Warum hat man Angst vor einer Narkose?

vom 02.05.2010, 20:51 Uhr

Ich bin in der Gesundheitsbranche tätig, und zwar im Bereich Anästhesie, also Narkosemedizin. Tag für Tag erlebe ich, wie Menschen fürchterliche Angst vor einer Narkose haben und verstehe nicht so recht warum.

Ist das ein Gefühl von ausgeliefert sein? Oder die Angst zu sterben? Oder ist einfach das Vorwissen so gering, das eine Narkose etwas so fremdes ist, dass man davor Angst haben muss? Ich würde meinen Patienten gerne ein wenig Angst nehmen, wenn ich nur wüsste, wo das Problem liegt. Vielleicht können mir einige Patienten helfen?

» sanderha » Beiträge: 7 » Talkpoints: 3,85 »



Wenn du in der Gesundheitsbranche arbeitest, solltest du eigentlich wissen, dass eine Narkose Nachwirkungen mit sich bringen kann, die für den Patienten alles andere als angenehm sind. Es soll vorkommen, dass Patienten gar nicht erst aufwachen oder aber zu wenig Narkosemittel bekommen, was dann zu der sogenannte ''intraoperativen Wahrnehmung'' führen kann. Siehe hierzu auf folgendem Thread Intraoperative Wahrnehmung

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Da du ja in der Anästhesie arbeitest, solltest du wissen, dass es ein doch noch großes Narkoserisiko gibt. Nicht selten passieren doch noch Pannen bei der Narkose. Ich selber habe einen Bekannten, der vor 2 Jahren operiert wurde und mehr mitbekommen hat, als die Ärzte gemerkt haben. Er konnte sich nicht bewegen und auch nicht sprechen oder die Augen bewegen. Er war zwar narkotisiert, aber er spürte das Ende der Operation und kein Arzt hat ihm glauben wollen bis er dann gesagt hat, was er auch hören konnte.

Ausserdem ist man ja wirklich ausgeliefert während einer Vollnarkose. Wenn ich im Fernsehen sehe, wenn wirkliche Operationen gezeigt werden, wie die Ärzte mit einem umgehen, dann wird mir schon schlecht. Und wenn kein Kamerateam dabei ist, möchte ich nicht wissen, wie dann mit einem umgegangen wird.

Ausserdem muss man ja auch das Narkoserisiko unterschreiben und den Zettel kennst du ja sicher, wenn du in dem Fach arbeitest. Da stehen ja nicht gerade geringe Narkoserisiken drin. Es kann eben auch heutzutage noch sehr viel daneben gehen. Ich denke da nicht, dass das Vorwissen zu gering ist, sondern dass man viel zu viel hören und auch lesen kann, was wirklich alles daneben gehen kann. Und das Risiko zu sterben ist auch nicht gerade unter den Teppich zu kehren.

Ich selber bin 2 x in meinem Leben opreriert worden mit einer Vollnarkose und ich würde, wenn es geht keine Vollnarkose mehr haben wollen. Bei der 2. Vollnarkose bei meinem 2. Kaiserschnitt bin ich sehr schwer wieder wach geworden und habe tagelang mit der Narkose gekämpft. Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen waren da noch das kleinere Übel. Ich kann also kein Argument geben, was du anführen kannst, um den Patienten die Angst zu nehmen. Aber wenn du selber doch in der Anästhesie arbeitest, vielleicht kannst du ja selber hier mal Argumente geben, die bei einer Vollnarkose positiv sind.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich kann da sehr viele Aspekte nennen vor denen ich Angst habe. Ich war bis jetzt glücklicherweise nur einmal in der Situation einer Vollnarkose. Und das muss auch nicht unbedingt wieder passieren. Einer der Ängste ist es, das Gefühl der Auslieferung. Ich kann nicht sehen was man mit mir macht, ich bin einfach nicht mehr da. Ich kann niemandem sagen, wie er mit mir umzugehen hat. Das Gefühl nicht mehr sein eigener Herr zu sein ist sehr schlimm für mich. Auch wenn ich mich im Alltag sehr viel an andere Menschen anpassen muss ist es bei einer Vollnarkose doch noch etwas ganz anderes.

Eine andere Angst ist die vor den Gefahren. Nicht nur die einer Vollnarkose sondern auch die Operation an sich. Schiefgehen kann doch immer etwas. Und da kann mich auch kein Arzt vom Gegenteil überzeugen. Auch wenn es im Laufe der Jahre weniger geworden ist, es kommt immer noch dazu, dass Menschen aus der Narkose nicht mehr aufwachen. Oder, dass die Narkose falsch dosiert wird, es arbeiten eben Menschen. Und wo Menschen arbeiten, passieren unvermeidlich Fehler. Je nach Art der Operation habe ich dann noch sehr viel Angst, vor der Operation an sich. Am Herz kann ja auch sehr viel passieren. Und ich würde nicht einmal mitbekommen, dass es so langsam vorbei geht.

Eine andere Angst ist die, während der Operation aufzuwachen und alles mitzukriegen. Am allerschlimmsten dann noch, wenn man sich nicht als "da" bemerkbar machen kann. Und auch hier kann mir niemand erzählen, dass soetwas nicht passiert. Es kann immer passieren, auch wenn es seltener geworden ist.

Außerdem sollte man ja auch nicht verachten welch eine Belastung dem Körper durch eine Vollnarkose zugeführt wird. Es sind nunmal sehr starke Medikamente die brauchen um abgebaut zu werden. Und diese können auch Schäden hinterlassen, sowie Nebenwirkungen. Die waren bei meiner Vollnarkose sehr extrem. Und das Übergeben mit einer Operation im Gesicht war wirklich alles andere als angenehm.

» rinalii19 » Beiträge: 146 » Talkpoints: 0,11 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich denke einfach es liegt daran, dass zu wenig Leute wirklich alles verstehen, was ihnen vor einer Narkose erzählt wird und es viele falsche Vorstellungen gibt.

Man liest ja immer wieder, dass komischerweise jeder jemanden kennt, der schon irgendwelche schlechten Erfahrungen gemacht hat oder schwere Nachwirkungen nach einer Narkose hatte. So recht deckt sich das dann aber doch nicht mit den echten Fakten und den Statistiken, die es über Narkosezwischenfälle und Nebenwirkungen gibt. Ich will jetzt gar nicht sagen, dass jeder sich da was ausdenkt, aber so wirklich jedem glauben, kann ich da auch nicht.

Zudem gibt es dann eben immer noch die merkwürdige Vorliebe für die Vollnarkose, obwohl die Risiken da ja eigentlich noch am größten sind. Es gibt da ja immer mehr als genug Leute, die eine Regionalanästhesie ablehnen, weil sie denken, dass sie dann alles komplett mitkriegen oder die Anästhesie dann nicht wirklich wirkt, obwohl das ja doch nur sehr selten vorkommt und man auch bei einer Regionalanästhesie etwas schlummern kann, wenn man will.

Und wenn man sich die Protokolle anschaut und zuhört was einem der Narkosearzt vorher als Risiken nennen muss, obwohl die Wahrscheinlichkeit dafür teilweise bei uner 1:10.000 liegt, hören viele nur halb hin und nehmen nur war, dass es da unheimlich viele Risiken gibt und Dinge die schief gehen können, obwohl das alles nur sehr selten vorkommt. Wobei ich aber auch nicht ausschließen will, dass die aufklärenden Ärzte da nicht selten eine Mitschuld haben.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Also ich denke, dass man da zwischen Teil- und Vollnarkose unterscheiden muss. Bei der Teilnarkose ist die Angst ja generell geringer, weil man ja geistig noch "mit dabei" ist. Man bekommt also auch alles mit und fühlt sich nicht so ausgeliefert. Bei der Vollnarkose weiß man ja gar nicht, was mit einem gemacht wird.

Auch hat man bei der Teilnarkose bestimmt ein besseres Sicherheitsgefühl. Man hört ja immer mal wieder, dass in Patienten irgendwelche Wattebäusche oder Tupfer oder OP-Werkzeuge vergessen werden, da kann ich schon verstehen, dass man vor so etwas Angst hat. Aber bei der Vollnarkose hat man davor bestimmt noch mehr Angst, weil man ja gar nicht weiß, ob in einem etwas vergessen wurde.

Dazu kommt noch, dass es immer mal wieder passieren kann, dass man aus der Narkose nicht mehr aufwacht. Das Risiko mag zwar heutzutage geringer sein als vor einigen Jahren, aber trotzdem haben doch viele Menschen Angst, aus diesem Zustand nicht mehr herauszukommen.

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» pepsi-light » Beiträge: 6018 » Talkpoints: 2,14 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Hallo zusammen!

Ich gehöre auch zu den Menschen, die Angst vor einer Narkose haben. Ich musste allerdings schon oft operiert werden und bekam dafür eine Vollnarkose. Aber daran gewöhnen, werde ich mich wohl nie.

Ich vertrage die Narkosen schlecht und mir geht es hinterher immer nicht gut. Ich muss mich übergeben und brauche lange, um mich von der Narkose zu erholen. Ich schlafe dann auch noch viel und muss eben häufiger erbrechen. Außerdem habe ich immer die Angst, dass die während des Eingriffs aufwachen könnte und dann Schmerzen habe und es vielleicht niemand bemerkt, dass ich nicht mehr so fest schlafe. Von solchen Horrorgeschichten hört man ja immer wieder mal.

Die meisten Patienten haben wohl Angst, dass sie von der Narkose nicht wieder aufwachen. Bei mir ist es eben das Gegenteil. Wenn ich nicht wieder aufwache, merke ich das ja nicht. Aber ich stelle es mir schrecklich vor, während der Operation wach zu werden und sich nicht bemerkbar machen zu können. Es wird zwar gesagt, dass die Monitore dann etwas anzeigen würden, aber soll ja auch schon vorgekommen sein, dass es keiner im OP gemerkt hat.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich musste schon mehrfach eine Narkose über mich ergehen lassen. Die Angst davor hatte mehrere Ursachen, die Angst vor dem Ausgeliefert sein, war dabei noch am geringsten oder besser gar nicht vorhanden. Es ist eher das Gefühl, dass man nicht gut genug aufgeklärt wurde. Dann ist da auch noch die Angst vor ausschließlich den negativen Nebenwirkungen, die oft genug sehr übertrieben geschildert werden. Klar muss man wissen, worauf man sich einlässt, aber sachlich sollte es trotzdem bleiben.

So hatte ich bei meiner ersten Operation einen Anästhesisten zum Aufklärungsgespräch bekommen, der zum einen kaum über die bevorstehende Operation informiert war und so öfter mal nachfragen musste, was nicht gerade von Sicherheit zeugte. Zum anderen konnte er mir zwar alle Nachteile der jeweiligen Narkosemethoden herbeten, aber kaum Vorteile. Und empfehlen durfte er mir (angeblich) nichts, wozu dann aber eine Beratung?! In Erinnerung ist mir eigentlich nur geblieben, dass dieser Arzt immer wenn ich zu einer Anästhesie-Form tendierte mir erklärte, was daran wieder schlechter sei als bei der anderen. Allerdings kann das auch generell am Krankenhaus gelegen haben, denn ich hatte auch die Wahl zwischen zwei Behandlungsmethoden und fühlte mich auch dort nicht sonderlich gut beraten. Heute würde ich in einem solchen Fall wohl die Klinik wechseln.

Der zweite Anästhesist war da viel besser. Der hat sich kurz vor Feierabend noch mal richtig für mich Zeit genommen. Feierabend sei erst dann, wenn er mit mir "fertig sei". Der hat mir die Narkosemethode Vollnarkose genau erklärt und auch die Risiken, das ganze aber auf eine sehr beruhigende Art und Weise. Und obwohl bei mir nur die Vollnarkose möglich war, kamen wir so ins Gespräch, dass ich auch noch meine Ängste vor der Lokalanästhesie schilderte und der gute Mann mir auch noch diese Methode genau erklärte und mir doch tatsächlich meine Angst nahm. Insgesamt hatte ich bei dem Gespräch den Eindruck einen sehr kompetenten Gesprächspartner zu haben, der sich auch vorher über meinen Fall informiert hatte und der außerdem schon eine positive Routine hatte. Das Gefühl hatte ich aber von der Klinik insgesamt, da auch die Aufklärung über die Operation eine ganz sachliche war, bei der mir zwar auch die Risiken geschildert wurden, aber nicht in den schillerndsten Farben sondern eben sachlich.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Bei meinen letzten Narkosen habe ich leider immer ganz extrem reagiert und es ging mir wirklich sehr schlecht danach. Es fühlte sich stundenlang so an als sei ich total betrunken; ich habe alles vierfach gesehen, mir war es total schlecht, ich konnte kaum sprechen, was durcheinander und musste mich stundenlang übergeben. So reagiere ich leider nachträglich auf eine Vollnarkose und das ist auch das Einzige, wovor ich wirklich richtig Angst habe.

Ich weiß zwar, dass ich natürlich vorher immer sagen kann, dass ich empfindlich bin, aber meistens nutzt das dann eh nichts und sobald ich die Augen nach dem Aufwachen aufmache, muss ich mich schon übergeben. Das zehrt an den Nerven und ist auch körperlich immer sehr anstrengend gewesen. Solange es eben geht, möchte ich das vermeiden. Aber die Angst ich eben in meinem Fall zumindest begründet und ich weiß, dass es so ablaufen wird.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Sippschaft hat geschrieben:Ich weiß zwar, dass ich natürlich vorher immer sagen kann, dass ich empfindlich bin, aber meistens nutzt das dann eh nichts und sobald ich die Augen nach dem Aufwachen aufmache, muss ich mich schon übergeben.

Nicht nur sagen können, sondern auch unbedingt immer machen. Dann kann man zum einen immer gleich schauen, ob man nicht doch mit einer Regionalanästhesie auch zum Ziel kommt (dabei kann man auch durchaus, was zum Schlafen bekommen, man muss da nicht zwingend bei wach sein!). Und außerdem kann man dann auch immer gleich etwas mitgeben, zur Prophylaxe der postoperativen Übelkeit.

Natürlich heißt das dann nicht gleich zwangsläufig, dass dir nie wieder nach einer OP übel wird, aber es kann doch deutlich milder ausfallen, als wenn man dir gar nichts geben würde. Deswegen sollte man jegliche Probleme, die man schon einmal hatte, immer beim Narkosegespräch ansprechen, damit man dann dementsprechend reagieren kann. Wenn man zum Erbrechen nach einer Vollnarkose neigt, das aber nie sagt, dann kommt es eben zwangsläufig nach jeder Vollnarkose zu diesem unschönen Erwachen. Leiden sagen, aber eben viele Leute nicht was sie schon für Probleme hatten.

Und JotJot, es ist eigentlich nicht ungewöhnlich, dass die weder der Anästhesist, noch der Operateur eine Methode empfohlen hat. Man muss dem Patienten eben alle Möglichkeiten aufzeigen und ihn dann die wählen lassen, die er für geeignet hält, sofern er seine Zustimmung äußern kann. Schließlich braucht der Arzt ja für alles deine Zustimmung und kann nicht einfach das machen, was er für richtig hält, ohne dich mitentscheiden zu lassen. Allerdings sollte man dann natürlich nicht nur die negativen Sachen erwähnen, sondern auch aufzeigen können, welche Vorteile jedes Verfahren hat, damit du dich dementsprechend informiert entscheiden kannst.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


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