Sicherer Beruf oder Kind

vom 21.05.2010, 15:41 Uhr

Mein Sohn ist derzeit 16,5 Monate alt und ich werde auf jeden Fall noch mindestens über ein Jahr zu Hause bleiben, aber trotzdem mache ich mir natürlich jetzt schon so meine Gedanken, wie es dann am besten weitergehen soll. Ich habe als Grundausbildung ein Lehramtsstudium für Gymnasium und berufsbildende höhere Schulen. Allerdings ist das nur meine Basisausbildung, weil ich habe auch noch mehrere Zusatzqualifikationen in verschiedenen Bereichen, die jedoch alle grob gesagt im pädagogischen und aber auch im integrativen Bereich sind.

Bisher habe ich eigentlich nur das einjährige Pflichtpraktikum nach meinem Studium an einem Gymnasium gemacht. Das war soweit auch in Ordnung und es hat mir auch Spaß gemacht. Danach habe ich jedoch in einem privaten Bildungsinstitut gearbeitet, wo ich mit eher problematischen Jugendlichen gearbeitet habe. Das Unterrichten dort war natürlich eine ganz andere Sache, viel herausfordernder und auch intensiver und ich hatte auch nicht das starre Stundensystem, sondern ich hatte im großen und ganzen eine Gruppe von Jugendlichen, die ich 30 Stunden in der Woche betreut habe. Da bekommt man natürlich auch einen ganz anderen Bezug zu diesen Schülern und diese Arbeit hat mir riesengroßen Spaß gemacht, auch wenn sie doch sehr viel Engagement, Energie und Nerven gekostet hat.

Ich könnte rein theoretisch nach meiner Karenzzeit dort wieder arbeiten. Jedoch bekomme ich dort kein Angestelltenverhältnis, sondern muss als selbständiger Trainer dort tätig sein. Das hat natürlich mehrere Nachteile, zumindest für mich, da ich auch eine gewisse Sicherheit brauche, falls mein Sohn krank wird oder ich, weil jeder Krankenstand, Urlaub und dergleichen werden natürlich nicht bezahlt, ist ja auch klar. Deswegen möchte ich dort eigentlich nicht arbeiten, ich will ein fixes Gehalt und mehr Sicherheit, auch wenn mir schon klar ist, dass ein Vertrag auch keine Sicherheit bietet, aber ich beziehe die Sicherheit eben mehr auf Krankenstand und Co.

So habe ich mir weiters überlegt in einer Behindertenwerkstätte zu arbeiten. Auch da würde ich problemlos eine Stelle bekommen, da ich am Land wohne und durch meine bisherige Tätigkeit in dem privaten Bildungsinstitut schon einen gewissen Ruf habe, da ich auch außerhalb immer sehr engagiert war. Die Tätigkeit in der Behindertenwerkstätte wäre auch ein lang ersehnter Traum von mir, den ich mir noch nicht erfüllt habe, weil ich bisher noch nicht so den Zugang dazu hatte, beziehungsweise ich in meinem Job ja glücklich war. Dort würde ich auch eine Anstellung bekommen, aber leider ist der Job nicht besonders gut bezahlt und ich müsste schon Vollzeit arbeiten und selbst dann würde es sich wohl nur knapp ausgehen. Im Idealfall sollte ich also dazu auch noch privat ein paar Legastheniestunden halten und das alles ist halt alleinerziehend mit einem kleinen Kind schon recht viel.

Dann gibt es natürlich auch noch die Möglichkeit, dass ich wieder zurück an ein Gymnasium gehe. Das Unterrichtspraktikum hat mir zwar schon gefallen, aber mittlerweile muss ich sagen, dass ich in anderen Berufen schon mehr aufblühen würde, einfach weil sie pädagogisch gesehen interessanter und herausfordernder sind. Es wäre aber durchaus in Ordnung für mich, nur eben nicht gerade mein Traum. Ich würde jedoch nicht die Qualität meiner Arbeit darunter leiden lassen, weil die Schüler ja auch nichts dafür können. Der große Vorteil an dieser Variante wäre halt, dass er sich sehr gut mit Kind vereinbaren lässt, mein Sohn müsste nicht von der Früh bis zum Abend in einen Kindergarten, sondern zum Beispiel nur bis nach dem Mittagsschlaf und das wäre mir schon sehr recht, weil ich es nicht für gut heiße, dass so kleine Kinder schon den ganzen Tag im Kindergarten oder später im Hort sind.

Ein weiterer Vorteil wäre natürlich auch die finanzielle Seite, weil ich in einem Gymnasium eigentlich recht gut verdienen würde, oder zumindest wäre es in Ordnung, ich hätte natürlich dann auch alle Annehmlichkeiten wie Ferien und so weiter. Also rein auf die Familie und auf meinen Sohn gesehen, wäre das mit Abstand die beste Variante, jedoch eben nicht mein Traumberuf.

Was würdet ihr an meiner Stelle machen? Würdet ihr so egoistisch sein, und dem Berufswunsch nachgehen, oder doch eher schauen, was für das Kind das Beste wäre? Ich hätte mich eigentlich schon eher für die Lehrervariante entschieden, aber irgendwie habe ich doch ein ungutes Gefühl dabei, welches ich nicht so ganz losbekomme.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



An deiner Stelle würde ich, auch wenn es dir vielleicht im Moment nicht so gut gefällt, eine Stelle am Gymnasium vorziehen. Schon alleine deinem Sohn zuliebe. Da hast du einfach etwas Sicheres in der Hand und weißt woran du bist. Mein Mann ist selber Lehrer an einer Hauptschule und ich genieße die Vorteile, die wir dadurch haben, auch wenn es natürlich wie in den meisten Berufen auch doer ein paar Nachteile gibt.

Die Vorteile sind eindeutig die Ferienzeiten und die Nachmittage, an denen du daheim sein kannst und dich um deinen Sohn kümmern kannst. Diese Zeit muss er dann nicht unbedingt in einem Kindergarten verbringen. Ich weiß zwar nun nicht, wieviel Arbeit du nach einem Unterrichtsvormittag noch am Nachmittag hast, kann aber von meinem Mann sagen, dass er zwar auch bis nach 21 Uhr noch am Schreibtisch sitzt, seine Unterrichtsstunden für den nächsten Tag vorbereitet und auch an den Wochenenden genug um die Ohren hat, aber er hat einen entscheidenden Vorteil. Er kann sich seine Zeit frei einteilen und bestimmen, wann er was macht. Er kann dadurch auch ab und zu nach unserem Sohn schauen, mit ihm spielen oder ihn auch einmal wickeln oder füttern, wenn ich gerade etwas mache, wo ich dann weniger Zeit für unseren Sohn habe. Du wärst dann auch daheim und könntest dir deine Zeit etwas freier einteilen und dich um die Bedürfnisse deines Sohnes kümmern.

Manchmal muss man zwar auch etwas egoistischer sein, aber mit einem Kind würde ich da etwas zurückstecken. Jedenfalls mal in der Anfangszeit solange dein Sohn noch so klein ist und noch nicht zur Schule geht. Wenn es dann einmal soweit ist, dass dein Sohn selber auf sich aufpassen kann und sich auch selber zuhause verpflegen kann, dann kannst du ja immer noch versuchen, ob du deinem Traumjob ein wenig näher kommst und dann vielleicht nicht mehr am Gymnasium unterrichten möchtest, sondern dir eine Stelle dort suchst, wo es dir am meisten Spaß macht. Aber im Moment würde ich ganz klar sagen, dass dein Sohn noch vor geht.

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» Nettie » Beiträge: 7637 » Talkpoints: -2,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


@ Nettie: Danke für deine Antwort. Ich sehe es im Prinzip genauso und tendiere auch sehr stark für die Gymnasiumvariante, eben auch aus den von dir genannten Gründen mit relativ viel Zeit zu Hause und freier Zeiteinteilung und dergleichen. Wie du schon richtig erkannt hast, muss man zu Hause auch noch viel machen, aber eben von zu Hause aus. Das ist mit Kind natürlich auch nicht immer leicht, aber es wäre mir eben schon wichtig, dass mein Sohn zwar in den Kindergarten geht, aber eben nicht ganztags.

Ebenso finde ich es immer ein wenig traurig, wenn Kinder in der Volksschule nachher auch noch in einen Hort gehen müssen. Wenn es nicht anders geht, ist das natürlich vollkommen in Ordnung und es ist auch gut und schön, dass es diese Möglichkeiten gibt, aber für ein Volksschulkind ist es wohl sicher noch besser, wenn es am Nachmittag die Möglichkeit hat, nach Hause zu kommen, zumindest an den meisten Tagen.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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