Regeln für die Kindererziehung

Demnach sollten in der Kindererziehung folgende Wörter nach Möglichkeit nicht verwendet werden von den Eltern: NICHT, KEIN, OHNE.

Crispin, so schwierig ist das eigentlich gar nicht, man muss sich eine Weile an das neue Wording gewöhnen, aber dann klappt das meistens eigentlich ganz gut. Ich schreibe bewusst meistens, weil Eltern auch nur Menschen sind und oft auch unbewusst sprachliche Muster in der Erziehung verwenden, die sie in ihrer eigenen Kindheit gehört haben. Auf Deutsch neigt man schon dazu, viele verquaste Sätze mit diesen oben zitierten Füllselwörtern zu formulieren. Es gibt aber wirklich für jedes Beispiel einen klaren, unmissverständlichen Aufforderungssatz, den man im Ernstfall auch mit Autorität hervorbringen kann.

Nehmen wir mal deinen Beispiel, ein Kind schlägt seinen Bruder. Normalerweise würde man dann zu dem Kind sagen: "Du sollst deinen Bruder nicht schlagen." Das ist für einen zweijährigen Knirps ganz schön schwierig. Erst mal kommt hier der Effekt, dass das Kind wieder die Bedeutung von dem "nicht" entschlüsseln muss. Dann muss es noch verstehen, dass das Wort sollen in dem Zusammenhang ein Befehl ist und keine allgemeine moralische Verpflichtung. Wenn man das ganze positiv formuliert, kommt ein Satz heraus wie z.B.: "Hör sofort auf, deinen Bruder zu schlagen." Damit ist ganz schnell unmissverständlich klar gestellt, was das Kind jetzt tun muss, nämlich mit seiner augenblicklichen Handlung aufhören. Dann kann man immer noch eine Erklärung hinterherschieben, z. B. diese: "Das tut ihm weh. Nimm deinen Bruder in den Arm und entschuldige Dich." Das kann man genauso streng und ernstzunehmend sagen, wie einen verneinten Satz "Du sollst nicht schlagen." Dem Kind zu sagen, dass es friedlich spielen solle bringt wenig, weil das zu wenig konkret ist. Was ist schon friedlich, schließlich nervt es ja nur den Bruder und nicht die Eltern, wenn es den Bruder schlägt, könnte das Kind sich hier ganz scheinheilig denken.

In Gefährlichen Situationen ist es wirklich ganz selbstverständlich, dass man klar ausruft: "Bleibe sofort stehen!" statt ewig eine moralisierende Gardinenpredigt zu halten oder das Kind blumig um das Stehenbleiben zu bitten und mittlerweile steht das Kind zwischen quietschenden Autos. Als aggressiv würde ich so einen Befehl aber trotzdem nicht beschreiben. Ich sehe so etwas als kurz, prägnant und mit hohem Aufforderungscharakter versehen. Auch der Ton macht hier ja ein Stück der Musik. Wenn man so einen so genannten positiven Aufforderungssatz mit Überzeugung, aber mit freundlicher Stimme vorbringt, fängt ein normales Kind auch nicht sofort an zu heulen.

Natürlich kommt man sich als Eltern da ein wenig hart vor, wenn man gelegentlich so einen Kasernenton anschlagen muss. Aber im gewissen Sinne finde ich bei so einem kleinen Kind das fairer, wenn man klare Anweisungen gibt und dem Kind so die Möglichkeit gibt, die Anweisung umzusetzen. Schließlich kann man von einem 2 Jahre alten Kind noch nicht erwarten, dass es alle elterlich erwünschten Verhaltensweisen schon passend zu den Situationen abgespeichert und verinnerlicht hat. Wenn die Eltern jetzt beispielsweise wie üblich sagen: "Du sollst nicht immer mit dreckigen Händen zum Essen kommen." Dann sagt sich das Kind, so es überhaupt den Satz verstanden hat: "Schön, ich würde ja gerne machen, was die Eltern sagen, aber wie um alles in der Welt werden die Hände denn nun nicht dreckig?" Wenn die Eltern da einfach sagen: Wasche Dir die Hände mit Seife und kommt dann zum Essen, dann ist das klar und enthält auch gleich die Anweisung dafür, was das Kind tun soll.