Duzen in der Volksschule

vom 26.04.2010, 09:38 Uhr

Eine Freundin von mir ist Volksschullehrerin. Sie macht das auch wirklich sehr gerne und ist denke ich jetzt auch nicht extrem liberal oder alternativ oder so. Dennoch ist mir irgendwann einmal aufgefallen, dass ihre Schüler sie anscheinend duzen, sowohl im Unterricht als auch außerhalb des Unterrichts. Mich hat das dann doch extrem verwundert, weil ich das so nicht kenne, obwohl ich selber auch Lehrerin bin, zumindest von der Ausbildung her. Sie meinte dann, dass es inzwischen in mehreren Volksschulen üblich ist, die Volkschullehrer nicht mehr zu siezen sondern zu duzen und auch mit dem Vornamen zu rufen. Ich bin auch ein großer Befürworter von lockeren Unterrichtsmethoden, aber das würde mir persönlich doch ein wenig zu weit gehen.

Wie seht ihr das? Findet ihr diesen Trend richtig? Ich möchte da nicht überheblich klingen, aber ich halte es schon für wichtig, dass Lehrer mit dem Nachnamen angesprochen werden und auch mit Sie angesprochen werden. Ich halte das schon für eine wichtige Umstellung, weil im Alltag oder im Berufsleben duzt man ja auch nicht gleich alle. Man kann natürlich generell darüber diskutieren, ob dieses "Sie" sehr sinnvoll ist oder nicht, in anderen Ländern kommt man ja auch hervorragend ohne duzen und siezen aus. Aber im Deutschen ist es einfach noch so üblich und darauf sollten die Kinder meiner Meinung nach auch vorbereitet werden.

Wie ist das bei euren Kindern in der Volksschule so? Meine Freundin hat schon gemeint, dass es noch nicht überall Standard ist, aber in ihrer Schule und auch in einigen anderen ist das bereits so. Sie selber findet das auch gut, weil sie das Siezen nicht mag. Es klappt offensichtlich trotzdem, dass die Kinder sie als Lehrerin ansehen und nicht als Freundin oder so. Ich habe meine Lehrer bis zur Matura alle mit Sie angesprochen. Nach der Matura haben uns einige Lehrer das Du angeboten, aber ich muss sagen, dass mir das selbst danach oft schwer gefallen ist. Irgendwie habe ich es bei manchen Lehrern, vor allem bei jenen die mir jetzt nicht so sympathisch waren, eher unpassend gefunden.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich finde das ehrlich gesagt unmöglich, aber verwundern tut es mich nicht. Für mich ist es durchaus eine Frage der Höflichkeit und auch der Erziehung. Bei uns war das selbstverständlich nicht üblich. Wir hatten durchaus auch Lehrer, die im Umgang mit den Schülern lockerer waren. Gerade im Leistungskurs in der Oberstufe hat man diesen Lehrer fast häufiger gesehen, als die eigenen Eltern. Dennoch blieb es stets beim "Sie" und das fande und finde ich mehr als in Ordnung.

Das hat irgendwo auch etwas mit Respekt zu tun und wenn man den Lehrer duzt überschreitet man eine Schwelle. Da kann es leicht passieren, dass man sich Sachen heraus nimmt, die absolut nicht gestattet sind. Mal eine Frage am Rande: ist die Volksschule sowas wie eine Grundschule?

In dem Falle handelt es sich dann ja um jüngere Kinder. Im Kindergarten wird ja geduzt, aber in der Grundschule sollte man eigentlich darauf vorbereitet werden, dass es ab der 4. Klasse ein Ende hat und man Erwachsene nicht mehr duzt. Wobei mir das schon meine Eltern beigebracht haben und ich selbst in einen Kindergarten gegangen bin, wo man Frau XY und nicht Tante oder den Vornamen gesagt hat.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


So einen ähnlichen Thread haben wir hier schon mal, aber ich kann ihn im Moment nicht finden. Da wurde es teilweise befürwortet. Mit Volksschule meinst du sicherlich die Grundschule, oder? Also die Schule, wo die Kinder von der ersten bis vierten Klasse sind.

Im Kindergarten haben die meisten Kinder die Erzieherinnen gedutzt, was ich schon ab dem Kindergartenalter bei meinen Kindern versucht habe zu unterbinden. Für meine Kinder waren erwachsene Leute Respektpersonen, die man mit "Sie" anspricht. Es sei denn, es sind wirklich Menschen, die auch die Eltern duzen und wo die Kinder mit aufwachsen. Also Tante, Onkel und Freunde der Eltern.

So kam es damals auch, dass viele Kinder in der Grundschule die Lehrer duzten. Manche Lehrer haben es machen lassen und sagten nichts und bei manchen Lehrern hatten diese Kinder dann Schwierigkeiten, weil die Umstellung einfach sehr groß ist für die Kinder. Für die Kindergartenkinder war es in den meisten fällen so, dass sie alle Erwachsenen geduzt haben. Ich persönlich halte das für unsinnig, weil die Kinder schon früh lernen sollten, wer Freund oder Respektperson ist. Und Erwachsene, die man grade kennenlernt oder eben "über einem stehen" sind nun mal Menschen, die man mit "Sie" anspricht.

Mein Opa hat immer gesagt "Du Arschloch ist schneller gesagt als Sie Arschloch" und deswegen sollten auch Kinder schon an das respektvolle "Sie" gewöhnt werden. Die Kinder, die die Lehrer geduzt haben sind natürlich auch lockerer mit den Lehrern umgegangen und da kamen auch schon mal Schimpfwörter raus, die man mit "Du" besser sagen kann als mit "Sie".

Also ich habe es so und so erlebt und ich finde es besser, wenn die Kinder ihre Lehrer vom der 1. Klasse an mit "Sie" ansprechen. Die Kinder lernen dann auch wirklich auch fremde Menschen mit "Sie" anzusprechen und wenn sie in die erste Klasse kommen ist die Lehrerin erst mal eine fremde Person. Und fremde Leute mit "Sie " ansprechen finde ich auch besser, wenn die Kinder unterwegs sind und von fremden Leuten angesprochen werden. Mit einem "Du" geht man schneller mit als mit einem "Sie".

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ja, eine Volksschule ist eine Grundschule, denke ich zumindest. Auf jeden Fall ist sie für Kinder von 6 bis 10 Jahren. In den anderen Schulen habe ich das noch nicht gehört, dass die Schüler die Lehrer duzen dürfen, aber eben in manchen Volksschulen, auch wenn es wie gesagt nicht überall so ist. Jetzt wollte ich eben einmal nachfragen, ob das auch in Deutschland manchmal so üblich ist oder auch in anderen Regionen von Österreich. Besagte Freundin ist übrigens an einer Wiener Schule Volksschullehrerin.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



@Diamante, ich erinnere mich an den Thread Alles Onkel und Tante! Oder was? :wink:

Von der künftigen Grundschule meines Kindes weiß ich, dass man dort darauf orientiert, dass die Kinder die Erwachsenen mit Herr beziehungsweise Frau sowie Nachnamen anreden und diese Personen dann auch siezen. Zwar ist es nicht wirklich schlimm, wenn gerade den jüngeren Kindern noch mal ein Du heraus rutscht, aber es ist dann schon so, dass die Kinder den Vornamen der Lehrer nicht mehr kennen und dann zumindest gezwungen sind, die Lehrer mit Herr oder Frau und dann dem Nachnamen anzusprechen.

Der Grund dafür ist recht einfach: man möchte die Kinder ja fit für das spätere Leben machen und dazu gehören eben auch grundlegende Umgangsformen. Gerade im deutschsprachigen Raum ist es eben nicht üblich sich zu duzen, sondern da wird erst mal gesiezt. Ich sehe dass genauso wie die Verantwortlichen in der Grundschule und orientiere daher immer darauf, dass mein Kind Erwachsene mit Sie anspricht. Manchmal klappt das noch nicht so, da sagt es dann Frau XY kannst Du mir mal helfen. Aber das wird schon noch.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Also ich finde es nicht angebracht, die Lehrerin zu duzen. Egal in welcher Altersklasse. Auch bin ich der Meinung, dass eine Person welche gesiezt wird, automatisch größeren Respekt erhält. Besonders bei Kindern ist es doch deutlich, dass der/die Lehrer(in) "abgehoben" ist und nicht wie die Kinder mit Vornamen gerufen werden sollte.

In Firmen finde ich es auch schrecklich, wenn jeder automatisch den Chef duzen darf/kann. Dass der ein oder andere sich mit den Jahren das Du-Wort erarbeitet hat, ist in Ordnung und nicht so sonderbar. Aber wenn jeder von Anfang an den Chef duzen darf, ist irgendwie ein bisschen der Respekt verloren und es wird eher auf freundschaftlicher Basis kommuniziert.

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» misses_jessica » Beiträge: 963 » Talkpoints: -4,91 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich habe in der Grundschule meine Lehrer auch alle geduzt, aber mit Nachnamen angesprochen. Im Nachhinein scheint diese Kombination zwar etwas merkwürdig, aber damals wurde das bei uns von Anfang an auch speziell auf Wunsch der Lehrer hin so gemacht. Als ich dann ab der fünften Klasse auf ein Gymnasium gegangen bin, wurden sofort alle Lehrer gesiezt.

Ehrlich gesagt finde ich das auch dem allgemeinen Lernklima in Grundschulen recht angemessen. Das heutige Grundschulsystem funktioniert ja auch so, dass die Lehrer zum Beispiel Vorschulbetreuern nicht unähnlich und auch die Unterrichtsmethoden häufig eher informell angelegt sind. Insofern würde es meiner Meinung nach nur eine künstliche Distanz schaffen, wenn die Schüler die Lehrer siezen würden.

Zudem denke ich auch nicht, dass die Anrede für Kinder in dem Alter einen Unterschied ausmacht, was Respekt angeht. In der Grundschule respektieren Kinder eher einen Lehrer, der "lieb ist", den sie als sympathische und warme Person wahrnehmen, während mit zunehmendem Alter Respekt eher durch herausragende Kenntnisse oder Lehrmethoden verdient wird. Ich habe auch noch nie irgendwo gehört, dass Kinder Schwierigkeiten damit hatten, in der Oberschule vom "Du" aufs "Sie" zu wechseln.

» channale » Beiträge: 1371 » Talkpoints: 37,37 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich kenne das aus Praktika so, dass viele Kinder, vor allem in Klasse 1 und 2 große Probleme mit der Höflichkeitsform aus Mangel an Grammatikkenntnissen haben. Man sprich mit einer einzelnen Person und muss trotzdem einen Satz in der 3. Person Plural bilden, wenn man siezt. Das ist für die eher leistungsschwächeren Kinder logisch nicht leicht nachzuvollziehen, weil die Lehrerin ja nur ein Mensch ist und nicht viele.

Deshalb ist es im Anfangsunterricht hier oft üblich, dass die grammatikalisch schwächeren Kinder ihre Lehrerin mit Du, Frau Meier, kannst Du mir mal helfen? Oder mit "Du, Frau Lehrerin" ansprechen. Weil der Schritt vom "kannst Du helfen" hin zum Plural "können Sie helfen" nicht ganz so einfach ist. Allerdings würde ich das durchaus als Höflichkeit im kindgemäßen Rahmen sehen.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich weiß noch von mir selber, dass ich in der ersten Klasse ein paar Probleme mit der grammatikalischen Richtigkeit der Höflichkeitsformeln hatte, denn ich habe das "sie" nicht als Anrede für Erwachsene gesehen, sondern als die weibliche Form der dritten Person Singular. Das hat sich aber schnell gelegt und es wurde uns auch ausführlich erklärt, denn ich war gewiss nicht der einzige mit diesem Problem. Da besteht einfach große Verwechslungsgefahr und aus diesem Grund kann ich mir durchaus vorstellen, dass Kinder ihre Lehrerin in der Volks- beziehungsweise Grundschule als "du" bezeichnen.

Es ist bei kleinen Kindern meiner Meinung nach nicht so schlimm, allerdings finde ich das bei Erwachsenen sehr unhöflich und da würde ich persönlich ziemlich schief schauen. Bei Kindern hört man den Respekt trotzdem heraus, indem sie beispielsweise sagen "Du, Frau Mustermann". Bei Erwachsenen finde ich das ziemlich abwegig und selbst bei älteren Kindern würde ich auf das "Sie" bestehen.

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» ich322 » Beiträge: 797 » Talkpoints: -1,81 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Dass es für die Kleinen von der grammatikalischen Seite her gesehen eine große Umstellung ist, kann ich mir sehr gut vorstellen. Auch dass es zur Verwechslung kommen kann, dass Kinder sie (also die weibliche Person singular) mit dem Höflichkeits-Sie verwechseln.

Aber nur darum kann es in der Volksschule meiner Freundin und wohl auch in den anderen Beispielen nicht gehen, weil dann würden sie doch wenigstens "du, Frau Lehrerin XY" oder so ähnlich sagen, aber zumindest den Familiennamen nennen. Aber es werden ja auch die Vornamen des Lehrers verwendet. Sicher sind für Kinder Vornamen generell leichter zu merken als Familiennamen, aber ich denke dass zumindest der Familienname drinnen sein sollte. Das wäre dann meinetwegen eine Zwischenstufe zu den weiteren Varianten.

Außderm sagen die Schüler bei meiner Freundin bis zum Ende der Volksschulzeit "du" und den Vornamen. Und zumindest in den letzten zwei Jahren sollte die Pluralform nicht mehr so das Problem sein. So haben die Schüler dann wenigstens auch gleich die Übungsmöglichkeit die Pluralform zu üben, nicht nur anhand von rein theoretischen Übungen.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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