Deutsche haben Angst vor Selbstständigkeit!

vom 28.04.2010, 14:25 Uhr

Laut einer Umfrage der GfK Nürnberg scheuen über 75 % aller Deutschen den Schritt in die Selbstständigkeit - nur 17 % könnten sich das als eine mögliche Option vorstellen, und 6 % der Befragten waren bereits selbstständig. Die Gründe hierfür sind laut Angaben der "Verweigerer", dass es ihnen zu riskant (71 %) und zu kompliziert (73 %) sei sich selbstständig zu machen und oft kein liquides Startkapital vorhanden sei (85 %). Übrigens steigt die Angst vor dem Risiko mit dem Alter, denn fast jeder Dritte zwischen 14 - 29 Jahren hält es für möglich, sich selbstständig zu machen. Und: Wer sich selbstständig machen möchte, sieht das maximal als Option für den Nebenerwerb (63 %).

Mich persönlich (als Selbstständigen) überrascht die Umfrage wenig, sie deckt sich größtenteils mit den Erfahrungen im Freundes- und Bekanntenkreis, wo man prinzipiell immer sehr viele Gründe gegen, aber selten für eine Selbstständigkeit hat und lieber auf die "Sicherheit" eines abhängig Beschäftigten setzt.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Das will ich gerne glauben, dass eine gewisse Angst bei den Deutschen vor einer Selbstständigkeit vorliegt. Aber man muss natürlich auch den Passus betrachten, dass man dadurch auch wieder in Arbeit kommen kann. Nur eben mit dem Unterschied, dass man sein eigener Chef ist und alles in Eigenregie selbst zu verantworten hat.

Die Gründe für die Angst sind hierbei sehr facettenreich und auch in gewissen Maße nachvollziehbar. Ich denke der finanzielle Gesichtspunkt spielt hierbei eine wesentliche Rolle, denn man kann dabei leider auch Pleite gehen. Somit ist dann sämtliches eingesetztes Vermögen weg. Man fängt dann faktisch wieder bei Null an und muss sich alles wieder neu aufbauen.

Aber auch die Unwissenheit der Leute über eine Selbstständigkeit führt zur Angst. Viele Interessenten wissen einfach zu wenig über dieses Thema oder haben sogar falsche Informationen darüber. Hier kann man eben nur mit der nötigen Aufklärung begegnen, denn Deutschland braucht mehr Unternehmer, damit auch wirkliche neue Jobs entstehen können.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


karlchen66 hat geschrieben:Ich denke der finanzielle Gesichtspunkt spielt hierbei eine wesentliche Rolle, denn man kann dabei leider auch Pleite gehen.

Naja, der einzige finanzielle Gesichtspunkt der wirklich am Anfang ins Gewicht fällt sind die Kosten für den Gewerbeschein, je nachdem zwischen 10 - 20 Euro. Sobald man den hat, ist man quasi schon selbstständig ;).

Und was viele eben, ich denke da an meinen Bekanntenkreis, immer als Denkfehler auf dem Schirm haben: Man muss nicht gleich groß mit einem riesigen Kapitalaufwand einsteigen, man kann auch klein anfangen und je nachdem sogar ohne Startkapital, z. B. wenn man Bürodienstleistungen von zuhause aus anbietet. Einen PC hat ja fast jeder irgendwo stehen. Gleiches gilt für den Dienstleistungssektor, wo man auch nicht in jeder Branche gleich Unmengen an Kapital mitbringen muss, oft sogar gar nichts - außer der Möglichkeit, eine Rechnung ausstellen zu können.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Und genau dieser genannte Denkfehler kann unter Umständen noch weitere Folgen mit sich führen. Einige Leute meinen dann immer gleich sie müssten unbedingt Kredite aufnehmen, damit sie einfach genug Geld zur Verfügung haben.

Dies ist auf jeden Fall ein schwerer Denkfehler, denn das geliehene Geld von der Bank muss auch wieder zurück gezahlt werden. Viele kleine Unternehmer aus meiner Heimatstadt sind eben genau daran gescheitert, denn sie konnten einfach ihre Kredite nicht mehr bedienen. So gesehen nutzte ihnen das geliehene Geld überhaupt nichts oder noch direkter gesagt, es verbesserte ihre wirtschaftliche Situation in keiner Weise. Genau so verhält es sich auch bei gewissen Verträgen wie Leasing und andere Vertragsarten. Man sollte daher immer erst im Vorfeld prüfen ob man diese Sachen wirklich benötigt.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



karlchen66 hat geschrieben:Genau so verhält es sich auch bei gewissen Verträgen wie Leasing und andere Vertragsarten. Man sollte daher immer erst im Vorfeld prüfen ob man diese Sachen wirklich benötigt.

Das stimmt natürlich, aber siehe die Umfrage - den meisten sind wirtschaftliche Zusammenhänge nur oberflächlich bekannt, ans Steuern sparen denken im Vorfeld die wenigsten :D.

Abgesehen davon, dass man Steuertricks bzw. Möglichkeiten die Steuerlast zu drücken natürlich auch erst dann planen und angehen sollte, wenn die Einnahmen stimmen.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Also ich stehe auch kurz davor mich selbständig zu machen und das Ergebnis der Studie kann ich sehr gut nachvollziehen!

Es ist unglaublich was für ein Bürokratenjungel Deutschland ist. Es gibt tausend Sachen die man beachten und befolgen muss. Man hat keine geregelten Arbeitszeiten und muss meistens für drei Leute arbeiten und der Lohn der ganzen Sache? Man muss jeden Monat darum bangen was nach den ganzen Abzügen und Steuern übrig bleibt!

» Scorpy » Beiträge: 45 » Talkpoints: -0,03 »


Den meisten Interessenten sind die gesamten ökonomischen Hintergründe einer Selbstständigkeit einfach böhmische Wälder. An dieser Situation hat sich seit der Wende auch nur wirklich viel verändert. Nur eben das einige Finanzberater, die gerade einmal einen Kontoauszug unfallfrei lesen konnten, heute zum Glück nicht mehr als Finanzberater selbständig sind.

Es muss zuerst einmal ein zu mindestens solides Basiswissen bei den Interessenten überhaupt vorhanden sein. Bildungsveranstaltungen und Informationsveranstaltungen gibt es zwar aber sie werden nicht sehr viel genutzt. In diesem Punkt muss man Öffentlichkeitsarbeit und auch ausreichende Werbung machen, denn nur neue Unternehmen schaffen auch neue Arbeitsplätze.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Scorpy hat geschrieben:Man muss jeden Monat darum bangen was nach den ganzen Abzügen und Steuern übrig bleibt!

Wenn Du gerade neu anfängst und deine Umsätze (kommt ja auf die Branche an) eher noch niedrig sind, kannst Du auch als Kleingewerbetreibender anfangs den ganzen Rummel größtenteils entgehen. Dann reicht auch nur eine vereinfachte Buchhaltung und man muss sich auch nicht so sehr um Steuern scheren. Dann hast Du in der Regel nur noch Gewerbesteuer & Einkommenssteuer als große Posten an der Backe ;).

Falls es dann doch mehr werden sollte, kann man immernoch nachträglich umstellen - und dann hat man meist auch genug Geld für einen Steuerberater übrig, der einem für 150 - 300 Euro den ganzen Steuerquark macht - solange dieser nicht vollkommen ahnungslos ist oder Du alles sehr gut vorbereitet hast schlägt diese meist immer seine Kosten raus + noch "was extra" für Dich ;).

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Subbotnik hat geschrieben:Naja, der einzige finanzielle Gesichtspunkt der wirklich am Anfang ins Gewicht fällt sind die Kosten für den Gewerbeschein, je nachdem zwischen 10 - 20 Euro. Sobald man den hat, ist man quasi schon selbstständig .

In der Theorie ist das ja schön und gut, allerdings muss man meiner Meinung nach dennoch beachten, in welchem Gewerbe man sich selbstständig macht. Denn mein Vater ist auch selbstständig und er hat als Startkapital sehr viel mehr Geld gebraucht, denn er arbeitet in der Baubranche und da braucht man anfangs natürlich Maschinen, Auto und sonstige Anschaffungen, wie beispielsweise eine Büroeinrichtung. Damit lag der Bereich des Startkapitals locker im fünf-stelligen Bereich und das kann man nicht mit 10-20 Euro vergleichen. Das ist meiner Meinung nach ein bisschen zu träumerisch.

Außerdem kann man nicht damit rechnen, dass man im ersten Monat genug Gewinn macht, um sich damit etablieren zu können. man braucht meiner Ansicht nach je nach Gewerbe grob geschätzt ungefähr das drei-fache des eingeplanten Monatseinkommens. Das ist meiner Meinung nach das Minimum. Das kann man durch Erspartes oder durch Kredite finanzieren, allerdings steht man dumm dar, wenn die Geschäftsidee nicht so hinhaut, wie man es erwartet oder will. Dies ist wohl auch das größte Hindernis beim Selbstständig werden.

Natürlich muss man auch ein Interesse an dem Gewerbe und Spaß an der Arbeit haben, denn anders lässt sich wohl kaum eine gute Zukunft bewerkstelligen. Es ist von großem Vorteil, wenn man beispielsweise die unterlagen für das Finanzamt etc. selbst machen kann, wodurch Kosten eingespart werden. Mein Vater beispielsweise kennt sich nicht gut genug mit den Vorschriften und Gesetzen aus und aus diesem Grund überlässt er das lieber dem Steuerberater.

Es ist wohl auch selbstverständlich, dass man einen gewissen Geschäftssinn haben muss, um ein unternehmen gut leiten zu können. Man sollte sich in dem jeweiligen Gewerbe wirklich auskennen und wissen was man tut. Selbstständiges Handeln ist für die Führung eines Unternehmens wichtig, denn da bekommt man nicht alles ins Ohr geflüstert. Viele tun sich halt als Angestellte leichter und bevorzugen das lieber, als ein Gewerbe auf Risiko auszumachen. Dieses Rest-Risiko besteht natürlich immer und es kann passieren, dass man die Firma durch ein dummen Zufall wieder schließen muss.

Ehrlich gesagt schocken mich diese Zahlen gar nicht so, denn etwas anderes hätte ich auch nicht erwartet. Mein Vater musste sich damals auch überwinden, um die Firma anzumelden, denn er hat große Existenzängste. Diese sind bei der heutzutage wackeligen Konjunktur gar nicht mal so unbegründet.

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» ich322 » Beiträge: 797 » Talkpoints: -1,81 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Die hier gegebenen Antworten spiegeln das Ergebnis der Studie ja bestens wider :wink: Denn auch hier werden viel mehr Bedenken und auch Gründe gegen eine Selbstständigkeit vorgetragen als es in der Regel gibt. Um gleich mal mit dem Bürokratiedschungel aufzuräumen. Ja klar, kann es sein, dass man da je nach Art des Gewerbes Probleme bekommt. Aber in der Regel ist es doch wirklich mit einer Gewerbeanmeldung (die schon 2002 25 Euro kostete), jeweils einem Fragebogen vom Finanzamt und der zuständigen Kammer (IHK oder HWK) getan. Bei mir kamen noch zwei kurze Anrufe vom Gesundheits- und vom Bauordnungsamt dazu, die aber nach der Beantwortung von wenigen Fragen schon erledigt waren. Mehr war es nicht.

Klar kann man je nach Gewerbeart auch größere Ausgaben haben - muss man aber auch dort nicht. Es ist niemand gezwungen wegen einer Selbstständigkeit sehr viel Eigenkapital vor zu halten. Gerade für ein Nebengewerbe kann man das nötige Eigenkapital oft genug aus Ersparnissen und sogar dem Einkommen des Hauptberufes aufbringen. Klar ist es immer das Ziel eines Unternehmers (und der ist man als Selbstständiger) mit dem Unternehmen auch Geld zu verdienen und das ganz sicher auch in großem Umfang, allerdings kann man das mit etwas Durchhaltevermögen auch dann, wenn man zunächst klein anfängt und erst mit den ersten Gewinnen weiter in das eigene Unternehmen investiert und dies vergrößert. Hier liegt in meinen Augen auch ein großer Denkfehler - man will gleich super groß anfangen und braucht dann auch entsprechendes Kapital, in der Regel halt Fremdkapital.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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