Andersgläubigen frohe Weihnachten / Ostern wünschen?
Dass nicht jeder Deutsche Christ ist, das dürfte den meisten Menschen mittlerweile schon klar sein (selbst im tiefsten Bayern, auch, wenn ich da manchmal einen anderen Eindruck hatte ). Nun gehören christliche Feste wie Ostern oder Weihnachten ja aber zur deutschen Kultur, ob man nun religiös ist, oder nicht. Daher wünschen sich hier viele Leute frohe Weihnachten oder eben zu Ostern frohe Ostern, auch, wenn es keine Christen sind. Irgendwie kommt mir das auch nicht falsch vor, da es ja auch offizielle Feiertage sind, und man hier in Deutschland zu diesen Tagen frei hat. Das heißt, man wünscht den Leuten ja eventuell auch nur schöne freie Tage, wenn man "Frohe Ostern!" wünscht, ob er nun zur Ostermesse geht, oder völlig unchristlich feiert, ist da ja egal.
Nur, wie sieht es in anderen Ländern aus? Ich habe Kontakt zu Menschen aus allen möglichen Ländern der Welt. Unter Anderem auch, weil ich an Postcrossing (mehr im Thread speziell zu diesem Thema, so einen gibt es hier bei Talkteria auch schon) teilnehme. Und ich bin in vielen Foren unterwegs, in denen Menschen aus aller Welt aufeinander treffen.
Ja, soll ich denn dann frohe Ostern oder frohe Weihnachten wünschen, oder nicht? Bei einigen Ländern halte ich mich zurück, beispielsweise, wenn ich mit Leuten aus Asien korrespondiere (obwohl es dort natürlich auch Menschen gibt, die Weihnachten feiern, und auch christliche Gemeinden, die von Asiaten besucht werden). Auch bei Arabien bin ich etwas vorsichtiger. Aber, was ist beispielsweise mit den USA? Dort gibt es so viele verschiedene Nationalitäten und Religionen. Tritt man da nicht vielleicht jemandem auf den Schlips, wenn man ihm, ohne seine Religion zu kennen, irgendetwas wünscht, was eben nicht zu seiner Religion gehört?
Natürlich treffen sich in solchen Foren meist sehr tolerante Menschen, die es einem nicht übel nehmen. Nur, ich will ja auch höflich sein, und deswegen bin ich da manchmal ein wenig unsicher. Wünscht man nun lieber, wenn man die Religion des Gegenüber nicht weiß, frohe Weihnachten oder Ostern, oder eben lieber nicht? Oder kann man immer einfach "Frohe Festtage" sagen, beziehungsweise "Happy holidays"? Aber wäre das nicht auch irgendwie verkehrt, wenn die Person beispielsweise Moslem ist, und dann da ja gar keine "holidays" hat? Wobei diese sich natürlich auch auf staatliche Feiertage beziehen könnten.
Na gut, was meint ihr, was wäre, allein der Höflichkeit nach, am Stilvollsten? Egal, ob einem vom Angesprochenen ein Fehler verziehen wird, oder nicht?
Mit diesem Thema mußte ich mich auch schon des öfteren befassen und bin nie zu einem befriedigenden Schluß gekommen. Grundsätzlich habe ich mir schon vor Jahren angewöhnt, niemandem dessen Gewohnheiten ich nicht kenne, irgendetwas zu wünschen das auch nur entfernt religiös inspiriert ist. Trotzdem bin ich schon ins Fettnäpfchen getappt, als ich einem Zeugen Jehovas alles Gute zum Geburtstag wünschte.
Selbst bei Familienmitgliedern bin ich schon auf Suspektes gestoßen. Eine Tante, die mir jahrelang Karten zu Ostern und Weihnachten schickte, klärte mich bei einem Telefonat, währenddessen ich ihr frohe Ostern wünschte, darüber auf ich möge doch bitte nicht mehr Ostern sagen, es sei völlig unklar woher der Begriff käme, vermutlich von irgendeiner heidnischen Göttin und orgiastischen Ritualen. Ich fand es damals wie heute sehr amüsant, es bestätigte mir aber auch, das man den Sinn der ganzen Wünscherei verfehlt. wenn die Menschen so unterschiedliche Ansichten dazu haben und keine allzu große Toleranzschwelle pflegen.
Persönlich freue ich mich über alle positiv gearteten Wünsche, warum weiß ich auch nicht. Mir wurde auch schon Happy Hanukkah gewünscht und ich mußte erstmal googeln, empfand es aber trotzdem als angenehm. Menschen mit denen ich nur bedingt Kontakt habe, wie beispielweise über das Internet, frage ich also erstmal höflich nach ob sie denn dieses oder jenes Feiern und was sie dazu wünschen.
Da meine Schwester in North Carolina lebt und dort ähnliche Probleme hat, habe ich sie einmal gefragt was sie für Ausdrucksweisen benutzt und sie sagte mir mit "Season's Greetings" könnte man nicht viel falsch machen. Mir geht es nicht so schön von der Zunge wie Happy Holidays, aber wenn man höflich sein möchte, sich jedoch nicht sicher ist und auch nicht nachfragen möchte, halte ich es für die höflichste Alternative wenn man unbedingt etwas wünschen möchte.
Ich wünsche trotzdem immer frohe Ostern. Genauso freue ich mich, wenn man mir frohe Feiertage wünscht, auch wenn das Fest hier eigentlich nicht gefeiert wird und ich davon auch nicht so viel habe.
Ich muss auch ehrlich sagen, dass ich niemanden kenne, der sich darüber aufregen würde, auch wenn er selber das Fest vielleicht gar nicht feiert. Sollte mich dennoch mal jemand darauf hinweisen, dass er solche Grüße nicht mehr wünscht, würde ich das auch respektieren.
Unhöflich kann es schließlich auch wirken, wenn man zB. jemanden keine frohe Ostern wünscht, weil man denkt, er sei kein Christ und auch wenn das zutrifft, will er vielleicht nicht derartig ausgegrenzt werden. In dem Falle finde ich, dass weniger nachdenken auch ganz gut ist. Ins Fettnäpfchen setzen kann man sich mit vielen Dingen, egal ob man sie macht ode runterlässt.
Ich kann etwas zu dem Thema im christlich-jüdischen Kontext sagen. Es ist keine Seltenheit, jüdische Familien in christlich geprägten Ländern vorzufinden. Diese Juden standen insbesondere durch die Nähe der beiden Feste alljährlich vor einem Problem, das einer Lösung bedurfte. In den USA hat diese Problematik sogar eine eigene Bezeichnung bekommen, man nennt sie „December Dilemma“. Selbstverständlich gibt es innerhalb der jüdischen Gemeinschaft unterschiedliche Auffassungen, wie diesem Problem begegnet werden sollte.
Einige Juden sind der Meinung, dass man die Wichtigkeit des Hanukkahfestes erst recht betonen sollte, um eine Art Gegengewicht zum christlichen Weihnachtsfest zu schaffen, während andere der Meinung sind, man solle es eher herunterspielen, damit es nicht zu einer Art „jüdisches Weihnachten“ verkommt.
Vor allem für jüdische Kinder in christlichen Ländern ist Weihnachten schwer zu ertragen, schließlich möchte man doch mit den anderen Kindern mitreden und auch von seinen tollen Weihnachtsgeschenken erzählen. Es gibt aber auch einen Mittelweg, den mehr und mehr Juden beschreiten – Weihnukkah. Man verbindet Hanukkah und Weihnachten zu einem Fest. Dies lässt sich auf verschiedene Art und Weise ausleben – einige Familien feiern einfach beide Feste, beschenken sich an allen acht Tagen des Hanukkah-Festes, versenden neutrale Grußkarten nach dem Motto „Fröhliche Feiertage!“ oder vermischen die beiden Traditionen völlig, sodass etwas komplett Neues entsteht.
Ich finde dies ist eine gute Lösung auch für deine Frage - man wünscht einfach Fröhliche Feiertage. Denn Feiertage sind es nunmal, egal ob man nun an den Hintergrund des Festes glaubt oder nicht.
Auch der Handel reagierte auf diese Entwicklung, beispielsweise findet man Buttons mit dem „Shalom Smiley“, einer Entsprechung des vor allem im amerikanischen Raum bekannten „Frosty the Snowman“, außerdem lassen sich „Hanukkah bushes“ kaufen, eine Entsprechung zum christlichen Weihnachtsbaum, allerdings ohne christliche Schmucksymbole.
Für viele jüdische Familien scheint so das Problem zwischen Weihnachten und Hanukkah vor allem für die Kinder gelöst. Jedoch reagieren Rabbiner und jüdische Vertreter größtenteils nicht gerade freudig auf diese Entwicklung. Beispielsweise übt Dr. Ron Wolfson, Präsident von Synagogue 3000 und Professor an der amerikanisch-jüdischen Universität in Bel-Air, Kritik an dieser Entwicklung. Seiner Meinung nach ist es vollkommen legitim und sogar lobenswert, der christlichen Kultur, in der man als Jude lebt, mit Anerkennung und Wertschätzung zu begegnen. Jeder Rabbi würde beispielsweise mit Sicherheit mindestens ein Weihnachtslied vorsingen können und Wolfson ist der Meinung, dass auch emotionale Rührung bei Weihnachtsfilmen und das Befinden der Weihnachtsdekoration als wunderschön kein Verbrechen sei. Allerdings müsse man zwischen Anerkennung und Aneignung unterscheiden.
Die Aneignung des Weihnachtsfest bzw. die Vermischung desselbigen mit dem jüdischen Hanukkah führe zu einem starken Identitätsverlust, Verwirrung und schließlich zur Einverleibung eines Festes, das eigentlich kein jüdisches ist.
Wolfson sieht dies als große Gefahr an, da eben die Einverleibung, die Assimilation, das war, wogegen die Makkabäer und später dann die Juden so hart gekämpft hatten. In seinen Augen spricht solch eine Vermischung der Feste dem Feind auch Jahrhunderte später noch den nachträglichen Sieg zu.
Ich wünsche trotzdem Frohe Ostern und Frohe Weihnachten. Denn das ist nun mal die Bezeichnung für diese speziellen gesetzlichen Feiertage. Die Tage heißen so und im Endeffekt heißt das ja nur, dass man sich eine schöne Zeit wünscht und wie man diese Zeit verbringt ist ja nicht vorgeschrieben. Bisher habe ich in dieser Hinsicht auch noch kein negatives Feedback oder entsprechende Reaktionen von ausländischen Mitbürgern erhalten.
Ich wünsche immer schöne Feiertage, wenn es sich um staatliche Feiertage handelt. Im Idealfall hat man da als Arbeitnehmer frei oder als Schüler Ferien, und das ist an sich eine schöne Sache, über die man sich freuen kann. Schließlich wünsche ich anderen auch einen schönen Urlaub oder ein schönes Wochenende.
Die Alternative wäre für mich, Feiertage und Freizeit an sich völlig unkommentiert zu lassen. Schließlich kann es ja genauso gut sein, dass das Gegenüber gerne "Frohe Ostern" haben würde, aber für eine Doppelschicht im Krankenhaus eingeteilt ist oder als Selbstständige gerade mitten in einem 'Wust an Aufträgen steckt. Aber da hat bei mir auch noch niemand pikiert oder entrüstet reagiert, was mir einfallen würde, einfach so davon auszugehen, dass jemand an Ostersonntag frei hätte.
Woher soll man zudem auch immer wissen, ob jemand "andersgläubig" ist? Wenn mir die Leute sagen, dass sie Ostern/Weihnachten aus irgendwelchen Gründen ablehnen oder eklig finden, respektiere ich das natürlich. Aber gerade Ostern und Weihnachten werden doch sowieso schon seit Langem nur noch in einem säkularen Rahmen gefeiert, bei dem auch viele Leute mitmachen, denen Geburt und Tod von Jesus Christus sonstwo vorbeigehen. Deswegen halte ich es für statistisch unwahrscheinlich, hier ins Fettnäpfchen zu treten, weil jemand tatsächlich Gefühle für dieses Thema aufbringt, die über Eier und Geschenke hinausgehen.
Ich würde das ganz pragmatisch angehen und beispielsweise sagen oder schreiben, schöne Ostern oder was auch immer, aber dazuschreiben: Falls du das feiern solltest. Persönlich gesehen, was auch immer mir jemand wünscht, solange es etwas Freundliches ist, gesegnete Weihnachten, erfolgreichen Ramadan, was auch immer, solange es freundlich gemeint ist, sage ich Danke und fertig.
Ich selber bin nicht gläubig, dennoch feiere ich Weihnachten und Ostern, eben so, dass ich nicht in die Kirche gehe, sondern nur Geschenke verteile oder Geschenke verstecke. Daher finde ich es völlig legitim, wenn man einfach Frohe Weihnachten oder Frohe Ostern wünscht. In anderen Glaubensrichtungen gibt es ja auch andere Feiertage, das ist mir schon klar, allerdings hat man das ja dennoch in dem Land, in dem man lebt und daher kann man das meiner Meinung nach auch wünschen ohne jemanden zu beleidigen oder ihm seinen Glauben abzusprechen.
Würde ich nun mit jemanden zusammenarbeiten oder jemanden in meinem Umfeld haben, bei dem ich das sicher weiß, würde ich vielleicht nur Frohe Feiertage wünschen und dann nachfragen, wie derjenige feiert. Das ist doch alles nicht schlimm, zu viel Rücksicht finde ich auch nicht gut. Niemand wird sich beleidigt fühlen nur weil er den Wunsch übermittelt bekommt frohe Weihnachten oder Ostern zu haben.
Wawa666 hat geschrieben:Dass nicht jeder Deutsche Christ ist, das dürfte den meisten Menschen mittlerweile schon klar sein (selbst im tiefsten Bayern, auch, wenn ich da manchmal einen anderen Eindruck hatte ).
Manchmal frage ich mich ein wenig, warum immer noch das "tiefste Bayern" für eine besonders religiöse Ecke in Deutschland herhalten muss. Mein persönlicher Eindruck ist, dass auch hier in Bayern die Religiosität seit Jahren rückläufig ist. Selbst meine alte Mutter, deren Wohnort man wahrscheinlich im "tiefsten Bayern" verorten muss, war nie wirklich gläubig, und inzwischen hat sie sich ohnehin stark davon distanziert.
Was die Wünsche zu Weihnachten oder Ostern betrifft, orientiere ich mich meistens an dem, wie die anderen Menschen es halten. Grundsätzlich halte ich es aber nicht unbedingt für verkehrt, jemandem auch dann frohe Weihnachten zu wünschen, wenn er mit Religion nichts am Hut hat, da es sich ja um Feiertage handelt, die diesen Namen tragen, und die mehr oder weniger alle Menschen betreffen, da sie in der Regel arbeitsfrei sind, und an denen man Zeit für sich und für persönliche Dinge hat. Wenn aber jemand für sich den Begriff Weihnachten ablehnt, habe ich auch kein Problem damit, stattdessen neutral "Frohe Feiertage" zu wünschen.
Wawa666 hat geschrieben:Aber, was ist beispielsweise mit den USA? Dort gibt es so viele verschiedene Nationalitäten und Religionen. Tritt man da nicht vielleicht jemandem auf den Schlips, wenn man ihm, ohne seine Religion zu kennen, irgendetwas wünscht, was eben nicht zu seiner Religion gehört?
Meine Erfahrung in dem Fall ist, dass es einigen wenigen sehr atheistischen Atheisten wichtig ist, dass man ihnen keinen frohen christlichen Feiertag wünscht. Den meisten ist es einfach egal, weil sie vor allem Weihnachten überhaupt nicht als christlichen Feiertag empfinden sondern eher als Popkultur. Da ist "Frohe Weihnachten" einfach eine Höflichkeitsfloskel, genauso wie man Leuten ja auch einen "Guten Morgen" wünscht und sich nicht fragt oder der andere überhaupt einen guten Morgen hat oder ob man sich das für ihn wünscht.
Ja, und dann gibt es noch die, die es richtig machen wollen und prophylaktisch allen "Happy Holidays" wünschen und die Christen, die sich dadurch auf den Schlips getreten fühlen und auf "Merry Christmas" bestehen. Im Prinzip ist es da echt am besten wenn man einfach die Klappe hält und nur den Leuten was wünscht, die man gut genug kennt.
In meinem Alltag muss ich mir darüber zum Glück keine Sorgen machen, aber bei vielen Leuten macht "Frohe Feiertag" vor Weihnachten einfach am meisten Sinn, weil ich die erst wieder im neuen Jahr sehe oder ich sehe sie gar nicht persönlich sondern schicke eine Karte. Sprich, die "Feiertage" beinhalten dann auch Silvester und Neujahr.
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