. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurden überhaupt Frauen aufgenommen.
Sinn des Stipendiums war an sich mal die Studenten im Staatsdienst unterzubringen. Und damals war auch da die Religonszugehörigkeit wichtig. Heute wird das im großen und ganzen wesentlich lockerer gesehen. Für das Stipendium gibt es ja noch eine Zugangskriterien, die in meinen Augen auch nicht ohne sind. Wenn man es so genau nimmt wie du, werde da ja auch Menschen ausgegrenzt, die halt die schulischen Leistungen nicht bringen. Warum kann so eine Förderung nicht für alle zugänglich sein? Genau, weil die Stiftung festlegen kann, wer genommen wird und wer nicht. Und weil die Stiftung halt vorher schon aussiebt.
Und Medizin darf man mit dem Stipendium auch nicht studieren. Theologie ist allerdings möglich, solange man halt nicht gerade in den kirchlischen Dienst will. Medizin dürfte der mit Sicherheit am teuersten Studiengang sein. Warum wird aber der nicht gefördert? Die Frage könnte man auch stellen.
Und mal davon abgesehen, auch in nicht kirchlischen Institutionen wird durchaus von den Arbeitnehmern erwartet, das sie irgendeiner Konfession angehören. Und warum ist das so? Weil sie halt ihre Bewerber selbst auswählen können. Und keiner wird sagen, ich stelle sie nicht ein, weil sie nicht getauft sind und kein Mitglied der Kirche sein. Da werden dann andere Gründe vorgeschoben. Das bekommen die Bewerber aber zum Teil gar nicht erst mit.
Wenn dir soviel daran liegt das Stipendium zu bekommen und du ja scheinbar keiner christlichen Konfession angehörst hast du im Endeffekt drei Möglichkeiten: Einmal die Sache vergessen. Zum Zweiten dich halt taufen zu lassen oder halt Drittens gegen die Stiftung zu Klagen, da sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstösst. Denn alle Menschen sind nun mal gleich und müssen, egal welcher Religion oder Hautfarbe sie angehören, geich behandelt werden.
Aber die meisten Stiftungen werden ja aus einem ganz bestimmten Grund heraus gebildet. Wenn dem Gründer - aus welchem Gründen auch immer - es nun zum Beispiel wichtig war, dass man christlichen Glaubens war, dann ist das für mich total okay. Ich würde auch keine Stiftung haben wollen, wo ich jede Menge Geld investiere und dann würde ich damit Leute fördern, die ich gar nicht fördern möchte. Ansonsten hätte man ja auch gleich eine ganz andere Form wählen können, sich als Einrichtung zu betätigen.
Die Angabe der Religion gehört ja nun schon länger nicht mehr in die Bewerbung, wenn man nicht unbedingt irgendwo arbeiten will, wo eindeutig Tendenz zu einer bestimmten Religion erkennbar ist. Auch darf Dich ein Arbeitgeber grundsätzlich nicht wegen deiner Religionszugehörigkeit ablehnen. Wenn ein Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch danach fragt, braucht man ja auch gar nicht darauf antworten.
Eine Stiftung verfolgt ja ein bestimmtes Ziel, wenn man sich selbst damit nicht identifizieren kann, hat man meiner Meinung nach auch am besten nichts mit der jeweiligen Stiftung zu tun. Wenn es Dich so sehr interessiert, warum dieses Aufnahmekriterium immer noch Bestand hat, frage doch einfach mal da an. Das Bayern ja sowieso das Christentum etwas mehr vertritt, zumindest scheint es ja so nach außen hin, ist ja allgemein bekannt. Allerdings gibt es da ja auch große Unterschiede bei den Bayern, wie sie es dann wirklich persönlich beurteilen.
Hallo Anemone, hast Du Dich grundsätzlich schon mal mit Stiftungen beschäftigt? Jede Stiftung hat, wie schon erwähnt, nun mal Kriterien, nach denen die Stiftung Bewerber oder (wie im Fall der Maximilianeums-Stiftung) Empfehlungen beurteilt und letzten Endes eben auch eine Auswahl trifft. Da gibt es noch ganz andere Kriterien; wie wäre es nicht nur mit christliches Glaubensbekenntnis sondern evangelisch und dann auch noch in Wuppertal geboren oder Kind beziehungsweise Enkelkind eines Eisenbahners? Da hat man dann noch weniger Einfluss als auf ein religiöses Glaubensbekenntnis, weil man als Bewerber daran in der Regel nichts mehr ändern kann. Ein religiöses Glaubensbekenntnis kann man sicher eher ablegen und auch die Eltern davon überzeugen nach Bayern zu ziehen, weil sie sich damit eventuell später die finanzielle Unterstützung des Nachwuchses während der Studienzeit sparen
Warum sollte man übrigens die Satzung einer Stiftung ändern, wenn diese doch historisch gewachsen ist und nicht völlig überholt ist? Wie schon erwähnt, fordern auch andere Stiftungen bestimmte Dinge. Diese fordern die aber nicht, um irgendjemanden zu schikanieren, sondern weil sich der Stifter dabei etwas gedacht hat. Auch wenn es heute überholt scheint, so sollte man das doch einfach respektieren und vielleicht eher mal hinterfragen, wieso der Stifter diese Forderungen stellte.
Wenn Dir so viel an einem Stipendium liegt, dann such Dir doch eines, dass zu Dir passt. Hier gibt es eine recht aktuelle Übersicht, die zwar nicht vollständig ist, aber eben auch weitere Tipps gibt.
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