Junge Menschen intoleranter als alte?

vom 09.05.2010, 20:48 Uhr

Ich habe mich schon öfters mit Freunden und Bekannten über die Toleranz oder Intoleranz von bestimmten Mitmenschen unterhalten. Öfters fiel die These, dass ältere Menschen intoleranter seien, als jüngere Leute.

Die älteren Menschen wären traditionsbewusster und daher gegenüber "Unnormalem" oder "Neumodischem" feindlicher eingestellt, als dass das bei jüngeren Menschen der Fall sei, hieß es oft. Oft fiel die Behauptung, junge Leute wüssten eben von der Vielfalt der Geschmäcker und wären dadurch allgemein toleranter. Man sei halt als Jugendlicher heute nicht mehr so zwangshaft und traditionsbewusst und stattdessen auch individualistischer. Irgendwie wirkt das ja auch logisch, nur, wieso habe ich dann genau die gegenteilige Erfahrung gemacht, wenn ich an den überwiegenden Teil von mir erlebter "Vorfälle" denke?

Wie ich anderswo hier im Forum auch schon schrieb, habe ich aufgrund meines Äußeren schon öfters Anfeindungen zu hören bekommen. Diese richteten sich nicht unbedingt gegen meine ethnische Herkunft oder meinen Körperumfang (früher war ich recht dick), obwohl ich das auch schon erlebte. Nein, zumeist meinten irgendwelche mir fremden Personen, mich wegen meiner Art, mich zu kleiden, beschimpfen zu müssen. Ich habe es vorhin schon gepostet, heute war ich beispielsweise wegen eines Mittelalter-Festes in einem mittelalterlichen Kleid unterwegs, und schon kamen von fremden Menschen auf der Straße und in der Bahn Beschimpfungen wie "Scheiß Hexe!" und "Satanisten-Schlampe!".

Interessant dabei finde ich, dass solche Beschimpfungen bisher immer von jüngeren Menschen kamen (meist männliche, und die ethnische Herkunft ist dabei unwichtig, also sowohl deutsche als auch arabische Jugendliche schreien einem gerne Beschimpfungen nach). Das mag Zufall sein, und bei anderen Leuten mag es vielleicht anders sein, aber bei mir war es genau so, und das fällt mir eben auf.

Es waren immer endweder Jugendliche so zwischen fünfzehn und zwanzig Jahren, oder halb Jung-Erwachsene zwischen zwanzig und vielleicht allerhöchstens dreißig, in einem Einzelfall vielleicht auch schon 35 Jahren. Und Kinder sind es manchmal auch, von denen dumme Sprüche kommen, aber da denke ich mir, ist die elterliche Erziehung Schuld. Ja, allerdings waren es eben bisher immer nur solche relativ jungen Leute, von älteren Leuten über 50 habe ich solche Beschimpfungen noch nie gehört.

Im Gegenteil ist es eher so, dass mich solche älteren Leute schon manchmal auf meine Kleidung ansprechen, aber sie diese altertümliche Kleidung eher schön finden oder sie es eben spannend finden, zu was für Veranstaltungen ich gehe (wenn es zum Beispiel um Mittelalter-Feste oder derartige Feiern geht). Da haben sich schon sehr nette Unterhaltungen ergeben. Beschimpfungen habe ich da noch niemals erlebt.

Wieso wirkt es denn so, als wenn Jugendliche hier intoleranter sind, als ältere Menschen, wenn es doch immer heißt, die älteren seien traditioneller und daher feindlicher gegenüber "Unnormalem"? Oder trauen sich Jugendliche einfach offener, einen zu beschimpfen oder allgemein, sich zu einem zu äußern? Wieso aber habe ich dann schon Komplimente für meine Gewänder von alten Damen bekommen, aber noch nie von jungen Frauen oder Mädchen? Es ist ja dann wohl auch nicht so, dass die alten Leute nie etwas sagen würden, denn Komplimente kommen ja von dieser Seite durchaus.

Interessanterweise heißt es ja auch immer, dass jüngere Leute auch den Menschen, die die Geschlechter-Stereotypen missachten, gegenüber offener seien, als alte Leute. Es gibt ja dieses Klischee von der alten Frau, die sich noch beklagt, wenn Frauen heute Hosen tragen. Und es heißt immer, viele alte Menschen hätten auch noch Vorbehalte gegenüber langhaarigen Männern.

Wenn ich aber überlege, wie oft mein langhaariger Lebensgefährte schon als "Scheiß Schwuchtel!" beschimpft wurde und ihm "geraten" wurde, sich doch eine "normale Frisur" anzuschaffen, dann waren das nie alte Leute, sondern immer männliche Jugendliche.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Das ist leider nicht so einfach zu sehen und auf "Jung" und "Alt" aufteilbar. Denn Jung ist nicht gleich Jung und bzgl. der Toleranz und Offenheit kann man ja bei der jungen Generation das gleiche breite Spektrum vorfinden, wie bei der älteren Generation. Es ist wie ich finde eine Frage der "sozialen Bildung" (ich weiß nicht, wie ich es besser ausdrücken kann - hat aber nichts mit einer formalen Qualifikation oder Schulbildung zu tun).

Was die Toleranz von Jugendlichen angeht, reicht ja mal die Überlegung wie es zu einer Fixierung auf Markenklamotten kommt. Wenn es für Menschen wichtig ist, wie teuer die Jeans ist, welche getragen wird, dann kann man auch nicht ernsthaft erwarten, dass diese sonst offen gegenüber "anderem" sind. Wobei das "Andere" in dem Fall ja schon ein anderes im Verhältnis zur Lebenswirklichkeit des Jugendlichen ist. Noch nicht mal ein "Anders" im Verhältnis zur Gesellschaft.

Ebenso kann die Toleranz der Jugend daran gemessen werden, wenn man sich mal vorstellt, wie leicht ein Outing bzgl. der sexuellen Orientierung ist. Auch hier, fürchte ich, gibt es Milieus, in denen so was ein soziales Todesurteil ist. Aber auch in aufgeklärteren Kreisen sind Beleidigungen auf Grundlage der sexuellen Orientierung nicht mal unüblich. Ich finde, dass die Sprache hier verräterisch ist und man hieraus sehr wohl schließen kann, dass hier ein wenig toleranter Mensch groß wird.

Offenbar hast Du jetzt schlicht das Pech, in der Öffentlichkeit gerade auf diese Jugendlichen zu treffen, die tatsächlich hinsichtlich ihrer Sozialisation einige wichtige Punkte übersprungen haben. Hier kannst Du nicht erwarten, dass ein vermeintliches Abweichen von der Norm toleriert werden würde. Hinzu kommt, dass gerade solche Gruppen dadurch eine Gruppe und Gemeinschaftsgefühl bilden, dass sie gemeinsame Feindbilder entwickeln. Wer hier nicht den Regeln folgt und auf Schwule, Ausländer, Rentner, das Andere oder was auch immer schimpft, der riskiert den Ausschluss aus der Gruppe! So schaukelt sich so eine "ablehnende Haltung" hoch, bis es eben zur verbalen Entgleisung kommt.

Meiner Ansicht nach ist es also so, dass ein großer Teil der Jugend eben keineswegs die notwendige Weltoffenheit besitzt und lebt, die vielleicht gemeinhin unterstellt wird. Anderseits gibt es auch die anderen, die genau jene Toleranz verinnerlicht haben, die niemals jemanden auf Grund von Äußerlichkeiten anfeinden würden.

Ähnlich dürfte es in der Gruppe der Alten verhalten. Auch das ist keine homogene Gruppe mit einer einheitlichen Weltsicht. Nur das hier diejenigen, die wohl gerne auch schimpfen würden, sich eher zurücknehmen.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Was Du beobachtest, ist mir in ähnlicher Form auch schon aufgefallen. In den fetten Jahren der 90er war es irgendwie leichter lustig tolerante Menschen zu finden. Heute beobachte ich, dass die Menschen sich zunehmend skeptisch beäugen und individueller Stil kritischer beäugt wird, als noch vor 15 Jahren.

Meine Schüler plaudern immer wieder über ihre Erlebnise in Schule und schulischen Umfeld. Die Trends, die ich zumindest im Raum Berlin beobachte, regt zum Nachdenken an. So berichten Jugendlich immer wieder, dass gerade die, die nicht mit dem Mainstream mitschwimmen wollen, auch wenn die Abgrenzung nicht unbedingt politsch ist, leicht ausgegrenzt werden. Typisches Opfer sind derzeit anscheinend die Emus. Die zahlreichen neuen Emu-Witze, die wie früher die Ostfriesenwitze erzählt werden, sind ein Symptom. Dass heute manche Jugendliche "Aus Spaß" Emus zusammenschlagen ist finde ich besorgniserregend. Schließlich tun die Emus niemandem fremden etwas.

Ich fürchte, dass das kein Zufall ist. [urlhttp://www.boell.de/demokratie/demokratie-entsolidarisierung-heitmeyer-deutsche-zustaende-8883.html] Die Studie[/url] namens "Deutsche Zustände" beobachtet seit einigen Jahren, dass sich das soziale Klima in Deutschland deutlich abkühlt und das Leben für andersartige härter wird.

Blickt man zurück in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts, findet man einige Parallelen. Damals litt die Welt auch unter einer schweren wirtschaftlichen Krise. Dies bildete damals unseligerweise einen wichtigen Entwicklungsfaktor für den Nationalsozialismus. Wo es geht, versuche ich meinen Schüler zu vermitteln, dass man besonders in der Krise zusammenhalten muss. Aber irgendwie ist es schwer, hier gegen den Zeitgeist anzukommen.

Ich hoffe, dass dieses Problem künftig mehr Publicity bekommt und dass so dann viel mehr Menschen bewusst gegensteuern können, als jetzt.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



trüffelsucher hat geschrieben:Heute beobachte ich, dass die Menschen sich zunehmend skeptisch beäugen und individueller Stil kritischer beäugt wird, als noch vor 15 Jahren.

Gut, vor 15 Jahren war 1995, da war ich gerade einmal acht Jahre alt, da kann ich also nicht gut mitreden. Ich kann aber sicher sagen, dass es schon um das Jahr 2000 herum schon nicht mehr so harmonisch war, auch unter den Jugendlichen nicht (wobei ich auch schon 1995 von Mitschülern gemobbt wurde, als Klassenbeste und einzige Ausländerin der gesamten Klasse, aber ich denke, das ist ein anderes Problem).

Ja, jedenfalls kenne ich schon seit 2000, seitdem ich mich erstmals getraut habe, meinen individuellen Kleidungsstil zu pflegen, diverse Beschimpfungen durch Unbekannte auf der Straße. Die haben sich kaum gewandelt, über all die Jahre. Damals fiel vielleicht noch häufiger "Scheiß Satanist!", während es heute eher "Igitt, ein Emo!" (obwohl ich mit der Emo-Szene selbst nichts zutun habe) heißt. Der Zweck, jemanden wegen seines Äußeren beziehungsweise wegen der vermeintlichen Zugehörigkeit zu einer verhassten Subkultur zu beschimpfen, ist aber doch derselbe. Das gab es leider eben auch schon vor zehn Jahren, nicht erst seit Kurzem.

trüffelsucher hat geschrieben:Die Trends, die ich zumindest im Raum Berlin beobachte, regt zum Nachdenken an. So berichten Jugendlich immer wieder, dass gerade die, die nicht mit dem Mainstream mitschwimmen wollen, auch wenn die Abgrenzung nicht unbedingt politsch ist, leicht ausgegrenzt werden.

Das ist interessant. Ich lebe auch in Berlin und die meisten Beschimpfungen Intoleranter kassiere ich eben auch in dieser Stadt. Könnte man fast sagen, dass so ein Verhalten ein typisches Großstadt-Phänomen ist? Ich muss dazu sagen, dass ich in kleineren Städten bisher oftmals friedlicher aufgenommen wurde, als hier. Soll heißen, am schlimmsten gepöbelt wurde bisher in Berlin. Im Urlaub, beispielsweise in Dresden (obwohl dort doch angeblich so viele Rechte leben sollen), beschimpfte mich kaum einer, in ganz kleinen Städten haben sie bisher immer nur geschaut, aber einen nie direkt belästigt.

Übrigens kenne ich diese gesamte Emo-Problematik auch. Ich kenne selbst einige Leute, die schon vor Jahren Gefallen an dieser Szene gefunden haben, und die müssen aktuell auch sehr schlimm einstecken. Andauernd blöde Emo-Witzchen, bis hin zu offenen verbalen oder sogar physischen Angriffen.

Auch Nicht-Emos sind davon nicht befreit, da diese dummen Pöbler jeden als Emo beschimpfen, der irgendwie "anders" aussieht. Die können optisch einen Emo nicht von einem Goth oder Punk unterscheiden, aber das scheint denen auch egal zu sein, so lange sie irgendwen anpöbeln können.

trüffelsucher hat geschrieben:Ich hoffe, dass dieses Problem künftig mehr Publicity bekommt und dass so dann viel mehr Menschen bewusst gegensteuern können, als jetzt.

Ich hoffe dies auch, doch was ich sehe, ist eher, dass die populären Medien die Diskriminierung bestimmter Subkulturen oder Bevölkerungsschichten eher fördern, statt dagegen vor zu gehen. Die Medien sind ja voll mit Klischees, da sind Gothics noch Tiere schlachtende Satanisten und Emos alle suizidgefährdet und schwul. Das nehmen die Jugendlichen dann auf und fühlen sich in ihrem Hass auch noch bestätigt und pöbeln dann erst Recht.

Und auch in so genannten "Dokumentationen", also Sendungen, die im Fernsehprogramm als nicht fiktiv laufen, werden ja oft nur Vorurteile geschürt. Man will nicht informieren, sondern biegt sich jeden Mist für einen Skandal zurecht, es könnte ja die Einschaltquoten verbessern. Dass die, die dann dumm dargestellt werden, darunter leiden könnten, das ist denen wohl egal.

Jedenfalls habe ich bisher selten einen Bericht über eine Subkultur gesehen, in dem diese wirklich objektiv und korrekt dargestellt worden ist. Aber nur das könnte Vorurteile abbauen und schließlich dazu führen, dass von der Norm abweichende Menschen endlich mit mehr Toleranz leben können.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich glaube gar nicht, dass Menschen je nach Alter oder Generation mehr oder weniger tolerant sind. Der Umgang damit ist nur ein anderer. Natürlich gibt es auch ältere Herrschaften ohne jegliche Kinderstube, aber es wird ja immer wieder bemängelt, dass der Jugendliche von heute so gut wie gar nicht erzogen wird und kaum Regeln und Werte vermittelt bekommt. Bei manchen fällt der Groschen und wenn sie die Pubertät hinter sich gelassen haben, erkennen sie von selbst, wie man sich benimmt. Bei manchen ist das nicht der Fall und denen fehlt es dann immer noch an jeglichen Umgangsformen.

Der Generation unserer Eltern und Großeltern hingegen ist gutes Benehmen geradezu reingeprügelt worden. Auch wenn man das "komisch" gekleidete und geschminkte Mädchen in der Strassenbahn insgeheim für eine perverse Satanistin hält, so pöbelt man sie nicht spontan an. Man verdreht sie Augen, denkt sich sein Teil und lästert im Bekanntenkreis mächtig über diese armen, kranken, vielleicht auch bösarigen Freaks. Aber man beschimpft sie nicht aus heiterem Himmel.

Die Jugendlichen von heute sind da etwas schmerzfreier. Generell ist man als Heranwachsender vielleicht etwas ungestümer und sagt schneller was einem gerade in den Sinn kommt, ohne die Konsequenzen zu erahnen. Das war sicherlich auch bei den heute Alten so, dass sie ihre "Sturm- und Drangphase" durchlebt haben und heute etwas ruhiger sind. Aber sehr vielen jungen Leuten heute fehlt einfach jeglicher Respekt vor allem und jedem. Wir noch hätten nie gewagt fremde Erwachsene oder gar unsere Lehrer zu beschimpfen, Teenager von heute verspüren da keinerlei Skrupel. Ich hatte auch Lehrer, die ich gehasst habe oder für inkompetent hielt. Dennoch habe ich sie nicht als "dumme fette Nutte" oder "faschistoiden Pisser" tituliert oder ähnliches und auch unter meinen Klassenkameraden kamen derartige Entgleisungen nicht vor. Zum einen waren Lehrer für uns immer irgendwie Respektspersonen, auch wenn sie den vielleicht objektiv nicht verdient hatten, zum anderen haben wir unsere Kritik sachlich geäußert oder uns zumindest bemüht. Einfach weil uns eingetrichtert worden war, dass man sowas nicht macht.

Den Kids von heute wird von ihren Eltern oft schon Respektlosigkeit vorgelebt und die neue Generation steigert das dann noch. Und wenn man jemanden sieht, den man "scheisse findet", dann artikuliert man das eben auch ungeniert auf jede Weise, die einem einfällt. Manche pöbeln nur drauflos, andere hauen dem Hassobjekt dann gleich eins auf die Nase, auch ohne Provokation. Diese stellt dann gar zu oft schon die, wenn auch vielleicht nur vermeintliche, Zugehörigkeit einer Subkultur/Ethnie/Generation dar, die einem zumeist aus Unwissen und pauschalisiertem Klischeedreschen gegen den Strich geht.

Während der Großteil unserer Eltern "Spinner" nur anstarren und ihnen vielleicht auch noch böse Blicke zuwerfen, beschränken sich die jungen Leute von heute nicht mehr darauf. Das heißt aber nicht, dass man von Angehörigen älterer Jahrzehnte mehr toleriert werden würde. Die lehnen anderes genauso vehement ab, schreien es aber nicht in die Welt hinaus. Meine erzkatholische Großmutter etwa verabscheut Homosexuelle und ärgert sich schwarz wenn sie ein solches Pärchen in der Öffentlichkeit "ertragen muss". Aber sie guckt dann angewidert hin, dann weg, erzählt es uns, mit denen sie Cafe ist, im entsetzen Flüsterton und berichtet bei der Rückkehr ins Altersheim allen im Aufenthaltsraum von den "Perversen", die sie sich wieder angucken musste und die so völlig schamlos sind. Auf die Idee zu den beiden hinzugehen und sie als "Perverse" oder "Schwuchteln" zu beschimpfen käme sie nicht. Nicht, weil jeder machen kann, was er will, immerhin sündigen die! Aber das tut man einfach nicht, sich da einmischen. Ich glaube dieses Denken ist in vielen Köpfen der älteren Generation drin. Das hat aber eben wenig mit Toleranz zu tun, sondern eher mit Erziehung.

Ich selber bin auch manchen Leuten gegenüber intolerant, das muss ich zugeben. Und stellenweise lästere ich auch ganz schön fies, mache mich lusttig und rege mich auf. Eigentlich sollte ich andere Weltanschauungen oder Vorlieben akzetieren können, manchmal fällt mir das aber eben schwer. Da gibt es sicher Extremfälle, wo meine Intoleranz 90% der Restbevölkerung teilt(Neonazis, Kinderschänder) und denen einfach niemand Verständnis entgegen bringen kann oder will. Aber ich bemerke an mir selber auch Intoleranz aus anderen Gründen. Aber ich behalte das eben für mich und nehme mein Gegenüber so hin. Direkt angesprochen äußere ich meine Ansichten, aber nicht unaufgefordert. Und schon gar nicht auf beleidigenge Weise oder durch körperliche Gewalt. Das bedeutet aber eben nicht, dass ich den anderen akzeptiere. Ich dulde ihn, das ist etwas anderes. Ich hoffe ich kann die Abstufungen, die da für mich bestehen vernünftig deutlich machen, vor allem was den Umgang mit eigenen Überzeugungen angeht.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Nachtrag:

Es gibt ja auch noch weniger aggressive Formen der Intoleranz. Vor einigen Jahren durfte unsere Stadt den Katholikentag beherbergen. Ein Großteil der Veranstaltungen fand auf dem Universitätsgelände statt und die Besucher belagerten dann auch unsere Mensa, wo sie verköstigt wurden. Die meisten waren harmlose nette Leute, aber es gab leider auch ein paar andere Exemplare.

Diese sprachen die vorbei kommenden Studierenden(Besonders bevorzugt waren Menschen, die vermutlich irgendwie "ungläubig" aussahen, wie Alternative, leicht bekleidete junge Frauen oder auch Paare an denen man nicht auf Anhieb den Ehering entdecken konnte.) an, ob sie nicht ein Gespräch über Glauben führen wollten. Die wenigsten wollten. Ein toleranter und gut erzogener Mensch hätte dann mit "Schade, schönen Tag dir noch." oder etwas ähnlichem geantwortet. Nicht diese Leute. Sie hängten sich vielfach an die Leute ran und begannen Monologe, stellten sich bei Grüppchen dazu und mischten sich in Gespräche ein und konnten, kam es doch zum Dialog kam, eine andere Meinung als die ihre absolut nicht hinnehmen. Sie waren praktisch ständig bemüht irgendjemanden in eine Unterhaltung zu verwickeln und ihn von seinem vermeintlichen Irrweg abzubringen.

Ein "Nein, danke" ließen sie nicht gelten. Sie wurden nie beleidigend oder gar körperliche aggressiv, aber sie diskutierten eben ungefragt weiter und versuchten auf biegen und brechen ihre Meinung aufzuzwingen. Die Leute, die dadurch unangenehm auffielen waren durchweg Erwachsene, rein optisch würde ich sie auf Ende 30 bis Mitte 40 schätzen. Unter den jüngeren Besuchern fanden sich auch einige Möchtgernmissionare, aber die konnten mit dem "Nein" deutlich besser umgehen und suchten sich lieber das nächste Opfer, als gegen Windmühlen zu kämpfen. Völlig unaufgefordert Überzeugungsarbeit leisten zu wollen finde ich schon grenzwertig, aber da habe ich die Erfahrung gemacht, dass wieder das alte Klischee zutrifft und die jungen Leute es besser akzeptieren konnten, wenn jemand nicht damit belästigt werden wollte. Von daher denke ich, dass man das nicht am Alter festmachen kann, sondern das nur stark variiert, ob überhaupt und wenn ja, wie(vielleicht pöbeln christliche Jugendliche weniger als andere?) man seine Intoleranz artikuliert.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass beide Gruppierungen jung und alt sehr intolerant sein können. Nur das es bei alten Leuten nciht so oft auffällt, da sie es dir nicht immer ins Gesicht sagen, während viele junge Menschen, die intolerant sind vor einer Konfrontation keine Hemmungen hegen.

Letztlich sind wahrscheinlich sowieso so alle gleich intolerant. Die Alten schmipfen über die Jungen und die Jungen regen sich darüber auf wie die Alten drauf sind und wer am Rande steht kann manchmal über Beide nur den Kopf schütteln. Oft genug fühlen sich die Jugendlichen mit ihren Aussagen ja einfach nur cool und meinen sie ja gar nicht mal so, sondern äußern sie nur weil sie in der Gruppe sind. Meine Cousine ist auch der Typ dafür, aber spricht man mal mit ihr allein dann hört sich alles schon ganz anders und viel netter an. Daher weiß ich gar nicht in wie weit man das bei den Jungen eigentlich immer werten kann.

Das ältere Menschen hin und wieder sehr intolerant sind ist mir persönlich schon viel öfter aufgefallen. Erst letztens wieder, da musste ich in einem Zug niesen und schaffte es nicht schnell genug die Hand vorzunehmen. da schnauzte mich so eine alte Dame, die sehr liderlich aussah, sofort an wie eklig ich doch wäre. Ich habe mich entschuldigt und gesagt, dass man es halt nicht immer schafft, da hat sie nur mit der Nase gerümpft und dann die ganze Zeit vor sich hin gewürgt und Schnodder hochgezogen, was ich sehr eklig fand. Ich finde gerade solche Erfahrungen macht man sehr oft. Oder man geht mit Ausschnitt umher und ist gleich eine Schlampe.

Was das Beispiel mit den langen Haaren deine Freundes angeht, denke ich mal das die Jugendlichen auch immer entscheiden bei wem sie es sich trauen und diese Ansicht wirklich ncith immer vertreten. Mein Vater hat nämlich auch lange Haare und seine Freundin flechtet die immer zum Zopf, was ja eigentlich zum Lästern einlädt, allerdings ist er von der Statur ein richtiger Hercules und alle Jugendlichen finden ihn total cool und wollen sein wie er. Das Wort Schwuchtel würde keiner sagen, ihm Gegenteil ein paar Jungs lassen sich nun die Haare wachsen.

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» pichimaus » Beiträge: 2016 » Talkpoints: 6,99 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich bin generell der Meinung das man das einfach nicht verallgemeinern kann. Es stimmt nicht, dass ältere Menschen intoleranter oder junge Menschen toleranter sind, sondern es gibt beides in jeder Generation. Ob jemand tolerant ist oder eben nicht, hängt meinen Erfahrungen nach nicht am Alter, sondern einfach an seiner eigenen Lebenseinstellungen und wahrscheinlich auch zum großem Teil vom Umfeld ab.

Ich selbst sehe das immer an meinen beiden Omas und an meiner Cousine. Meine eine Oma lebt in in einer Großstadt in Polen. Sie hat Vorurteile gegen nahezu alle Bevölkerungsschichten. Ihrer Meinung nach sind alle Schwarzen, Juden, Türken und generell Muslime, Araber und sogar Deutsche einfach nur schlecht, gewalttätig, verlogen und gemeingefährlich. Sie hält mir stundenlange Vorträge, weil ich nicht zur Kirche gehe oder schwarze Sachen anziehe und meinen Freund toleriert sie auch nicht, weil er längere Haare hat. Sie ist an sich das perfekte Beispiel einer intoleranten, älteren Person.

Meine andere Oma wohnt auf dem Land und an sich wird ja oft von Leuten die auswärts leben behauptet, sie seien weniger weltoffen, aber weit gefehlt. Diese Oma toleriert es absolut, dass ich trage was ich will, Atheist bin und sie mag auch meinen Freund. Vorurteile gegen Menschen anderer Religion oder Nationalität sind ihr fremd und sie ist eigentlich fast allem gegenüber sehr aufgeschlossen. Und dann ist da eben noch meine Cousine. Meine Cousine ist 20 Jahre alt und lebt in München, also einer Großstadt. Ähnlich wie meine erste Oma hat meine Cousine Vorurteile gegen alles mögliche und sie gehört auch zu den Leuten, die andere Leute auf der Straße beleidigen, weil diese nicht so aussehen, wie sie es gern hätte.

Diese Beispiele aus meiner eigenen Familie zeigen mir einfach immer wieder, dass man einfach nicht sagen kann, dass eine Generation toleranter ist als die andere. Jeder Mensch ist individuell und es kommt auf den Menschen allein an, wie tolerant er ist und nicht auf sein Alter. Ich finde, dass es besonders unter noch sehr jungen Teenagern so ist, dass diese erst mal ihre eigenen Vorlieben festlegen wollen und daher alles andere ablehnen.

In der heutigen Zeit legen sich viele Teenager auf Mainstream fest und lehnen daher die Klassik ab, weswegen viele oftmals meinen ich würde ein potentielles Mobbingopfer abgeben, da ich im Orchester spiele und im Grunde nur Klassik und Filmmusik höre. Ältere Menschen haben diese Phase jedoch schon hinter sich können sich daher oftmals neuen Dingen gegenüber leichter öffnen. An dem Beispiel Frau mit Burkini im Schwimmbad gemobbt sieht man wieder, dass sowohl junge, als auch alte Menschen intolerant sein können.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich habe beobachtet das junge Menschen heutzutage oftmals genauso intolerant sind wie es von alten Menschen oft angenommen wird. Jedoch aus unterschiedlichen Gründen, wie ich finde.

Alte Menschen neigen oft dazu, neumodische Dinge zu verurteilen, weil es diese früher nicht gab und sie ihnen einfach unbekannt sind. Womöglich fanden sie die früheren Zeiten besser und können sich nicht mit neuen Regelungen und Objekten abfinden, da es für sie nicht von etwas Gutem zeugt. Bei Jugendlichen ist es heutzutage eher so, dass sie Leute aufgrund von Kleidung oder Musikgeschmack verurteilen und in Kategorien einordnen, was eigentlich eine vollkommen falsche Einstellung ist. Solche banalen Dinge sollten nicht zu dem Meinungsbild über eine Person beitragen, denn jeder Mensch ist in seinen Vorlieben unterschiedlich und das sollte eigentlich akzeptiert werden.

Wenn Jugendlich heute Röhrenjeans tragen werden sie in eine bestimmte Kategorie eingeordnet. Ist es nicht eigentlich egal ob jemand lieber enge oder weite Hosen trägt? Heutzutage leider nein, und durch solche Kleinigkeiten entsteht Intoleranz.

» yuuhi » Beiträge: 281 » Talkpoints: 2,41 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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