Tod eines schwerbehinderten Kindes besser

vom 11.04.2010, 17:54 Uhr

Auch wenn das Kind objektiv gesehen wohl wirklich kein lebenswertes Leben hatte, ist es natürlich dennoch schwer, für die Eltern, dieses einfach loszulassen. Ich kann schon verstehen, dass da trotzdem viel Trauer ist, dass man erst einmal akzeptieren muss, dass das Kind keine Chance mehr hatte.

Ich denke aber auch, dass man retrospektiv irgendwann auch denkt, dass es besser so ist, nur dauert das sicherlich lange, das so zu akzeptieren. Viele Paare entschließen sich dann, es noch einmal zu probieren, das finde ich sehr mutig. Ich muss sagen, ich weiß nicht, ob ich den Mut hätte, es noch einmal zu probieren, oder ob die Angst, dass wieder etwas "schiefgeht" in der Schwangerschaft oder unter der Geburt überwiegen würde.

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» netti78 » Beiträge: 3238 » Talkpoints: 18,35 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich habe schon sehr oft über das Thema nachgedacht, ob es für behinderte oder schwerkranke Kinder besser ist, wenn sie leben oder sterben dürfen, inwieweit es die Angehörigen betrifft und ob das moralisch richtig ist. In der Schule und auch bei einem Fall in meinem Bekanntenkreis bin ich schon öfters mit diesem Thema konfrontiert worden und immer komme ich zu dem Schluss, dass es hier nun mal einfach unterschiedliche Ansichten gibt und vermeintlich auch kein richtig oder falsch.

Ist man religiös und praktiziert diesen Glauben auch mehr oder weniger wirklich, dann ist für einen diese Frage eigentlich schon geklärt, denn geht es nach der Religion, ist auch ein schwer behindertes Kind nun mal Leben und es hat ein recht darauf und es wäre eine schwere Sünde, ihm das zu verweigern oder sich selbst das Leben zu erleichtern, indem man das Kind abtreibt oder es nach der Geburt anderweitig los wird oder ihm einen friedlichen Tod überlässt. In vielen der Diskussionen, die ich über dieses Thema geführt habe, waren auch viele Menschen dieser Ansicht, auch wenn sie sonst gar nicht so religiös waren, aber wenn es um sowas geht, dann wird sofort von Sünde gesprochen. Natürlich haben sie ein Stück weit auch recht, denn diese Kinder leben, wenn auch anders.

Niemals werden sie so spielen können wie die anderen Kinder, geistig werden sie vermeintlich in vielen Dingen zurückgeblieben sein und der Lernerfolg wird auch nicht der gleiche sein. Mehr oder weniger werden diese Kinder eigentlich ihr ganzes Leben lang Außenseiter blieben und das tut natürlich auch irgendwo weh. Diese Menschen führen kein ''richtiges'' Leben, sie können sich nicht richtig entwickeln, sie werden niemals selbstständig sein und sie haben keine Chance, auf ein eigenes Leben, sondern werden immer von anderen Menschen abhängig sein. Und ob das ein Leben ist, das lebenswert ist, sei nun mal dahin gestellt. Besonders wenn es sich um Kinder handelt, die so behindert sind, dass sie eigentlich kaum reagieren und man irgendwie keine Rückmeldung von ihnen hat, sondern nur lediglich die medizinische Gewissheit, dieses Kind lebt, dann ist das schwierig und meiner Meinung nach für alle Betroffenen auch kaum noch zu verantworten. Weniger behinderte Kinder, die zwar geistig zurückgeblieben sind aber trotzdem noch irgendwie lachen können und ein wenig reden, sind schon was anderes und da finde ich das mit der Pflege und Co. schon etwas einfacher.

Ich persönlich gehöre ehrlich gesagt tatsächlich zu diesen Menschen, die sich das nicht antun würden. Würde mein Kind behindert sein und würde ich das während der Schwangerschaft erfahren, dann würde ich das Kind abtreiben, so schwer es mir auch fällt. Aber ein solcher Fall würde eigentlich mehr oder weniger mein ganzes Leben ''kaputt'' machen. Zunächst würde ich meine Arbeit verlieren, weil ich mich die ganze Zeit um dieses Kind kümmern müsste, das Geld wäre knapp und irgendwie wäre auch mein Lebensziel dahin, denn alles wofür ich mich in Sachen berufliche Karriere und so angestrengt hätte, wäre nun auf einmal hin fort. Vermutlich würde es auch zu Konflikten mit dem Partner kommen, denn oftmals ist es so, dass Väter eine Mutterliebe nicht mehr so ganz nachvollziehen können und wenn es dann um solche Dinge geht, dann ist der Mann eben nicht bereit, sein Leben für ein Kind aufzugeben, aus dem ganz plump gesagt nun mal eh nichts wird.

Die berufliche Zukunft wäre vollkommen dahin, die finanzielle und seelische Belastung enorm, die Beziehung mit dem Vater des Kindes auf die Probe gestellt und das ganze Leben würde im Endeffekt daraus bestehen, für dieses Kind zu sorgen, dass einem unter Umständen nicht mal eine Rückmeldung geben kann und dessen Zukunft praktisch aus nichts besteht. Fragen würden aufkommen, was wird mit dem Kind, wenn wir nicht mehr sind, wer kümmert sich dann um ihn? Ehrlich gesagt würde meine Mutterliebe definitiv nicht so weit gehen, ich würde mich nicht derart für ein Kind aufopfern, dass keine Zukunft hat. Ich bewundere die Menschen, die das können und den Kampfgeist dazu haben, aber ich gehöre nicht dazu. Für mich hätte das Leben ab diesem Punkt keinen wirklichen Sinn mehr und daher würde ich mich gegen dieses Kind entscheiden. Wirklich zu kämpfen wäre ich nur dann bereit, wenn es sich um Krankheiten oder so handelt und dem Kind noch eine viel versprechende Zukunft entgegen schaut, wenn es die Krankheit überwindet, aber definitiv nicht, wenn es sein Leben als Pflegefall im Rollstuhl verbringen soll.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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