Beruf: Kommen und Gehen wann man möchte
Bei meinem neuen Job gelten eigentlich total flexible Arbeitszeiten und derzeit fällt es mir etwas schwer mich daran zu gewöhnen. Ich bin dort neben meinem Studium angestellt und habe generell einen sehr flexiblen Vertrag, der praktisch keinerlei feste Arbeitszeiten vorsieht. Ich sollte pro Woche zwischen 10 und 15 Stunden arbeiten und selbst das ist noch so flexibel gestaltet, dass es in einer Woche auch mal nur 8 Stunden sein könnten und in der nächsten dafür dann 16 - Ich kann wirklich kommen und gehen wann ich möchte. Ich muss das mit niemandem absprechen und die Dinge, die zu erledigen sind, liegen eben auf meinem Schreibtisch und wann ich die mache, ist auch recht egal. Die Arbeitszeit selbst wird mittels eines Chips direkt abgerechnet und entsprechend locker ist das alles auch.
Ich mache schon die Arbeit sehr gerne und fühle mich dort total wohl. Die Arbeit ist nicht langweilig, überfordert mich aber auch nicht und es immer jemand da, den ich um Hilfe bitten kann. Ich bin aber auch oft genug auf mich alleine gestellt. Trotzdem ist es ein total komisches Gefühl, dass ich mir praktisch die Woche so komplett eigenständig organisieren kann. Ich komme manchmal zur Arbeit, bleibe zwei Stunden und dann denke ich, dass ich wieder Lust hätte nach Hause zu fahren und fahre eben wieder. Manchmal am Morgen denke ich, dass ich heute mal um 8 Uhr anfange zu arbeiten, dann habe ich aber vielleicht doch noch Lust ausgiebiger zu frühstücken und komme eben erst um 9. Hab' ich mal früher Schluss an der Uni und noch keine Lust nach Hause zu fahren, gehe ich eben zur Arbeit. Ich kenne so etwas wirklich gar nicht aus anderen Anstellungen und bin sogar etwas besorgt, dass ich mir das angewöhne und mich an diesen Luxus vielleicht viel zu bald schon gewöhne.
Ich meine, ich kann mir zwischen 7 Uhr und 19:30 aussuchen, Tag für Tag, wann ich komme, wie lange ich bleibe, ob ich überhaupt komme und so weiter. Wenn ich mal eine Woche lang nicht kommen möchte, sag' ich lediglich Bescheid und arbeite die Stunden dann eben nach. Aber es ist nicht mal so, dass ich Urlaub einreichen muss, weil es mir selbst überlassen bleibt wie ich das handhabe. Solange ich nur irgendwie auf meine Stunden komme, ist das recht egal. Ich könnte auch jetzt Überstunden aufbauen und dann beispielsweise zwei Wochen frei bekommen. Ich finde es zwar gerade total super und es macht mir großen Spaß und mit so viel Lust und Laune hab' ich vorher noch nie gearbeitet, aber es kommt mir einfach total utopisch vor, dass ich so einen Luxus später auch mal genießen können werde.
Ich geniesse auch so einen Luxus. Allerdings bin ich nicht angestellt, sondern freiberuflich bei der örtlichen Tageszeitung. Dort weiss man genau, das ich per Handy erreichbar bin, wenn dringend eine Recherche gemacht werden muss. Ansonsten bin ich da vielleicht 2 bis 3 Mal die Woche für 2 Stunden in der Redaktion um Termine zu besprechen, die uns für Veranstaltungen geschickt worden.
Und ich kann nicht sagen, das ich mich deswegen an etwas gewöhne und vielleicht allgemein keine Lust habe länger als zwei Stunden am Tag zu arbeiten. Aber wie sieht es denn allgemein in der Firma aus? Haben die anderen Mitarbeiter auch recht flexible Arbeitszeiten?
Besonders bei Bürojobs kenne ich das von einigen Bekannten, das sie eine sogenannte Kernarbeitszeit haben, wo sie da sein müssen. Davor und danach ist es ihre eigene Entscheidung wann sie arbeiten, solange sie auf ihre Stunden im Monat kommen.
Ich finde es auch extrem gewöhnungsbedürftig, wenn man keine festen Arbeitszeiten hat. In meinem Job ist es so, dass ungefähr 75% meiner Arbeit am Computer statt finden und früher hatte ich dafür eben ein Büro in der Firma. Dann wurde alles umstrukturiert und nun erledige ich den Teil zu Hause und muss mir meine Zeit selber einteilen.
In der ersten Zeit habe ich mich wirklich schwer damit getan eine vernünftige Zeiteinteilung zu finden und eine vernünftige Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu finden. Die besten Ideen habe ich nämlich Abends oder Nachts und wenn man das Arbeitszimmer im eigenen Haus hat, ist es natürlich logisch, dass man sich dann noch mal an den Computer setzt und nicht bis zum nächsten Tag wartet. So ist dann in der ersten Zeit schon einiges zu kurz gekommen bei mir.
Ich denke übrigens nicht, dass es utopisch ist, dass du nach dem Studium wieder so einen Job findet wirst. Natürlich kommt es darauf an, in welchem Bereich du Arbeit suchst, aber bei den Computer Arbeitsplätzen scheinen flexible Arbeitszeiten und arbeiten von zu Hause aus mehr und mehr die Norm zu werden. Es ist ja auch praktischer für den Arbeitgeber, wenn er nicht mehr so viele Büroräume zur Verfügung stellen muss und wenn er keine Mitarbeiter mehr hat, die gestresst am Arbeitsplatz erscheinen, weil sie zum einer bestimmten Zeit da sein müssen. Und flexible Arbeitszeiten sind ja auch ein wichtiges Thema, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht.
Sippschaft hat geschrieben:aber es kommt mir einfach total utopisch vor, dass ich so einen Luxus später auch mal genießen können werde.
Die Utopie kannst Du Dir aber auch selbst nehmen und Dich damit vor einer Enttäuschung schützen: aktuell schreibst Du, dass Du pro Woche 10 bis 15 Stunden arbeiten sollst. Wenn man die Woche mit 60 Stunden bewertet, in denen man die Arbeitszeit von Dir verlangt, ist die Variabilität tatsächlich recht hoch.
Aber wenn Du später einen 40-Stunden-Vertrag in Händen hältst, dann wirkt das Ganze schon gar nicht mehr so flexibel. Auch wenn Du dann auch noch durch die Gleitzeitregelung frei bestimmen kannst, wann Du anfängst und wie lange Du arbeiten willst. Es bleibt dabei, die 40 Stunden im möglichen 60 (oder auch 70) Stunden Korridor zu verteilen.
Hinzu kommt, dass das "wie lange" auch noch beschränkt wird. Und zwar durch die Arbeitsschutzrichtlinien, welche untersagen, regelmäßig am Tag über 10 Stunden zu arbeiten. Daher kannst Du auch später nicht einfach mal 16 Stunden durcharbeiten und dann einen Tag frei nehmen.
Das ist wirklich ein großer Vorteil wenn man die Möglichkeit für solche flexible Arbeitszeiten bekommt. Allerdings relativiert sich dass wenn man ein Soll von vierzig Arbeitsstunden in der Woche hat, dann muss man im Durchschnitt auch immer einen ganzen Tag auf Arbeit bleiben um nicht schnell in den Minusbereich zu rutschen.
Ich selber arbeite in Gleitzeit in einer Behörde, dass heißt ich kann mir meine Anwesenheit in der Zeit von 6:00- 18:00 Uhr aussuchen. Aus fahrtechnischen Gründen stehe ich meistens um 6 Uhr auf der Matte obwohl es mir echt schwer fällt. Der Vorteil aber ist dass man dann auch mal einen Tag eher gehen oder ganz abbummeln oder auch Arzttermine günstig legen kann.
Ich denke mal dass immer mehr Arbeitgeber diese Möglichkeit erkennen und ihren Mitarbeitern auch diese Chance anbieten. Mit ein bischen Organisation und gutem Willen lässt sich das sicherlich auch fast immer einrichten. Deshalb glaube ich auch dass solche flexiblen Arbeitszeiten in den meisten Branchen auch in Zukunft immer mehr auf dem Vormarsch sind. Gerade Firmen die auf die Kreativität ihrer Mitarbeiter setzen müssen, fast ausschließlich Teilzeitbeschäftigte oder generell kürzere Wochenarbeitszeiten haben müssen solche Angebote schaffen um ordentliche Betriebsergebnisse zu erhalten.
Natürlich ist es Luxus aber im Normalfall kann man sich doch schnell umstellen wenn man einen anderen Job hat. Man gewöhnt sich einfach an bestimmte Arbeitssituationen und so auch daran, wenn man kein flexibles Arbeitszeitmodell hat.
In meiner Firma haben wir auch Gleitzeit und mittels Chip wird kontrolliert, wieviele Stunden man erledigt hat. Dadurch kann man mehr oder weniger auch Kommen und Gehen wann man möchte, muss aber seine Stunden absolvieren. Auch eine Kernzeit gibt es, in der wir anwesend sein sollten.
Genieße dieses Modell, immerhin studierst du und da ist es schon oft auch wichtig, flexibel sein zu können. Wenn du dir damit aber schwer tust und deswegen nicht regelmäßig kommst, könntest du dir selber einen Plan aufstellen. Diesen Plan musst du eben selbst - nur für dich - einhalten und nach diesem Leben. Dann hättest du mehr Struktur und auch einen fixen Ablauf.
Ich empfinde solch flexible Arbeitszeiten ehrlich gesagt nicht mehr als Luxus oder Utopie, da ich diesen "Luxus" schon seit knapp 20 Jahren nutze. Allerdings habe ich bisher immer zwischen 35 und 40 Stunden in der Woche gearbeitet, so dass der Vorteil bei einem Zeitfenster von 12 Stunden ziemlich klein ausfiel, besonders wenn man bedenkt, dass ja vom Gesetzgeber auch noch einzuhaltende Pausenzeiten vorgeschrieben sind.
Derzeit ist es bei mir auch noch so, dass ich durch maximal 10 Stunden tägliche Kinderbetreuung im Zeitraum von 6:00 und 16:30 frei wählbar auch noch weiter eingeschränkt bin als durch die Bürozeiten von 6:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Da ist also der vom Arbeitgeber eingeräumte Vorteil dann je nach Wochenarbeitszeit und ganz persönlichen Umständen ziemlich eingeschränkt.
Allerdings kann ich Deine derzeitige Empfindungen ganz gut nachvollziehen, denn als ich meine Selbstständigkeit startete ging es mir auch so, dass ich es als großen Luxus empfand meine Arbeitszeit selbst gestalten zu können. Ähnlich wie Cloudy es schon beschrieb, dauerte es auch bei mir eine Weile bis ich eine Routine fand, mit der ich gut leben konnte. Klar weiche ich heute (ich bin ja immer noch neben meinem Angestelltenverhältnis selbstständig) auch noch ab und an von meiner Routine ab, aber im großen und ganzen habe ich für mich feste Bürozeiten vereinbart.
Deine Arbeitszeiten sind doch ein absoluter Traum, ich glaube nicht, dass es viele Menschen gibt die derart frei sind in ihrem Job. Ich selbst habe auch 10 Jahre lang ähnlich gearbeitet, allerdings war das ein Halbtagsjob, also 20 Stunden die Woche. Die konnte ich mir absolut frei einteilen, allerdings gab es auch Arbeitsspitzen, da war dann soviel zu tun, dass ich zu bestimmten Zeiten da sein musste. Aber ansonsten war das absolut super. Ich konnte morgens kommen wann ich wollte und wenn ich einen Tag mal gar nicht konnte, dann habe ich die Arbeit eben nachgeholt.
Mein größtes Problem war allerdings, dass ich mich nach all den Jahren in dieser Firma nicht mehr so richtig an normale Arbeitszeiten gewöhnen konnte. Ich habe irgendwann eine neue Ganztags- Stelle mit besserer Bezahlung angenommen, und da kam ich erstmal gar nicht klar. Jeden Morgen um 8.00 Uhr im Büro sitzen und um 17.00 Uhr wieder nach Hause, das hat irgendwie überhaupt nicht funktioniert. Vor allem habe ich gemerkt, dass mir die Zeit für meine Familie fehlt, früher konnte ich wann immer tagsüber etwas war, das einfach erledigen, jetzt war ich zeitlich auf einmal total gebunden. Ich habe mich da richtig eingeengt gefühlt und war totunglücklich. Auf Dauer habe ich das nicht machen können, jetzt habe ich wieder eine Lösung gefunden, die mir genug Freiraum lässt, mich um alle Dinge, die mir wichtig sind zu kümmern.
Grundsätzlich ist es sicher auch später, also nach dem Studium, möglich, sich die Arbeitszeit innerhalb bestimmter Grenzen selbst einzuteilen. Natürlich geht das nicht in jeder Branche. In meinem späteren Tätigkeitsbereich (Medizin) ist das zum Beispiel nicht ohne weiteres möglich, zumindest nicht mit einem normalen Job im Krankenhaus oder in einer eigenen Praxis. In einer eigenen Praxis kann man sich die Zeit schon ein wenig flexibler einteilen, aber man kann sich nicht täglich neu entscheiden, ob und wann man zur Arbeit geht. In Berufen, in denen man täglich mit anderen Menschen zusammenarbeiten muss oder unter Umständen viele Termine mit Kunden oder Patienten wahrnehmen muss, kann man zeitlich sicher nicht so flexibel arbeiten wie in Jobs, in denen man weitgehend ohne Konakt zu anderen Menschen arbeiten und seine Ergebnisse dann nach einigen Tagen oder Wochen einreichen kann.
Du musst auch bedenken, dass du aktuell lediglich 10 bis 15 Stunden pro Woche arbeitest. Wenn du dir diese Stunden frei einteilen kannst, ist das sicher recht flexibel möglich. Wenn du nun aber 40 Stunden pro Woche in dem gleichen Unternehmen arbeiten würdest, hättest du nicht mehr so viel Spielraum. Du hättest täglich zwar 12,5 Stunden Zeit, um deine durchschnittlich 8 Stunden pro Tag zu arbeiten. Allerdings könntest du deine Stunden von einer Woche nicht einfach an einem oder eineinhalb Tagen ableisten und dann den Rest der Woche freinehmen. Ein bisschen Flexibilität ist sicher immer drin, aber eben nicht mehr in dem Maße, wie du das aktuell erlebst.
Ich kann mir gut vorstellen, dass du dich an diesen neuen Luxus gut gewöhnen kannst. Allerdings kann ich mir auch gut vorstellen, dass man so etwas für eine Weile richtig auskostet, später dann aber doch dazu übergeht, sich zumindest grob einen Arbeitsplan zu erstellen, zumindest im Kopf. Ich könnte mir gut vorstellen, dass ich, wenn ich so einen flexiblen Job hätte wie du, wahrscheinlich die Arbeit von ein oder zwei Wochen so schnell wie möglich hinter mich bringen würde, um dann den Rest der Zeit frei zu haben. Gerade vor Klausuren würde ich Überstunden anhäufen, so dass ich dann genug Zeit zum lernen hätte.
Ich habe noch nie mit der Möglichkeit gearbeitet, mir die Arbeitszeiten so flexibel einzuteilen, wie Du es beschreibst, kann mir aber lebhaft vorstellen, dass das eine wirklich gute Disziplin erfordert, um nicht zu häufig dem inneren Schweinehund nachzugeben.
Wahrscheinlich ist das Problem, das sich daraus ergeben kann und das Du auch schilderst, nur mit einer klaren Einteilung möglich, also wirklich einer Zeit, die man für sich festlegt, zu der man definitiv arbeiten kann. An die wird man sich so lange strikt halten müssen, bis sich das Procedere eingespielt hat und man nicht mehr lange darüber nachdenkt, ob man jetzt Lust hat oder nicht und den Arbeitsort vielleicht frühzeitig wieder verlässt.
So wäre es jedenfalls in meinem Fall. Ich könnte wahrscheinlich nur schwer damit umgehen, die Arbeitszeit, die ich an einigen Tagen versäumt habe, an anderen wieder durch einen entsprechenden Mehraufwand an Zeit reinzuholen, mich würde das auf Dauer sicher total unzufrieden machen. Ich bräuchte diese klaren Regeln und müsste wissen, von wann bis wann ich wo bin.
Allerdngs hätte ich es wohl in meinem letzten Job manchmal ganz gut gefunden, etwas weniger Diskussion zu haben, wenn ich wirklich mal früher weg muss, weil ich einen Termin habe, den ich wahrnehmen will oder ähnliches. Dieses Problem hast Du, wenn die Flexibilität nicht nur im Vertrag, sondern auch in den Köpfen der Kollegen vorhanden ist, natürlich überhaupt nicht.
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