Gläubige Menschen und Aussagen vor Gericht
Ich habe vor einigen Wochen den Film 'One Way' von und mit Til Schweiger gesehen. Darin geht es um eine Vergewaltigung und grob darum, diese vor Gericht zu beweisen und die Glaubwürdigkeit des Opfers zu erhöhen. Nun gab es dort auf der einen Seite den Täter, der ein handfestes Alibi hatte und das Opfer, das eben Beweise hatte. Diese Beweise lieferte in diesem Fall vor allem eine Zeugenaussage einer Nonne - Im Film wurde es so dargestellt als sei die Aussage einer Nonne immer und zu 100%ig glaubwürdig für ein Gericht. Offenbar wurde weiterhin auch nichts überprüft und im Prinzip war die Schuld des Täters damit praktisch erwiesen; eben weil das Gericht selbstverständlich davon ausging, dass die Nonne niemals lügen würde.
Aber wie ist das denn in der Realität? Nehmen wir mal an, dass zwei Menschen ein Alibi haben - Das eine wird bestätigt durch eine 'normale' Person, die glaubhaft erscheint; das andere durch eine sehr gläubige Person, also eine Nonne oder einen Priester: Ist der Verlauf so einer Gerichtsverhandlung dann immer sonnenklar? Glaubt man sehr gläubigen Menschen grundsätzlich, weil keiner ihnen zutraut, dass sie vor Gott je lügen würden? Natürlich stellt sich nicht die Frage wie der Sachverhalt aussieht, wenn der gläubige Mensch selbst auf der Anklagebank sitzt, denn in so einem Fall muss das Gericht ja davon ausgehen, dass die Person Dreck am Stecken hat. Ich denke, dass es bei einer Aussage als Zeuge nochmal anders aussieht.
Ich glaube und hoffe nicht, dass das Gericht da einen Unterschied macht. Denn ich habe in meinem Leben schon festgestellt, dass die Menschen, die den Glauben dermaßen nach Aussen tragen nicht immer auch den Glauben wirklich leben. Da meine ich jetzt nicht nur Nonnen oder Priester mit, sondern auch Leute, die direkt auf die Bibel schwören würden.
Gerade in der heutigen Zeit, wo Priester ins Visier der Rechtsprechung gekommen sind, wird das Gericht besonders vorsichtig sein und solche Aussagen dann auch genauso prüfen wie die Aussagen eines "Normalbürgers". Denn nur weil man sehr gläubig ist, heißt das nicht, dass man immer die Wahrheit sagt.
Ob jemand wirklich glaubwürdig vor Gericht ist, sollte meines Erachtens nichts mit dem Beruf oder der Berufung zu tun. Und ich denke auch, dass sich kein Richter von der Kutte einer Nonne oder eines Priesters beeinlussen lassen darf.
Natürlich haben auch vor echten Gerichten manche Personen auf Grund ihres Amtes eine höhere Glaubwürdigkeit, als andere. So wird in der Regel niemand einem Polizisten, der als Zeuge vernommen wird, unterstellen, zu lügen. Kommt es hier im Streitfall zu einer Situation, in der Aussage gegen Aussage steht und die allgemeinen Umstände nicht gegen die Version des Polizisten sprechen, so wird auch hier eher davon ausgegangen, dass der Zeuge die Wahrheit sagt.
Ob das nun für Nonnen oder andere, im Kirchendienst stehende Personen gilt, weiß ich nicht. Es liegt dann immer am Richter, der eben auch noch neben dem Sachverstand seine Menschenkenntnis ins Spiel bringen muss.
derpunkt hat geschrieben:Natürlich haben auch vor echten Gerichten manche Personen auf Grund ihres Amtes eine höhere Glaubwürdigkeit, als andere. So wird in der Regel niemand einem Polizisten, der als Zeuge vernommen wird, unterstellen, zu lügen.
So sieht es aus und im Zweifelsfall würde ich hier auch noch eine Nonne mit einschließen sowie kirchliche Würdenträger - denn auch Politikeraussagen werden prinzipiell als glaubwürdiger eingestuft. Alles stets unter der Annahme, dass Träger eines solchen "hohen" Amtes keinen Grund hätten andere zu diffamieren oder zu lügen bzw. falls sie es täten mit harten Konsequenzen bis zum Verlust des Amtes rechnen müssten und somit einen noch stärkeren Druck hätten die Wahrheit zu sagen als andere.
Dass dem oft nicht so ist, siehe Beispiele aus anderen Ländern, wird eben kaum Rechnung getragen, denn im Grunde ist der Druck je nachdem sogar höher zu lügen, z. B. bei Amtsmissbrauch, um dieses eben nicht zu verlieren. In der Realität (Daten aus anderen Ländern) sagen Amtsträger daher nicht wesentlich häufiger die Wahrheit als andere.
Ein etwas hinkender Vergleich lässt sich hier z. B. mit der Polizeigewalt führen, nachdem nur 0,4 % aller angezeigten Straftaten von Polizisten in Deutschland letztendlich zu rechtskräftigen Verurteilungen führen (da meist den Aussagen der Polizisten mehr Wert beigemessen wird) - angesichts der Zahlen und Statistiken aus anderen Ländern liegt der Wert realistisch zwischen 4 - 6 %, vermutlich aufgrund einer fehlenden Kontrollinstanz bei uns sogar bei über 10 %! Die meisten Verfahren werden eben nach einer klassischen "Aussage-gegen-Aussage" Situation eingestellt unter stärkerer Wertung der Aussagen eines Polizisten, oft selbst gegen 2 (!) anderslautende Aussagen.
Wie es sein sollte und wie es ist unterscheidet sich meiner Meinung nach in dem Falle schon. Natürlich sollte man davon ausgehen, dass jeder Mensch (oder sagen wir mal jeder Zeuge) erstmal die gleiche Glaubwürdigkeit besitzt, vor allem wenn er unter Eid steht.
Manche Menschen haben aber durch ihr Amt einfach eine höhere Glaubwürdigkeit als andere.
Man geht wohl durchaus davon aus, dass es Menschen gibt, die weniger Grund hätten zu lügen. Schon allein durch eines der 10 Gebote ist es ja untersagt zu lügen und wenn man davon ausgeht, dass der Mensch streng gläubig ist, müsste er ja dann auch zwangsläufig die Wahrheit sagen. Das dem nicht immer so ist, haben ja genug Beispiele gezeigt.
Auch Ärzte, Politiker und Polizisten sind nur Menschen. Dennoch bin ich durchaus der Meinung, dass sie auf die meisten Menschen eine besondere Ausstrahlung haben und man durchaus dazu verleitet werden könnte, ihnen mehr als dem "einfachen Mann" zu glauben.
Letzten Endes sind das natürlich auch nur Menschen und man sollte den Beruf oder die Religion nicht von der Glaubwürdigkeit eines Menschen ableiten oder daraufhin voreilige Schlüße ziehen.
Subbotnik hat geschrieben:angesichts der Zahlen und Statistiken aus anderen Ländern
Aber auch die Statistiken aus anderen Ländern helfen eigentlich insofern nicht wirklich weiter, weil auch im Ausland davon auszugehen ist, dass gegen Polizisten eher nur dann ermittelt wird bzw. es zu wirklichen Verurteilungen kommt, wenn der öffentliche Druck entsprechend groß ist oder aber der Polizist sich nicht am gemeinen Bürger sondern am Staat vergangen hat.
Leider fehlt tatsächlich aber keine Kontrollinstanz, weil hier ja durch die Gewaltentrennung in der Theorie keineswegs eine Unterscheidung der Glaubwürdigkeit in Abhängigkeit vom Amt vorgenommen werden darf. Vor dem Gesetz sind ja bekanntlich alle gleich. Mit einer Kontrollinstanz in der Frage würde man ja unterstellen, dass die Gerichte befangen sind und nicht in der Lage wären, unabhängig und gerecht zu urteilen.
Was aber das Einbeziehen von Nonnen - um beim Beispiel zu bleiben - in den Kreis der besonders glaubwürdigen Zeugen, sehe ich es nach ein wenig Nachdenken genauso. Also auch andere Würdenträger (wenigstens der christlichen Religionen) dürften dieses Privileg bzgl. der Glaubwürdigkeit haben.
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