Helmut Kohls Geburtstagsfeier

Ich bin mit meinen rund drei Jahrzehnten voll in der Generation Kohl aufgewachsen. Lange Jahre waren die Begriffe Kohl und Bundeskanzler für mich totale Synonyme. Als ich mit der politischen Welt bewusst wurde, war Kohl aus meiner Sicht als Grundschulkind schon ein alter Mann. Ergraut, schütteres Haar, Bauchansatz. Als Helmut Kohl abgewählt wurde, hatte er sich optisch aus meiner Sicht kaum verändert. Er schien irgendwie eine alterslose Eminenz zu sein. Durch sein Gewicht wirkte er auf mich immer wie ein Fels in der Brandung, unkaputtbar.

Heute wird die Geburtstagsfeier zu Altkanzler Kohls 80. Geburtstag übertragen. Gerade heute wird mir die Vergänglichkeit der Zeit und das Werden von Geschichte wieder ein wenig deutlicher als sonst klar. Helmut Kohl hält seine Dankesrede, zittert deutlich, müht sich sichtlich beim Sprechen und wirkt plötzlich gebrechlich. Wie geht es euch, wenn ihr Helmut Kohl zur Zeit seht?

Wie geht es euch, wenn ihr Helmut Kohl zur Zeit seht?

Schlecht , denn so langsam sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass er mal mit den Spendernamen rausrückt oder mal den Weg der Ehrlichkeit für sich entdeckt.

Ansonsten hoffe ich, dass er bald abtritt - Schaden hat er genug angerichtet und ihn immernoch so zu verehren halte ich für den absolut falschen Weg. Realistisch betrachtet war Kohl schon am Ende seiner zweiten Amtszeit überreif und hat seine Kanzlerschaft mit Staatsverschuldung ohne Ende gerettet. Aber die Ansicht wird sich wohl erst in 50 Jahren durchsetzen, siehe Konrad Adenauer, dessen Heldenglanz auch mittlerweile von den dunklen Flecken verdeckt wird.

Mein Post sollte nicht den Eindruck erwecken, dass ich ihn verehre. Ich bin mir seiner Fehlleistungen wohl bewusst und ohnehin kein Freund von Personenkult.

Es ist nur eben etwas irritierend, wenn plötzlich jemand aus der Versenkung wieder auftaucht, der für einen irgendwie so ein bisschen alterslos war und deshalb nicht zu altern schien. Plötzlich sieht man ihn und er ist anscheinend auf einen Schlag uralt und gebrechlich.

Das würde mir übrigens auch mit einem entfernt bekannten Nachbarn so gehen, dass ich mich dann früge, wo die Zeit denn hingegangen ist, dass der jenige so einfach dahingealtert ist, ohne dass man davon Notiz genommen hat.

Das habe ich auch so nicht verstanden - ich halte nur wenig davon, und das stört mich bei der Geburtstagshysterie, dass man mal eben die dunklen Flecken vergisst, ihn auf ein Podest stellt und wie ein kleines Kind über`s Haar tätschelt. Gut, dass ich zwar allgemein üblich bei älteren Menschen, sie nur noch halbmündig zu betrachten, aber das macht´s nicht besser, im Gegenteil .

Und wenn ich Kohl sehe, hab ich nun einmal nach wie vor einen heftigen Groll, wie man jemand der soviel Mist gebaut hat so in den Himmel loben kann. Das erinnert mich an Bismarck, nicht nur aufgrund des oft gezogenen Vergleichs der Amtszeiten: Der Zweck heiligt die Mittel, egal wie. Dass er so langsam seinem Ende näher kommt, macht es nicht besser, auch wenn man keine Reue erwarten kann - zumindest nicht, solange er ständig belobhudelt wird.

Das einzig gute war, dass zeitgleich zu seinem Geburtstag auch die Spendenaffäre als eine von Kohls weniger positiven Hinterlassenschaften in den Nachrichten Thema war.